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Ich wünsche mir Glück

von

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Verwirrt blickte ich mich um. Als ich auf die Uhr sah, stellte ich fest, dass es bereits 14 Uhr am Nachmittag war. Ich war mal wieder auf dem Sofa eingeschlafen. Eigentlich schlief ich seit Montag ständig. Ich fühlte mich kaputt und hatte große Angst vor meinen Mitschülerinnen. Warum musste ich nur so die Kontrolle verlieren? Warum musste ich sie ausgerechnet schubsen? Und warum war ich nur so blöd? Mir kam plötzlich meine Lehrerin in den Sinn. Ich habe in den letzten Tagen viel an sie gedacht. Irgendwie vermisste ich sie ganz schrecklich. Ich sollte mich von ihr fernhalten, bevor meine Gefühle überhand nahmen, aber gleichzeitig wollte ich sie auch bei mir haben. War das Liebe? Es scheint so. Dies war etwas ganz neues für mich. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Irgendwann musste ich ja mal wieder zur Schule gehen. Wie sollte ich mich denn dann verhalten?
 

Kopfschüttelnd erhob ich mich von meiner Couch. Ich sollte weder an sie noch an Monique und ihre Freundinnen denken. Ich hatte noch ein paar Tage Zeit mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Nun sollte ich erstmal etwas essen. Das kam leider in den letzten Tagen zu kurz. Ich hatte nicht wirklich Appetit gehabt. In der Küche angekommen, setzte ich den Kaffee auf und beschmierte mir zwei Scheiben Brot mit Käse. Als ich den ersten bissen nahm und langsam kaute, fühlte ich mich doch etwas besser. Jetzt fehlte nur noch der Kaffee. Bis dieser durchgelaufen war, dauerte es noch einen Moment. Ich ging erstmal ins Badezimmer, wusch mein Gesicht, putzte die Zähne und zog saubere Klamotten an. Als ich das Bad wieder verließ und auf dem Weg zurück zur Küche war, klingelte es plötzlich an der Tür. Nanu, wer konnte das denn sein? Meine Eltern auf jeden Fall nicht. Die hatten sich erst fürs Wochenende angekündigt. Ich ging die wenigen Stufen zur Türe hinunter, öffnete diese und blieb wie angewurzelt stehen. Was wollte denn Frau Klein hier? Und woher wusste sie, wo ich wohnte?
 

„Hallo Emma, ich wollte nach dir sehen. Deine Adresse hatte ich im Sekretariat angefragt. Gerade war Amelie bei mir und erzählte mir, was am Montag nach der Schule passiert ist. Kann ich vielleicht reinkommen?“ Damit hatte ich nun nicht gerechnet. Woher wusste Amelie denn bescheid? Sie musste uns gesehen haben. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Ich machte einen Schritt zur Seite, nickte ihr zu und zeigte mit der Hand in Richtung Wohnzimmer. „Bitte kommen Sie doch rein, wir können im Wohnzimmer reden. Setzen Sie sich doch schonmal. Kaffee?“ Ich wirkte überraschend gefasst, obwohl ich wusste, was gleich passieren würde. Sie machte einen Schritt über die Türschwelle und nickte. „Vielen Dank, gerne. Ich trinke ihn schwarz.“ Ich machte mich also auf den Weg zur Küche, während Frau Klein ins Wohnzimmer ging. Der Kaffee war bereits durch die Kanne gelaufen. Ich nahm zwei Tassen aus dem Schrank, goss das heiße Getränk hinein und ging mit einem Tablet, auf dem ich noch ein paar Kekse gelegt hatte, ins Wohnzimmer. Das Tablet stellte ich auf das kleine Tischchen und setzte mich auf den bequemen Sessel. Ich seufzte und nahm einen Schluck aus meiner Tasse. Die Wärme, die sich in mir ausbreitete, war angenehm. „Also, worüber wollten Sie mit mir reden? Ich bin krank und möchte Sie nicht anstecken. Es wäre schön, wenn wir es schnell hinter uns bringen könnten.“ Erst jetzt sah ich sie an. Es tat mir weh, sie anzulügen. Aber das war die einzige Möglichkeit. Ich wollte nicht reden.
 

Ihr Blick nahm einen verletzten Ausdruck an. Sie seufzte und schloss für einen Moment die Augen. Als sie mich wieder ansah, wirkte sie mehr als nur verärgert. Das schlechte Gewissen nagte an mir. „Erzähl mir keinen Unsinn Emma. Amelie hat mir erzählt, was am Montag geschehen ist. Du bist nicht krank. Du hast Angst verdammt noch mal.“ Nun brach meine Fassade. Ich umschlang meinen Oberkörper mit den Armen und fing zu weinen an. „Es tut mir leid. Ich... Ich wollte Sie nicht belügen. Ehrlich nicht. Ach scheiße, immer mache ich alles falsch.“ Ich stand auf und wollte einfach nur weg von hier. Hätte ich doch niemals die Tür geöffnet. Gerade als ich aufstehen wollte, stand sie ebenfalls auf, packte mich an der Schulter und zog mich in eine Umarmung. Mein schluchzen wurde lauter und mein Körper fing zu zittern an. Ich legte meine Hände auf ihren Rücken und lehnte den Kopf auf ihre Schulter. „Es tut mir so leid.“ Sie verstärkte den Griff und streichelte mir über den Kopf. „Hey, hör auf zu weinen. Es wird alles gut.“ Sie zog mich mit sich auf das Sofa. So verweilten wir noch einige Minuten, bis ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Als ich meinen Kopf wieder von ihrer Schulter nahm und meine Hände senkte, sah sie mich mit einem besorgten Blick an. „Es sind Monique und ihre Freundinnen, oder? Wegen ihnen bist du nicht mehr zum Unterricht erschienen. Du hättest es mir sagen sollen. Ich bin doch für dich da.“ Warum setzte sie sich so für mich ein? Wieso tat sie das alles? Ich sprach meinen Gedanken laut aus und wartete auf eine Antwort. „Weil ich deine Lehrerin bin. Die drei sollten nicht so mit dir umspringen. Du bist nicht weniger Wert als sie. Mir wurde früher ebenfalls übel mitgespielt. Niemand hat so etwas verdient.“ Ich nickte zur Bestätigung. „Sie haben Recht. Monique ist ein Grund, warum ich nicht mehr zum Unterricht gekommen bin. Über den anderen möchte ich nicht sprechen. Nicht heute.“ Sie gab sich mit der Antwort zufrieden und berührte meine Wange.
 

„Das muss ich wohl so hinnehmen. Wie gesagt, ich bin für dich da. Mit Monique werde ich morgen noch reden. Versprich mir aber bitte, wieder am Unterricht teilzunehmen. Wir finden eine Lösung, okay?“ Ich gab mich für einen Moment ihrer Berührung hin. Es war schön, ihr so Nahe sein zu können. Kurz darauf zog sie ihre Hand wieder weg. Ihr war wohl bewusst geworden, dass sie eine Grenze überschritt. Eigentlich hat sie das schon getan, als sie hergekommen war. Von der Umarmung mal abgesehen. Aber das war mir egal. Ich wollte doch nur sie. Wieder einmal sah ich sie traurig an. „Ja, ist okay. Ich werde morgen wiederkommen.“ Nun lächelte sie mich an und schien zufrieden. Trotzdem wirkte Frau Klein nachdenklich. Als würde sie irgendwas beschäftigen. „Das freut mich. Dann sehen wir uns morgen. Ich sollte jetzt gehen. Danke für den Kaffee. Bitte denk nicht mehr so viel über die Sache nach, okay? Bis morgen dann.“ Noch ehe ich etwas erwidern konnte, war sie aufgestanden und zur Tür hinaus gegangen. Ich blieb irritiert, über ihren schnellen Aufbruch, dort auf meiner Couch sitzen.

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Als ich die Tür hinter mir schloss, ging ich eilig zu meinem Auto. Die Idee, nach Emma zu sehen, war vielleicht doch keine so gute von mir gewesen. Ich habe schon am Montag im Unterricht bemerkt, dass sie sich seltsam mir gegenüber benahm. Sie wirkte in meiner Gegenwart schüchterner und schaute oft woanders hin, wenn sie mit mir redete. So als wolle sie mich nicht ansehen. Wenn sie es dann aber doch tat, blitzte etwas in ihren Augen auf. So war es auch heute. Sie suchte meine Nähe und genoss meine Berührungen. Ich hatte schon am Montag den Verdacht, sie würde mehr in mir sehen, als nur ihre Lehrerin. Nun hatte ich wohl die Gewissheit, dass dem so war. Dies stellte ein ziemliches Problem dar. Sie war ohnehin schon ziemlich labil und ängstlich. Was würde geschehen, wenn ich ihr die Hoffnung auf mehr nahm? Ich wusste es nicht und wollte es mir auch gar nicht ausmalen. Ich entschied mich, sobald die Sache mit Monique geregelt war, sie darauf anzusprechen. Ich hoffte so sehr, dass ich mich irren würde...

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Den Rest des Tages machte ich mir immer noch Gedanken über ihren Besuch und den schnellen Abschied. Ich hätte gerne noch erfahren, was ihr damals passiert war. Aber ich traute mich nicht zu fragen. Ich hätte wohl auch keine Antwort darauf erhalten. Warum sollte sie auch mit ihrer Schülerin darüber reden? Es war gerade einmal 20 Uhr, als ich zu Bett ging. Es war wirklich ein anstrengender Tag gewesen. Ich hoffte, das morgen alles gut werden würde und ich wieder ohne Angst zur Schule gehen konnte...



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