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Vampire Kiss

von

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Flucht zu Reijka

31. Flucht zu Reijka
 

Der Himmel war strahlend blau. Nicht eine Wolke trübte die Sonne und deren Wärme. Michiru jedoch konnte es nicht wirklich genießen. Nachdem ihre Augen sich schnell wieder an die Helligkeit gewöhnt hatten, war nichts mehr Seltsames vorgefallen.

Yuri hatte sie zu Reijka begleitet und dort war Michiru ein wenig zur Ruhe gekommen. Sie hatte alles nochmals genau durchdacht und war zu dem Schluss gekommen, dass wohl Harukas vampirischer Keim in ihr, nach einem zweiten Biss dieser Art, doch wieder sehr deutlich wurde. Aufmerksam hatte sie sich selbst beobachtet und nach Anzeichen gesucht, die sie ja schon einmal deutlich gezeigt hatte. Selbst Reißzähne hatte sie kurzzeitig schon gehabt und das, nachdem die Vampirin sie damals zum ersten Mal gebissen hatte.

Nun waren es zwei Bisse, in zwei aufeinander folgenden Nächten und um so viel intensiver, als dieser erste, damals, aus Versehen. Doch es gab keine weiteren Anzeichen. Ihre Augen ertrugen die Helligkeit wieder, die Sonne schmerzte nicht auf der Haut, ihr Spiegelbild war völlig normal und Reißzähne hatte sie schon mal gar nicht. Keinen Drang nach Blut spürte sie in sich und selbst vollkommen normal essen konnte sie. Nicht einmal mehr Haruka konnte sie erfühlen. Von dieser intensiven Verbindung, die sie beide schon eine ganze Weile verband und die in den beiden letzten Nächten noch viel stärker geworden war, war absolut nichts mehr zu fühlen.

Das beunruhigte Michiru sehr.

Irgendetwas war geschehen, hatte sich verändert. Wie konnte es sein, dass dieses Mal absolut gar nichts geschah und auch nichts zu spüren war, es sei denn, Haruka war etwas zugestoßen? Wenn sie nun wirklich Yuri hatte töten wollen und gegen sie gekämpft hatte? Vielleicht hatte Yuri sie getötet. Sicher würde sie sich nicht kampflos umbringen lassen und auch, wenn Haruka viel stärker war als sie – etwas konnte immer schief gehen, anders laufen als üblich oder erwartet…

„Du musst endlich aufhören dir darüber Gedanken zu machen“, forderte eine Stimme Michirus Aufmerksamkeit,

„Seit 2 Tagen tust du nichts anderes, als Grübeln. Das bringt dir deine große Liebe nicht zurück! Du musst dich ablenken und einen klaren Kopf bekommen, damit du alles was geschehen ist nochmals nüchtern betrachten kannst.“

Michiru sah Reijka ins Gesicht.

Die lächelte aufmunternd und legte ihr die Hand auf die Schulter. Michiru hatte ihr erzählt, Haruka und sie hätten sich gestritten und getrennt und so ging ihr Gegenüber von schlimmem Liebeskummer aus. So ganz gelogen war das ja auch nicht und die Wahrheit konnte sie Reijka wohl auf keinen Fall erzählen. Auch wenn sie sich plötzlich sehr gut verstanden und sogar gemeinsame Interessen entdeckt hatten, eine Geschichte über Vampire und Werwölfe, hätte Reijka ihr sicherlich nicht geglaubt und das wäre noch das harmloseste gewesen, was an Folgen möglich war. Also ließ sie sie im Glauben, es sei einfach nur Liebeskummer und lächelte sie ebenfalls an.

„Ich weiß, du meinst es gut und ich bin dir dankbar“, entgegnete sie,

„Aber gibt mir noch ein wenig Zeit, bitte. Mir ist danach, einfach nur hier in der Sonne zu liegen und das Wetter zu genießen.“

„Spiel doch eine Runde Kricket mit uns“, bettelte Reijka,

„Keiner von uns kann es wirklich und wir lachen beinahe die ganze Zeit. Du wirst sehen, es wird auch dir die trüben Gedanken vertreiben. Zumindest für eine Weile.“

„Vielleicht hast du Recht“, gab Michiru sich nach kurzem Zögern geschlagen,

„Ich komme mit dir.“

Sie erhob sich von der Sonnenliege und schloss sich, der mehr als erfreuten, Reijka an.

Sie verließen die oberste Terrasse über einen breiten, geschwungenen Weg, der auf einem riesigen Grünstreifen endete, welche die nächste Terrasse ausmachte. Es gab insgesamt vier davon. Reijkas Verlobter war mehr als wohlhabend und sein riesiges Anwesen zeigte das überdeutlich.

Die oberste Terrasse war über eine riesige, automatisch öffnende Glasfront direkt aus einem der vielen Wohnzimmer im Haus zu betreten. Sie bestand komplett aus weißem Marmor, hatte eine kunstvolle Brüstung, mit einzigartigen Verzierungen und Säulen, fast wie die eines Tempels. Am linken äußeren Ende der sicher 200qm umfassenden Terrasse gab es einen kleinen Pool und ein paar Sonnenliegen. Von dort aus hatte man auch einen wundervollen Blick auf die zweite Terrasse, die etwa 1,80m tiefer Lag als die erste und aus einer einzigen, riesigen Grünfläche bestand. Nochmal 100 qm größer diente sie für jede Menge spielerischer und sportlicher Betätigungen. Nach einer großen, blühenden Hecke, in welcher sich drei markante Lücken auftaten mit Brüstungen zur Aussicht, ging es in die dritte Terrasse über. Gute 500 qm waren zu einem liebevoll gepflegten Garten gestaltet, mit Blumenbeeten, Obstbäumen, einem Pavillion und großen Vogelkäfigen. Die vierte Terrasse war eigentlich gar keine wirkliche Terrasse mehr. Sie bestand aus dem restlichen Grundbesitz, den Reijkas Verlobter neben dem Haus noch besaß und umfasste gleich mehrere tausend qm unberührter Natur. Doch da auch dieses Land, wie die anderen Terrassen, sich jeweils etwa 1,80m von der vorigen absetzte, zählte man es als vierte Terrasse.

Wirklich klein war hier nichts und obwohl es Michiru gefiel hier zu sein – ein ganzes Leben würde sie so nicht leben wollen. Auch Harukas Haus war riesig und das dazu gehörige Land ebenfalls, doch war deren Luxus weit weniger aufdringlich und nicht so pompös. Michiru selbst kam aus bürgerlichen Verhältnissen. Zwar hatte sie nie hungern müssen, doch ihre Kindheit war von vielen Entbehrungen geprägt und nicht immer einfach gewesen. Sie konnte mit all dem Luxus und den scheinbar unbegrenzten Mitteln nicht viel anfangen.

Aber zu Reijka und ihrem Verlobten passte es. Ihn hatte sie nur kurz kennen gelernt, doch er verkörperte auf Anhieb das Bild, welches Michiru aus Kindertagen von ihm in Erinnerung hatte. Er war nett, aber das war auch schon alles Positive, was sie zu ihm sagen konnte. Sein geschniegeltes Äußeres und das Gentleman-like Gehabe mochte viele Frauen beeindrucken, doch auf Michiru wirkte es einfach nur arrogant und oberflächlich. Seine Wortwahl zeigte ihr zu deutlich, dass der Rest nicht halten konnte, was Aussehen und Aufmachung versprachen.

Reijka jedoch schien er zu gefallen und nur das war ja wichtig. Sie wollte ihn heiraten und musste ihr Leben mit ihm verbringen, nicht Michiru.

„Schaut mal da hinten im Garten!“ hallte da eine Stimme laut unter dem restlichen Gewirr hervor.

Eine von Reijkas Freundinnen, die sich beinahe täglich hier aufhielten, hatte sich etwas von den anderen entfernt und schaute über eine der Brüstungen in der blühenden Hecke. Irgendetwas hatte sie unten im Garten entdeckt und es war zumindest so außergewöhnlich, dass ihr Ruf das Gekicher und Geschnatter des restlichen Mädchenclubs übertönte. Und er war aufgeregt genug, ihr die ungeteilte Aufmerksamkeit zu bringen.

„Was ist denn da unten?“ lief eine gleich zu ihr, sofort gefolgt von den anderen.

Selbst Michiru verspürte eine gewisse Neugier und folgte ihnen.

An der Brüstung angekommen entdeckte sie jedoch erst einmal gar nichts. Der riesige Garten sah aus wie immer und lag in völliger Ruhe. Selbst die Vögel in den Käfigen waren absolut still. Alle.

»Da ist etwas«, wusste Michiru sofort,

»Genau diese Stille herrschte damals im Wald, als Haruka mir zum ersten Mal gegenüber stand.«

Sie sah sich genauer um.

Wirklich nichts Auffälliges war zu sehen und noch bevor Michiru es konnte, hatte eine von Reijkas Freundinnen gefragt.

„Was hast du denn gesehen?“ klang sie etwas nörgelig,

„Ich sehe jedenfalls rein gar nichts!“

„Da war aber etwas!“ beharrte das Mädchen eindringlich,

„Etwas verdammt Großes. Sah irgendwie aus wie ein Hund, aber irgendwie auch nicht.“

»Ein Werwolf!«

Michirus Augen suchten fieberhaft den Garten ab, doch sie entdeckte nichts.

»Ob das Kyosuke ist? Oder einer seiner Späher?« fragte sie sich,

»Und wenn es ein ganz fremder Wolf ist? Dann werden alle sterben, die hier sind.«

„Bestimmt irgendein Streuner “, lachte Reijka,

„Kommt, lasst uns weiter spielen.“

Die anderen waren ihrer Meinung und geschlossen setzten sie sich in Bewegung.

Bis auf Michiru. Die blieb stehen und starrte weiterhin in den Garten runter, in der Hoffnung, doch irgendwas zu entdecken. Auch als Reijka nach ihr rief, wendete sie den Blick nur kurz ab, um zu antworten.

„Ich komme gleich nach“, rief sie,

„Ich will erst nachsehen, was da unten war. Vielleicht ist es ein verletztes Tier, das Hilfe braucht.“

„Oder der große, böse Wolf, der darauf lauert die zu erwischen, die sich von der Gruppe entfernen“, lachte Reijka und machte ein paar knurrende und kläffende Geräusche, was die anderen Mädchen dazu brachte, wild gestikulierend und kreischend vor ihr zu fliehen.

Wie die Lämmer, um Hilfe schreiend, spielten sie die Flucht vor dem bösen Wolf und hatten nicht den Hauch einer Ahnung, wie nahe sie damit vielleicht an der Wahrheit lagen.

Michiru wusste es und je weiter sie dem Weg nach unten folgte, desto bedrückender wurde ihr Gefühl. Was, wenn sich dort im Garten wirklich ein Werwolf herum trieb? Von Haruka wusste sie, dass diese auch die Macht hatten, sich am Tage zu verwandeln und zu töten. Würde sie einem solchen Exemplar gegenüber stehen, hätte sie sicher nicht die geringste Chance. Weder zu entkommen und noch sehr viel weniger, ihn zu besiegen. Warum sie eine solche Begegnung dennoch riskierte und immer weiter in den Garten vordrang, wusste sie selbst nicht. Vielleicht weil sie hoffte, etwas zu erfahren oder vielleicht auch nur, um die anderen zu retten.

»Es ist nicht ihr Kampf«, redete sie sich Mut zu,

»Haruka und die Werwölfe gehören zu meinem Leben – ich darf sie da nicht alle mit hinein ziehen.«

Kaum das der Gedanke sie etwas sicherer machte, sah sie eine Bewegung hinter dem Pavillon und ließ sie zusammen zucken.

Einige Sekunden lang noch sah und hörte sie nichts, während sie langsam näher heran ging, dann plötzlich sprang der riesige Wolf hinter einer Brombeerhecke hervor und blieb nur wenig mehr als zwei Meter von ihr entfernt hoch aufgerichtet stehen. Wie angewurzelt blieb Michiru stehen und traute sich nicht einmal mehr zu atmen. Mit aufgerissenen Augen starrte sie den Werwolf einfach nur an. Mehr als einmal hatte sie einem solchen Wesen bereits dicht gegenüber gestanden, doch jetzt am Tage wirkte es fast noch gefährlicher und größer.

Nach einigen schier endlosen Augenblicken aber, nahm Michiru all ihren Mut zusammen und sprach den Werwolf an.

„Bist du…Kyosuke?“ fragte sie vorsichtig und sprang mit einem leisen Aufschrei zurück, als der sich heftig zu schütteln begann.

Ein paar Sekunden später erkannte sie, warum er das getan hatte.

Vor ihr stand kein Wolf mehr, sondern ein junger Mann und es war nicht Kyosuke. Er war blond und kam Michiru irgendwie bekannt vor. Beinahe sofort erinnerte sie sich, ihn im Café gesehen zu haben, in dem sie auch Reijka getroffen hatte.

„Kyosuke ist mein Freund“, sagte er,

„Und ich bin gekommen um zu sehen, wofür er nun einen qualvollen Tod stirbt.“

„Er stirbt?“ rutschte es Michiru heraus,

„Was ist passiert?“

„Dein geliebter Vampir hat seine Brut auf ihn gehetzt, um ihn mit ihrer Seuche zu infizieren“, klang seine Stimme eisig,

„Sie hat seine eigene Schwester auf ihn gehetzt, weil sie zu feige war, es selbst zu tun. Wenn der Fluch beider Spezies sich vermischt, bedeutet das einen langsamen, schmerzhaften Tod, musst du wissen.“

Er näherte sich ihr noch etwas und sah sie durchdringend an.

„Sie hat beide zum Tode verurteilt“, flüsterte er,

„Weil sie dich unbedingt bekommen will! Was treibt ein menschliches Wesen dazu, sich einer solchen Bestie wie Haruka anzuschließen?“

„Ihr tötet genauso wie die Vampire es tun“, wusste Michiru in ihrer Angst nichts Besseres zu sagen,

„Sie hat mich vor einem von euch gerettet, der mich ganz sicher töten wollte! Ihr seid nicht besser als sie!“

„Dieser Wolf gehörte nicht zu uns“, wurde der Blonde laut, beruhigte sich aber sofort wieder, denn er wollte scheinbar nicht entdeckt werden.

„Dieser Wolf war geschickt von jemandem aus der Blutlinie deiner Geliebten“, fuhr er sehr viel leiser fort,

„Ayame hat ihn auf dich gehetzt und er hätte dich sicher nicht getötet. Er war ein Lakai von ihr und hätte dich winselnd zu seiner Herrin geschleppt. Jämmerlicher Schoßhund!“

Die letzten Worte spie er angewidert hervor.

„Ayame hat ihn geschickt?“ war Michiru geschockt,

„Aber…dann ist sie ja schon viel länger hier und viel weiter in das alles verwickelt, als angenommen. Und von Anfang an hinter mir her…! Warum? Und wie hat Haruka Kyoko auf Kyosuke angesetzt? Seine Schwester ist doch tot!“

Michiru war verwirrt und sichtlich verzweifelt.

Sogar so verzweifelt, dass sie komplett verdrängte, dass ihr Gegenüber ein Werwolf war. Sie hoffte einfach, irgendeine Antwort zu bekommen, irgendetwas zu erfahren, was sie weiter brachte, oder etwas Licht ins Dunkel brachte.

„Harukas Zigeunermagie hat sie in einem Dämmerschlaf gehalten“, war seine Antwort,

„Sie hat Kyosuke glauben lassen, es wäre ihm gelungen, seine Schwester zu töten, doch in Wahrheit hat sie eine Waffe aus ihr gemacht, sie versteckt gehalten, bis sie ihr nützlich sein konnte. Sie wird sterben, weil sie das Blut eines Werwolfes getrunken hat und er, weil in seinem Körper nun zwei Monster kämpfen. Und alles nur, weil Haruka dich um jeden Preis haben will.“

»Sie ist also genauso hinter dem Geheimnis in mir her, wie die großen Alten auch«, wurde Michiru da klar,

»Dann war alles nur gespielt. Sie ist ein machtgieriger Dämon, kalt und berechnend…«

Tränen wollten ihr in die Augen drängen, doch sie hielt sie zurück.

Nicht gut genug jedoch, denn der Blonde bemerkte es.

„Kann es sein, dass du nichts von alledem wusstest?“ fragte er plötzlich überraschend sanft,

„Sie hat dich genauso getäuscht, wie alle anderen auch. Unfassbar! Wie…hat sie das geschafft?“

Nun bahnten die Tränen sich doch ihren Weg.

„Wie kann man sich als Mensch an einen Vampir binden?“ fragte er leise, fast schon mitleidig,

„Was hat dich so blind gemacht für all das Schlimme, das sie tut?“

Michiru blickte ihm scheu in die Augen.

„Ich liebe sie…“, kam es kaum hörbar von ihr,

„Mein Herz gehört nur ihr…“

„Du…liebst sie?“ war er verblüfft,

„Dir ist wirklich nicht mehr zu helfen! Wie kann man sich denn in einen Vampir verlieben? Und dann auch noch ausgerechnet dieses kaltblütige Monster, dass selbst in den eigenen Reihen tötet ohne jede Skrupel?“

„Bei ihr habe ich mich zum ersten Mal in meinem Leben geliebt gefühlt“, erwiderte Michiru erstickt.

Sie focht sichtbar einen schweren, inneren Kampf, wehrte sich dagegen, der Erkenntnis und ihrem Schmerz zu erliegen und konnte scheinbar ihr selbst Erlebtes nicht mehr glauben.

„Und du bist nun gekommen, um deinen Bruder zu rächen und Haruka das zu nehmen, was sie so unbedingt haben will“, stellte sie dann leise fest,

„Du wirst mich töten, zum Ausgleich für Kyosuke und seine Schwester, nicht wahr?“

Einen Moment lang geschah gar nichts.

Der blonde Werwolf sah sie einfach nur an. Dann schüttelte er leicht den Kopf und verneinte.

„Kyosukes letzter Befehl in diese Richtung lautet, dich nicht anzurühren“, erklärte er,

„Und obwohl er uns alle fortgeschickt hat, gilt dieser Befehl noch, denn er hat ihn nicht zurückgezogen. Bis auf mich werden alle Wölfe unseres Rudels eigener Wege gehen und diese Stadt verlassen und von mir hast du genauso wenig zu befürchten, wie von Kyosuke. Fürchten solltest du die, in deren Hände du dich begeben hast und alles, was mit ihr zu tun hat!“

„Ich habe sie bereits verlassen“, brachte Michiru hervor,

„Yuri hat mir geholfen und das wird sie auch weiterhin tun. Wenn ich auch nicht glauben kann, dass Haruka mir etwas antun würde…“

„Der kleine Halbvampir, der wie ein Wiesel um Kyosuke herumschleicht?“ lachte er auf,

„Dieses Wesen ist noch viel gefährlicher, als alle Vampire und Werwölfe dieser Stadt zusammen! Nur wer das entsprechende Wissen und die Mittel dazu hat, kann sich nach einem Vampirbiss dessen Macht entziehen. Dieses Mädchen birgt ein Geheimnis, das noch viel größer als deines und viel schwärzer, als das von Haruka ist. Ihr zu vertrauen könnte dich weit mehr kosten, als nur dein Blut oder deine unsterbliche Seele!“

»Yuri ist noch gefährlicher als Haruka?«

Schrecken breitete sich in Michiru aus.

»Wenn sie nun wirklich gekämpft haben und Yuri Haruka getötet hat?«

„Du sorgst dich um sie?“ sah der Blonde ihr an,

„Das solltest du nicht. Ich sage es nicht gern, aber deine Vampirin lebt. Sie erfreut sich neu gewonnener Stärke und siegreicher Schlachten. Alles was ihr noch fehlt, um ihren Siegeszug zu beenden, bist du.“

„Was soll das alles bedeuten?“ fragte Michiru brüchig,

„Was heißt das genau?“

„Das heißt, dass deine Vampirin alles ausgeschaltet hat, was ihr hätte gefährlich werden können und ihr nur noch wenig dazu fehlt, bald nicht nur das mächtigste Wesen in dieser Stadt zu sein. Sie wird alle großen Alten töten und sich an die Spitze der Vampire setzen. Und wenn sie dich bekommt, dann…“, er lachte, doch es klang sehr bitter,

„…dann wird sie auch die Wölfe und jede andere Spezies beherrschen können.“

„Wie soll das vor sich gehen?“ weinte Michiru,

„Was soll sein in meinem Blut, dass ihr Macht über die ganze Welt geben kann? Außerdem…sie mag Böses getan haben, ja, aber für so böse halte ich sie nicht. Ich habe sie kennengelernt und viel Zeit mit ihr verbracht. Nein! Sie will keine Weltherrschaft.“

Sie schüttelte energisch den Kopf, als könne sie diesen Gedanken so wieder loswerden.

„Einem magischen Wesen geht es nicht unbedingt darum zu herrschen“, erklärte der Blonde,

„Es geht meist mehr ums beherrschen. Einfach nur, die Macht zu besitzen, alles Tun und Lassen zu können, was sie gerade möchten. Macht will sie und das jedes Wesen dieser Welt um ihre Macht weiß und sie fürchtet.“

„Und das erlangt sie durch etwas in meinem Blut? Wie?“

Michiru wurde immer verzweifelter.

„Es ist nicht etwas in deinem Blut“, sagte der Werwolf ernst,

„Es ist dein Blut selbst. Doch wie und auf welche Weise es ihr diese Macht geben wird, dass weiß, zum Glück, nicht einmal Haruka. Keiner weiß es. Auch die großen Alten nicht. Außer vielleicht jemandem der auch weiß, wie man sich dem Bluteinfluß seines Schöpfers entzieht…“

Den letzten Satz betonte er seltsam anders und Michiru verstand es als gut gemeinte Warnung.

„Yuri“, sagte sie,

„Glaubst du wirklich, sie könnte etwas wissen, dass kein anderes Geschöpf auf dieser Welt weiß?“

„Ich sage, du solltest sie als genauso gefährlich für dich ansehen, wie Haruka“, entgegnete er,

„Und nicht als Verbündete oder gar Freundin. Sie hat genug Wissen, um noch am Leben zu sein, also hat sie auch das Wissen, diesen Zustand weiterhin zu halten.“

„Und Haruka?“ wollte Michiru es jetzt genau wissen.

„Was soll mit der Blutsaugerin sein?“ sagte er abfällig,

„Sie wird weiterhin alles tun, dich in ihre Finger zu bekommen, wie sie es bisher auch getan hat. Sie hat vor keiner Kreatur Halt gemacht bisher und wird es auch weiterhin nicht – bis sie dich hat. Sie wird alles und jeden töten, der ihr im Weg ist oder der dir am Herzen liegt. Solange, bis es für dich keine Flucht und kein Entkommen mehr gibt.“

„Das glaube ich nicht“, hauchte Michiru und begann wieder mit dem Kopf zu schütteln,

„Haruka würde mir so etwas nie antun!“

„Und warum lebt dann niemand mehr, den du vor ihr kanntest?“ kam es frontal zurück,

„Warum hat sie alle getötet - sogar deinen Chef und deine Arbeitskollegin?“

„Das war ein Werwolf!“ schrie Michiru ihn fast an,

„Ich habe gesehen, wie es dort aussah und das hat kein Vampir getan!“

„Weil sie es hat so aussehen lassen, als sei es einer von uns gewesen“, hielt er gegen,

„Sie wollte, dass du dich vor uns fürchtest, denn sie konnte dir Schutz vor uns bieten. Das war wirklich eine Glanzleistung von diesem Biest. Sie hat nicht nur dich getäuscht und sich gleichzeitig von Störfaktoren befreit. Hat wunderbar funktioniert, denn es hat dich in ihre Arme gebracht, nicht wahr?“

„Das kann nicht sein“, sank Michiru zu Boden,

„Sie hat mich von Anfang an getäuscht…“

„Reichlich späte Erkenntnis“, klang seine Stimme gefährlich, aber nicht bedrohlich,

„Du gehörst schon beinahe ihr. Ich kann es riechen. Nur noch ein Biss und du wirst sein wie sie. Eine weitere solche Nacht wie jene, die sie jedes magische Wesen hat spüren lassen.“

Michiru wusste sofort, wovon er sprach.

Auch sie hatte diesen intensiven, magischen Rausch mehr als deutlich gespürt. Der Gedanke aber, dass jedes magische Wesen im Umfeld es, dank Haruka, auch gespürt hatte, trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht.

„Es war eine Machtdemonstration“, versuchte der Wolf ihr zu helfen,

„Wir sollten spüren, dass du ihr bereits mit Leib und Seele gehörst und wir haben es gespürt. Du bist ihr längst verfallen und deine plötzliche Flucht erstaunt mich ehrlich gesagt. Ich kann spüren, dass du dich nach ihrer Nähe sehnst. Dein Verlangen nach ihr ist dasselbe, wie in dieser Nacht. Wieso bist du hier und bringst wieder hilflose Menschen in Gefahr?“

„Es war Yuris Idee“, fiel es Michiru nun wie Schuppen von den Augen,

„Sie hat mich beinahe dazu überredet.“

Sie sprang wieder auf die Füße und ballte ärgerlich die Fäuste.

„Was immer sie damit bezweckt hat“, kam es wie ein guter Rat,

„Du solltest dankbar sein, dass es so ist und auf keinen Fall zu dieser Blutsaugerin zurückgehen. Nutze jeden Tag, um dich weiter von ihr zu entfernen, sowohl physisch, als auch psychisch. Dann hast du vielleicht noch eine Chance, zu überleben!“

Er sah sich kurz um, als hätte er ein Zeichen bekommen und sah sie dann nochmal ernst an.

„Dann haben wir alle vielleicht noch eine Chance, zu überleben“, sagte er noch, dann verwandelte er sich und sprang in ein Waldstück.

Michiru blickte noch Minuten später auf die Stelle, wo er verschwunden war. Sie konnte noch immer nicht glauben, was sie alles gehört hatte und doch gab es nichts Widersprüchliches an den Worten dieses Werwolfs. Sowohl Haruka, als auch Yuri hatten sie benutzt. Keine von ihnen meinte es wirklich ehrlich mit Michiru und sie hatte beiden vertraut. Jetzt blieb ihr nur noch Reijka und die konnte sie nicht einer solchen Gefahr aussetzen.

Der Werwolf hatte Recht. Sie musste von hier fort. Nicht nur raus aus Reijkas Leben, sondern aus der Stadt und auch aus dem Land, wenn nötig. Überall hin, nur weit weg von Haruka, Yuri oder irgendwelchen anderen Vampiren.

Ihr Blick wanderte Richtung Haus.

Sie würde jetzt zurückgehen, würde Reijka irgendeine Geschichte erzählen und würde das Haus verlassen. Auch, dass es bald wieder dunkel sein würde, konnte daran nichts ändern. Sich selbst den Gefahren der Nacht auszusetzen war in Ordnung, nicht aber Reijka und ihre Freundinnen.

Entschlossenen Fußes stieg Michiru wieder die Terrassen hinauf. Die Mädchen spielten immer noch Kricket und gackerten, wie die Hühner. Michiru bat Reijka etwas zur Seite, um sich bei ihr zu bedanken und ihr mitzuteilen, dass sie nun gehen würde, ohne dass die anderen Mädchen davon etwas mitbekamen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  dreamfighter
2017-06-28T20:23:08+00:00 28.06.2017 22:23
endlich geht es auf den Showdown zu... Die kleinen Ergänzungen, die du beim überarbeiten gemacht hast, passen sich perfekt ein und es ist mir eine enorme Freude mich so gut wieder einlesen zu können.

Ich freue mich schon auf das was noch folgen wird.
Von:  SailorStarPerle
2017-06-28T17:19:20+00:00 28.06.2017 19:19
oh das war ein Sprung ins kalte Wasser,
die ganze Warheit so ins Gesicht gesacht bekommen ist ein schock,
dan gleich ab zum nächsten Kapitel :-)


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