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Das zweite Gesicht

von

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Es war mittlerweile ein paar Tage her, seit Newt das erste mal von Grindelwald in die Kerker zu seinen Geschöpfen geführt worden war. Das Versprechen hatte dieser eingehalten und so kümmerte sich der Rotschopf täglich selbst um seine Geschöpfe. Dabei standen ihm drei von Grindelwalds Männern zur Verfügung, die ihm halfen und seine Änderungen für die Gehege sowie die nötigen Besorgungen umsetzten. In der Hinsicht hatte Newt also definitiv eine Sorge weniger. Auch mit Gellert hatte er sich die letzten Tage relativ gut verstanden, soweit man das beurteilen konnte. Sie hatten sich relativ wenig gesehen, doch der ältere Zauberer versuchte wenigstens einmal am Tag bei Newt vorbei zu schauen, meist zum Abendessen und immer in der Gestalt von Percival Graves. Der rothaarige Zauberer hatte seitdem nicht mehr nachgefragt, was Gellert nun eigentlich von ihm wollte. Natürlich beschäftigte ihn diese Frage in jeder freien Minute und doch zögerte er es hinaus, wollte es irgendwo gar nicht wissen, auch wenn er wusste, dass der Moment irgendwann kommen würde.

So saßen die beiden also auch heute Abend gemeinsam auf der Couch und aßen zu Abend. Der kleine Tisch vor ihnen war mit allerlei Leckereien gedeckt, die sich problemlos und entspannt auf der Couch essen ließen. Gellert saß in etwas Abstand zu dem Kleineren, mit überschlagenen Beinen, wobei er einen Arm über der Couchlehne liegen hatte und in der anderen Hand ein Weinglas hielt. Mit einem entspannten Lächeln folgte er scheinbar interessiert den Ausführungen von Newt über die Fortschritte der Gehege und darüber, dass sein Grindelohweibchen endlich gelaicht hatte und es sicher bald gesunden Nachwuchs gäbe. Er erinnerte ihn fast ein wenig an ein kleines Kind am Tag der Bescherung, das mit großen, funkelnden Augen seine Geschenke auspackte. Wenn es nach Gellert ging, dann könnte der rothaarige Zauberer genauso gut von den Kriechmustern seiner Flubberwürmer erzählen. Für ihn war es alles einerlei und sowieso nicht interessant. Allerdings betrachtete er Newt gerne wenn er so leidenschaftlich beim Reden aufblühte. Solange er dabei Newts strahlendes und fast unschuldiges Lächeln betrachten könnte, war ihm der Inhalt ziemlich egal. Themen zu lauschen, die ihn nicht wirklich interessierten, war er schließlich nach einem Jahr auf Reisen mit dem Magizoologen mehr als gewohnt. Als dieser gerade kurz von seinem gefüllten Croissant abbiss, streckte Gellert jedoch die Hand aus um ihm ein wenig der Schokolade vom Mundwinkel zu streichen.

Dabei unterbrach Newt einen Moment seine Rede, schaute etwas aus dem Konzept gebracht zu dem anderen auf. Etwas betreten senkte Newt den Blick und räusperte sich kurz. „Ich… rede zu viel glaube ich…“ bemerkte er verlegen seinen Redefluss, der jetzt fast ununterbrochen eine halbe Stunde angedauert hatte. Der schwarzhaarige Zauberer lachte nur leise daraufhin und trank einen Schluck seines Rotweins. „Das hat dich bisher auch nie davon abgehalten.“

Newt hingegen schaute verlegen auf seine Hände bevor er darauf antwortete. „Bisher dachte ich auch, dass es dich eventuell interessiert, was ich zu sagen habe.“ Kaum hatte der Rotschopf dies ausgesprochen, hätte er sich bereits selbst ohrfeigen können.

Wie klang das bitte…? War das nicht genau der Auftakt zu einem unangenehmen Thema, das er hatte vermeiden wollen?

Gellert hingegen betrachtete ihn einen Moment schweigend. Was ging dem anderen denn da schon wieder seltsames durch den hübschen Kopf?

„Das hat es auch. Und es interessiert mich immer noch, was du zu sagen hast.“, antwortete er schließlich betont ruhig.

Doch Newt schien nicht so als hätte er vor allzu bald nochmal etwas zu sagen, geschweige denn ihn anzusehen. Auf Grindelwalds Gesicht legte sich ein kleines Schmunzeln, während er sich vorbeugte und noch einmal das Kinn des Jüngeren umfasste und anhob.

„Obwohl ich auch nichts dagegen habe, wenn du schweigst… Oder ich dich zum Schweigen bringe.“, raunte er dem anderen dunkel zu, während er ihm tief in die hellblauen Augen schaute.

Newt schluckte schwer und spürte wie ihm die Hitze in die Wangen stieg als er in die dunklen Augen von ‚Percival‘ starrte. Und wieder fühlte er sich wie zurück versetzt vor einem Jahr, als noch alles in Ordnung schien. Als Percival und er ein Paar waren und die größte Sorge darin bestand, wie sie den mal wieder entflohenen Niffler am schnellsten einfingen, oder wie sie die ganzen illegalen Kreaturen am besten über diverse Landesgrenzen schmuggelten. Wie sehr wünschte sich Newt, die Zeit zurück drehen zu können und diese unbeschwerten Zeiten noch einmal mit dem anderen Zauberer genießen zu können. Doch viel weiter kam Newt nicht mit seinen Gedanken, denn genau da beugte sich der schwarzhaarige Zauberer zu ihm herunter, überbrückte das letzte Stück zwischen ihnen. Für Newt war es als würde die Zeit für einen Moment stillstehen. Alle Sorgen und all die schmerzhaften Gedanken waren für einen Moment wie aus seinem Kopf gefegt als er die warmen Lippen auf seinen spürte. Fast augenblicklich schloss der Rotschopf die Augen und genoss einfach nur diesen einen Moment, in dem nichts außer die beiden zählte. Dadurch ermutigt, legte Gellert seine Arme nun auch um die schmale Taille des Jüngeren, zog ihn kurzerhand eng an sich, sodass dieser halb auf seinem Schoß zum Sitzen kam. Newt war nicht der einzige, der die Nähe zu seinem Ex-Liebhaber vermisst hatte und so strich Gellert sehnsüchtig und fast ungeduldig über die Seiten des Jüngeren hinauf zu seinem Rücken, wollte gerade nichts mehr als dessen warmen Körper unter sich begraben und für sich beanspruchen.

In Newt regte sich ein riesiger Wirrwarr an Gefühlen. Er legte zögerlich seine Hände auf die breiten Schultern des anderen, spürte die Hitze unter dem dünnen Stoff und schmeckte den herben Rotwein auf den weichen Lippen. Ihm entwich ein leises Seufzen als er seine Lippen öffnete um dem anderen bereitwillig Einlass zu gewähren. Fast automatisch fuhren seine Finger zum Kragen des Schwarzhaarigen um die Krawatte zu lösen. Er wollte gerade nichts mehr als die warme Haut seines Liebhabers zu spüren, nach all den Monaten der Ungewissheit und der Entbehrung. Bei diesem Gedanken fühlte er sich, als hätte man ihm plötzlich einen Schlag in den Magen verpasst.

Sein Ex-Liebhaber, der aus einem ganz bestimmten Grund für Monate verschollen gewesen war…

Newt versteifte sich unter den Berührungen von Gellert und drehte schließlich den Kopf zur Seite. Mit abgewandtem Blick brachte er seine Hände zwischen sich und Gellert um den anderen zögerlich von sich zu schieben. Irritiert hielt der schwarzhaarige Zauberer inne und schaute mit zusammengezogenen Augenbrauen zu dem Kleineren hinunter, der jedoch seinem Blick weiter auswich. „Was ist los?“ flüsterte er schließlich fast sanft.

Die so zärtlich gestellte Frage war allerdings der letzte Tropfen für Newt. Zitternd krallte er seine Hände in das Hemd des Älteren und dann brach es einfach aus ihm heraus.

„Warum tust du das? Sag mir einfach verdammt nochmal, was du von mir willst. ohne diese unnötigen Manipulationsversuche oder mich mit meinen Geschöpfen zu erpressen! Willst du mich einfach nur quälen, um deinen Spass zu haben?!“

In den Augen des Rotschopfs bildeten sich langsam Tränen als er den Blick doch hob und Gellert mit einer Mischung aus Wut und Schmerz anfunkelte.

„Ich habe dir nie etwas getan oder?! Habe ich es dann nicht wenigstens verdient von dir nicht wie ein Spielzeug behandelt zu werden?! Das ist nicht fair nach allem!“

Gellert starrte den Kleineren überrascht an und hielt ihn immer noch locker im Arm, während diesem dicke Tränen die Wangen hinunterliefen.

„Sag mir einfach was du willst!“ , rief Newt nun fast verzweifelt aus, konnte den ganzen Schmerz darüber, dass sein Liebhaber ihn nur benutzt hatte und dies offenbar immer noch versuchtel, nicht mehr für sich behalten.

Eine ganze Weile herrschte Stille im Raum, die nur von Newts schweren Atemzügen durchbrochen wurden. Gellert betrachtete den Rotschopf gelassen, scheinbar völlig ungerührt von dessen Ausbruch bevor er schließlich das Wort ergriff. „Ich brauche dich weder erpressen, noch manipulieren, Newt.“, begann er in einem unheimlich ruhigen Tonfall.

„Wenn ich etwas von dir will, dann kann ich mir dies ohne Probleme nehmen. Dazu müsste ich mir nicht den Stress mit deinen Viechern geben und dich derart angenehm hier unterbringen. Und Spielzeug? Wo behandle ich dich bitte schlecht oder ‚quäle‘ dich? Habe ich nicht dafür gesorgt, dass es dir und deinen Geschöpfen hier an nichts fehlt? Oder wünschst du dir vielleicht einfach. schlecht von mir behandelt zu werden?“

Gellerts Stimme wurde gegen Ende immer kühler. Aber Newt weigerte sich, sich von dem schwarzhaarigen einschüchtern zu lassen.

„Wenn du mich nicht quälen willst, was soll dann dieser ständige Aufzug als Percival Graves?!“, fauchte der Rotschopf nun aufgebracht. Denn das war es im Endeffekt, was ihn am meisten irritierte und schmerzte bei der ganzen Sache. Würde tatsächlich Gellert Grindelwald vor ihm sitzen, wäre das alles vielleicht gar nicht so schlimm. Aber die ganze Zeit vor Augen zu haben, was er verloren hatte… Es war als würde ihm der andere ein ganzes Beil immer und immer wieder ins Herz rammen.

Grindelwald hingegen zog nur unbeeindruckt eine Augenbraue nach oben. Wirklich? Das wollte er ihm vorwerfen?

„Ich dachte eigentlich, dass dir diese Gestalt angenehmer und vertrauter wäre. Wäre es dir lieber, wenn ich dieses Aussehen ablege?“ fragte er ruhig nach. Wenn es das war, was er wollte, dann brauchte er es nur zu sagen. Doch Newt zögerte mit seiner Antwort. Ja, es tat verdammt weh und er wollte sich nicht weiter dieser Illusion hingeben. Percival gab es nicht mehr und er wusste es. Aber hatte er es auch wirklich akzeptiert? Könnte er es akzeptieren, wenn sich Percival vor seinen Augen in den gefürchteten Dunklen Zauberer verwandelte oder würde es ihm das Herz noch mehr zerreißen? Und die wichtigste Frage war: Wollte er das wirklich…? Newt wusste die Antwort darauf selbst und senkte vor Scham darüber den Kopf und schloss die Augen.

„Nein…“, flüsterte er schließlich unter Tränen und konnte ein kleines Schluchzen nicht mehr unterdrücken. Gellerts Gesichtszüge wurden wieder weicher und er zog den aufgelösten Zauberer wieder eng an sich, legte seine Arme um ihn und strich beruhigend über seinen Rücken.

„Es hat sich nichts geändert, Newt. Ich schätze dich immer noch genau so sehr wie früher und ich habe dich wirklich vermisst. Ich bin nicht anders als damals.“ Flüsterte er ihm beruhigend ins Ohr bevor einen kleinen Kuss auf seinen Schopf setzte. Doch Newt schüttelte nur den Kopf, während er seine zitternden Hände fester in das Hemd des anderen krallte. „Dasselbe…?“ hauchte er ungläubig. „Wo bist du derselbe?! Percival Graves war ein Auror, der dafür kämpfte Leute wie dich hinter Gitter zu bringen und die Welt besser und sicherer zu machen! Du tötest Menschen für das ‚Größere Wohl‘! Zauberer, Muggel, Männer, Frauen, selbst Kinder! Wie kannst du das ohne schlechtes Gewissen tun…?!“

Die Stimme des Rothaarigen überschlug sich förmlich gegen Ende vor Fassungslosigkeit darüber, dass der andere tatsächlich behauptete es hätte sich nichts geändert.

Nun packte Gellert den Jüngeren allerdings fest an den Schultern und schob ihn ein Stück von sich. Auch wenn sein Gesichtsausdruck genauso ausdruckslos und ruhig wie zuvor schien, so tobte in seinen Augen doch ein unheilvoller Sturm während er Newt streng ansah. „Ich tue das nicht aus Spaß, sondern weil es getan werden muss.“, begann er mit betont ruhiger Stimme, wobei er jedes Wort eiskalt und deutlich betonte. „Hatte ich dir nicht damals bereits gesagt, dass ich nicht der strahlende Ritter bin für den du mich hältst? Und hattest du mir nicht versichert, dass die ‚schlechten‘ Dinge, die ich als Auror tue um die Welt zu verbessern nichts daran ändern. wie du zu mir stehst…? Was ist aus dieser Überzeugung geworden, Newt?“

Auf sein Gesicht legte sich ein spöttisches Schmunzeln, welches seine Augen allerdings nicht erreichte. „Ich erwarte nicht, dass du das verstehst. Ich gehe sogar davon aus, dass du dazu nicht fähig bist. Unsere politischen Einstellungen müssen nicht übereinstimmen und soweit ich weiß, habe ich dich auch nicht darum gebeten, aktiv gegen deine moralischen Prinzipien zu handeln. Sollte dir mein Wohlwollen also so zuwider sein und du dich unbedingt gegen mich stellen wollen, dann sag es und ich behandle dich wie jeden anderen meiner politischen Gegner.“ Newt hatte mittlerweile aufgehört zu weinen, schaute mit großen, feuchten Augen hinauf zu dem Älteren, der ihn immer noch an den Schultern festhielt. Als es jedoch so schien als wäre keine allzu baldige Antwort von Newt zu erwarten, ließ Gellert ihn schließlich los und stand auf. Er exte kurzerhand sein Weinglas, bevor er sich zum Gehen wandte. Als er die Türe öffnete, schaute er allerdings noch einmal kurz über seine Schulter. „Solltest du die Privilegien, die ich dir hier gewähre allerdings behalten wollen, dann reiß dich gefälligst zusammen.“ Damit trat er schließlich aus dem Raum und schloss hinter sich die Türe; ließ einen aufgewühlten Newt zurück, der sich nun noch unsicherer über seine Gefühle war als zuvor.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Adrollity
2017-04-22T05:40:15+00:00 22.04.2017 07:40
Aw~ <3 Gellert ist so süß :3 (Newt aber auch ;D)
So, also du weisst, dass ich deinen Schreibstil sehr sehr gerne mag und lese.
Nur länger müssten die Kapitel sein :P

Ich mag es wie du Newt und Gellert schreibst, das passt sehr gut. Gellert ist mir persönlich fast ein bisschen zu nett und zu normal, aber gut, da bist du selber schuld dran. Der Satz mit den Privilegien fand ich auch schön. Das hat nochmal die ganze Stimmung unseres Fake-Graves in dem Teil zusammengefasst. x)
Mal sehen wie Newt das wegsteckt. :D
Schreib schnell weiter, sonst.. ò.ó
Antwort von:  _Nele_
22.04.2017 08:58
Vielen Dank, Frau Getchi~ <3

Wenn du was gemeineres brauchst, kann ich gerne nochmal Nagini auspacken. Mach ich doch gerne! Ich schreib dir ein ganz langes, ausführliches Kapitel darüber. Nur. Für. Dich. ;)
Antwort von:  Adrollity
22.04.2017 09:28
Ich will es! Schreib, du Luder! |D~
Und stell es mit Widmung on! ò.ó
Antwort von:  _Nele_
22.04.2017 09:51
Und was bekomme ich dafür...? So als 'Aufwandsentschädigung'?
Antwort von:  Adrollity
22.04.2017 10:02
Du hast es mir angeboten... Nichts mit Entschädigung ò_ó
Von:  YouLi
2017-04-21T22:04:51+00:00 22.04.2017 00:04
Es war viel zu schnell zu Ende T.T
Diese Spannung bringt mich noch um!!!
Percival...ich bekomme immer eine Gänsehaut, wenn der Mann nur den Mund aufmacht!
Und Newt ist einfach so gut getroffen!
Ich will jetzt schon wieder mehr xD
Aber ich werde mich zusammenreißen, um die Privilegien zu behalten xD
Der Spruch, so gut <3
Antwort von:  _Nele_
22.04.2017 18:57
Ja, Geduld ist eine Tugend, nicht wahr? ;)
Antwort von:  YouLi
22.04.2017 19:52
Genau, deswegen werde ich mich gedulden, auch wenn es mir hier echt schwer fällt ;)


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