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Der Glasgarten

von

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Wild Cat

Wild Cat
 


 

Langley
 

„Commander Spears.“

Ben Spears nickte dem Agenten zu der ihm die Tür öffnete und offenbar sicherstellen sollte, dass er keinen Unsinn veranstaltete. Der Agent blieb jedoch vor der Tür und so betrat Spears alleine die Räumlichkeiten von Thomas Steiner dem Leiter der Sondereinheit in Langley.

„Spears“, wurde er von Steiner begrüßt. „Schön sie zu sehen, es ist lange her.“ Steiner erhob sich und kam um den Schreibtisch herum auf ihn zu.

„Nicht lange genug, fürchte ich“, brummte Spears. Er blieb im Raum stehen und besah sich seinen früheren Boss, Thomas Steiner, während eines kurzen Händedrucks. Die Falten auf seiner Stirn hatten sich tiefer gegraben seit ihrer letzten Begegnung vor vier Jahren. Er müsste jetzt Mitte Fünfzig sein, schätzte Ben.

„Was kann ich für sie tun, Spears?“, fragte Steiner.

„Sie vermissen eine Agentin?“ Ben kam gleich zur Sache, er hatte wenig Zeit.

„Woher haben sie die Information?“, fragte Steiner, wesentlich ruhiger als er offenbar war, denn seine Augen verengten sich minimal. Er lehnte sich an seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme abwartend.

„Wir vermissen zwei unserer Agenten.“

Steiner nickte. „Verstehe.“

Sie schwiegen sich an und Spears erlaubte Steiner eine Entscheidung zu treffen. Dieser ließ sich Zeit, Zeit die Ben nicht hatte. Steiner bot ihm einen Sitzplatz an.

„Was ist passiert, Thomas? Was zur Hölle ist in Japan los?“, fragte er schließlich in gelassenem Tonfall, während er sich setzte.
 


 


 

Steiner schien immer noch abzuwägen was oder wie viel davon er ihm erzählen konnte oder wollte – und kam zu einer Entscheidung.

„Wir haben vor ein paar Monaten einen kleinen Zusammenstoß mit einem Ordensmitglied. Er war in sehr schlechtem Zustand, als wir dazu gerufen wurden.“

„Was soviel bedeutet wie…?“

„Er war halbtot.“

„Verstehe.“ Die Gelegenheit ein Ordensmitglied lebend zu befragen war ein seltener Umstand.

„Er war kaum in der Verfassung mit uns zu reden und das was er von sich gab war nicht sehr aufschlussreich. Eins jedoch war klar, irgendetwas ging im Orden vor sich mit dem zumindest ein kleiner Teil nicht konform ging.“

„Was hat er gesagt?“

„Das meiste davon war religiöses, fanatisches Geschwätz, er brabbelte etwas von der roten Flamme die über uns alle kommen würde, einem Umbruch der Zeiten, der Erweckung und Ähnlichem. Wir haben kaum verstanden was er da von sich gegeben hat. Die Retardierung war sehr weit fortgeschritten, seine Handlungen unkontrolliert, deshalb konnte unsere Einheit ihn relativ schnell ausschalten.“

„Welche Profession?“, fragte Ben neugierig geworden.

„Ein Telekinet.“

„Bevor er starb sagte er, dass bereits Alles seinen Anfang genommen hätte und das vor langer Zeit.“

„Der Anfang von was?“

Thomas Steiner gab seine Förmlichkeit auf und seufzte. „Ich weiß es nicht. Keiner weiß es.“

„Sagen sie mir nicht es geht um interne Machtstreitigkeiten“, sagte Spears mit Unverständnis in der Stimme.

„Unsere Informanten sagen, dass es das sein würde. Tristian wurde in Vegas gesehen wie sie ihre eigenen Leute bekämpfte. De la Croix und Straud sind in Tokyo um eine neue Fakultät zu eröffnen.“

„Ein neuer Stützpunkt der Trias in Tokyo? Wozu?“ Seit wann war Straud in Tokyo? Waren ihre Informationen nicht mehr zuverlässig? Dem sollte er nachgehen.

„Keine Ahnung, wir kommen nicht näher heran, es ist zu gefährlich.“

„Wo ist ihre Agentin, Steiner?“

„Ihr Status ist unbekannt. Das Flugzeug kam an und kurz darauf gab es eine Terrorwarnung, an eben diesem Flughafen. Er wurde gesperrt. Dann brach die Hölle los und keiner der Überlebenden konnte uns sagen was genau vorgefallen war, weil sie nichts gesehen haben. Die örtlichen Behörden gehen von einem Gas aus, dass eine Art retrograde Amnesie ausgelöst hat, was totaler Blödsinn ist. Wir vermuten, dass sie mindestens vier bis fünf Telepathen vor Ort hatten, um eine derart umfangreiche Vertuschung zu veranstalten. Fakt ist, dass meine Agentin spurlos verschwunden ist. Senator Crawford sitzt mir im Nacken deswegen.“

„Senator Crawford?“

„Ja“, seufzte Steiner. „Seine Tochter.“

„Sie haben Crawford nach Tokyo geschickt?“, fragte Spears einigermaßen verblüfft über diesen Umstand.

„Es war gefährlich, aber keiner konnte voraussehen wie sich die Dinge so radikal verändern konnten. Sie hatte eine heiße Spur. Ich war nicht gänzlich überzeugt von diesem Einsatz muss ich zugeben, aber es war besser als alles was wir davor hatten.“

„Was ist mit ihrem Bruder?“

„Sein Status ist uns unbekannt“, sagte Steiner.

„Gab es Überlebende am Flughafen?“

„Ja, sie wurden auf die Krankenhäuser verteilt. Sie suchen nach ihren Agenten?“

Ben nickte.

„Ich kann Ihnen darüber keine Daten liefern, sie wissen besser als ich, dass es unmöglich ist herauszufinden, ob sie zu Ihnen gehören. Sie müssten sich alle registrierten Passagiere des Fluges ansehen, falls sie einen von ihnen kennen.“

„Es ist ein Ansatz.“

„Ja. Der Einzige bisher.“

„Gehen sie zu Randy, er kann ihnen helfen.“

Spears nickte und verließ das Büro in Richtung Randy Wolzac, einem IT Experten.
 

Zwei Stockwerke über Steiners Büro tüftelte Wolzac an etwas herum das wie eine Datenwiederherstellungssoftware aussah. Spears konnte sich jedoch auch irren.

„Randy“, begrüßte Spears einen alten Kollegen.

„Na, sieh mal einer an, Ben!“ Wolzac grinste freudig. „Was kann ich für dich tun?“

„Ich brauche die Passagierdaten.“

„Wer nicht?“, seufzte Wolzac frustriert.

„Die Daten wurden gelöscht, wir können bisher nicht sagen wer an Bord war.“

„Dann haben wir nichts?“, fragte Spears und spürte die gleiche Frustration.

„Etwas haben wir. Einen verzerrten Mittschnitt eines Notrufs.“

„Da sind sicher viele Notrufe eingegangen.“

„Dieser Notruf ging an uns.“

„War es Crawford?“

„Nein. Es ist kaum etwas zu verstehen. Eine Art Code.“

„Spiel es ab.“

Wolzac gab ihm einen Kopfhörer.

„Ich lass es zunächst im Original durchlaufen, danach hörst du es ohne Rauschen und mit herausgefilterter Stimme.“

Zunächst war viel Rauschen zu hören, dann eine Stimme. Jung, männlich, angeschlagen. Es war nicht viel zu hören, abgehakte unterbrochene Worte und viel Hintergrundrauschen.

Wolzac gab ihm ein Zeichen, dann hörte er nur die Stimme.

„... keine ... physis... Ent...chung... leitet... die... richt... er... ker... ford... 90...4..9..2...a. Wild...Card...Gibson.“

„Das ist alles.“

Spears nickte. „Das ist tatsächlich nicht viel.“

„Irgendeine Idee?“

Spears schüttelte den Kopf. „Nein. Das sagt mir nichts.“

„Das Problem sind die Ziffern. Sie sind unvollständig. Könnte eine Kennung sein.“

„Crawfords?“, fragte Spears.

„Nein. Habt ihr so etwas?“

Spears verneinte. „Nicht dieser Art.“

„Sorry, Ben. Mehr hab ich nicht.“

„Der Flughafen ist mittlerweile unter Kontrolle?“

„Sie sichten bereits die Schäden. Die Leute sind rausgebracht worden und wer immer das war, er ist lange weg. Aber eines ist sicher: Es waren PSI.“

Spears nickte und verabschiedete sich.
 

Er verließ den Stützpunkt und fuhr mit seinem Wagen eine Weile herum bis er an einem Aussichtspunkt anhielt und ausstieg. Weit genug von den Gebäuden entfernt schaltete er die Kommunikation mit seinem Team wieder ein und stellte eine Verbindung her.

„Ich schick dir Koordinatenfragmente. Finde heraus wo das ist.“

„In unserem Frame?“

„Ja.“

„Geht klar.“

„Ich hab’s angepingt. Das… entspricht einer Kennung die wir nicht… einsetzen.“

„Noch aktiv?“

„Ja.“

„Wo?“

„In D.C.“

„Ruf das Team zusammen.“

„Unseres? Delta wäre gerade frei.“

„Nein, die anderen Teams sind dabei sich zurückzuziehen, wir gehen das alleine an. Ich will euch einsatzbereit, in zwei Stunden bin ich zurück.“

„Verstanden.“

Spears trennte die Verbindung. Einer der beiden Kritikeragenten lebte und hatte einen implantierten Sender aktiviert. Mit viel Glück fanden sie ihn noch lebend. Und hoffentlich war es keine Falle. Erst Tristian in Las Vegas und dann einen Angriff an einem Flughafen... So öffentlich hatte die Trias in der Vergangenheit nie agiert. Was ging im Orden vor sich?
 

Während er fuhr fragte er sich gerade wieso zum Teufel einer ihrer Agenten einen alten Sender implantiert hatte? Das waren veraltete Methoden. Keiner der Agenten die er kannte trug einen dieser Sender, sie bargen ein erhebliches Sicherheitsrisiko. Er musste ihn schon sehr lange besitzen. War es Bombay oder Siberian? Er kannte weder den einen noch den anderen Agenten. Mit Abyssinian und Balinese hatte er bereits zu tun gehabt, aber die anderen beiden waren ihm noch nicht untergekommen. Wild Card bedeutete, dass er auf sich allein gestellt war... Gibson, dass er einen Sender trug. Hatte es etwas mit dem Auftrag zu tun den Manx angesprochen hatte?
 

Zwei Stunden später, kurz vor Mitternacht kam er an ihrem Hauptquartier an, einem alten Herrenhaus, mitten im Nirgendwo samt einem ellenlangen Anfahrtsweg. Es schneite und hatte um die Null Grad. Kein gutes Wetter um vielleicht verletzt auf sich gestellt zu sein, mit einer Horde PSI am Arsch.

Hawk kam ihm entgegen, als er das Gebäude betrat. Sie gab ihm einen kurzen Statusbericht. „Wir haben die Gegend lokalisiert.“

„Gut.“

Er kam in die Zentrale und begann sich umzuziehen, während die anderen langsam eintrudelten. Sie bewaffneten sich. „Rechnet mit einem PSI Angriff. Ich habe nicht den leisesten Schimmer was uns erwartet. Der Auftrag lautet: Finden und sichern.“

„Eine Rettungsmission?“, fragte Buzz.

„Ja.“

„Falcon, du führst uns.“

Falcon winkte nur gelassen und drehte sich zu seinen Rechnern um, während sie das Gebäude verließen und in ihren Einsatzwagen stiegen. Hawk saß am Steuer und ließ den Wagen an, sie fuhr in halsbrecherischer Geschwindigkeit die lange Einfahrt hinunter.

„Falls wir lebend ankommen“, murmelte Con verdrießlich.

„Verdammt, Hawk“, brüllte Ben nach vorne.

„Schon gut, entspannt euch“, erwiderte Hawk einen Tick zu gut gelaunt.
 

Sie fuhren durch die Nacht und es dauerte etwas mehr als drei Stunden bis sie in der Nähe des Signals waren. Sie stiegen aus und sahen sich um. Es war keine gute Gegend, so viel konnte Ben sagen.

„Keine gute Nacht für eines der Kätzchen, vor allem wenn es verletzt ist“, brummte Con und sah in den Nachthimmel auf. Große Flocken trudelten gemächlich auf sie nieder. Ihre Spuren würden im Schnee gut zu verfolgen sein. Das war schade.

„Leute ihr seid in einem Gebiet, das ein gewisser Brown als sein betrachtet. Glückspiel, Prostitution, Menschenhandel, Drogen, Korruption, alles was das Herz begehrt“, meldete sich Falcon.

„Keine Waffen?“, fragte Con beinahe schon enttäuscht.

„Nee, nicht im großen Stil“, erwiderte Falcon.

„Und bevor ihr fragt: Ja, der Typ ist kein kleiner Fisch und Ja er hat überall seine Finger drin.“

„Nie von dem Typen gehört“, meinte Hawk.

„Ist nicht unser Problem“, sagte Con.

„Noch nicht“, erwiderte Falcon. „Seid vorsichtig. Die Polizei hat die Gegend mehr oder weniger aufgegeben.“

„Ein lokaler Boss?“, fragte Eagle. Der seine Hände in allen Geschäften hatte? Nun, das war nicht ihr Kerngebiet, ihr Spezialgebiet waren PSI.

„So sieht’s aus.“

„Lotse uns“, wies Eagle leise an und sie verfolgten das Signal bis zu einem heruntergekommenen Haus in dem niemand zu sein schien. Sie betraten es und Hawk blieb in der Nähe des Eingangs um die Straße im Auge zu behalten. Es stank nach Urin und Fäkalien im Hausflur. „Hier soll sich die Katze aufhalten?“, fragte Con.

„Der Sender ist in eurer Nähe“, sagte Falcon. „Ob die Katze auch da ist... stellt sich noch raus.“

Lautlos wies Eagle Buzz und Hawk an sich im oberen Stockwerk des Hauses umzusehen, während Eagle und Con sich das Erdgeschoss vornahmen. Nachdem sie nichts gefunden hatten ging Hawk wieder auf ihren Posten an der Tür und Buzz sicherte, die nun offene Tür die hinunter in den Keller führte. Eagle und Con gingen hinunter.

Der offene Raum war bis an die Decke mit wertlosem Gerümpel vollgestopft, es roch modrig. Auf den ersten Blick fanden sie nichts.

„Hier ist niemand, Falcon“, sagte Eagle und er konnte eine große Portion Frustration nicht aus seiner Stimme tilgen.

„Der Sender muss da sein“, sagte Falcon über die Com-Einheit.

„Wärmescan an“, wies Eagle an und tippte an seine Brille um von Nachtsicht auf Wärmescan umzuschalten.
 

Dort in der Ecke lag eine Person. „Sicher die Tür.“ Er schaltete die Brille wieder auf Nachtsicht um und ging auf die Person zu. Er räumte eine Holzpalette und Plastikfolien die darüber hingen zur Seite, griff in einen Haufen alter Kleider bis er Kontakt mit Haut spürte. Er schaltete die Nachtsicht aus. Ein blasses japanisches Gesicht kam zum Vorschein die Augen waren halb geschlossen. Er tastete nach dem Puls, der war zwar vorhanden, aber viel zu schnell.

„Ich hab ihn. Er lebt. Gerade noch so. Der Agent trug keine Kleidung für den Winter, er hatte jedoch eine Lederhose und eine Lederjacke an, was ihn vielleicht ein bisschen vor der Kälte geschützt hatte. Sein Gesicht und seine Haare waren schmutzig und in ihnen klebte getrocknetes Blut.

„Raus hier, Kätzchen“, murmelte er.

„Ich brauch die Wärmedecke, Con.“

„Ihr bekommt Gesellschaft“, meldete sich Falcon.

Con kam zu Ben und gab ihm ein Päckchen mit einer Isolierfolie in mattem Schwarz mit silbernem Schimmer. Er aktivierte die Folie in dem er auf einen perforierten Silberstreifen drückte und spürte wie die Folie warm wurde. Er legt sie auf dem Boden aus, hob den Agenten hoch und legte ihn darauf ab.

„Wir dürfen ihn nicht zu schnell aufwärmen“, gab Con zu bedenken. Eagle nickte.

„Hawk, was siehst du?“, fragte er, während sie ihn in die Folie einwickelten. Eagle hob ihn hoch und sie gingen die Stufen nach oben.

„Gangmitglieder patrouillieren. Verhaltet euch ruhig.“

Con war auf der Treppe stehen geblieben und Eagle zog seinen Fuß von der ersten Stufe zurück. Er ging in die Hocke und legte seine leichte Fracht auf seinen Oberschenkeln ab. Er besah sich das schlafend wirkende junge Gesicht. Warum trägst du einen Sender? Wie lange schon?

Dieser Sender stammte aus einer düsteren Ära der Kritikergeschichte. Einer Zeit in, der Agenten damit erpresst worden waren, bei Kritiker zu arbeiten. Sie waren Eigentum von Kritiker, Eigentum ihres Operators, der sie jederzeit ausschalten konnte. Methoden, derer sich ihr Boss Chiyo in den Staaten nicht bediente. Warum war es in Japan anders?

Mit dem Preisgeben der Senderfrequenz hatte sich dieser Agent in seine Hände begeben.

„Sie ziehen weiter. Wartet noch“, sagte Hawk.

Zehn Minuten später waren sie auf der Straße. Während die anderen die Umgebung sicherten ging Eagle zielstrebig zum Wagen. Sie erreichten das Gefährt unbehelligt und stiegen ein. Eagle legte den Agenten auf eine der ausklappbaren Bänke und sicherte ihn mit Gurten.

„Falcon, wir brauchen eine sichere Route.“

„Kommt“, bestätigte Falcon und sie fuhren los.

„Verständige Stephen.“

„Schon geschehen.“

Tatsächlich hatten sie zwei heikle Momente, in denen sie weiteren Patrouillen begegneten. Sie vermieden es entdeckt zu werden und waren schließlich auf sicherem Gebiet.
 

Der Arzt Stephen Kramer kam ihnen bereits entgegen, noch bevor Hawk ihren Wagen am Haus anhielt.

„Bringt ihn in den Behandlungsraum, Jungs“, sagte der Mann Mitte Fünfzig in rauem Ton. Eagle löste die Gurte und hob den Agenten hoch. Er wog fast nichts.

„Das ist ja noch ein halbes Kind!“, hörte er Kramer mit Erstaunen in der Stimme.

„Er ist ein Agent, Kramer.“

„Ein sehr junger... Agent, Ben.“

Ben antwortete nicht, was sollte er auch sagen, Kramer hatte Recht.

„Er kann noch nicht lange dabei sein“, hörte er diesen weitersprechen, während sie hineingingen.

Eagle sah auf seine Fracht hinunter. Er war sich nicht sicher, ob sich Kramer da nicht irrte. „Er gehört zu Weiß, Kramer.“

„Zu Weiß?“, Kramer verstummte.

Ben ging im Erdgeschoss in ihre gut ausgestattete Behelfsklinik und legte den Agenten auf ein Therapiebett ab. Kramer begann sofort damit die Folie zu entfernen.

Ben drehte sich um und wollte den Raum verlassen, als er zurückgepfiffen wurde.

„Was glaubst du tust du da?“, fragte Kramer ihn und Ben drehte sich fragend um.

„Zieh deine Jacke aus und hilf mir gefälligst.“

Ben runzelte die Stirn und fügte sich in sein Schicksal.

„Hände waschen, desinfizieren und Handschuhe anziehen. Das machst du nicht zum ersten Mal...“, murrte Kramer und Ben verzog den Mund vor Missfallen.

Zusammen schälten sie den Agenten aus der Folie und aus seiner Jacke. Er trug lediglich ein Shirt unter dem Leder. Kramer begann ihn zu untersuchen, als etwas Leben in den Jungen kam. Er versuchte sich zusammenzurollen und verzog das Gesicht vor Schmerz, seine Atmung beschleunigte sich.

„Ganz ruhig“, murmelte Kramer und wartete bis sich der Agent wieder entspannte.

„Ich mach ein paar Aufnahmen, vermutlich die Rippen. Zur Sicherheit ein Komplettscan. Warte draußen.“

Ben nickte und verschwand nach draußen. Er war froh darüber, dass Chiyo ihnen finanziell die Möglichkeiten gab sich mit medizinischen Diagnosegeräten auszustatten, so verfügten sie über einen Computertomographen, ein Röntgengerät, Ultraschallgeräte und ein kleines Labor. Sie hatten gelegentlich andere Agenten, die sie medizinisch versorgten, sodass alle von ihnen in den letzten Jahren Grundkenntnisse über die Notfallversorgung von Verletzten erlernt hatten.

Nach ein paar Minuten durfte... oder musste er wieder ins Zimmer.

„Ein Milzriss, ein kleiner Saum um die Milz, ein paar Rippenbrüche, Prellungen und Unterkühlung. Hinzu kommt eine leichte Blutung im Gehirn. Im Allgemeinen ist er in einem erbärmlichen Zustand, im Augenblick aber stabil. Er muss sich sehr verausgabt haben.“

„Eine Gehirnblutung?“

„Du kannst es auch Gehirnerschütterung nennen. Er braucht Ruhe.“

„Ich dachte, es wäre ein schlechtes Zeichen, wenn… ich meine…, wenn man bewusstlos wird, mit einer Hirnblutung?“, fragte Ben mit düsterem Gesichtsausdruck.

„Ja, das ist es. Nur, die Blutung ist nicht so ausgeprägt, dass ich davon ausgehe, dass sie der Grund dafür ist. Es kann auch Erschöpfung und der Blutverlust sein. Oder alles zusammen. Wenn er PSI Kontakt hatte kann es noch eine Reihe anderer Gründe geben, wie du weißt. Warten wir erst einmal ab.“

Ben nickte. „Wann kann ich ihn befragen?“

Ben drehte sich zu ihm um. „Sobald er wach ist.“

„Und wann wird das sein?“

„Woher soll ich das wissen?“, fragte ihn der Arzt mit völligem Unverständnis.

„Schon gut.“

Ben verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete sich den jüngeren Mann mit nachdenklichem Gesichtsausdruck.

„Du meinst wirklich er gehört zu Weiß?“

Ben nickte abermals.

„Ich wusste nicht, dass sie so jung... waren... ich meine sind“, sagte Kramer.

„Wo haben sie den Sender implantiert?“, fragte Ben.

„Diese alten Dinger?“

Ben nickte.

„Lass mich nachsehen.“

Er setzte sich an den Rechner und klickte sich durch die Bilder. „Hier, hab ichs“, sagte er nach ein paar Minuten und stand auf, ging zu einem der Regale und griff sich eines der Lesegeräte von dort. „Das sollte gehen“, sagte er und kam wieder zur Liege. „Dreh ihn zur Seite.“

Ben folgte den Anweisungen, während Kramer den Kopf des Mannes nach vorne neigte und dessen Haare aus dem Nacken strich.

„Soll ich ihn auslesen?“

„Kannst du das?“

„Ich kann es versuchen, bei diesen alten Versionen kann es schwierig sein.“

Kramer sendete ein Signal an den Chip. „Er ist zumindest noch intakt.“

„01. 2019. Den Rest kann ich nicht lesen, Ben.“

„Das kann nicht sein“, sagte Ben und er ließ sich das Gerät geben.

„Was meinst du?“

„Mit den Zahlen kann etwas nicht stimmen.“

„Wieso, was bedeuten sie?“

„Die erste Ziffer gibt Aufschluss über die Anzahl der gechipten Senderempfänger. Die Zweite die Jahreszahl.“

„Aber... das...“, fing Kramer an und verstummte dann.

„Wenn, das hier stimmt bedeutet es, dass dies hier der erste Kritikeragent ist, den es damals gegeben hat. “

„Das kann unmöglich sein. Wie alt war er damals? Vier oder fünf? Und wer sollte so etwas getan haben?“

„Frag mich nicht“, sagte Ben fassungslos. Er selbst war 28 und vor vier Jahren zu Kritiker gekommen. Alt genug um diese Entscheidung zu treffen.

„Ich bring das Ding zu Falcon.“

Kramer nickte und Ben verließ mit einem grimmigen Blick den Raum. Er ging hinunter in den ausgebauten Keller zu Falcon.

„Kannst du das entschlüsseln?“

„Lass mal sehen...“ Falcon nahm ihm den Scanner aus der Hand und schloss ihn an einen Rechner an.

„Eine alte Verschlüsselung. Wird seit Jahren nicht mehr benutzt.“

„Von uns?“

„Ja.“

„Dauert nur ein paar Minuten.“

„Ich hol mir einen Kaffee“, sagte Ben und ging hinauf ins Erdgeschoss.

Er ging den Flur entlang und kam in die Küche, dort waren bereits die anderen und machten sich etwas zu Essen. Es war in der Zwischenzeit sieben Uhr durch.

„Was ist mit dem Kleinen?“, fragte Con.

„Stabil, aber noch nicht wach.“

„Das ist doch Grund etwas optimistisch zu sein, meinst du nicht?“, sagte Buzz.

Ben nickte lediglich.

Er nahm sich eine Tasse Kaffee und setzte sich auf einen Hocker, bis Falcon ihn rief.

Alle sahen ihn fragend an. „Erzähl ich auch später, wir sind uns nicht ganz sicher wer der Agent ist und ob er wirklich zu Kritiker gehört.“ Ben erhob sich, nahm seine Tasse mit und ging wieder hinunter zu Falcon. Dieser sah nicht gerade begeistert aus.

„Und?“

„Hier“, Falcon zeigte auf einen der Monitore.

„Takatori Inc. War der Hersteller des Chips. Aktueller Eigentümer des Agenten: Comm. Eagle“, las Ben vor.

„Was?“ Falcon lachte auf, verstummte aber als er Eagles Gesicht sah.

„Jemand hat erst kürzlich darauf zugegriffen“, sagte er dann etwas ernster.

„Wer zum Teufel?“

„Keine Ahnung, aber die Daten wurden erst kürzlich geändert.“

„Kannst du die ursprünglichen Daten wiederherstellen?“

„Nicht, wenn sie überschrieben wurden.“

„Versuch es.“

„Klar.“

Ben ging wieder zurück zu den anderen.

„Wenn ihr fertig seid seht zu, dass ihr herausfindet ob es allen Teams gut geht und sie sich ohne Probleme zurückziehen konnten.“ Er lehnte sich an die Anrichte und trank seinen Kaffee aus.

„Was ist mit der Überwachung von Straud?“, fragte Hawk.

„Die lassen wir unverändert laufen“, sagte er und stellte seine Tasse in die Spüle. „Straud wurde in Tokyo gesehen.“

„Wie bitte?“

„Yeah, irgendetwas ist da faul. Ich will, dass die Sichtung bestätigt wird.“

„Willst du nichts essen?“ Hawk schien sich ungewöhnlich viel Sorgen um sein Wohlergehen zu machen. Ben winkte ab. „Nein, später“, murmelte er und ging wieder zum Doc. Der hatte den Agenten ausgezogen um ihn eingehender zu untersuchen. Seine Kleidung hing über einem Stuhl in der Nähe. Die Wärmedecke war bis zu seinem Hals hochgezogen und der Überwachungsmonitor zeigte passable Werte an.

„Ist er aufgewacht?“

„In den letzten dreißig Minuten die du weg warst nicht.“

„Können wir den Chip rausholen?“

„Das würde ich nicht ohne sein Wissen tun.“

„Hmm... er hat schließlich darüber Bescheid gewusst und ihn für seine Rettung nutzen können“, gab Ben zu. Aber es war ihm trotzdem zuwider.

„Hat Falcon ihn auslesen können?“

„Ja, aber die ursprünglichen Daten waren nicht zu lesen, sie wurden überschrieben.“

„Neue?“

„Ja. Takatori Inc. war der Hersteller.“

„Takatori... also. Die haben damals gemeinsame Sache mit SZ gemacht“, sagte Kramer und Ben sah auf.

Er runzelte die Stirn.

„Schneid das Ding raus, ich will es aktiv nicht in diesem Haus haben“, sagte er mit Kälte in der Stimme.

„Du glaubst doch nicht, dass er für die Trias arbeitet.“

„Keine Ahnung was ich glauben soll, Kramer. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie uns ein Kuckucksei ins Nest legen würden.“

„Ein Doppelagent?“

„Wir wissen nicht ob er Fähigkeiten hat, vielleicht sind unsere Agenten tot und ein Telepath hat sie vorher gelesen.“

„Eine Falle?“

Ben setzte sich mit Falcon in Verbindung.

„Falcon versetz alle in Alarmbereitschaft. Seht euch um und sichert das Gelände. Schick ein Team raus.“

„Verstanden.“

Ben machte ein Foto von dem Agenten und ging wieder nach unten zu Falcon, der mit dem Zweiten hier stationierten Team kommunizierte.

„Stell mir eine Verbindung zu Manx her.“

Falcon nickte und wartete.
 

Nach einer halben Stunde des Wartens sah er nach seinen Leuten, die draußen das Gelände sicherten. Hier lebten zehn Agenten und ein Arzt. Zwei Teams unter einem Dach, erstaunlicherweise lief es größtenteils ohne Probleme und das schon seit ein paar Jahren. Entgegen der üblichen traditionellen Vorgehensweise von Teams die aus vier Mitgliedern bestanden hatten sie hier fünf Agenten pro Einsatzteam. Chiyo hatte es ihnen zugestanden, da sie ein größeres Gebiet abzudecken hatten. Finanziert wurden sie weiterhin aus Japan.

Er brauchte frische Luft und ging die verschiedenen Positionen ab, ein netter Spaziergang durch den hohen Schnee eignete sich hervorragend, um den Kopf frei zu bekommen. „Ben?“

„Ja“, meldete er sich bei Falcon.

„Wir haben ein Problem.“

Das hörte er ganz und gar nicht gern.

„Was ist los?“

Er war gerade zwischen Baer und Tigers Position und stand Wadenhoch im Schnee am Waldrand.

„Das Kätzchen ist los.“

„Drück dich klar aus, Falcon.“

„Die Katze ist weg. Kramer ging ins Behandlungszimmer und es war leer.“

Ben fluchte und gab es den anderen durch.

Tiger meldete sich als Erster. „Sollen wir ihn erledigen?“

Ben überlegte. „Erst wenn ich von Manx höre. Wir brauchen ihn lebend. Bleibt auf euren Positionen.“

„Verstanden.“

Ben kehrte zum Haus zurück, Hawk kam ihm bereits entgegen. „Wir haben hinter dem Haus eine Spur gefunden.“

„Ich folge ihr, bleibt im Haus.“

Kramer trat durch die Tür zu ihnen. „Ich glaube kaum, dass er weit kommt bei diesem Wetter. Der Schneefall wird vorerst nicht aufhören und seine Verletzungen werden ihn nicht weit bringen. Es sieht mir nicht danach aus als hätte er das geplant, eher als wäre er in Panik geflohen.“

„Fehlt etwas?“

„Nein, die Waffen sind vollzählig. Er hat lediglich eine der Felljacken, Mütze und Handschuhe mitgehen lassen“, sagte Hawk.

„Vom Gelände kommt er ohnehin nicht runter.“

„Mag sein, aber es sind mehrere Hektar in denen er sich verstecken kann.“

Ben ging durch das Haus und öffnete die Tür im Wirtschaftstrakt. Er sah die Spur die sich nach Osten bewegte.

„Sichert das Haus, ich möchte nicht, dass wir uns in die Irre leiten lassen. Ich folge ihm.“

„Er hat höchstens zwanzig Minuten Vorsprung auf unbekanntem Gelände“, gab Kramer zu Bedenken.

„Falcon, hast du schon Kontakt zu Manx?“

„Nein.“

„Gut, wenn du ihn hergestellt hast, schick ihr das Bild unserer Katze und frag sie ob es unser Agent ist. Ich muss wissen ob ich ihn neutralisieren muss oder nicht.“

„Mach ich.“

Ben machte sich auf den Weg, die Spur war nur zu deutlich und führte durch ein kleines Wäldchen am östlichen Hang. Der Agent war schneller unterwegs als Ben angenommen hatte.

„Ich habe Sichtkontakt, Ben“, meldete sich Baer.

„Wo?“

„Die Hütte am See. Er betritt sie gerade.“

Ben brauchte noch ein paar Minuten dorthin. Leider gab es in der Hütte auch einige Waffen, die sie für den Notfall in Koffern verstaut hatten. Und sie stand auf freiem Gelände, daher würde er eine feine Zielscheibe mitten am Tag, im Schnee abgeben. Er würde das Risiko wohl eingehen müssen.

Wenig später trat er aus dem Wald heraus und sah die Hütte im Schneefeld liegen.

Es war wirklich egal von welcher Seite er sich der Hütte näherte, sie hatte in alle Richtungen Fenster. Er stapfte gemessenen Schrittes voran und blieb in Rufweite zur Hütte stehen, nichts rührte sich. Nicht das kleinste Geräusch war zu hören.

„Gib auf und komm raus. Du bist auf unserem Gebiet.“

„Auf wessen Gebiet?“, kam die leise Frage. Er hörte einen schwachen Akzent heraus.

„Das klären wir, wenn du bereit bist aufzugeben.“

„Ich habe genug Waffen hier um ein wenig durchzuhalten. Auf wessen Gebiet?“

„Einer verdeckt, operierenden Organisation der Vereinigten Staaten von Amerika.“

Ein leises Lachen war zu hören.

„Es sieht nicht danach aus“, kam aalglatt zurück.

„Wie heißt du?“

„Geht Sie nichts an.“

„Das tut es.“

„Hier kommt keiner rein.“

Ben überlegte gerade was er mit dem Agenten hier machen sollte als sich Falcon meldete.

„Ich habe Manx.“

„Leite sie mir rüber.“

„Manx? Hast du das Bild?“

„Ja. Das ist Bombay. Wo ist Siberian?“

„Status unklar.“

„Und Bombay?“

„Verletzt, Geflohen, steckt in einer Hütte fest und will nicht rauskommen. Habe ich erwähnt, dass er ein feines Waffenarsenal um sich herum zur Verfügung hat?“

„Nein. Zerr ihn da raus, wir müssen mit ihm reden, ich brauche Informationen.“

„An welche Maßnahmen hast du dabei gedacht?“

„Setz ihn außer Gefecht, das wird nicht so schwer sein, denke ich.“

Wow. Manx musste wirklich verzweifelt sein um zu solchen Maßnahmen zu greifen, oder es war ihr tatsächlich egal was mit dem Agenten geschah.

„Du kannst dich wie immer auf mich verlassen“, sagte er wenig motiviert und beendete die Verbindung.

„Bombay, du bist auf sicherem Gebiet. Ich bin der Operator der Ostküstenregion: Eagle.“

Er hörte wie ein MG gesichert wurde und zögerliche Schritte auf ihn zukamen, bis ein herzförmiges Gesicht um den Türstock lugte. „Eagle?“

Ben hatte zuvor kein tieferes Blau als dieses, welches ihn verunsichert anblickte gesehen. Er nickte.

Der Agent lehnte sich an den Türstock an und ließ die Waffe sinken. „Ich dachte... SZ hätte mich gefunden.“

„Nein. Wir haben deinen Sender geortet.“

Bombay sah auf.

„Dann ist meine Nachricht angekommen?“

„Wen sollte sie erreichen?“

„Eve meinte es wäre sinnvoll Kontakt zu ihrem Boss Steiner aufzunehmen. Er würde die Nachricht entschlüsseln und sie an euch weiterleiten.“

„Wo sind die anderen die mit dir unterwegs waren?“

„Sie verstecken sich“, sagte er und Ben erkannte, dass er außer Atem war, oder Probleme mit der Atmung hatte. „Ich bin los um… Hilfe zu holen, aber das war schwieriger als gedacht.“

„Warum seid ihr nicht gleich ins Hauptquartier?“

„Wir wurden verfolgt und schließlich gejagt.“ Bombay rutschte am Türstock hinunter und schüttelte einmal den Kopf. Entweder hatte er Schmerzen oder ihm war schwindlig, jedenfalls hatte er hier draußen nichts zu suchen, sondern gehörte in ein Bett.

„Von wem?“, fragte Ben und ging näher.

„PSI, keine starken, aber nervig allemal und eindeutig in der Überzahl“, sagte Bombay und rappelte sich mühsam wieder auf.

„Dann hätte Eve ihre Leute verständigen können. Steiner hat bisher nichts von ihr gehört.“

„Wir sind uns nicht sicher ob die Agency unterwandert ist, deshalb versuchten wir uns an Kritikeragenten zu wenden. Wir können keinem mehr trauen.“

„Sind sie noch am selben Ort, oder habt ihr den Standort bereits gewechselt?“

„Nein. Wir können ihn nicht wechseln.“

„Ist jemand verletzt?“

„Nein, das ist es nicht. Wir haben Kinder dabei, Zwei Kinder.“

Ben staunte nicht schlecht. „Scheiße, das macht es schwierig.“ Der Agent nickte und ging wieder in die Hütte. Ben folgte ihm und sah zu wie er die Waffe in die Polsterung des Koffers zurücklegte. Er schloss den Koffer wieder und sah Ben an.

„Was jetzt?“

„Du solltest raus aus der Kälte und dich hinlegen. Hast du Schmerzen?“

Der junge Mann sah ihn mit einem Blick an, der von Hoffnungslosigkeit und eisiger Kälte sprach.

„Ich habe das Gefühl jeden Moment umzufallen.“

„Du machst nicht einen, auf harten Kerl?“

Der Agent ging an ihm vorbei. „Was sollte das bringen?“

Er ging ein paar Schritte durch den Schnee, während Ben die Hütte schloss und sich ihm dann Richtung Wald anschloss. Ben konnte deutlich erkennen wie erschöpft der Agent war.

„Falcon, schick Hawk und Con mit Schneemobilen zu unserem Standort.“

„Verstanden.“

Ben ging neben dem japanischen Kritikeragenten her bis dieser schwer atmend stehenblieb, seine Beine nachgaben und er auf die Knie sank.

Ben sah auf die Umgebung. Es würde noch etwas dauern bis die Schneemobile hier waren, aber nicht lange.

„Dein Chip wurde manipuliert. Hast du eine Ahnung wer das war?“

Der Blonde sah auf. Ein wenig zu schnell, denn sein Blick verlor für einen Moment den Fokus und er fasste sich an den Kopf. „Ich…“, er brach ab und setzte dann nach einem tiefen Atemzug wieder an. „Mir war bewusst, dass er gelesen werden würde, sobald sie mich hatten. Ich dachte allerdings, dass die Agency mich finden würde.“

„Und sie hätten somit erkannt wer du bist?“

„Steiner weiß wer ich bin, er hätte die richtigen Schlüsse gezogen und er kennt dich.“

Das war wohl nicht ganz so gelaufen wie sich der Blonde das vorgestellt hatte.

„Wir dachten du könntest von SZ sein.“

Ben atmete tief durch und sah in den grauen Himmel.

„Ich? Weshalb?“, fragte Bombay.

„Takatori? Der Chip an sich... das war irgendwie suspekt.“

Der Blonde sah von ihm weg in die Ferne.

„Nur wenige wissen bestimmte Dinge. Steiner ist einer davon.“

„Weshalb hast du diesen Chip?“

„Lange Geschichte.“

„Sie ist hässlich nehme ich an?“

Der Blonde sah ihn wieder an. „Könnte man sagen.“

Ben nickte und sah zu wie der Jüngere das Gesicht verzog und keuchte. Er biss sich auf die Lippen und stützte sich mit einer Hand an der Seite ab. In der Ferne waren bereits die Schneemobile zu hören.

„Sie sind gleich da.“

Der Blonde nickte.

„Wo hast du dich so verletzt? Was war am Flughafen los?“

Bombay schüttelte einmal den Kopf, sein Gesicht drückte nicht nur große Sorge aus, sondern auch Angst. Eine Gefühlsregung die man hin und wieder auf Gesichtern von Kritikeragenten sehen konnte, wenn sie mit starken PSI zu tun hatten. Wenn sie Zeuge von etwas Schrecklichem und Unfassbarem geworden waren, doch der Weiß-Agent war sicher erfahren auf diesem Gebiet.

Ben dachte zunächst Bombay würde nicht mehr antworten.

„Ich weiß nicht genau was passiert ist, doch plötzlich brach so etwas wie ein Kampf unter PSI aus. Wir kamen an und zunächst war alles wie üblich, wir checkten aus, die Papiere der Kinder wurden überprüft... und plötzlich brach die Hölle los. Ken und dieses Mädchen... sie war der Auslöser…“, sagte er, verstummte aber dann.

Ben beschloss dieses Gespräch auf später zu verschieben, er verstand nämlich nur die Hälfte von dem was Bombay sagte.

„Kannst du aufstehen?“

Der Agent versuchte es, scheiterte jedoch schon im Ansatz.

„Kramer wird dir den Hals umdrehen“, sagte Ben und sah mitleidig auf den Jüngeren hinunter. „Wer ist Kramer?“

„Unser Arzt.“

Der Agent zog ein ängstliches Gesicht. „Oh.“

„Warum wurde dir der Chip nicht entfernt?“

„Ich hielt ihn für nützlich“, erwiderte der Blonde und grinste schwach. Ben hob ob dieser Erwiderung die Brauen.

„Ich würde...“

Ben wurde unterbrochen als Hawk und Con ankamen. Er hob den Agenten kurzerhand hoch und setzte ihn hinter Con. „Festhalten.“

„Darf ich vorstellen“, sagte er, während er hinter Hawk aufstieg. „Agent Bombay aus unserer Zweigstelle Tokyo. Das sind Hawk und Condor.“

„Hi, Leute“, sagte Bombay und winkte kraftlos, während sein Kopf an Cons Rücken fiel.

„Hi, Agent Bombay“, sagte Hawk und lächelte sanft. Ben neigte den Kopf und staunte. Seit wann lächelte Hawk fremde Agenten an? Seit wann lächelte Hawk überhaupt einmal? Ein Grinsen bekam man allemal von der Agentin, ein aufrichtiges und aufmunterndes Lächeln eher weniger.
 

Sie fuhren in Richtung Haus und wurden von Kramer und Baer empfangen. „Buzz hat mich abgelöst“, sagte Baer und beäugte mit stoischem Blick ihren Neuzugang.

Kramer zeterte vor sich hin und Ben konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass es nach dem nervigen Stapfen durch den Schnee ihm eine Genugtuung war zu sehen wie eingeschüchtert der Agent momentan wirkte. Ben half ihm vom Schneemobil und sie brachten ihn nach drinnen. Kramer scheuchte sie beide wieder ins Behandlungszimmer. Artig setzte sich Bombay auf die Liege und ließ sich dabei helfen ihn aus beiden Jacken zu schälen. Kramer untersuchte ihn erneut.

„Junger Mann, du hast einen Milzriss, deine Aktion hätte dich dein Leben kosten können. Von deiner Hirnblutung möchte ich gar nicht erst anfangen.“

Bombay sagte nichts, sondern nickte nur. Sehr weise musste Ben zugeben.

„Ben, besorg frische Kleidung. Er wird die nächsten Tage hier bei mir bleiben, bis ich sichergehen kann, dass wir keine Operation brauchen.“

Der Blonde sah auf und es schien als sähe er die Sache anders, doch Kramer maß ihn mit strengem Blick.

„Was willst du tun?“

Der Blonde sah zu Ben. „Meine Freunde?“

„Um die kümmern wir uns, du kannst ihnen nicht helfen, wenn du stirbst.“

„Ich muss Kontakt zu Manx aufnehmen.“

„Weißt du was bei euch los war?“

„Wir haben es in den Nachrichten am Flughafen gesehen und gehen davon aus, dass es mit uns zu tun hatte.“

„Davon gehen wir auch aus.“

„Wir bringen deine Leute in Sicherheit und verhalten uns ruhig.“

Bombay nickte.

„Ich... ich muss wissen ob es meinem Team gut geht.“

Ben seufzte und Bombay sah ihn mit diesen blauen Augen an die deutlich zeigten wie sehr er die Antwort fürchtete.

„Balinese hat es... nicht überlebt. Abyssinian ist schwer verletzt aber wohl auf dem Weg der Besserung.“

Der Agent senkte den Blick und nickte. „Yohji“, sagte er leise.

„Es tut mir leid“, sagte Ben nüchtern und Kramer warf ihm einen vernichtenden Blick zu, was er mit einem ungelenken Schulterzucken quittierte. Was sollte er tun? Den richtigen Zeitpunkt abwarten? Den gab es für so eine Nachricht nicht und es brachte nur unnötige Komplikationen mit, derlei länger für sich zu behalten.

„Was ist mit... mit Schwarz? Weiß Manx... etwas von ihnen?“

„Schwarz?“, fragte Ben erstaunt.

„Ich brauche eine Verbindung zu Manx“, sagte Bombay dann erneut.

„Hatten wir gerade, vielleicht kann Falcon sie noch einmal herstellen.“

„Falcon, kannst du Manx...“

„Bevor du fragst, Nein. Sie haben die Verbindung abgebrochen. Sie meldet sich in zwei Tagen um 0900 unserer Zeit.“

„Okay.“

Er teilte es dem Agenten mit.

„Ich muss an einen Rechner, ich muss es selbst versuchen.“

Der Blonde machte Anstalten um von der Liege zu gleiten.

„Keine gute Idee, meinst du nicht?“, sagte er, bevor Kramer einen Anfall bekommen konnte.

„Ruh dich aus...“

„Ich muss wissen was passiert ist!“ fuhr ihn der Blonde an und warf ihm einen mörderischen Blick zu.

„Klar, wollen wir alle.“ Ben nickte verstehend, aber er erkannte auch den unbezähmbaren Willen der durch das verwässerte Blau schlug.

„Du“, er deutete auf ihn. „...unterstehst jetzt mir, und ich sage dir, dass du deinen Hintern auf dieser Liege lässt bis Kramer dir die Erlaubnis erteilt, dass du ihn heben kannst. Hast du das verstanden?“

„Nein, habe ich nicht!“, kam es trotzig zurück.

„Ich muss wissen wie es den anderen geht. Warum ist Yohji tot?! Was ist passiert? Ken wollte mir nichts sagen oder konnte es nicht. Warum zum Teufel hat Crawford uns weggeschickt?“

„Crawford? Eve Crawford?“

„Nein, ihr Bruder! Verdammt!“

„Oracle?“

Anscheinend war er zu dumm um zu verstehen was der Blonde sagen wollte dem ungehaltenen Seufzen zu entnehmen, das ihm entgegenschallte.

„Ja.“

„Was hat Schwarz damit zu tun?“

„Wir haben zusammengearbeitet“, sagte der Agent und schüttelte den Kopf. „Was ist nur passiert?“, fragte er.

„Schwarz lebt also.“

Bombay nickte. „Im Augenblick...“ Er sah zu Ben auf.

„...kann ich das nicht sagen.“
 


 


 

Europa
 

Peter Stiller fuhr die lange Tunnelröhre entlang um zum Kern der Anlage zu gelangen. Ein spiralförmig in die Tiefe führender Tunnel der schließlich nach über einer Stunde Fahrt endete. Er stieg an der Sackgasse aus und wandte sich zu seiner Rechten wo ein zwei Manns hohes Tor mit hydraulischer Schließung eine Kennung von ihm erforderte. Peter ging über die Stufen hinauf und betrachtete sich das massive Tor. Warnschilder mahnten ihn hier vor einer möglichen Verstrahlung. Er seufzte und ging zur rechten Seite, öffnete ein Tableau und steckte eine Karte in die dafür vorgesehene Aussparung. Der Bildschirm sprang an und er musste nur einen einfachen Code eintippen. Ziemlich simpel für heutige Sicherheitsstandards. Es war geradezu lächerlich einfach. Damals vielleicht noch nicht.

Die Hydraulik setzte sich in Gang und das Tor öffnete sich langsam. Er ging hindurch sobald dies möglich war und nach und nach sprangen Lichter über ihm an, hinter ihm verloschen sie nach einiger Zeit wieder.

Der Gang mündete nach einem Kilometer in einem quadratischen Raum voller Säulen, die die hohe Decke abstützten. Er war oft hier gewesen, nie jedoch weiter als bis zur äußersten Säule gelangt. Die Säulen ragten zwanzig Meter bis zur Decke hinauf und es waren 56 an der Zahl, immer im Abstand von zehn Metern. In der Mitte der Säulen schimmerte dunkel ein See vor ihm, gefüllt mit giftigem Quecksilber.

Wie sie herausgefunden hatten stand der gesamte Bereich in dem das Quecksilber schwamm unter Strom. Energie aus den Wänden des Loches strömte um die Kammer herum in der der Körper ihres Gefangenen aufbewahrt wurde. Diese Energie schützte sie alle angeblich vor den Auswirkungen einer uralten Wut, die Sabin gegen die Welt hegte.

Und nicht nur das, sie störten seine PSI Fähigkeiten durch den Linearbeschleuniger der weiter oberhalb seines Aufenthaltes permanent mit Materie und Antimaterie beschossen wurde.

Der Mechanismus dafür wie dieses Gefängnis zu öffnen war blieb ihnen verborgen. Selbst in den seltenen Momenten in denen der Linearbeschleuniger zur Wartung abgeschaltet wurde erkannten sie keine Veränderung, dennoch glaubten sie daran, dass es eine Verbindung gab.

Sie hatten Vieles versucht und waren gescheitert. Viele der Maßnahmen brachten sie nicht einmal in die Nähe des Säulengangs.

Heute jedoch hatte Peter zum ersten Mal Kontakt zu Sabin erhalten, vielmehr hatte Sabin Kontakt zu ihm aufgenommen, was ihn sehr erschreckt hatte. Das hätte nicht passieren dürfen. Es war noch nie passiert.

Peter sah sich um, schwaches Licht war rund um die Säulen an den Wänden der natürlichen Höhle angebracht worden, ebenso wie Kameras. Peter atmete ein, atmete aus und setzte dann einen Fuß vor den anderen, er kam an der ersten Säule an und hob die Hand. Zwischen zwei Säulen schimmerte sacht eine Energiewand, sie ließ ihn jedoch passieren. Das war noch nie zuvor eingetreten. Dann konnte Sabin dies bewirken? Wer sonst hätte ihm jetzt die Erlaubnis erteilen können?

Er kam sich wie eine Ameise vor in diesem riesigen Grab. Die Säulen endeten und einige Meter vor dem tückischen Loch blieb er stehen und konzentrierte sich.

‚Sabin’

Peter schloss die Augen. Mit einem Ruck spürte er wie er fiel und er öffnete die Augen wieder. Sabin saß auf einem Stuhl und trank Tee. Sie befanden sich in einem hellen, aber angenehm beleuchteten Raum. Es gab nichts anderes in diesem Raum außer einem Tisch, einem Teegedeck und zwei Stühle.

„Peter, schön dich zu sehen, alter Freund. Wie geht es dir?“

„Das sollte ich dich fragen“, sagte Peter und er lächelte.

„Ich war erstaunt, dass du mich kontaktiert hast.“

„Du meinst, dass ich es... konnte“, sagte Sabin milde.

„Ich... ja.“

Peter wusste nicht was er darüber denken sollte, was sollte er jetzt wo er Kontakt hatte fragen? Was sollte er sagen? Und wusste Sabin es nicht längst?

„Es... es tut mir leid.“

Sabin hatte lässig die langen Beine überschlagen und trug immer noch die Laborkleidung... die sie ihm damals angezogen hatten. Sicher war dies eine Mahnung an das was sie ihm angetan hatten.

„Ihr habt mir meine Wut genommen, Peter.“

„Spielt das eine Rolle?“, fragte Peter und spürte Trauer in sich selbst.

„Ja das tut es“, sagte Sabin und lächelte.

Er lud ihn ein sich zu setzen. Peter sah zu dem Stuhl und dann wieder zu Sabin.

„Ist das nötig?“

Sabin lachte und Peter versuchte das Gefühl der Schuld abzuschütteln, das ihn gerade befiel. „Nein, sicher nicht. Aber es tut gut.“

„So zu tun... als ob es real wäre?“

„Ja“, sagte Sabin mit einem wehmütigen Seufzen. „Mach mir bitte die Freude.“

Peter ging zu dem Stuhl und setzte sich. Sabin sah immer noch so aus wie damals als sie ihn hier eingesperrt hatten. Immer noch einen freundlichen Ausdruck auf dem Gesicht, der warme Blick, aus den an Jade erinnernden Iriden.

„Was treibt der Rat?“

„Er sorgt sich.“

„Nun, das ist seine ursprüngliche Aufgabe, nicht wahr?“

„Ja... richtig.“ Peter lächelte gezwungenermaßen.

„Fabienne... sie sagte du möchtest hier raus... um deinen Sohn zu sehen.“

„Soweit ich mich erinnere sucht ihr einen Weg um es zu öffnen.“

„Ja, aber es ist uns bisher nicht gelungen“, sagte Peter bedauernd und er hatte das Gefühl er müsste sich erklären... für... alles was geschehen war.

„Ein Schmied hat es gebaut“, versuchte er sich daran. „Es gibt eine Art Mechanismus...“ Peter verstummte. Sicher wusste Sabin dies alles bereits schon.

Sabin sah ihn aufmerksam an.

„Warum bist du hier? Nicht wegen meines Kerkers, Peter.“

Peter sah von dem Teegedeck auf.

„Doch, genau deshalb bin ich hier, Sabin. Sag mir... ist es sinnvoll diesen Kerker zu öffnen?“ Er sah ihn eindringlich an. „Ich muss es von dir selbst hören, sag es mir bitte.“

Die Perle an Sabins Hals schimmerte verlockend und Peter konnte sich von dem pendelnden Anblick kaum loseisen und den Blick in die jadegrünen Augen suchen.

„Fragst du mich gerade, ob ich immer noch so gefährlich bin wie früher, alter Freund?“

Peter spürte plötzlich die alte Angst in sich emporkriechen, er schaffte es nicht Sabin in die Augen zu blicken. Und er wagte es nicht sich zu bewegen.

„Ich muss es wissen“, sagte er leise und wagte es den Blick zu heben. Hinter diesen Augen lebte etwas das gleichermaßen schön und schrecklich war. Nur... das Schreckliche war... vollkommen verschwunden. Er keuchte. Wie konnte das passieren?

„Du traust ihr nicht“, stellte Sabin fest.

Peter sah ihn an.

„Weißt du das nicht längst?“, erwiderte er dann.

Sabin neigte leicht den Kopf, die Perle schmiegte sich an seine Haut.

„Ich würde dir raten...“, sagte er und zeitgleich spürte Peter wie Etwas auf ihn zu kam. Er wich zurück. Sabin schien plötzlich zu nah zu sein, diese Augen brannten sich förmlich in ihn hinein.

„...um deiner eigenen Seele Willen..., mein Freund. Lass die Tür...“ Peter schrie plötzlich auf, weil diese Angst die ihn befallen hatte zu groß geworden war. „...zu!“
 

Mit dem nächsten Atemzug öffnete er die Augen und starrte auf das silberne Loch. Sein Brustkorb schmerzte und er fasste sich an die Stelle hinter der sein Herz wie wild pumpte.

„Wir dürfen es nicht öffnen“, sagte er zu sich selbst. „Niemals.“

„Oh Sabin... was ist nur aus dir geworden? Was haben wir getan?“, sagte er und jede Hoffnung war aus ihm entschwunden. Fabienne durfte das Gefängnis nicht öffnen. Der Hellseher war ihre beste Option auf die Führung, Sabin war es nicht mehr.

Er trat den Rückzug an, bis er zu den Säulen gekommen war. Er blieb stehen. Aber... er... lebte, nicht nur sein Körper... er war immer noch der Alte. Was hielt ihn immer noch am Leben? Das fragten sie sich alle. Die Filteranlage lief immer noch, die Nährflüssigkeit, die Stabilisatoren... alles wurde instandgehalten. Akribisch genau darauf geachtet, dass der Körper erhalten blieb, dass seine... Seele in diesem Körper blieb und nur dort.

Sie konnten ihn nicht töten, weil er zu mächtig war. Immerhin war er somit noch an seinen Körper gebunden. Sie konnten ihn nicht am Leben teilhaben lassen, weil er zu gefährlich war. Dieses Zwielicht in dem er existierte war für Peter unvorstellbar.

Endlich hatte er Kontakt herstellen können, er musste dem Rat Bericht erstatten.

Er durchquerte die Säulen und ihm war es plötzlich als würde er ein Geräusch hören. Alarmiert blieb er stehen und sah sich um.

Das Quecksilber blieb ruhig, ein dunkler, trügerischer See. Hier war niemand und doch...

Ein heftiger Schmerz durchschnitt seine Brust, er griff danach und sah nach unten, seine Hand war blutig. Er spürte wie seine Beine nachgaben, wie er nach Luft rang als Flüssigkeit in seiner Kehle nach oben stieg. Er hustete und Schmerz ergoss sich in seinem Kopf als dieser auf den Boden aufkam. Wie aus weiter Ferne hörte er Schritte auf ihn zukommen, verschwommen sah er Stiefel in sein Blickfeld treten, dann eine Stimme und ein zweites Paar Stiefel. Er hörte wie Stimmen ihn ins Dunkel begleiteten...

„Führt Phase Sechs und Sieben durch.“

„Etwas früher als gedacht.“

„Es ist Zeit.“

„Hat Tristian den Reaper?“

„Ja.“

„Was ist mit dem Healer?“

„Ich brauche nur den Reaper. Er ist gebunden, an einen Destroyer. Nimm den Destroyer mit, dann vereinfacht sich die Handhabe.“

„Gut.“

„Wann trifft sich der Rat?“

„In sechs Stunden.“

„Werden alle anwesend sein?“

„Bis auf den guten Peter hier. Aber... keine Sorge Peter, die anderen werden dir bald folgen...“

Die Stimmen entfernten sich, oder... war er... es, der sich... entfernte...
 


 


 


 

Fortsetzung folgt…!
 

Vielen Dank!
 

Gadreel



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