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Ich wünsche mir Glück

von

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22

Mareike

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Nach getaner Arbeit fanden wir uns gegen 17 Uhr auf der Couch wieder. Ich hielt Emma fest an mich gedrückt und dachte über den heutigen Tag nach. Die Sache mit dem Sex war also raus. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass Emma so gut darauf reagieren würde. Das sie mich verlassen würde hätte ich sowieso nicht in Betracht gezogen, aber das sie ganz darauf verzichten könnte, auch nicht. Ich hatte bei der ganzen Sache doch ein mulmiges Gefühl. Vielleicht war sie sich ihren Worten in dem Moment nicht bewusst, oder aber sie meinte es wirklich genau so. Ich wusste es nicht und nahm mir vor, nach der Abreise ihrer Eltern, nochmal auf das Thema zurückzukommen.
 

In meiner Ehe wäre das Thema niemals auf den Tisch gekommen. Ich wusste, dass mein Ex-Mann den Geschlechtsverkehr mit mir sehr genoss. Fast täglich war er bereit dazu und ich hatte mich ihm hingegeben. Sicher, es war am Anfang auch für mich sehr schön, aber irgendwann hatte ich keinen Spaß mehr daran gehabt. Gesagt hatte ich ihm dies aber nie. Wenn ich es getan hätte, wäre er vermutlich schon eher fremd gegangen und ich hätte mir all dies ersparen können. Aber ich liebte ihn so sehr, dass ich meine eigenen Wünsche hinten angestellt hatte und einfach den Mund hielt. Dies war auch der Grund, weshalb ich mich von ihm zurückzog, er mich betrog und wir uns schließlich scheiden ließen.
 

Ich wollte nicht, dass mir dasselbe mit Emma passierte. Sie war ein sensibler Mensch und suchte zuerst die Schuld bei sich. Darum habe ich meine Bedenken über Bord geworfen und mich ihr anvertraut. Wir waren erst seit kurzer Zeit zusammen und andere würden mich sicherlich für verrückt erklären, aber ich war mir sehr sicher, dass ich sie liebte.
 

„Mareike? Woran denkst du?“ Ich war so in Gedanken, dass ich ganz vergessen hatte, wo ich mich gerade befand. Ich sah auf und direkt in ihre wunderschönen braunen Augen. „Das ist jetzt nicht der Rede wert Liebste.“ Meine Augen lösten sich von ihr und sahen auf die Uhr, die neben dem Fernseher hing. Halb sechs. Ich seufzte und richtete meinen Blick wieder auf sie. „Deine Eltern kommen gleich. Bitte lass uns ein ander Mal darüber reden.“ Sie nickte und drückte meine Hand. „Das ist okay. Bitte mach dir wegen meiner Eltern nicht so viele Gedanken. Ich habe ein gutes Gefühl bei der Sache.“ Ich lächelte und wusste, dass es nicht sehr überzeugend aussah. Mein Gefühl sagte mir noch immer etwas anderes. Ich hoffte sehr, dass ich mich irrte und doch alles gut werden würde.
 

Pünktlich um 18 Uhr fuhr ein Auto auf den Hof. Ich blieb wie erstarrt auf der Couch sitzen, während Emma zur Tür eilte. Sie freute sich, das war unschwer zu erkennen, aber eine leichte Nervosität begleitete sie trotz allem. Die vergangenen zwanzig Minuten hatte sie damit verbracht, unruhig auf und ab zu gehen. Erst als ich sie in eine feste Umarmung zog und beruhigende Worte in ihr Ohr flüsterte, löste sich die Anspannung ein wenig. Meine hingegen wuchs von Minute zu Minute. Jetzt, wo es soweit war, schien sie mich regelrecht zu erdrücken. Ich hörte, wie Emma ihre Eltern begrüßte und mit ihnen die Wohnung betrat. „Es ist so schön dich zu sehen, Schatz. Wir haben dich sehr vermisst.“ Eine freundliche Stimme drang an mein Ohr. Das musste ihre Mutter sein. „Ich habe euch auch vermisst, Mama. Wollen wir ins Wohnzimmer gehen? Ich möchte euch gerne jemanden vorstellen.“ Ich erhob mich und wischte meine schweißnassen Hände an der Hose ab. Jetzt war es also so weit.
 

Die drei betraten die Wohnküche und bemerkten meine Anwesenheit. Mit zitternden Beinen ging ich ihnen entgegen und lächelte. Emma erhob zuerst das Wort. „Mama, Papa? Das ist Mareike.“ Gut so. Auf keinen Fall mit der Tür ins Haus fallen. Ich schmunzelte in mich hinein, als mir bewusst wurde, dass ich Selbstgespräche führte. Das war aber auch eine blöde Situation. Ich ermahnte mich zur Besinnung und streckte die Hand aus. „Guten Abend Herr Reuter, Frau Reuter, es freut mich, Sie kennenzulernen.“ Sie nahm meine Hand zuerst und schenkte mir ein Lächeln, welches mich stark an Emmas erinnerte. Sie sah ihr sowieso ziemlich ähnlich. Sie hatte die gleichen kupferfarbenen Haare, die im Gegensatz zu ihren aber schon leicht ergrauten, die selben Gesichtszüge und auch die schönen braunen Augen. „Guten Abend, die Freude ist ganz meinerseits.“ Sie ließ meine Hand los und ich drehte mich zu Emmas Vater. Er wirkte nicht ganz so erfreut wie seine Frau und musterte mich eingehend. Herr Reuter schüchterte mich zudem sehr ein. Er war gute zwei Köpfe größer als ich und hatte nichts mit Emma gemeinsam. Sein Haar war ziemlich dunkel und hatte, zu meiner Verwunderung noch keine grauen Stellen. „Guten Abend, dürfte ich erfahren, in welcher Beziehung Sie zu meiner Tochter stehen? Sie scheinen einige Jahre älter zu sein.“ Kein Händeschütteln oder sonst eine Geste.
 

Er sah mich abwartend an. Was sollte ich denn jetzt sagen? Es war abzusehen, dass diese Frage kommen würde, trotzdem war ich nicht darauf vorbereitet. Ich blickte ihn weiterhin an und eine unangenehme Stille trat ein. „Also...“ Emmas Hand umschloss in diesem Moment meine und ließ mich verstummen. „ Mama, Papa, Mareike ist meine Freundin. Wir sind ein Paar.“ Ich drückte ihre Hand etwas fester und sah zu ihren Eltern. Während ihre Mutter uns überrascht, aber Verständnisvoll musterte, starrte ihr Vater mich schockiert an. „Das soll wohl ein schlechter Scherz sein,“ - „Nein, Bernd. Das ist kein Scherz. Sieh dir die Beiden an. Unsere Tochter ist glücklich. Wir sollten uns für sie freuen.“ Er lachte hysterisch auf und sah nun zu seiner Frau. „Freuen? Ist das dein Ernst Susanne? Die Frau ist viel zu alt für Emma. Wer weiß, was sie für Absichten hegt. Ich fasse es einfach nicht.“ Ohne ein weiteres Wort ging er zur Tür, öffnete diese und ließ sie mit einem lauten Knall hinter sich zufallen.
 

Neben mir regte sich etwas. Emma ließ meine Hand los und starrte an die Stelle, an der ihr Vater vor wenigen Minuten noch gestanden hatte. Ihre Lippen bebten und Tränen traten in ihre Augen. Ich löste mich aus meiner Starre und schloss sie einfach in meine Arme. Es dauerte einige Sekunden, ehe sie die Umarmung erwiderte und anfing zu weinen. So aufgelöst hatte ich sie noch nie erlebt. Es zerriss mir das Herz. Ich drückte ihren zitternden Körper noch etwas fester und streichelte beruhigend ihren Rücken. „Es tut mir so leid Süße. Beruhige dich bitte. Alles wird wieder gut. Gib deinem Vater etwas Zeit.“ Eine Hand legte sich auf meine Schulter und drückte sie leicht. Erst da wurde mir bewusst, dass Frau Reuter auch noch da war. Sie blickte uns besorgt an und schüttelte dann den Kopf. „So kenne ich Bernd gar nicht. Was ist nur in ihn gefahren? Ich werde mit ihm reden.“ Sie ließ mich los und ging zur Tür. Als sie diese schon fast erreicht hatte, fand ich meine Stimme wieder. „Bitte warten Sie. Also... ich würde gerne mit ihm reden.“ Frau Reuter blieb stehen, drehte sich um und sah mich zum zweiten Mal an diesem Abend überrascht an. Nach einigen Sekunden nickte sie schließlich.
 

Ich wandte mich der aufgelösten Emma zu, löste mich ein wenig von ihr und legte meine Hände an ihre Wangen. „Süße? Ich werde jetzt mit deinem Vater sprechen. Es wird alles gut, okay?“ Ich wartete auf eine Bestätigung ihrerseits. Als diese schließlich folgte, legte ich meine Lippen auf ihre. Der Kuss hielt nur kurz, schien sie aber etwas zu beruhigen. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah mich an. „Ich liebe dich so sehr.“ Diese Worte gaben mir in diesem Moment sehr viel Kraft. Ich wusste von vornherein das es nicht einfach werden würde, aber für Emma würde ich all das auf mich nehmen. Tat man das nicht immer, wenn ein Mensch einem so wichtig war? „Und ich dich Liebes. Ich bin bald zurück, ja?“ Sie nickte abermals und schenkte mir ein Lächeln. Kurz darauf spürte ich erneut ihre Lippen auf meinen...
 

Als ich an Frau Reuter vorbeiging, umfasste sie mein Handgelenk und hinderte mich daran, weiterzugehen. „Ich habe euch beide gerade beobachtet. Meine Tochter hat wirklich Glück mit Ihnen. Sie sind eine starke Frau und ich bewundere Sie sehr.“ Ich lächelte und Hitze stieg in meine Wangen. „Vielen Dank, aber das bin ich nicht. Sie können sich nicht vorstellen, wie nervös ich gerade bin.“ - „Doch, ich denke schon. Es tut mir wirklich leid.“ Ich drückte ihre Hand, die noch immer mein Handgelenk umfasste und nickte. „Das ist schon okay.“ Ich wandte mich noch einmal zu Emma und beobachtete sie. Sie hatte sich mittlerweile auf die Couch gesetzt und starrte den Boden an. „Wissen Sie, Emma liebt Sie wirklich sehr und hat sich sehr auf diesen Tag gefreut. Ich würde mir das niemals verzeihen, wenn sie nicht die Chance bekäme mit ihrem Vater zu reden.“ Nun schenkte auch sie mir ein aufrichtiges Lächeln. „Sie sind wirklich etwas ganz besonderes. Reden Sie mit ihm. Ich werde mich um Emma kümmern.“
 

An der Haustür angekommen, hielt ich noch einmal inne und seufzte tief. Ich hatte schreckliche Angst. Was würde mich gleich erwarten? Wenn ihr Vater mich nicht akzeptieren sollte, müsste ich mich von Emma trennen. Natürlich war es das Letzte, was ich wollte, aber die Familie war das Wichtigste. Ich vermisste meinen Vater noch heute und wusste wie es war, keinen Kontakt mehr zu ihm zu haben. Ich verdränge den Gedanken ganz tief in mir und straffte die Schultern, ehe ich die Tür öffnete und nach draußen ging.
 

Eine große Last fiel von meinen Schultern, als ich den blauen VW Passat in der Einfahrt erblickte. Er war also noch nicht gefahren. Da ich ihn aber auch nicht sehen konnte, ging ich den kleinen Weg zur Straße hinunter. Ich erreichte den Bürgersteig und blickte nach links. Dort saß er, etwas weiter die Straße runter, auf einer Bank und schien nachzudenken. Er blickte starr geradeaus und fixierte einen unbestimmten Punkt auf der anderen Straßenseite. Erst als ich ihn schon fast erreicht hatte, blickte er auf. Seine Augen wurden groß und blickten mich an. Meine Beine waren plötzlich schwer wie Blei und zitterten leicht. Ich redete mir immer wieder ein, dass alles gut werden würde. Wir hatten schließlich schon so viel durchgemacht und bisher hatte das Schicksal es gut mit uns gemeint. Wenn da nicht dieses BISHER wäre, was in meinem Kopf wie ein Sturm wütete.
 

„Darf ich mich zu Ihnen setzen? Ich würde gerne mit Ihnen reden.“ Er zeigte mit der Hand neben sich und nickte. „Bitte, setzen Sie sich doch. Ich bin etwas verwundert, Sie hier draußen anzutreffen.“ Ich ließ mich neben ihm nieder und drehte meinen Kopf in seine Richtung. Er wirkte nicht mehr ganz so wütend. Eher im Gegenteil. Es sah so aus, als bereute er seine Worte. „Ihre Frau wollte mit Ihnen sprechen. Ich war der Meinung, dass ich das übernehmen sollte. Schließlich bin ich der Grund, weshalb Sie gegangen sind.“ Er nickte und sah wieder in die Ferne. „Wissen Sie, ich wollte für meine Tochter immer nur das Beste. Wir hatten damals bemerkt, dass sie unglücklich war. Sie hatte nie Freunde mitgebracht und war immer alleine. Es tat mir unheimlich weh, mein kleines Mädchen so zu sehen. Den Grund dafür sagte sie uns nie. Einen Monat vor den Ferien hatte sie uns plötzlich eröffnet, dass sie die Schule wechseln und in eine eigene Wohnung ziehen wollte. Wir wollten wissen, woher der plötzliche Sinneswandel kam, aber sie schwieg. Naja, sie hatte ihren Kopf dann durchgesetzt und wir mussten akzeptieren, dass unsere Tochter nun erwachsen wurde. Den Dickkopf hat sie übrigens von mir.“ Er lachte, fuhr sich durch die dunklen Haare und legte die Hand auf sein Knie. Sein Gesicht wurde kurz darauf wieder ernster.
 

„Mir fiel es sehr schwer meine kleine Prinzessin gehen zu lassen, aber ich wollte sie glücklich sehen und stimmte schließlich zu. Das wurde sie dann auch. Wir haben ihr bei dem Umzug geholfen und neue Möbel gekauft. Sie war wie ausgewechselt und das freute mich wirklich sehr. Heute wollten wir uns persönlich davon überzeugen, dass alles in Ordnung war. Per Telefon ist das ja immer so eine Sache. Sie scheint noch immer sehr glücklich und jetzt weiß ich auch warum. Sie sind der Grund. Ich weiß, dass ich vorhin etwas überreagiert habe und wollte mich deswegen bei Ihnen entschuldigen. Auch wenn ich immer noch der Meinung bin, dass Sie zu alt für meine Tochter sind, werde ich es akzeptieren. Man kann sich eben nicht aussuchen, in wen man sich verliebt. Entschuldigen Sie, wenn ich einmal anfange zu reden, höre ich so schnell nicht auf.“ Er lachte erneut und hielt mir eine Hand entgegen. „Fangen wir nochmal von vorne an. Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen. Sie können mich Bernd nennen.“
 

Ich hatte ihm die ganze Zeit über zugehört und war gerührt von seinen Worten. Ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln, umschloss seine Hand mit meiner und schüttelte sie. „Es freut mich ebenfalls Bernd. Ich bin Mareike, aber das weißt du ja schon.“ Ich zwinkerte ihm zu und ließ seine Hand wieder los. Meine eigenen faltete ich und legte sie in den Schoß. „Ich liebe deine Tochter sehr. Niemals würde mir in den Sinn kommen, sie unglücklich zu machen oder etwas gegen ihren Willen zu tun. Ich werde immer für sie da sein und finde es schön, dass du die Beziehung zwischen uns akzeptieren kannst. An dem Altersunterschied und das ich eine Frau bin, kann ich leider nichts ändern.“ Er legte eine Hand auf meine und drückte sie leicht. „Das du eine Frau bist, stört mich und auch Susanne nicht weiter. Wir haben schon geahnt, dass unsere Tochter Frauen bevorzugt. Das ist mir allemal lieber, als wenn sie mit irgendeinem Kerl um die Ecke kommt.“ Er lachte herzhaft und ich stimmte mit ein. Sein Lachen war ansteckend und machte ihn um einiges sympathischer. Er beruhigte sich wieder und wandte sich mir erneut zu. „Zudem hat Emma einen tollen Geschmack. Du bist eine wunderschöne, sympathische Frau.“ Meine Wangen färbten sich augenblicklich dunkelrot. „Danke für das Kompliment. Das sagt Emma auch oft.“ Er stand auf und grinste mich an. „Es stimmt ja auch. Kein Grund, rot zu werden. Wollen wir gehen? Ich muss mich ganz dringend  bei jemandem entschuldigen.“...



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