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Intrigo e amore

And it's with you that I want to stay forevermore
von
Koautor:  Coventina

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London 3 - Die Briefe

Dominico

Durch Kierans Fenster zog kühle Nachtluft herein in das dunkle, etwas stickige Zimmer, in dem es immer nach Kräutern roch. Der Luftzug strich über Kierans schweißnassen Körper und Nico sah im Mondlicht wie sich eine leichte Gänsehaut über Kierans Flanke ausbreitete. Der Jüngere rückte näher an ihn heran und Nico zog die Decke höher, so dass Kieran nicht mehr frieren musste. Er selbst genoss die frische Brise und dachte irgendwie gar nicht daran zu schlafen, auch wenn er unendlich erschöpft war, geistig wie körperlich.

Trotzdem war er so voller Tatendrang, dass sein Körper trotz einiger Verausgabung nicht einsah, ihm den ersehnten Schlaf zu bringen. Ob es daran lag, dass sich sein Weg jetzt so deutlich vor ihm abzeichnete? Er musste ihn einfach nur gehen und mit Kieran und seiner Familie an seiner Seite würde er jedes Hindernis aus dem Weg räumen, das sich ihm noch entgegenstellen mochte. Sie hatten sich zusammengerauft, sie alle. Rodrego und letztlich auch sein Bruder, Charles Brandon und sogar der französische Pirat. Sie alle zogen jetzt an einem Strang und vereinten damit einfach viel mehr Macht und Einfluss auf sich als Cromwell das je gekonnt hätte. Und viel wichtiger als das: er hatte sich endlich ganz zu Kieran bekannt.

Den endgültigen Entschluss zu fassen, seiner Familie den Rücken zu kehren, war nicht leicht gewesen und Nico hatte im Vorfeld sehr viel darüber nachgedacht. Als er da oben mit Kieran auf dem Dach gesessen und gefühlt und gesehen hatte, wie Kierans Angst ihn zu verlieren erneut zwischen ihnen hochgekocht war, da hatte es gar keinen anderen Weg gegeben. Jetzt war er einfach nur Feuer und Flamme dafür, diesen Plan umzusetzen.

Der Gedanke an ein Leben mit Kieran, dessen Geruch so wie jetzt in der Nase und das Gefühl seines schlanken Körpers, der sich an ihn schmiegte, nachdem sie ihrer Lust freien Lauf gelassen hatten... das immer zu haben, jeden Tag - ja, das wollte er. Er wusste, wie privilegiert er war, dass seine eigene Frau ihm dabei helfen würde, genau dieses Leben führen zu können. Er wusste, wie unglaublich glücklich er sich schätzen konnte, einen Bruder zu haben, der alles daran setzen würde, dieses Ziel mit ihm zu erreichen. Nach all den Rückschlägen und Missverständnissen, die er sich selbst und andere ihm in den Weg geworfen hatten, erschien es ihm beinahe gerecht, dass sich nun diese Chance und dieser Weg vor ihm auftat. Hatten Kieran und er dieses Glück nicht einfach tatsächlich verdient? Vielleicht - so glaubte er - war es der Wille Gottes. Nico war katholisch erzogen worden und er hatte Respekt vor der Macht, die man Gott zusprach. Doch wenn er sich ansah, was ihm in den letzten Wochen widerfahren war, dann musste man jetzt doch wirklich von göttlicher Fügung sprechen. Göttliche Fügung, die seinen Bruder nicht getötet hatte und ihm Kieran wieder gegeben hatte, trotz seines so schrecklichen Fehlverhaltens.

Sanft drückte er seine Lippen auf Kierans Haupt und entwand sich seiner Umarmung. "Lass mich kurz aufstehen...", flüsterte er ihm zu, "Ich habe einem dringenden Bedürfnis nachzugeben..."

Eigentlich hatte er sich wirklich nicht erheben wollen, doch seine Blase meldete sich schon eine Weile hartnäckig. Da Mr. Forbes in gewisser Weise ein Mediziner war und trotz seiner chaotisch eingerichteten Apotheke und des Labors noch immer ein hoher Hygienestandart in diesem Haus vorherrschte, musste Nico für dieses Bedürfnis das Zimmer verlassen. Es gab eine Latrine auf diesem Stockwerk, die dem Genüge tun würde, auch wenn er letztlich hätte vom Dach pinkeln können. Aber Nico war noch immer irgendwie gut erzogen und so schlich er sich leise aus dem Zimmer um die Latrine aufzusuchen, nur um im Halbdunkel mit einer anderen Gestalt zusammenzustoßen.

Im Gegensatz zu ihm beherrschte John es, in diesem Haus die knarzenden Holztreppen lautlos zu erklimmen und so hatte Nico ihn nicht kommen hören. Anscheinend war der Aufstieg anstrengend gewesen, denn John keuchte irgendwie so, als habe er gerade Sport getrieben. Er war dabei gewesen, seine Zimmertüre zu öffnen, als Nico mit ihm zusammengeprallt war und stieß sie nun auf. Das sorgte für etwas mehr Licht im Gang und Nico erkannte, wie auch sein Gegenüber, in wen er da gerade gerannt war. War John überrascht ihn hier zu sehen? Noch dazu... nackt. Denn Nico hatte im Glauben, mit Kieran hier allein zu sein, auf seine Unterkleider verzichtet. Mit einer Hand bedeckte er seine Blöße. Im ersten Moment war ihm diese Sache gerade sehr peinlich gewesen, doch mit etwas mehr Licht… John sah irgendwie etwas… nun, durch den Wind aus. Noch bevor John zu einem gehässigen Kommentar ansetzen konnte, zuckte Nicos Mundwinkel nach oben. "Gibt es das Hemd auch in deiner Größe? Oder ist das jetzt die neue Mode in London?" Damit schlüpfte er an John vorbei und schaffte es vor einer Antwort in die Latrine, deren Tür er hinter sich schloss, um sich mit einem zufriedenen Seufzen endlich erleichtern zu können.
 

Alessandro

Eigentlich hatte Alessio alles andere als wieder ins Bett gewollt, nachdem er sich mit Charles, Nico und Tancrèd besprochen hatte. Als John ihm allerdings in sein Zimmer zurückgeholfen hatte, war seine frische Robe bereits durchgeschwitzt und sein ganzer Körper schmerzte, als sei er wochenlang nur im Sattel gesessen. Er war so unendlich erschöpft und kaum dass er das Essen heruntergeschlungen hatte, war er beinahe sofort in einen tiefen Schlaf gefallen. Da es erst Nachmittag gewesen war und Alessio nicht ganz so viel Schlaf nachholen konnte, war er mitten in der Nacht wieder aufgewacht. Ein Diener, den er offenbar geweckt hatte, als er die Klingel betätigte, half ihm verschlafen aus dem Bett und Alessio entließ ihn schnell wieder. Er wollte niemandem zur Last fallen, weil er das die letzten Tage schon zur Genüge getan hatte. Die Loyalität ihrer Angestellten war aber immer noch so groß oder gerade jetzt umso größer, dass man dem erschöpften Kardinal nur kurze Zeit später noch einen sehr kräftigenden Eintopf brachte, der Alessandros Lebensgeister endgültig erwachen ließ. Weil er nachts schlecht etwas anderes tun konnte und er erfuhr, dass Nico offenbar außer Haus war, machte er sich auf den Weg in sein Arbeitszimmer. Das Canapé sah aus, als habe jemand darauf geschlafen. Eine Decke lag dort, und offenbar war noch niemand hier gewesen, um wieder aufzuräumen. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte sich Alessandro über diese offensichtliche Unordnung geärgert, doch jetzt wirkte dieses Arbeitszimmer wenigstens nicht ganz so kalt und steril.

Langsam ging er hinüber zu seinem Schreibtischstuhl, eingehüllt in eine warme dicke Wollrobe. Sein Kammerdiener hatte das Feuer im Kamin noch entzündet und der Raum wurde angenehm warm, als der Kardinal sich langsam auf den Stuhl sinken ließ. Im flackernden Licht des Feuers und der kleinen Öllampe, die auf dem Schreibtisch stand, bemerkte er einige Briefe, die scheinbar achtlos auf seinen Schreibtisch geworfen worden, und seinen Siegelring, der neben der Schatulle lag. Stirnrunzelnd zog er das Pergament näher und drehte es so, dass er es lesen konnte.

Es war ein Erlass, das sah er sofort. Das offizielle Dokument war aufwendig angefertigt worden. Es war eine Anklageschrift wegen Hexerei, wie Alessio in seinem Leben bereits einige in der Hand gehalten hatte. Vor allem als er noch in Rom gewesen war, waren solche Vorwürfe an irgendwelche verfeindeten Familien beinahe noch an der Tagesordnung gewesen. Doch in England? Es hatte sehr, sehr wenige dieser Anklagen gegeben, die durch seine Finger gewandert waren und in der letzten Zeit absolut gar keine. Er las weiter, irritiert woher das Dokument wohl kam und fühlte wie eisige Klauen erneut nach seinem Herzen griffen als er sah, dass dieses Dokument auf Rodregos Mutter ausgestellt worden war. Und darunter... seine Unterschrift? Alessio riss das Dokument näher an die Lampe und erkannte die Fälschung schon in dem Moment, als er seinen Vornamen las. Das war niemals seine Unterschrift und auch nicht sein Siegel. Alessio presste sich eine Hand auf den Mund, weil er das Gefühl hatte, der Eintopf wolle sich wieder melden, und zog die anderen Dokumente näher. Es waren Briefe. Briefe in einer Handschrift, die er nicht kannte, auf billigem Papier und ohne jeden Hinweis auf den Verfasser, doch diese Briefe waren allesamt an Rodrego adressiert. Alessio brauchte nicht lange, um sie dem Datum nach zu sortieren und was sich da vor seinen Augen ausbreitete war ein Betrug, der ihn so erschütterte, dass er eine Weile nichts anderes tat, als einfach nur dazusitzen und auf die Holzplatte des Tisches zu starren. Erst das Knacken eines Holzscheites aus dem Kamin brachte ihn wieder in Bewegung. Er hatte sich langsam erhoben und legte gerade Holz nach, ehe er zu dem Canapé ging und sich darauf sinken ließ. Mit seinem jetzigen Wissensstand war es nicht schwer zu rekonstruieren, wie all das hatte kommen können. Rodrego zu wählen und ihn zu manipulieren - denn Alessandro nahm an, dass Rod manipuliert worden war - das war ein ziemlich kluger Schachzug gewesen. Rod war im Gefüge der Macht nicht mal ein kleines Rädchen. Niemals hätte Alessandro gedacht, dass man IHN aushorchen würde. Er hatte sich die Frage der Loyalität bei bei einigen Leuten, die ihm oder Nico nahestanden gestellt: bei Kieran, dem er noch nicht vollends vertraut hatte, Verbündeten am Hof oder gar Amadeo selbst, auch wenn er sich für diesen Verdacht beinahe schämte. Aber Rodrego? Sie waren Freunde, aber eigentlich hatte Rodrego mit ihren Angelegenheiten am wenigsten von allen anderen zu tun. Gerade deswegen war er wohl auch die perfekte Wahl gewesen... Wie hatte er sich nur von Liebe und Verlangen so blenden lassen können, dass ihm das entgangen war?

Wieso hatte er es sich überhaupt erlaubt? Er hätte doch schon von Anfang an riechen müssen, dass mit Rodrego etwas ganz und gar nicht stimmte, als der sich so plötzlich auf ihn eingelassen hatte, nachdem er ihn sonst so ignoriert hatte... nachdem er sonst keine Notiz von ihm genommen hatte. Wieso hatte er überhaupt mehr erwartet? Er war einfach nur dumm und naiv gewesen... und das würde er jetzt definitiv nicht mehr sein.
 

Dominico

Als Nico am nächsten Morgen eng umschlungen mit Kieran aufgewacht war, hatte er sich wirklich nicht lösen und noch weniger aufstehen wollen. Tatsächlich siegte jedoch bei ihnen beiden das absolute Pflichtbewusstsein und die Dringlichkeit der Dinge, die sie in den nächsten beiden Tagen zu erledigen hatten. Trotzdem zog sich ihr Abschied hin, weil Nico immer wieder anfing, Kieran mit Küssen zu traktieren. Erst als sie unten standen und damit quasi publikumsgefährdet waren, ließ Nico von Kieran ab. Gemeinsam gingen sie zu dem Stall, in dem Nico sein Pferd untergestellt hatte, und verabschiedeten sich voneinander. Sie würden sich die nächsten beiden Tage nicht sehen, oder wenn, dann nur, wenn Kieran auf dem Anwesen zum Arbeiten erschien. Da Nico wusste, dass Cromwell sie würde beobachten lassen, wenn er erst einmal herausfand, dass Alessandro noch lebte, war es sicherer für sie alle, wenn man ihn und Kieran hier nicht zusammen sah. Wenn jedoch am Turnier alles so ging wie gewünscht, dann würden sie sich in zwei Tagen am Abend wieder sehen, ein rauschendes Fest feiern und gemeinsam darauf anstoßen, dass die Zukunft hoffentlich besser für sie werden würde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Jetzt geht es endlich weiter. Das Turnier steht bevor :)
Es wird spannend und schön und für manche dramatisch in seinem Folgen...

Bis zum Wochenende werde ich noch ein Kapitel hochladen können...
LG (aus dem Urlaub)
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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Laila82
2017-08-16T08:53:11+00:00 16.08.2017 10:53
Dramatisch in seinen Folgen. Sowas darfst doch nicht schreiben, da kriegt man ja nervöses Herzflattern. Sandro schnallt zwar wie es zum Verrat kam, aber nicht das Rod ihn wirklich/trotzdem liebt *heul*
Antwort von:  -Amber-
16.08.2017 11:34
Nur die Ruhe! :)


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