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Das zweite Gesicht

von

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Newt folgte dem schwarzhaarigen Zauberer schweigend in etwas Abstand aus dem Raum und durch die Gänge. Den vielen Zauberern nach zu urteilen, die ihnen in Uniformen mit Grindelwalds Emblem entgegen kamen, waren sie hier offenbar in einer Art Hauptquartier. Das Gebäude selbst war mehrstöckig und glich von der Größe her schon fast einem kleinen Palast.
 

Der Rotschopf vermied so gut wie möglich den Blickkontakt mit allen Agenten, an denen sie vorübergingen. Dennoch konnte er beobachten wie sie ‚Percival‘ zunickten oder sich gar kurz ehrerbietend im Vorbeigehen verneigten. Offenbar war seine zweite Identität unter seinen Anhängern durchaus bekannt. Newt fragte sich erneut, wie er es in den letzten Jahren nicht einmal ansatzweise hatte bemerken können, dass Percival in Wirklichkeit Gellert Grindelwald war. Offenbar machte Liebe nicht nur blind, sondern auch dumm.

Oder lag das gar nicht an der Liebe…?
 

Vielleicht lag es auch an ihm selbst. Vielleicht war er selbst einfach so unglaublich dumm gewesen, ohne irgendein Zutun…
 

Newt wurde aus seinen Gedanken gerissen als der ältere Zauberer plötzlich stehen blieb und er fast in diesen hineinlief. Sie waren offenbar in den unterirdischen Ebenen und standen nun vor einer großen mit Eisen beschlagenen Tür. Kurz wurde Newt flau im Magen. Das erinnerte ihn hier doch mehr an den Eingang zu einem Verlies. War es das was er nun vorfinden würde? Seine wunderbaren, sanftmütigen Geschöpfe wie Monster in einem dunklen Verlies angekettet…?
 

Gellert machte eine Handbewegung und man hörte wie sich das schwere verbaute Schloss in Bewegung setzte um die Türe zu entriegeln. Der Dauer dieses Prozesses nach zu urteilen war die Türe offenbar mit nicht gerade wenigen Schließ- und Sicherheitsmechanismen ausgestattet. Typisch Percival eben… Wenn er etwas sicherte, dann richtig. Newt machte sich mit pochendem Herzen auf die schlimmsten Szenarien gefasst als er hinter dem anderen durch die Türe trat. Doch auf das, was ihn dort erwartete, hätte ihn nichts vorbereiten können.
 

Sie standen auf einer Art Empore und unter ihnen erstreckte sich ein riesiger Raum mit verschiedenen Gehegen, welche ähnlich angeordnet waren wie die in seinem Koffer. Die Gehege waren ebenso durch die magischen Trennwände abgegrenzt, welche den Raum für die Tiere magisch erweiterten und für die richtige Umgebung und das nötige Klima sorgten. Nur schienen es nicht seine alten, provisorischen Trennwände zu sein. Sie waren größer und offenbar auch mit größerer Sorgfalt verzaubert, sodass sie den jeweiligen Geschöpfen sogar mehr Platz und Auslauf boten als zuvor. Wer auch immer dies angelegt hatte, hatte sich definitiv Gedanken gemacht. Immer noch völlig überrumpelt stand Newt am Geländer und starrte mit großen Augen hinunter auf seine Geschöpfe. Gellert hingegen stand schräg hinter ihm, beobachtete jede Regung des Jüngeren ganz genau.

„Möchtest du nicht hinunter? Oder reicht dir der kurze Blick bereits?“ fragte er mit einem kleinen Schmunzeln. Von den Worten aus seiner Starre gerissen, schaute Newt immer noch etwas überfordert zu seinem ehemaligen Freund auf. „D-doch…“ brachte er schließlich etwas verunsichert heraus. Der ältere Zauberer deutete nur zu der Treppe die hinunter zu den Gehegen führte. „Bitte.“ Nach kurzem Zögern setzte sich Newt allerdings auch in Bewegung, ließ sich dazu nicht zwei mal bitten.
 

Mit schnellen Schritten stieg der rothaarige Zauberer die Treppen hinunter und verschaffte sich erst mal einen groben Überblick. Lange brauchte er dazu nicht, da die Gehege tatsächlich ähnlich wie in seinem Koffer angelegt waren. Offenbar hatte jemand den Aufbau dort als Orientierung genommen und höchstwahrscheinlich war es Grindelwald selbst gewesen. Schließlich war ‚Percival‘ ein gutes Jahr mit Newt auf Reisen in die verschiedensten Länder gewesen um ihn bei seinen Expeditionen zu begleiten. Auch wenn der ältere Zauberer nie derart verrückt nach den magischen Geschöpfen gewesen war, so hatte er Newt zuliebe doch eine Menge über die Pflege und Eigenarten der Geschöpfe gelernt und ihm beim Versorgen der Tierwesen geholfen. Zumindest dachte Newt, dass das damals der Grund gewesen wäre. Was er wirklich damit bezweckt hatte oder ob ihm dieses Wissen für irgendetwas anderes zu Gute kam, wusste Newt nicht. Doch gerade gab es wichtigeres über das er sich Gedanken machen musste. Er müsste die ganzen Gehege und den Zustand seiner Lieblinge überprüfen und vor allem, ob auch wirklich alle da waren!
 

Gellert stand indessen am Rande der Empore und steckte sich gerade eine Zigarette an. Seine Arme hatte er locker auf dem Geländer abgestützt und beobachtete mit ruhigen Augen wie der junge Zauberer unten aufgeregt zwischen den Gehegen hin und her lief, seine geliebten ‚Freunde‘ je nach Spezies mehr oder weniger überschwänglich begrüßte. Newt hatte sich wirklich kein bisschen verändert. Wollte man dem Rotschopf eine Freude machen, so waren freundliche Gesten gegenüber seinen Geschöpfen immer die beste Wahl um seine Augen zum Leuchten zu bringen und ihm ein ehrliches Lächeln zu entlocken. Bis heute konnte Gellert die Faszination des Jüngeren für magische Tierwesen nicht wirklich nachvollziehen. Für ihn waren es vor allem Tiere, von denen er ein paar wenige als bedingt nützlich einstufen würde. Doch die Unberechenbarkeit dieser Wesen machten sie vor allem eines – unzuverlässig und nutzlos für seine Pläne und Ziele. Natürlich würde Newt hier vehement widersprechen und eine seiner endlosen Reden darüber schwingen, dass seine Lieblinge ganz wunderbare, erstaunliche und missverstandene Wesen seien, die absolut ungefährlich waren. Gellert atmete mit einem schmunzelnd den Rauch aus, während er an die ewigen Diskussionen darüber mit dem jüngeren Zauberer zurückdachte. Er war in dieser Sache einfach weitaus realistischer und rationaler als Newt. Viele dieser Geschöpfe waren schlichtweg gefährlich und die vielen Narben, die Newt unter seiner Kleidung verbarg, waren ein Beweis dafür, der nicht zu leugnen war. Außer natürlich man hieß Newt Scamander. Denn laut diesem war keine einzige dieser Verletzungen die Schuld seiner Geschöpfe gewesen, nein, er hatte immer ein dutzend Erklärungen parat darüber, was er selbst falsch gemacht hatte um eine solche Reaktion zu provozieren. Von all den Wesen, die sich dort unten tummelten, war Newt Scamander in Gellerts Augen das einzige Geschöpf, das die Bezeichnung ‚erstaunlich und faszinierend‘ verdient hatte.
 

Er drückte gerade seine Zigarette aus, als der rothaarige Zauberer wieder die Treppe hinauf kam und in etwas Abstand zu ihm zögerlich stehen blieb. Auf die Frage, ob denn soweit alles zu seiner Zufriedenheit war, druckste Newt allerdings etwas herum. Gellert schaute ihn nur abwartend an und schließlich rückte er auch mit der Sprache heraus. Die Graphörner bräuchten größere Felsen um sich dahinter zurück ziehen zu können, der Nundu benötigte dringend fetteres Fleisch und das Gehege der Bowtruckles hatte mindestens 5% weniger Luftfeuchtigkeit als nötig.
 

„Ich werde es so weitergeben.“ , kommentierte Gellert die verhaltenen Anmerkungen des Jüngeren. „Es sei denn, du möchtest dich lieber selbst täglich um die Wesen kümmern.“ Bei diesen Worten schaute Newt überrascht auf und die großen, blauen Augen erinnerten Gellert fast ein wenig an die skurrilen Mondkälber unten im Gehege. „I-ich… Das wäre möglich?“ brachte der Jüngere immer noch ungläubig heraus.

„Natürlich… Solange du dich an die Regeln hältst.“
 

Denn leider waren Regeln etwas, was man Newt definitiv auferlegen musste, da ein gesunder Menschenverstand bei dem Jüngeren im Bezug auf seine Tierwesen offenbar nicht vorhanden war. „Du wirst hier nur unter Begleitung Zeit verbringen und die Gehege bleiben magisch versiegelt.“

Kurz legte sich fast ein enttäuschter Blick auf Newts Züge. Offenbar gingen ihm bereits einige Szenarien durch den Kopf, die ein Öffnen der Gehege seiner Meinung nach sicher nötig machen würden. Nach einem strengen Blick des Schwarzhaarigen, senkte Newt aber schnell den Blick und nickte eifrig. Doch ganz zufrieden war Gellert damit nicht. Er überbrückte die paar Meter zu dem jüngeren Zauberer und hob sein Kinn an, sodass dieser ihn anschauen musste. „Sorgst du für eine einzige Verfehlung oder einen Aufruhr, wird die Halle hier in weniger als einer Stunde leer sein.“, warnte er mit ruhiger, kühler Stimme.
 

„Du weißt selbst gut genug, wie wertvoll einige dieser Geschöpfe sind und das es kein Problem wäre sie sofort an einen interessierten Händler zu veräußern.“ Newt schluckte auf diese Drohung schwer, stimmte dann aber nochmals mit einem „Verstanden…“ zu. Er würde sich an die Regeln halten und das Wohlergehen seiner Geschöpfe auf keinen Fall aufs Spiel setzen.
 

Von der Türe war ein leises Räuspern zu hören. Ein Bote stand in der Türe und salutierte sofort bevor er berichtete, dass er eine Nachricht für ihn hätte.

Gellert schaute noch einmal kurz zu Newt, ließ dann aber auch sein Kinn wieder los bevor er sich an einen seiner Männer wandte, der schweigend in der Ecke der Empore stand und abwartete. „Jackson! Zeigen Sie Mr. Scamander die Vorräte für die Tierwesen und nehmen Sie die Änderungen auf, die er Ihnen aufgibt. Mr. Scamander wird in Zukunft die Versorgung der Tierwesen koordinieren.“ Der angesprochene Zauberer verbeugte sich augenblicklich mit einem „Ja, Sir!“, bevor er Newt aufforderte ihm wieder hinunter zu folgen zu der Vorratskammer. Gellert schaute dem rothaarigen Zauberer noch einen Moment hinterher, bevor er sich dem immer noch wartenden Boten an der Türe zuwandte. Offenbar konnte er nicht einmal für eine halbe Stunde der Arbeit entfliehen…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  YouLi
2017-04-20T14:15:28+00:00 20.04.2017 16:15
So eine gute Geschichte! Der Plot gefällt mir und das Pairing gefällt mir!!
Sehr gut ausgedacht und auch schön beschrieben, es reizt mich nach mehr!
Die Spannung liegt förmlich in der Luft! Und die beiden Charaktere sind wirklich sehr gut getroffen!!!
Ich bin wirklich begeistert, eigentlich mag ich ja Percival zusammen mit Credence, aber ich muss sagen, dass ich auch zwischen Gellert und Newt eine gewisse Spannung im Kino gespürt habe <3
Fantastische Geschichte!
Wann kommt das nächste Kapitel?


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