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Ich wünsche mir Glück

von

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Es war bereits Mittwoch. Die sechste Stunde hat soeben ihr Ende gefunden. Nun heißt es für mich Sprechstunde. Ich ging die Treppe hinunter zu dem Raum, in dem die Stunde stattfand. Da nun eine halbe Stunde Pause für die Schüler und Lehrer war, brauchte ich mich nicht zu beeilen. Ich entschied mich zuerst im Lehrerzimmer vorbei zuschauen, um den Apfel in meiner Tasche zu essen. Schließlich war es bereits Mittag und ich hatte zuletzt heute morgen etwas zum Frühstück gegessen.
 

Ich hatte große Hoffnung, dass Emma heute in meine Stunde kommen würde und mit mir redete, aber leider war sie seit gestern nicht mehr zum Unterricht erschienen. Ich machte mir ziemliche Sorgen um sie. Ja, ich machte mir um alle Schüler, die ich unterrichtete meine Gedanken. Aber bei Emma war es noch etwas anderes. Sie kam mir so zerbrechlich und hilflos vor. Ich war früher genauso wie sie. Verschlossen und ängstlich. Mit der Zeit hat es sich aber gelegt. Ich habe an mir gearbeitet und Hilfe gesucht. Hätte ich mich damals nicht zu diesem Schritt entschlossen, würde ich heute nicht die sein, die ich bin und wer weiß, was alles geschehen wäre. Klar, es gibt immer mal schlechte Tage, aber darauf folgten auch gute. Von dem Gedanken war ich einmal weit entfernt gewesen. Ich erinnerte mich an die Wochen zurück, die alles veränderten...

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Damals wohnte ich noch mit meinen Eltern hier in Hannover. Ich ging auf die selbe Schule, auf der ich heute unterrichtete. Bis zur 8. Klasse war ich eine Vorzeige-Schülerin mit Bestnoten, die viele Freunde hatte. Auch der Stoff machte mir sehr viel Spaß. Ich brauchte nicht viel lernen, da ich das meiste sofort verstand. Das konnten leider nicht alle von sich behaupten. Eines Abends kam mein Vater, ein verhältnismäßig unterdurchschnittlich verdienender Geschäftsmann, von der Arbeit und meinte, er habe eine besser bezahlte Stelle angeboten bekommen. Der einzige Nachteil: wir mussten umziehen. Nach Berlin. Ich war wenig begeistert, da ich all meine Freunde zurück lassen musste. Meine Mama fand die Idee super. Denn hier fand sie einfach keinen Job. Sie wurde schon früh mit mir schwanger und konnte somit ihre Lehre nicht zuende machen.
 

Da ich kein Mitspracherecht hatte, ich war schließlich erst vierzehn Jahre alt, war es beschlossene Sache. Wir machten uns gleich an diesem Wochenende auf in eine unbekannte Stadt, vor der ich mich fürchtete. Was würde auf mich zukommen? Würde ich in Berlin auch so tolle Freunde finden? Dem war leider nicht so. Ich wurde einfach nicht warm mit meinen neuen Mitschülern. Dort gab es ebenfalls zwei Mädels, die es auf mich abgesehen hatten. Jeder Tag war eine Qual. Es ging so weit, dass ich kurz davor war, mir das Leben zu nehmen. Zum Glück hatte meine Ma mich noch rechtzeitig im Badezimmer gefunden. Durch diese ganze Sache stritten meine Eltern sich immer häufiger. Eines Tages stand sie mit gepackten Koffern vor der Tür und machte sich mit mir auf den Weg zurück in unsere alte Heimat. Denn dort war ich glücklich gewesen. Das sagte ich ihr immer wieder. Meine Eltern ließen sich also scheiden. Auch diese Sache lag mir schwer im Magen. Meinen Dad hatte ich nämlich ebenfalls sehr lieb. Aber mir war klar, dass ich hier nicht länger bleiben wollte. Zuhause angekommen, meldete mich meine Ma kurzerhand in einer Therapie an. Ich hatte mich zum negativen entwickelt, nur wollte Ich das damals nicht wahr haben. Nach einigen Sitzungen und Streitereien mit meiner Mutter sah ich dies aber ebenfalls ein. Es war ein weiter weg, aber ich hatte es geschafft, aus diesem Loch rauszukommen.

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Gestern Morgen, als ich das Lehrerzimmer betrat, erhielt ich die Nachricht, dass Emma für den Rest der Woche nicht zum Unterricht kommen würde. Ich fand es mehr als seltsam, denn am Montag wirkte sie noch munter. Mir war nicht entgangen, dass Monique und ihren Freundinnen keine Gelegenheit ausgelassen hatten, sie fertig zu machen. Dies bestätigte mir auch Herr Meier, mit dem ich nach der vierten Stunde redete. Schließlich wollte ich wissen, wie Emma sich an ihrem ersten Tag so machte. Leider habe ich sie an diesem Tag nicht mehr gesehen und konnte somit nicht fragen, was ihre Mitschülerinnen gegen sie hatten. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass die drei nicht ganz unbeteiligt an ihrem fehlen sind. Seufzend betrat ich das Lehrerzimmer und setzte mich auf die Couch. Eigentlich hatte ich keinen Hunger, aber mein Magen knurrte schon seit einer halben Stunde. Widerwillig biss ich in meinen Apfel und hoffte, dass die Pause bald zuende ging. Ich wollte nur noch nach Hause.
 

Kurze Zeit später machte ich mich auf den Weg zu meinem Raum. Ich betrat diesen, der nicht​ weit vom Lehrerzimmer entfernt lag und setzte mich in den bequemen Sessel. Der Raum war nicht sonderlich groß, wirkte aber einladend. Als ich vor zehn Jahren an dieser Schule als Lehrerin anfing, diente er als Abstellraum. Meine Idee, ihn als Sprechzimmer umzufunktionieren, in dem die Schüler über ihre Sorgen sprechen konnten, fand sofort Begeisterung seitens der Lehrer. Ungefähr fünf Minuten nach dem Klingeln klopfte es an der Tür. „Herein?“ Die Tür ging auf und vor mir stand Amelia. Ich erhob mich von meinem Platz und ging auf sie zu. „Oh, Hallo Amelia, setz dich doch. Was führt dich zu mir?“ „Ähm, also, ich weiß vermutlich, wieso Emma nicht zum Unterricht kommt.“ Mit dem, was sie mir nun erzählte, hätte ich nicht gerechnet...



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