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Lieben und geliebt werden

von

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Ein Missverständnis

„Was sagtet Ihr? Habe ich Euch da eben richtig verstanden?“, empörte sich die Königin fassungslos, als Oscar am nächsten Tag ihren Dienst beim Garderegiment quittierte.

 

„Ja, Eure Majestät.“ Oscar rührte sich nicht und hob auch nicht den Blick während ihrer Kniebeuge vor der Königin. „Ich bitte hiermit um eine Entlassung als Kommandant. Verzeiht mir, doch ich brauche Eure schriftliche Zustimmung.“

 

„Ich verstehe Euch nicht ganz!“ Marie Antoinette erhob sich leicht aufgebracht von ihrem Thron. „Was habt Ihr? Nennt mir erst einmal den Grund!“

 

Nein, Oscar wollte nichts über die Beziehung zwischen ihr und André und welche Pläne sie bereits für die Zukunft geschmiedet hatte, verraten. „Ihr könnt über mich verfügen, wie Ihr wollt, aber bitte befreit mich von der Last als Kommandant des königlichen Garderegiments.“

 

„Nicht bevor Ihr mir den Grund genannt habt!“ Die Königin blieb hartnäckig. Auch Oscar ließ nicht nach. Sie hob ihren Blick und sah fest Ihre Majestät an. „Das ist allein meine Entscheidung. Ich bitte Euch noch einmal mein Gesuch zu erhören und zu akzeptieren.“

 

„Lady Oscar.“, unterbrach Marie Antoinette sie, mit der Hoffnung sie doch noch umstimmen zu können: „Hört zu, ich hatte die Absicht Euch bei der nächst besten Gelegenheit zum General zu befördern, deshalb sagt mir jetzt, was Euch zu Eurem Entschluss veranlasst habt!“

 

Zum General zu befördern... Welch ein Lockmittel... Aber da war sie bei Oscar an der falschen Adresse. Eigentlich müsste sie wissen, dass Oscar in diesem Sinne unbestechlich war. Marie Antoinette wurde erneut eines Besseren belehrt, als Oscar wieder den Blick auf ihre Stiefelspitze senkte und unnachgiebig bei ihrer Bitte blieb. „Bitte vergebt mir, aber ich kann Euch den wahren Grund nicht nennen. Dennoch, Ihr könnt gewiss sein, dass ich niemals Eure Großherzigkeit mir gegenüber vergessen werde. Und ich versichere Euch meine Treue, auch wenn ich das königliche Garderegiment verlassen werde.“

 

Das schien die Königin doch noch milder zu stimmen und sie gab schlussendlich entrüstet nach. „Ich weiß das wohl zu schätzen. Also gut, ich werde über Eure Bitte nachdenken.“

 

„Ihr macht mich glücklich, Eure Majestät. Ich spreche Euch mein tiefempfundenen Dank aus.“ Oscar erhob sich erleichtert, als die Königin sie dazu aufforderte und mit einer knappen Verbeugung verabschiedete sie sich von ihr. Sie sollte morgen den Bescheid über ihren neuen Dienst bekommen, hatte sie noch von Ihrer Majestät zum Schluss erfahren.

 

 

 

Abends, auf dem Anwesen, spielte Oscar wie gewöhnlich auf ihrem Klavier. André brachte ihr etwas später einen Tee, den sie gerne vors zu Bett gehen trank. „Ich danke dir.“, sagte sie, als er das Tablett auf dem Tisch in ihrem Salon abstellte. Sie hörte mit dem Klavierspiel auf und folgte dem aromatischen Geruch des warmen Getränks.

 

André ließ sie knapp zu sich zu dem kleinen Tisch passieren und sein Brustkorb zog sich dabei schmerzlich zusammen - ihm kam es so vor, als wäre Oscar betrübt... Also stimmte es doch! Seit dem gestrigen Besuch des Grafen hing sie nun mit den Gedanken wieder an ihn... „Dann gehe ich mal, gute Nacht.“ André wollte nicht mehr länger hier bleiben.

 

Oscar überhörte die Bitterkeit in seiner Stimme. Er würde ihr schon früher oder später sagen, was ihn plagte. Sie nippte an ihrem Tee und setzte die Tasse sogleich von ihren Lippen ab. „Warte bitte.“

 

André ballte seine Hände zu Fäusten, aber blieb dennoch stehen. Was wollte sie noch von ihm? Er drehte sich nicht zu ihr um und versuchte krampfhaft seine Emotionen zu unterdrücken. Oscar stellte ihre Tasse auf den Tisch ab und betrachtete seinen Rücken. Er wirkte in sich versunken - so, als fühlte er sich nicht wohl. Was hatte er auf einmal?

 

Oscar atmete tief durch. Was auch immer das war, sie konnte es ihm auch so sagen und danach würde sie ihn auslöchern, was mit ihm los war. „Wenn ich in Zukunft mein Leben neu organisieren werde, kann ich mich unmöglich noch länger von dir bedienen lassen. Ich weiß zwar heute noch nicht genau, wohin ich versetzt werde und was mich in Zukunft erwartet, aber ich möchte dass du...“

 

„Was?!“ André wirbelte schlagartig zu ihr herum. Was auch immer sie ihm noch sagen wollte, konnte er es nicht mehr mit anhören. Seine Gefühle überschlugen sich und er konnte nicht mehr seine Geduld zügeln. „Es ist wegen ihm, nicht wahr?!“

 

„André!“ Oscar war verdattert. So bitterböse hatte sie ihn noch nie erlebt. „Wovon sprichst du?!“

 

„Das weißt du ganz genau, Oscar! Du hast deine Gefühle zu von Fersen nicht überwunden, nicht wahr?!“ Es war nun raus! André mühte sich, nicht lauter zu werden und trotzdem konnte er die Bitterkeit und die Enttäuschung aus seiner Stimme nicht verhindern.

 

„Was unterstellst du mir?!“ Jetzt geriet auch Oscar in Rage. Mit einem Mal leuchtete ihr so vieles ein, dass nun auch sie ihr hitziges Temperament kaum zügeln konnte. „Denkst du, ich werde hinter ihm her rennen, wo ich doch mein Herz und meine Liebe dir geschenkt habe?! Glaubst du, ich bin so leichtfertig und werde mit deinen Gefühlen spielen?!“

 

Nein, das würde Oscar nicht ähnlich sehen... So ein hinterhältiger und niederträchtiger Mensch war Oscar auf gar keinen Fall... Aber dieser von Fersen – er stand immer noch zwischen ihnen und das zerrte an seinen Gefühlen... und seiner Liebe... André schloss sein Auge und neigte betrübt seinen Kopf. „Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll, Oscar... Dein Verhalten von gestern hat in mir Bedenken gesät... Ich liebe dich von Herzen – daran würde sich nie etwas ändern, aber wenn von Fersen da ist und du ihn so ansiehst wie damals, dann wünsche ich mir zu sterben, um deine tief verborgene Liebesqual zu diesem Mann nicht mehr ertragen zu müssen. Vergib mir wenn du kannst, aber diese Zerrissenheit ist kaum aushaltbar.“

 

„André...“ Oscar konnte selbst kaum glauben, was sie da aus seinem Mund hörte! Er war verzweifelt und verbittert. Das verstand sie sehr gut und er tat ihr leid. Aber auch sie war nun aufgebracht von der Erkenntnis, auf welch dünnem Eis ihre Liebe aufgebaut war. Zu tief saßen die Narben der Vergangenheit - so wie in ihm, so auch in ihr. Man brauchte nur einen kleinen Stoß und da brach schon alles zusammen... Das durfte nicht wahr sein! Wo war all das Vertrauen zwischen ihnen?!

 

Leise knirschten ihre Stiefel auf dem Fließboden, als sie langsamen Schrittes sich ihrem Geliebten nährte. Vorsichtig schob sie ihren Zeigefinger unter sein Kinn und nur mit dieser sachten Berührung bewog sie ihn dazu, seinen Kopf zu heben und sie anzusehen. „Ich vergebe dir...“, versicherte ihm Oscar zwar leise, aber klar und deutlich. „Ich schwöre dir, ich liebe von Fersen nicht... Das ist vorbei... Der einzige Mann in meinem Leben bist du, André...“

 

André schluckte, sein Adamsapfel bewegte sich. Er glaubte ihr von Herzen, denn Oscar gehörte zu den ehrlichsten Menschen und verabscheute Lügen. Dennoch kreisten ihm Fragen durch den Kopf, auf die er gerne eine Antwort gewusst hätte. Und wer konnte ihm am besten die Antwort darauf geben, wenn nicht Oscar selbst? „Warum bist du dann gestern vor ihm weggelaufen, als er dich entlarvt hatte? Wieso hast du dann das Garderegiment verlassen, wenn nicht seinetwegen? Und warum willst du mich nicht mehr an deiner Seite haben?“

 

„Ach, André...“ Oscars Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. Ihre Finger strichen ganz sachte von seinem kantigen Kinn aus an der Wange, schlüpften unter sein Haar und strichen ihm die bis zu den Wangenknochen langen Haarsträhnen von seinem erblindeten Auge. „Ich habe das nicht seinetwegen, sondern deinetwegen getan...“

 

„Ich verstehe nicht, Oscar...“ André wagte sich nicht zu rühren. Er war leicht verwirrt und suchte nach Antworten in Oscars so liebreizendem Gesicht.

 

„Ich habe mein Dienst quittiert, um mehr mit dir zusammen zu sein, um mein Leben nur mit dir zu führen.“, klärte ihn Oscar im milden Tonfall auf und berührte feinfühlig die schmale Narbe unter seinem Auge. „Und ich habe dich aus meinen Diensten entlassen, weil ich möchte, dass du als mein Mann an meiner Seite bist...“

 

„Oscar!“ André bekam ein schlechtes Gewissen und schämte sich. „Es tut mir leid...“

 

„Schon gut.“ Oscar dämpfte nun die Reste von ihrem aufgewühlten Gemüt, schob ihm ihre Hände um seinen Nacken und drückte sich an ihm. „André, halte mich fest... Ich will nur mit dir mein Leben verbringen... das schwöre ich...“

 

„Ach, Oscar... meine geliebte Oscar...“ André schloss sie in seinen Armen. Es tat gut zu wissen, dass zwischen ihnen wieder alles in Ordnung war. Sein Herz schmolz dabei wie der Schnee bei den ersten Sonnenstrahlen im Frühling. Ihr Körper drückte sich noch fester an ihn und da spürte er die kleine Bauchwölbung unter ihrem Hemd. Gleich darauf erinnerte er sich an seine Beobachtungen, die er gestern zwischen Oscar und Rosalie unterschwellig durchgezogen hatte. Seine Hand steuerte gleich daraufhin auf die fest angespannte Erhebung zu und betastete sie vorsichtig. „Seit wann hast du ein Bauch, Oscar?“

 

„Seit ein paar Wochen“, kokettierte diese und hob ihren Blick. „Stört dich das etwa?“

 

„Nein, keineswegs.“ André lächelte etwas und legte ihr seine Hand auf die Wange. Er erzählte ihr von seinen Beobachtungen und Vergleichen.

 

Oscar hätte beinahe aufgelacht. So etwas würde bei ihr doch gar nicht gehen und wenn doch, dann hätte sie das schon längst bemerkt! Aber solange es keine zutreffenden Anzeichen dazu gab, gab es keinen Grund zur Sorge. „André, ich fühle mich bestens, sei versichert. Das was Rosalie hat, trifft auf mich ganz und gar nicht zu. Ich denke, bei mir kommt es wirklich davon, weil ich in letzter Zeit mehr Appetit auf leckere Sachen habe, die deine Großmutter immer macht und ich deshalb nicht widerstehen kann. Oder schlicht, ich kann es ihr nicht abschlagen, weil sie immer alles mit so viel Mühe und Liebe zubereitet.“

 

„Du hast sicherlich recht...“ André verlor sich buchstäblich in ihren himmelblauen Augen und glaubte darin wie ein Schiffsbrüchiger zu versinken. „Ich würde dich jetzt so gerne küssen...“

 

„Dann mach es... aber nur kurz, bevor uns jemand entdeckt...“, flüsterte Oscar und reckte selbst schon ihren Hals zu ihm empor. André ließ sich das nicht zwei Mal sagen, senkte seinen Mund über ihre weichen Lippen und küsste sie sanft.



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