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Matter of Time

Every single chance I took was worth it.
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach langem Warten: ENDLICH EIN NEUES KAPITEL! Wuhu!
Hab momentan ganz viel Lust und Ideen :)

Viel Spaß!

(14.05.16 - Kapitel wurde teils bearbeitet, um Storymäßig weiter zu passen... ) Komplett anzeigen

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Re:ject

Wochenlang schwebten ihr diese Bilder im Kopf. Genauso, wie an diesen Morgen. Gedankenversunken lief sie ihren Weg in Richtung Uni. Sie war so verwirrt, von dem was ihr Unterbewusstsein ihr in jener Nacht gezeigt hatte. Leicht verloren lief sie am späten Vormittag los. Es war wieder ein Mittwoch. Somit würde sie auch Sasuke nicht begegnen. Sie hatte zwar ausreichend Schlaf gefunden, trotzdem konnte sie an nichts Anderes denken als an diesen Traum. Die Autos standen wie immer im Stau, wo die Rosahaarige ohne größere Gefahren die Kreuzung überqueren konnte. Ein Auto hupte direkt, als sie an diesem vorbeigegangen war. Sie schreckte aus ihren Gedanken, blickte dem Fahrer genervt zu, welcher wild herum gestikulierte. Dafür hatte sie jetzt echt keinen Bock. Den Kerl im Auto innerlich beleidigend, ging sie ihren Weg weiter. Sie hasste diese überfüllten Straßen. Generell diese überfüllte Stadt. Morgen wird sie davon allerdings nichts mehr mitbekommen, da sie wieder früh losgehen würde. Dann schüttelte sie mit dem Kopf. Versuchte ihr Hirn von all den Gedanken zu befreien. Es war nur ein Traum. Diesen Satz hatte sie bereits zu einem Mantra erklärt, so oft, wie sie ihn innerlich wiederholte. Zum Glück war heute nur mittags für sie eine Vorlesung. Unter diesen Umständen war es sicherlich nicht gut auf ihn zu treffen. Er würde vermutlich beim Training sein, während sie versuchte zu büffeln. Sicher war sie sich nicht, ob sie wirklich lernen könnte. Nachdem sie den kompletten Weg zur Uni verträumte, saß sie schließlich in der Bibliothek und las in einem Buch über Allgemeinmedizin. Nachdem sie einige Seiten hinter sich hatte, glitt ihr Blick nach draußen. Die Studenten genossen ihre Pause, standen in Grüppchen zusammen und tauschten sich aus. Viele von ihnen begaben sich in die Cafeteria. Sie seufzte, als sie in ihrem Augenwinkel die Jungs auf dem Sportplatz bemerkte. Sie drehte ihren Kopf in die Richtung und schaute kurz zu. Was war nur passiert, dass sie nicht mehr so lernen konnte, wie sie es sonst immer getan hatte. Dass sie solche seltsamen Sachen träumte. Sie war so aus der Bahn geraten, dass sie sich ernsthaft Sorgen machte. Wieder seufzte sie. Gereizt schlug sie das Buch zu, packte ihre Sachen und verschwand aus der Bibliothek.

Die Jungs warfen nach dem Übungsspiel noch einige Körbe, ehe sie sich in Richtung Cafeteria aufmachten. „Ey Teme, wo glotzt du hin? Die Cafeteria ist in die Richtung…“ Damit zeigte der Blondschopf in dessen Richtung. „Ich weiß…“ Dann wandte er seinen Blick ab und wurde prompt in den Schwitzkasten gekommen, ehe er eine Kopfnuss bekam. Alle lachten. Dieses Bild war so falsch. Normalerweise war Naruto derjenige im Schwitzkasten, doch der Schwarzhaarige interessierte sich nicht dafür. Er hatte nur ein Mädchen gesehen, das in seine Richtung blickte, dann aber ihren Blick abwandte und aus der Fensterfront der Bibliothek verschwand. Sie zeigte keine Regung. Kein Lächeln, dass ein Hallo hätte signalisieren können. Seine innere Stimme hatte sich nun bestätigt. Sie ging ihm systematisch aus dem Weg. Seit Wochen. Hatte er irgendetwas getan? Hatte überhaupt irgendjemand etwas getan, das dieses Verhalten ihrerseits rechtfertigte? Aber er sah es auch nicht ein, ihr hinterher zu laufen. Das wäre absolut Nicht-Sasuke. Aber vielleicht war sie es ja wert? Er kannte sie doch auch gar nicht wirklich. Das wäre trotzdem einfach nur seltsam, würde er ihr nachlaufen. Nachdem sein Kumpel ihn aus dem Schwitzkasten befreite, drehte er sich nochmal in Richtung der Fensterfront. Dorthin, wo er sie immer sitzen gesehen hatte, wo sie auch eben noch saß. Nur Mittwochmorgens kam sie nicht so früh. Sonst war sie immer dort. Außer dieses eine Mal, wo sie sich zu ihnen auf die Tribüne gesetzt hatte. Er lachte auf und schüttelte den Kopf. Dann hörte er seine Teamkollegen tuscheln. „Ist der Krank?“ „Vielleicht ist das ansteckend!“ „Scheint eine ernsthafte Persönlichkeitsstörung zu entwickeln…“ Er drehte sich zu ihnen, seine Ohren wurden rot, was seine Kumpel durch seine Stirnfransen aber nicht sehen konnten. „Leckt mich…“ Somit drehte sich der Schwarzhaarige um und begab sich Richtung Tribüne.

Naruto schaute nur verwirrt hinterher. Er verhielt sich tatsächlich so gar nicht Sasuke-Like. Irgendwas ging in ihm vor, was ihn beschäftigte. Wenn er nicht mal mehr Nerven für Witze hatte. „Hat der seine Tage?“ „Vielleicht!“ Lachte einer. Naruto schwieg ungewöhnlicher Weise. „Lasst uns einfach essen. Ich hau den Trottel da nachher mal drauf an. Vielleicht hat er wieder Zoff zuhause…“ Dann schwiegen sie plötzlich, jeder wusste, was das zu bedeuten hatte, wenn dies der Fall wäre. Jedes Mal, wenn dieses Thema aufkam war Sasuke ungewohnt aufbrausend, leicht aus der Ruhe zu bringen und nahezu jedes Mal, wenn jemand nicht rechtzeitig die Reißleine zog, gab es eine Prügelei zwischen Naruto und dem Schwarzhaarigen. Eine einzige Misere. Doch nur der Blonde wusste, wie es um den Uchiha stand. Nicht umsonst war er sein bester Freund.

Mit knurrendem Magen saß er auf der Tribüne und blickte in die Wolken. Heute war ein sonniger Tag. Wieso kann es nicht regnen?! Dann wäre das wenigstens entsprechend seiner Stimmung. So ein Regenmatch mitten im Sommer klingt doch nett. Erneut brummte seine Körpermitte. Wieso war er so aufgebracht? Sonst war er doch auch für jeden Spaß zu haben. Wenn er so kratzbürstig drauf war, dann eigentlich nur, wenn sein Vater ihn wieder von der Schule nehmen wollte, weil er doch eh keine Zukunft als Sportler hätte. Er solle etwas Vernünftiges studieren und das Stipendium nicht verschwenden. So wie sein Bruder, genauso sollte er es machen. Das gab immer großes Gezanke. Auch jetzt, wo sein Vater versucht sich seine eigene Firma aufzubauen. Früher, als sein Vater noch in dem Uchiha-Imperium tätig war, hatte Sasuke es als Nesthäkchen nicht unbedingt leichter. Sein Bruder sollte die Firma übernehmen. Er war ein Überflieger. Er konnte einfach alles. Gute Noten, gutes Benehmen, einfach ein perfekter Sohn. Und was war Sasuke? Sasuke war der Unfall gewesen, der eigentlich nicht gebraucht wurde. Der wenigstens ein Mädchen hätte werden können. Dumm gelaufen. Um sich Anerkennung zu verdienen, tat Sasuke nahezu alles, jedoch reichte es nie. Der Neid hatte ihn jahrelang angefressen, doch gegenüber Itachi spielte er immer den lieben kleinen Bruder. Hinten rum wünschte er ihm die Pest. Doch wollte er es sich nicht auch noch mit ihm verscherzen, zumal er eigentlich nichts dafür konnte. Er hatte einfach ein Händchen für diese Dinge, Sasuke eben nicht. Itachi wusste vermutlich auch von dem Konflikt den sein kleiner Bruder in sich bestritt, aber wollte er vermutlich nie zurückstecken. Er war kein schlechter großer Bruder, nur weil er besser war. Itachi war einfach immer besser und es sah so leicht aus, wenn er nach Hause kam, das Zeugnis unter die Nase seiner Eltern hielt. Lachend und stolz. Während Sasuke sein Zeugnis nie freiwillig zeigte. Er war so durchschnittlich, meist hatte man ihn in der Schule schon gefragt: „Bist du besser oder schlechter als Sasuke?“ „Ich bin definitiv überm Durchschnitt!“ Seine Mundwinkel zogen sich hoch, als er bemerkte, wie weit er gedanklich abdriftete. Wie oft wurde er in der Schule verprügelt, weil er doch ein Uchiha war. Er solle sich nicht einbilden etwas Besseres zu sein. Das kam ihm nie in den Sinn. Als er sich wehrte, wurde es nur schlimmer. Fühlten sich vermutlich bestätigt. Dann irgendwann, letztes Jahr der Mittelschule, kam ein neuer Schüler. Ein durchgeknallter Blonder, jener, dem die Meinung der anderen nicht egal war, aber wenn sie schlecht war er einen Scheiß draufgab. Zumal ihn alle für einen Idioten hielten, doch er sie immer wieder mit einer Einfachheit und Natürlichkeit von Gegenteil überzeugte. Ehe er dann wieder etwas scheinbar Dummes machte. Sein Lächeln hielt an. Sasuke war so neidisch gewesen. Es war wie eine Gewohnheit neidisch zu sein. Neidisch auf die, die besser mit Dingen umgehen konnten, die erfolgreicher waren, als er selbst. Vermutlich gerieten er und Naruto darum so oft aneinander. Mittlerweile wusste er es besser. Und trotzdem fuhr er viel zu oft aus seiner Haut. Und dann nicht mal wegen seiner Familie, sondern wegen einer Frau, die er gar nicht wirklich kannte. Aber sie war so unglaublich interessant. Fast so interessant, wie das Mädchen von früher. Das blonde Mädchen, welches er durch das Business-Dinner kennen lernte. Sie war die Tochter einer Dame, die sich um eine Kooperation mit der Uchiha-Company bemühte. Zu dem Zeitpunkt wäre der Abschluss ein großer Fehler gewesen. Er brachte seine Gedanken wieder auf den eigentlichen Weg. Dieses Mädchen. Mit ihren stechend grünen Augen und den langen blonden Haaren sah sie eher traurig aus, als sie sich zum ersten Mal begegneten. Wieso er mit zu diesem Essen musste, hatten ihm seine Eltern bis heute nicht wirklich erklärt, aber er war dankbar. Dankbar, dass Itachi nicht mit war, dass er ein Auslandssemester machte. Dass er, wie er im Nachhinein von ihm selbst erfuhr, nicht als Verlobter für sie infrage kam, sondern nur Sasuke selbst. So konnte er sie kennen lernen und nicht sein Bruder. Er hatte zum ersten Mal Glück gehabt. Selbst wenn seine Eltern dachten, dass sie nicht würdig sei, an Itachis Seite zu stehen, könnte es ihn nicht weniger kratzen. Er war am Zug gewesen. Egal aus welchem Grund. Und das Beste war, sie verstanden sich sofort. Sie tauschten, wenn auch heimlich, ihre Handynummern aus, da ihre Mutter ihn nicht mochte. Sie trafen sich oft. Sie erzählten sich viel. Sie war gerade erst hergezogen. Sie hatte bisher keine Freunde gefunden, hatte auch nicht viel Zeit. Ihre Mutter hatte sie zu dem Essen angeblich nur mitgenommen, damit sie später nicht noch für sie hätte kochen müssen. Dass es eine Verlobung geben sollte wusste sie bis dato auch noch nicht. Ihre Mutter sei damit allerdings unzufrieden gewesen, dass er da gewesen war und nicht der ältere Sohn. Doch auch die Blonde war glücklich. Sie sagte so oft, dass sie ihrer Mutter dafür danken müsse, weil sie ihn nur so hätte kennen lernen dürfen. Denn das blonde Mädchen war so davon überzeugt, dass ihre Mutter sie hasste, dass sie nahezu gar nicht mit ihr sprach, geschweige denn zuhause war. Ihr Vater war immer sehr viel arbeiten und nur wenn es ihm möglich war, kümmerte er sich um sie. Mittlerweile sei sie ja auch schon alt genug, um alles besser zu verstehen. Ansonsten saß sie immer an dem Steg. Nach der Schule, nach jeglicher Freizeitaktivität. Dort lernte sie, dort machte sie Hausaufgaben. An Regentagen verlagerte sie die Arbeiten nach Hause, doch die meiste Zeit saß sie trotzdem im Regen dort. Es war der Steg des Kanals, der seine frühere Joggingroute war. Ihr Treffpunkt. Dort wo er sie immer auflas und etwas mit ihr unternahm. Sie war seine erste Liebe. Dann war alles vorbei. Vor seinem inneren Auge kam ihr Gesicht zum Vorschein.

Skeptisch wurde er, als sein Gehirn sein Bewusstsein auf eine gewisse Ähnlichkeit mit einer rosahaarigen Bekannten hinwies. Vielleicht war er auch darum so zu ihr hingezogen. Zu einem Mädchen, was er damals gehen lassen musste. Er würde nie vergessen, was an dem Abend passierte. Er wollte ihr sagen, dass er sie liebte. Doch ein unglücklicher Zwischenfall hatte ihn daran gehindert. Als ihre Mutter dann auch noch gegen die Beziehung war, dass Itachi nur für sie infrage käme, spürte er den Hass. Dieser Mutter waren zusätzlich die Gefühle ihres Kindes egal. Der diensthabende Arzt war sein damaliger Basketball-Coach gewesen, der ihm plötzlich dankte, dass er seine Tochter beschützt hatte. Er habe Glück, dass Sasuke die Courage hätte einem fremden Mädchen zu helfen und dabei so einzustecken. So, wie er es sagte, wusste er nicht, dass seine Frau sie zuvor teuer verheiraten wollte. An seinem Bruder. Sonst hätte er doch was gewusst. Auch im Training, als er die kurze Zeit so viel besser drauf war. Doch dass niemand mal auf die Idee kam, dass er mit einem Mädchen eine Art Beziehung führte, sah er es schließlich ein. Er hatte nicht das Recht dazu zu lieben. Sie oder sonst wen. Oder geliebt zu werden. Niemand würde Sasuke eine Beziehung zutrauen. Zusätzlich hatte er sie nicht mal beschützen können. Er war 15 Jahre gewesen. Die Angreifer über 20 Jahre. Es war ein ungleiches Match. Dennoch plagten ihn Schuldgefühle. Immer wenn er scheinbar Glück hatte oder es in irgendeiner Weise verspürte, kam das Schicksal dazwischen. Es war ein herber Rückschlag für ihn.

Lange redete sich der junge Uchiha ein, dass es keine richtige Liebe war, doch nachdem Naruto seine Gefühle schilderte, als er ein Mädchen kennen gelernt hatte, wusste er es besser. Wieso durfte er einfach so lieben? Wieso wurde Naruto ständig von jedem so angenommen, wie er war? Und da zerfraß ihn wieder der Neid, trotzdem gönnte er es dem Blondschopf. Zu jedem Topf der Deckel, auch wenn sein Deckel mittlerweile wohl einen anderen Topf gefunden haben wird. Eigentlich konnte er nicht mal wissen, ob sie den Zwischenfall überlebt hatte. Er spürte den Frust aufkommen und erstickte ihn wieder, so gut er konnte. Doch da kam diese einzelne Träne. Nicht, dass er eine Heulsuse wäre, aber diesen Tropfen salziges Wasser konnte er nicht mehr aufhalten. Sie rollte in einem Rutsch einsam über seine Wange. Der Schwarzhaarige seufzte anschließend. Es folgte ein Knurren. Er hielt sich den Magen. Essen wäre vielleicht nicht schlecht… Er hielt seine Augen weiterhin geschlossen, genoss die Ruhe, den leichten Wind, der die schwache Wärme der Sonne etwas kälter wirken ließ. Er spürte, wie die Verdunstungskälte seiner Träne eine kalte Spur auf seiner Haut hinterließ, als der Wind blies. Diese innere Wehmut wird ihn den Tag wohl noch begleiten. Die nasse Bahn, die seine Träne hinterlassen hatte, war wieder getrocknet, zog etwas aufgrund der salzigen Überreste. Dennoch, niemand würde etwas ahnen. Der Magen des Uchiha zog sich schmerzlich zusammen. Es roch lecker nach Essen. Das war sicherlich die Cafeteria. Mühsam setzte er sich auf, und blickte plötzlich in ein bekanntes Gesicht, das ihn sanft anlächelte. Träumte er? Im ersten Moment glaubte er seine alte Liebe wieder ins Gesicht zu blicken. Aber sie war es nicht. Wie lange hatte er nun hier gesessen und sie nicht registriert?

Nachdem sie übereilt aus der Bibliothek geflüchtet war, und nicht mal wusste wieso, hatte sie sich zunächst in das große Atrium gesetzt und überlegt, was mit ihr los war. Aber ihre Gedanken kreisten immer um eine Person. Sasuke. Er hatte sie angesehen. Sie hatte zurückgeblickt. Doch hielt sie seinem Blick nicht stand. Wieso? Und wieso machte sie das so wütend? Wieso ging sie ihm so vehement aus dem Weg? Er hatte nichts gemacht, was dieses Verhalten rechtfertigen könnte. Nicht ansatzweise. Vielleicht, weil sie wusste, dass es falsch war? Weil sie wusste, dass es nie was geben kann? Dass sie jemanden wie ihn nicht verdiente? Dass sie eine Beziehung nicht haben konnte. Dass er es herausfinden könnte, wo oder eher als was sie arbeitete? Dass er es nicht verstehen würde? Dass er sie, wie alle verurteilen würde? Dass er sie hassen könnte? Wie alt war sie nochmal? Zwölf? Seufzend kramte sie in ihrer Tasche. Ihr Bento kam zum Vorschein. Hunger hatte sie nicht. Der Stein in ihrem Magen lag zu schwer. Aber sie konnte es auch nicht schlecht werden lassen oder gar wegwerfen. „So eine Verschwendung.“ Murmelte sie zu sich selbst. Sie schaute auf ihr Handy, um die Uhrzeit zu checken. „Sehr gut, so bin ich dort alleine…“ Ihr Weg führte sie aus dem Gebäude, in eine Richtung, in die sie sich eher selten verirrte. Jedenfalls nicht bewusst. Einmal bisher, wo sie allerdings nicht wirklich lernen konnte, wie sie wollte. Wo sich alles verändert hatte. Die Rosahaarige seufzte. Sie konnte bereits die Tribüne erkennen, allerdings nur von hinten. Aber man konnte keinen Ball prellen hören, geschweige denn die Gespräche der Spieler oder das Gekreische der Cheerleader. Sie machten tatsächlich pünktlich Pause. Leicht lächelte die Haruno darüber. Recht haben ist ein sehr bestätigendes Gefühl. Sie ließ zwar weiter in die Richtung, dennoch waren ihre Gedanken zurück bei diesem Thema. Sasuke. Schlimm, dachte sie. Er beherrschte bereits ihren Kopf. Wie sollte sie da nur lernen? Aber… War es wirklich, dass sie Angst hatte, er fände ihr Geheimnis heraus? Oder war es auch dieser Traum, der sie so aus der Bahn geworfen hatte. Was hatte der zu bedeuten? War vielleicht doch irgendwie Wahrheit dabei? Und wenn ja, wieso? Wieso jetzt? Und warum war die Erinnerung an so ein Ereignis verblasst? Wegen der Kopfwunde? Gedächtnisverlust? War der Junge vielleicht doch Sasuke? Sie glichen sich schon irgendwie. Vielleicht sah er damals genauso aus. Dann hätte er sie bereits zwei Mal gerettet. Sie sollte dem mal auf den Grund gehen. Vielleicht sollte sie ihm reinen Wein einschenken. Dann würde sie auch mehr über ihn erfahren, ihn kennen lernen. War es nicht auch das, was sie sich insgeheim wünschte? Waren diese Gefühle nicht genau die, die sie sich für ihr Studium eben nicht gewünscht hatte, die sie aber nicht abwehren konnte? Hatte sie den Schwarzhaarigen jetzt wirklich schon in dieser Form in ihr Herz gelassen? Ohne ihn wirklich zu kennen?
 

Somit trat sie auf den leicht staubigen aber weichen Boden, blickte sich um, als sie die Tribüne endlich von der richtigen Seite erspähte. Etwas verwirrt aber nicht überrascht bemerkte sie den Schwarzhaarigen, der vor sich her zu träumen schien. Natürlich, wer sonst, seufzte sie. Sie würde nicht länger davonlaufen. Auf leisen Sohlen schlich sie sich zu ihm, setzte sich etwa einen Meter von ihm entfernt hin. Blickte erst in den Himmel, dann zu ihm. Irritiert sah sie, wie ihm eine Träne aus dem Auge über die Wange lief. Wie gerne würde sie nun seine Gedanken lesen können. Verunsichert, ob sie nicht vielleicht gehen sollte, entschied sich die Rosahaarige zu bleiben. Sein makelloses Gesicht wirkte blasser in der schwachen Mittagssonne. Die Spur seiner Träne glitzerte noch leicht, ehe sich auch die letzten Wassermoleküle verflüchtigten. Sie musste sich tatsächlich zusammenreißen, als sie seinen Magen knurren hörte. Beinahe hätte sie laut losgelacht. Vielleicht wäre ihr Essen in seinem Magen besser aufgehoben, kicherte sie lautlos zu sich selbst. Definitiv ein Grund zu bleiben. Noch ein paar Minuten schwieg sie neben ihm. Irgendwie hatte er Ähnlichkeit mit dem Typen aus ihrem Traum, aber so richtig dann doch nicht. Vielleicht sah er jünger anders aus? Aber wahrscheinlicher war, dass dieser Traum einfach nichts zu sagen hatte. Die Reaktion ihrer Mutter war so seltsam unnatürlich gewesen, demnach kann dies nicht wahr sein. Sie war auf Mädchenschulen, sodass sie nie irgendwie einen Jungen als Freund hatte. Ihr Kopf schmerzte. Hatte sie irgendwas vergessen? Nein. Unmöglich. Sie hatte generell eigentlich eher kaum Freunde. Es gab ein einziges Mädchen, was sich für die Rosahaarige einsetzte, während alle anderen sie nicht mochten. Sakura‘s wohlhabende Herkunft und ihr Aussehen haben da direkt einige Möglichkeiten verwehrt, dabei soll man meinen, dass so etwas eher positiv aufgenommen würde. Pustekuchen. Von den meisten Mädchen wurde sie gehasst. Besser für die Haruno. Umso mehr konnte sie sich um ihre Schulnoten kümmern. Das war ihrer Mutter sowieso viel lieber. Ihre Freundin war dafür sehr beliebt. Sie hatte lange blonde Haare und strahlend blaue Augen gehabt, doch als sie dann irgendwann einen Freund hatte, war Sakura nicht mehr so frequentiert. Zwar war es sehr schade, doch ändern konnte und wollte sie das nicht. Ihre beste Freundin war glücklich und sie gönnte es ihr von ganzem Herzen. Sie lächelte dem Himmel entgegen. Vor einiger Zeit bekam sie den Brief, dass sie zu deren Hochzeit eingeladen war. Ja Hochzeit. Viel zu früh! Waren Sakura’s Gedanken, doch eigentlich war sie nur neidisch. Ihr Blick richtete sich gen Tasche auf ihrem Schoß. Irgendwann, ja irgendwann würde ihr das auch gegönnt sein, doch erstmal musste sie ihr Studium rumkriegen. Zumal hatte sie auch niemanden, mit dem sie sich ihre Zukunft vorstellen konnte. Sie hatte die Einladung jedenfalls noch nicht zurückgeschickt. Alleine zu einer Hochzeit… Naja. Das würde sie auch noch schaffen. Sie blickte zu dem Träumer mit seinen schwarzen Haaren. Eine leichte Ähnlichkeit mit Ino’s Verlobten konnte sie nicht leugnen, dennoch zeigte Sasuke ganz andere Züge. Wärmere, freundlichere Züge. Sein Gesicht strahlte eine einzigartige Geschichte aus, die Sakura nur zu gerne kennen würde. Wäre ihr Vater nicht so früh gestorben, wer weiß, ob sie dann nicht jemand anderen hätte, den sie nun so ansehen würde. Vielleicht hätte sie jemanden gefunden, der aus dem Basketballteam ihres Vaters war. Das waren die einzigen Jungs, zu denen sie früher mal Kontakt hatte. Selbst im Kindergarten durfte sie nur mit den Mädchen spielen. Gott war das lange her. Sie konnte sich keinen einzigen Namen merken, aber alle wussten, wer sie war. Wie alt waren sie? 8 Jahre? Mittlerweile merkte sie sich die langweiligsten Dinge ziemlich gut. Sie lachte lautlos und begutachtete Sasuke’s entspanntes Gesicht. Aber diese Kombination „Tollpatsch und cooler Typ“ scheint so ein Klischee-best-friends-Ding zu sein. Das erkannte sie, als sie Sasuke und Naruto spielen sah. Wie die beiden Jungs von früher. Nur dass sie sich nicht prügeln, wenn der Ball nicht reingeht. Wenn sie Naruto nicht gesehen hätte, wusste sie allerdings nicht, ob Sasuke nicht vielleicht auch eher der Tollpatsch wäre. Vermutlich lag es an seinem Stigma, an seinem Namen, dass er von allen als „cool“ und „unnahbar“ angesehen wurde. Wären die Namen vertauscht würde auch Naruto sehr wahrscheinlich in dieses Schema passen… Blöd war der Blonde nicht, da war sie sich sicher. Schließlich muss er ja auch irgendwie die Prüfungen an der Uni hier bestehen. Sakura war sehr froh, dass sie sich da nichts draus machte. Wenn sie so einen Respekt vor ihm hätte, würde sie dann hier sitzen? Hätte sie dann so mit ihm geredet? Hätte sie ihn so behandeln können? Sie musterte ihn grinsend, ehe er sich aufsetzte und sie direkt ansah, nachdem sein Magen erneut auf seine Leere aufmerksam gemacht hatte. Ihr Grinsen wich einem sanften Lächeln. „Hat dich der Hunger aus den schönen Träumen gerissen?“ Sie hielt ihm ihr Bento hin. Er sah überrascht aus. Kein Wunder, bis gerade hatte er geglaubt, er wäre alleine. Sonst hätte er sich sicher nicht diese Blöße gegeben. Er lachte kurz auf, versteckte sein Gesicht hinter einer Hand. Er bekam wieder leicht rötliche Ohren. Peinlich? Als sie bemerkte, dass er über sich lachen musste, konnte sie nicht anders, als mit zu lachen. Lachen erleichtert so vieles. Es bringt egal, wie die Situation zuvor war einfach positive Gefühle. Lachen macht so vieles einfacher. Gemeinsam kicherten sie nun, ohne dass irgendjemand sie störte. Eine ungewohnte aber angenehme Zweisamkeit baute sich auf. „Du hast das Bento nötiger als ich, nimm schon…“ Sakura hielt sich noch den Bauch vom Lachen. „Sicher? Ich bin sehr wählerisch…“ „Mir egal, dann bleibt vielleicht noch was für später übrig.“ Sie zwinkerte, dann lachten sie wieder, ehe der Schwarzhaarige das Bento zu sich nahm. Eine willkommene Abwechslung. Es war so plötzlich, als sie einander ansahen und beide sogar gerade gedanklich beim jeweils anderen waren. Es war ihnen so peinlich, dass sie gemeinsam lachten. Ohne zu wissen, wieso der andere mit lachte. Es war einfach ein Gefühl, dass es nun an der Zeit zum Lachen war, was sie dazu bewegt hatte. Und das Gefühl, auf der gleichen Wellenlänge zu sein. Stumm schaute sie ihm beim Essen zu. „Hmm, das ist echt lecker… Ich habe das noch nie so gewürzt gegessen, aber das merke ich mir.“ Als er vom Essen aufsah, bemerkte er ihr Strahlen und auch die rötlichen Wangen. Sie freute sich tatsächlich einen Wolf, dass sie gelobt wurde. Woher diese Offenheit? War sie seit einigen Wochen nicht noch scheinbar unnahbar? Bis gerade eben noch? Frauen… Sie schwieg, bis er mit der Nahrungsaufnahme fertig war. Sie packte die tatsächlich leere Bento-Box in ihre Tasche. Von wegen wählerisch. „Als ich das letzte Mal geheult habe, war als ich an dieser Uni angenommen wurde. Davor war es, als ich von meiner Mutter mehr oder weniger rausgeschmissen wurde. Naja. Vielleicht noch hin und wieder wenn ich mir den kleinen Zeh angehauen habe oder so…“ Sasuke lachte auf. Diese direkte Art war schon beinahe unverschämt. Aber sie war neugierig, kam endlich wieder auf ihn zu, mied ihn nicht mehr, öffnete sich. „Darf ich fragen, warum der coolste Typ dieser Uni Tränen vergießt. Oder eher eine einzelne, einsame Träne?“ Sie schaute ihn direkt an. Er beugte sich vor, seine Ellenbogen auf seinen Beinen abstützend, legte er seinen Kopf in seine Hände. Es kam Stille auf. Dann drehte er seinen Kopf, noch in einer Hand abgelegt, zu ihr, während die Zweite ihr eine lange rosafarbene Strähne ihres Ponys hinters Ohr strich. Sie störte seinen Blick in ihre strahlend grünen Augen. „Die grausame Erinnerung an eine lang vergangene Liebe, zerstört durch einen unerwarteten Schicksalsschlag.“ Sie hielt seinem Blick stand, suchte in seinen Augen nach weiteren Informationen. Sie war so interessiert. Die Haruno sah ihr wirklich ähnlich. Es war, als würde er sie vor sich sehen. „Ist das deine Naturhaarfarbe?“ Sie nickte nur. Er zog seine Hand langsam zurück. Sie hatte genau denselben Gesichtsausdruck, wie sie. Genau so, als er jenem Mädchen damals von seinen Problemen erzählte. Über seinen Bruder. Seinen inneren Konflikt. Warum konnte sie nicht jenes Mädchen sein? Ihr Vorname passte doch auch so wunderbar. Aber sie war es nicht. Es waren zwar nur die Haare die nicht passten, dennoch glaubte er nicht daran, dass er diese Chance verdient hätte. Sie könnte sich vielleicht auch nicht erinnern. Nein sie kann es nicht sein. Es war die Haarfarbe, die ihn diesen Gedanken verweigerte. Wie viele Mädchen trugen diesen Namen? Vielleicht gab es sogar Mädchen, die auch den gleichen Nachnamen trugen. Wie oft hat er das Telefonbuch durchgesucht und doch nie den Mut gehabt? Doch diese Sakura hier, hatte definitiv einen anderen Nachnamen. Und eine andere Haarfarbe. Aber die gleichen Augen. Augen in die er sich gerne verlieren würde. Augen, mit festem Blick, die er geliebt hatte. Doch konnte er ihr das nicht antun. Er würde sie immer vergleichen. Das hatte die Haruno nicht verdient. „Hast du sie sehr geliebt?“ fragte sie leise. „Vermutlich Schon. Aber es war zu schnell vorbei, ihre Mutter hat alles beendet, als dass ich ihr irgendetwas hätte sagen können.“ Sein Blick wanderte auf das leere Spielfeld. „Erzähl mir von ihr.“ Seine Augen wurden groß vor Verwunderung, doch blickte er weiterhin auf das Spielfeld. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein? Wieso sollte er ausgerechnet mir ihr darüber reden? Noch nie hatte er überhaupt das Thema angeschnitten. Selbst seine Familie wusste nicht, wie nah er diesem Mädchen stand. Sie wussten auch nichts von dem, was damals passiert war, als er mit all den Verletzungen im Krankenhaus war. Eisern hatte er geschwiegen, bis heute. Sogar gegenüber Naruto. Bis gerade eben, wo er ohne nachzudenken einfach sagte, was ihm in den Sinn kam. Er hatte seine Gefühle einfach dargelegt, als könnte er mit der Rosahaarigen über alles reden. Er vertraute ihr komischerweise und bedingungslos. So wie sie so neben ihm saß, hatte er das Gefühl, dass sie ihn verstand, dass alles gar nicht so schwer auf ihm lastete, wie sonst. Sie kam einfach aus dem Nichts in sein Leben, stellte es auf dem Kopf, verdrehte es, als wäre es ganz normal. Sie durchschaute ihn, als wäre seine Mauer, die er über Jahre aufgebaut hatte nur Glas, als hätte sie einen Schlüssel zu den Ketten, die ihn beengten. Die Rosahaarige hatte genau das Feingefühl, dass sie wusste, wie man mit ihm umzugehen hatte. Das kannte er nur von ihr. Sein Blick wanderte zu ihr. Sie sagten jetzt schon mehrere Minuten kein Wort. Sie wartete hingegen geduldig, dass er begann. Was auch immer er zu sagen hatte, sie würde ihm zuhören. Zuversichtlich lächelte Sakura dem Schwarzhaarigen entgegen. Gegen diese junge Frau war kein Kraut gewachsen. Sie war so besonders und doch verglich er sie mit ihr. Und sie ahnte nicht, dass sie jenem Mädchen so ähnlich war. Aber vielleicht machte es ihr auch nichts aus? Überlegte er gerade ernsthaft, der Rosahaarigen alles zu erzählen? Nicht, dass er ihr nicht vertrauen würde, nein das tat er komischerweise von Anfang an. Aber kann dieses Wissen nicht auch eine Freundschaft sabotieren? Glaubte er in Sakura nicht vielleicht eine Frau zu sehen, mit derer eine Beziehung eingehen könnte? Eine Beziehung. Nein. Das kam für ihn nicht infrage. Wieso sollte er eine Beziehung mit jemand anfangen wollen, wenn er doch wusste, dass er sie verletzten würde. Sein Magen verkrampfte sich. Es war ein Fehler seine Gefühle für sie zu leugnen. Doch diesen Schmerz wollte er ihr und auch sich ersparen. Das konnte nicht gut gehen. Außerdem war auch für die Haruno ihr Studium oberste Priorität. Eine Beziehung würde nur Probleme machen. Ebenso war es für ihn. Egal wer der jeweilige Partner wäre. Sie haben gewisse Ziele, die sie verfolgten. Da passen Beziehungen nicht hinein. Dann wäre es doch nicht schlimm, würde er davon erzählen, aber würden die Mädchen normalerweise eher nichts von solchen Geschichten hören wollen? Konnte sie denn auch in dieser Hinsicht so anders sein? Er seufzte. An was für unglaublich dumme Dinge dachte er gerade überhaupt? Mit leicht schlechtem Gewissen verneinte er. „Vielleicht wann anders, okay?“ Schmollend lehnte sie sich an die Holzbank. „Dann nicht.“ Sofort lachte sie wieder. „Reden hilft jedenfalls... Auch wenn der Gegenüber nicht immer antworten kann.“ Sie stand auf und hüpfte die erste Reihe der Tribüne runter. Verwirrt schaute der Schwarzhaarige ihr nach. Der Gegenüber nicht antworten kann? Was soll das bedeuten? „Wir sehen uns morgen früh.“ Lächelte Sakura ihm entgegen und lief einfach davon. Er hob nur stumm seine Hand zum Abschied. Hatte er ihren traurigen Blick wirklich gesehen oder war es Einbildung? Kurz schüttelte er den Kopf und zuckte dann mit den Schultern. Keinen Moment später ertönte die laute Glocke und signalisierte das Ende der Mittagspause. Er hatte das dumpfe Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben, aber in dieser Situation konnte er seiner Meinung nach nur Schadensbegrenzung betreiben. Er hätte ihr nicht einfach vor dem Latz knallen dürfen, dass er einer vergangenen Liebe nachtrauerte. Das kam nie gut an. Egal, ob das Mädchen sich Hoffnungen machte oder nur Freundschaft wollte. Oder war Sakura da auch wieder mal ganz anders? Er wusste es jedenfalls nicht. Er stand auf, sah bereits die anderen wieder auf das Spielfeld kommen. Auch die Cheerleader waren auf den Weg hierher. Müde lächelte er. Sie hatte gutes Timing. Sie war davor so übereilt geflüchtet. Scheinbar war das alles seine Einbildung gewesen. Er hatte sich nicht wieder selbst manipuliert. Erleichtert lief er von der Tribüne runter lief den Jungs entgegen. Sakura wird es verstanden haben. Immerhin war sie nicht dumm. „Sorry für eben. Lasst uns einfach trainieren…“

Ihre Tasche stellte sie neben den kleinen Tisch, schob den Stuhl zurück und setzte sich. Das Buch, welches es zu studieren galt, legte sie auf den Tisch und schlug es auf. Eine beliebige Seite flatterte auf. Er vertraute ihr noch nicht? Möglich, aber sie glaubte schon, dass es da eine besondere Art von Vertrauen gab. Aber vielleicht war es auch eine richtige Entscheidung. Wäre sie wirklich bereit gewesen? Sie hatte genug eigene Probleme und wollte sich nun die von anderen anhören? Sie kannte Sasuke doch nicht wirklich und brachte ihn in eine so unangenehme Situation. Sie wusste doch genau, wie es sich anfühlte, wenn man bedrängt wird, man solle nun darüber reden, auch wenn man nicht wollte. Nicht bereit war. Sie sehnte sich so sehr nach jemanden, mit dem sie wiedermal einfach reden konnte. Reden, ohne sich Gedanken zu machen, mit jemandem den sie blind vertrauen konnte. Sie hatte gehofft, dass Sasuke vielleicht derjenige sein könnte. Aber sie wusste nicht, ob er dies überhaupt wollte? Klar, jeder hat seine Probleme. Er war ein Einzelgänger, wie sie auch war. Doch er hatte jemanden. Sogar Familie hatte er, wenn er sie brauchte. Sie hatte plötzlich Angst. Sie hatte nie einen Gedanken damit verschwendet, eine Beziehung zu wollen, besonders nicht mit ihm, doch eine Freundschaft würde man doch nicht abweisen können. Oder? Lange war ihr Kopf leer. Dann kam ihr ein seltsamer Gedanke. Was, wenn sie ihn an seine alte Liebe erinnerte? Konnte dann eine Freundschaft überhaupt gedeihen? Soweit hatte die Rosahaarige noch gar nicht gedacht? Vielleicht sah sie dem Mädchen auch irgendwie ähnlich und er verglich sie mit ihr? Vielleicht hatte sie auch den gleichen Namen? Ihr Name war sehr verbreitet. Wenn sie ihn mit ihrem Namen an eine alte Liebe erinnerte, wäre das sehr hinderlich. Sie mit Sakura verglich? In welcher Hinsicht auch immer? Hatte er etwa darum so seltsam nach ihrer Haarfarbe gefragt? Früher trug sie blonde Haare, weil ihre Mutter rosa zu abgedreht empfand. Sie hatte, nachdem die 18 geworden war ihre Haare zurück färben lassen. Ihr Vater nannte sie nur wegen ihrer Haarfarbe so, wie sie nun mal hieß. Sakura. Aber vielleicht war das alles ein Grund, wieso er keine Freundin hatte oder wollte. Vielleicht war das ein Grund gar nicht in seine Richtung zu gehen. Hat er vielleicht darum eine Mauer hochgezogen? Verglich er alle mit seiner Verflossenen? Er könnte sie abweisen, nur, weil sie zufällig den gleichen Namen tragen könnte. Oder sie die gleiche Augenfarbe hatte, wie seine damalige Liebe. Dass mit der Mutter, die gegen diese Beziehung war, verband die Rosahaarige mit ihrem Traum. Jetzt fiel ihr es erst auf. Für sie war es normal, für ihr Unterbewusstsein auch, dass sie im Traum blonde Haare trug. War dieser Junge etwa Sasuke gewesen? War das letztlich doch kein unwillkürlicher Traum, sondern verdrängte Erinnerung? Unkontrolliert glitt ihre Hand an ihr Herz. Sie presste sie fest gegen ihre Brust. Was war das für ein beklemmendes Gefühl. Über das Buch gekrümmt fielen die ersten Tränen auf die Seiten. Angst kam in ihr auf. Angst, dass dieser Traum wirklich passiert war. Angst vor seiner Reaktion. Angst vor Abweisung. Sie war ihm so lange aus dem Weg gegangen, doch eigentlich suchte sie doch Nähe. Nähe zu jemandem, den sie wieder vertrauen konnte. Über alles reden, jemand der auch antworten kann. Nicht zu einem Stein. Ein Grab mit Namen einer geliebten Person eingraviert. Ohne es zu wissen, hatte sie gehofft, dass er derjenige sein könnte. Die Rosahaarige war sich so sicher, weil er so natürlich wirkte. Sie fühlte sich wohl, wenn er um sie war. Es war einfach so anders. In ihren Gedanken flimmerten Bilder hervor. Bilder, wie die des Traumes, jedoch ohne irgendwie einen Sinn zu ergeben. War das wirklich unecht? Könnten das weitere Erinnerungen sein, die an die Oberfläche kommen? Warum machte das alles sie so verzweifelt traurig? Leise schluchzte sie, vergrub ihr Gesicht in den Armen und unter ihr das Buch. Da gab es etwas, was sie verdrängt hatte. Was sie nicht mehr wusste. Wissen wollte? Doch ihre Gefühle waren ein einziges Durcheinander. Wenn sie und Sasuke sich kannten, sie ihn vergessen hatte. Dann muss er unendlich gelitten haben. Besonders wenn er alle mit ihr verglich. Da käme sie selbst natürlich am nächsten. Vom Erscheinungsbild. Doch heute trug sie andere Haare, wieder den Namen des Vaters. Es war alles einfach traurig und zum Verzweifeln. Ihre Tränen sollten noch lange nicht trocknen. Es war ihre erste Vorlesung, seit sie das Studium begonnen hatte, die sie nicht wahrnahm.

Nach einer traumlosen Nacht lief sie am nächsten Morgen los, wie immer. Die Straßen waren leer, wie immer. Sie gähnte, wie immer, jedoch hatte sie eine Sache, die ihr im Kopf herumschwirrte. Sasuke. Sasuke mit diesen Erinnerungs-Fragmenten. Auch wenn sie sich dafür entschieden hatte, sich ihm gegenüber wie immer zu verhalten, so war sie sich nicht mehr sicher, was normal bedeutete. Warum war die junge Studentin nur so durcheinander. Was hatte dieses Wirrwarr an Gedanken nur für einen Sinn? Sie seufzte. Diese Begegnung musste sie wohl auf sich zukommen lassen, denn gemieden hatte sie den Schwarzhaarigen schon lange genug. Selbst da war sie sich nicht sicher, ob sie das Richtige getan hatte. Aber so hatten sich beide wieder auf ihr Studium konzentrieren können und auch die Cheerleader hatten sie in Ruhe gelassen. Nur sie hatte sich schlecht gefühlt. „Guten Morgen, Kleines.“ Ertönte die dunkle Stimme, die sie hinter sich vernahm. Ein Schreck durchfuhr ihre Glieder, während er kurz grinste. Sie fuhr um, doch statt Gezeter, lachte sie zurück, boxte ihn kurz auf den Arm. Sie hatte sich grundlos Sorgen gemacht, auch wenn die Angst, die am Vortag aus ihr herausplatzte war, sich in ihr Herz geschlichen hatte. Bevor der Weg ins Schweigen geriet, ertönte ihre Stimme. „Heute wieder Training bis Ende oder gibt es auch mal Vorlesungen?“ Sie neckte ihn gerne und ihr gefiel es irgendwie, wenn er sie leicht provoziert ansah. „Heute ist tatsächlich auch mal die eine oder andere Vorlesung. Kannst aber trotzdem zum Training kommen. Bist herzlich eingeladen.“ Sie lachte auf. „Du bist doch sonst so einsam unterwegs. Da wäre doch etwas Gesellschaft ganz gut.“ Er wuschelte durch ihre Haare, sodass ihr Haarknoten sich leicht löste. Erschrocken fuhr sie ihn an. „Bleib von meinen Haaren weg! Shit…“ Sie versuchte den Dutt so gut es ging wieder fester zu ziehen, leider ohne Erfolg. „Ich bin nicht einsam. Lediglich alleine, das ist etwas völlig anderes.“ „Ach Kleines… Statt Medizin hättest du Politik studieren sollen. Du kannst so super Schwachsinn erzählen und das auch noch unglaublich überzeugend…“ Er fing sich einen bitterbösen Blick ein. „Klappe und außerdem, ich bin nicht dein Kleines!“ Er lachte auf, eigentlich wollte sie ihn doch ärgern. „Und wegen dir ist mein Dutt hinüber!“ „Ja, das war auch keine Absicht. Trag deine Haare doch lieber offen. Ist viel hübscher als so ein Oma-Haarknoten.“ „Ein was?!“ Ihr Nervenkleid war zum Bersten gereizt. Wieso war er heute so fies? Nie hatte er etwas gesagt und heute nur am Zetern. Wieso interessierte es ihn plötzlich, dass sie einen Dutt trug, ob er nun hässlich war oder nicht. „Er ist praktisch, das ist alles.“ „Täte es ein Zopf dann nicht auch?“ „Jetzt halt die Klappe und lauf…“ Sie war so schön reizbar heute Morgen. Besonders, als er das Thema Haare aufgriff. Immerhin war es seine Meinung, die durfte er ja wohl sagen. Es interessierte ihn immerhin schon länger, wie sie mit offenen Haaren aussah. „Ach Shit. Den muss ich neu machen…“ „Dann mach doch.“ „Hättest du wohl gerne, was? Das mach ich aber später.“ Neckte sie ihn damit etwa? Ihre herausgestreckte Zunge war der Beweis. War es so offensichtlich, dass er sie mal mit offenen Haaren sehen wollte? Für sie vermutlich schon. Mal abgesehen davon, dass er sie schon mit offenen Haaren gesehen hatte. Lediglich er wusste das nicht. So liefen sie nun den restlichen Weg zur Uni. Gemeinsam liefen sie auf den Campus, ehe sie in Richtung Bibliothek verabschiedete. „Bis dann, Kleines.“ „Bis dann Großer.“ Kicherte sie zurück. Das klang so lächerlich, aber es zeigte Wirkung. Er lief leicht rot an, verdrückte sich dann zügig zur Sporthalle. Was sollte er nur mit so einem Mädchen anfangen. Er verdrehte die Augen, ehe er sich umzog und einige Runden lief. Seinen Kopf musste er jetzt erstmal wieder frei kriegen.

Heute würde sie sich endlich wieder ihren geliebten Büchern widmen. Sie fühlte sich befreit, seit sie den Schwarzhaarigen nicht mehr aus dem Weg ging und sich am Vortag die Seele aus dem Leid geheult hatte. Manchmal wirkt sowas wirklich entlastend. Pauken hatte sie sich fest vorgenommen und genau das tat sie auch. Es gab nichts, über, dass sie sich Sorgen machen musste. Er verhielt sich wie immer, auch sie hatte sich wie auch sonst verhalten. Geändert hatte sich also nichts. Oder? Dass mit den Spitznamen würde noch lustig werden. Lautlos kicherte sie, ehe sie sich tatsächlich in ein Buch hineinlas und so schnell nicht mehr davon aufsah.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Levisto
2016-05-20T04:27:06+00:00 20.05.2016 06:27
Habe deine FF entdeckt und finde sie total klasse! Gleich nen Favoriten verpasst bekommen und freue mich auf weitere tolle Seiten mit den Beiden.

Greetz Levisto
Von:  Ushia-sama2011
2016-05-15T16:22:20+00:00 15.05.2016 18:22
hammer kapitel

Von:  LiliLuminous
2016-05-12T19:30:55+00:00 12.05.2016 21:30
Richtig gut geworden :)
Bin schon suuuuper gespannt auf das nächste Kapitel.

LG
Lili
Von:  syryna
2016-05-11T16:41:17+00:00 11.05.2016 18:41
Das ist ein wirklich schönes Kapitel :)
Freu mich auf deine weiteren.
LG

Von:  Cosplay-Girl91
2016-05-11T08:33:30+00:00 11.05.2016 10:33
Tolles Kapitel :)
Mach weiter so.
Lg


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