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№ 120

von

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Sasukes Wille


 

*
 

Sasuke stutzte, als sein Handy aufleuchtete. Er wurde angerufen. Von Sakura. Er nahm das Handy mit einem schlechten Gefühl in die Hand. „Sakura? Was gibt’s?“ Er hielt das Handy soweit es ging von seiner geschwollenen, lila Wange fort.
 

Er hörte sie zitternd ein- und ausatmen, ehe es ganz kurz still wurde. Dann, mit brüchiger Stimme, sprach Sakura: „Am liebsten würde ich…“ Sie hielt inne und setzte, nun, so eisern und drohend es nur ging, hinzu: „Dir den Schwanz abreißen.“
 

Sasuke blinzelte irritiert. Solche Worte aus ihrem Mund war er überhaupt nicht gewohnt, überhaupt nicht. Sakura hatte gelegentlich dazu geneigt, wie ein Bauarbeiter zu fluchen, ja – das war etwas, das er an ihr tatsächlich reizend gefunden hatte. Aber Solches war ihm neu.
 

„Was ist passiert?“
 

„Ngh.“ Es bedurfte einiges an Kraft, um den Damm aufrechtzuerhalten, hinter dem sich ihre Tränen zu einem See angesammelt hatten. Ein falsches Wort von Sasuke hätte in Sakuras Zustand gereicht, und sie wäre stehengeblieben, um loszuweinen. „Ugh“, machte sie gedehnt und schleifte ihren vom Essen und Traurigkeit trägen Körper über den Gehweg. „Ich hatte heute ein Treffen. Mit meinem Chef.“
 

„Mit Madara Uchiha?“
 

„Ja.“ Sakura hielt nach einem Fleckchen Ausschau, wo sie sich zurückziehen könnten. Schließlich bog sie nach links ab und entdeckte eine einsame Bank unter einem Baum. „Musstest du ausgerechnet mit seiner Freundin… Ich meine… Das ist auch so schon schlimm genug, ab-“ Sakura bracht ab, biss sich auf die Unterlippe und setzte sich auf die Bank. „Der Mann, den ich mag, weißt du noch?“
 

Sasuke hatte nach dieser Frage bereits eine unschöne Vermutung, wollte sie aber nicht aussprechen. Er gab Sakura alle Zeit der Welt, um sich für weitere Worte zu sammeln.
 

„Es ist mein ehemaliger Chef. Ich mag ihn. Und er mag mich. Du schläfst mit seiner Ex. Er hat jetzt rausgefunden, dass seine Freundin ihn mit dir betrogen hat. Und ich weiß, dass… Oh Gott.“ Ihr Herz raste und es fiel ihr schwer, Ruhe zu bewahren und kontrolliert zu sprechen. Ihr Kopf schwirrte, und sie hielt ihn fest wie ein von Migräne Gemarterter. „Sasuke“, schluchzte sie, unfähig, sich weiterhin zurückzuhalten. „Er hat das Treffen abgebrochen, als ich deinen Namen nannte.“
 

Madara hatte sie heimgefahren, war aber die gesamte Fahrt über kalt und abweisend gewesen, nachdem sie festgestellt hatten, in welcher Beziehung alle vier Personen – Sasuke, Sakura, Madara und Nobuko – zueinander standen. Sakura hatte neben Madara gesessen, hatte ihn angesehen und war sich sicher, dass er ihre Blicke gemerkt hatte. Madara hatte sich nur dafür entschieden, sie zu ignorieren.
 

Auch Sakura hatte es aus der Bahn geworfen, als sie realisiert hatte, dass die romantischen Gefühle, die sie füreinander hegten, nicht das Einzige war, was sie verband. Aber sie wäre nie dazu bereit gewesen, so kalt und abweisend zu werden wie Madara. Unter keinen Umständen.
 

Sakuras Augen brannten. Sie schluckte die Tränen, die in ihren Mund gelangt waren, und schniefte.
 

„Es tut mir leid.“
 

„Es sollte dir auch wirklich leidtun.“ Sakura seufzte.
 

Was Sasuke getan hatte, lag in der Vergangenheit. Es ging ihr nicht mehr um den Seitensprung, nicht darum, dass er sie betrogen und verletzt hatte. Es ging Sakura um die Auswirkungen des Geschehens auf die Gegenwart.
 

Sowohl Madara als auch Sakura hatten gewusst, dass sie beide ein wenig brauchen würden, um volles Vertrauen zum jeweils anderen aufzubauen. Jetzt wurde das alles noch schwieriger, noch komplizierter. In der Tat hing ihre Beziehung gerade in der Luft.
 

[style type="italic"]Vielleicht will er mich nicht mehr treffen.[/style] „Ich werde nach Hause gehen“, sagte Sakura und stand auf.
 

„Brauchst du etwas?“, fragte Sasuke, den ihr plötzlicher Entschluss den Kopf recken ließ.
 

„Nein. Schon in Ordnung. Ich weiß nicht, wie es weitergehen wird. Wie es weitergehen soll. Vielleicht mag er mich nicht mehr.“
 

„Das kann ich mir nicht vorstellen.“
 

„Ich werde auflegen, okay?“ Zögerlich fügte sie hinzu: „Danke.“
 

Sakura ging nicht nach Hause, sondern rief kurz bei Ino durch und kehrte bei ihr ein, um sich auszuweinen und ihr alles zu erzählen.
 

Madara indessen war mit sich selbst allein. Er hätte darüber auch mit niemandem reden wollen. Nicht jetzt. Es war immer die Einsamkeit, die er in solchen Momenten vorzog. Die Gespräche mit Izuna kamen erst später, nachdem er sich selbst Gedanken um dieses und jenes gemacht hatte.
 

Madara saß im Sessel und massierte sich die Schläfen. Eigentlich hätte er sich ein Objekt gewünscht, gegen das er immer wieder schlagen könnte, ohne dass es kaputtging. Madara dachte an Sakura und seine Finger verharrten. Wie musste sie sich nur fühlen? Wahrscheinlich hatte er ihr den Eindruck vermittelt, er würde sie bestrafen wollen. Dabei konnte sie nichts dafür. Dabei hatte er mit ihr einen schönen Abend verbringen wollen.
 

Gottverdammt.
 

*
 

„Wo willst du hin?“
 

Sasuke zog sich seine Schuhe an und antwortete: „Ich treffe einen Freund.“
 

Seine Mutter lehnte sich mir gekreuzten Armen vor der Brust gegen den Türrahmen. Sasuke begann, seine Jacke zuzuknöpfen, und mit jedem Knopf, den er in das vorhergesehene Loch steckte, wuchs Mikotos Skepsis. Sasuke war den einen Tag mit geschwollenem Gesicht und aufgeplatzten Lippen nach Hause gekommen. Er hat Blut gespuckt, und sie hatte ihn sofort ins Krankenhaus gefahren. Nun hatte sie Angst, dass er wieder in eine Schlägerei verwickelt werden könnte. Sie stand kurz davor, es ihm zu verbieten, heute aus dem Haus zu gehen.
 

„Sasuke, welchen Freund triffst du? Was wollt ihr machen? Kommst du wieder betrunken oder verletzt nach Hause? Wenn du vorhast zu trinken, wenn du vorhast, dich mit irgendjemandem anzulegen, dann“, Mikoto stützte sich mit zusammengezogenen Brauen vom Türrahmen ab, „dann werde ich dich nicht gehen lassen.“
 

Sasuke lächelte seine Mutter leger an. „Keine Sorge. Ich komme nüchtern und unverletzt zurück.“
 

Vielleicht war das, was er vorhatte, blanker Irrsinn. Vielleicht hätte er seine Mutter nicht mitteilen sollen, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauche, weil er nicht wusste, in welchem Zustand er zurückkommen würde. Aber er wollte nicht, dass Sakura seinetwegen bekümmert war und litt. Er hatte realisiert, dass er nur das Beste für sie wollte. Ihre emotionale Nähe zu ihm, ihr Glück, ihr Wohlergehen waren zu seinem Lebensantrieb geworden.
 

Seine Motive waren genauso altruistisch wie egoistisch. Ohne das eine würde es das andere nicht geben, weshalb Sasuke sich nicht schlecht fühlte, es auch für sich selbst zu tun, sofern Sakura nicht auf der Strecke blieb.
 

Sasuke legte den Weg zu Madaras Wohnung wie auch letztes Mal mit der Bahn zurück. Angst oder Aufregung verspürte er keine. Ihn erwartete nichts Unerwartetes, schließlich hatte er Madara bereits einmal vor sich gehabt und hatte sich, ohne die Intention, sich zu wehren, eine von ihm verpassen lassen.
 

Sasuke hoffte, dass er Madara daheim antreffen würde. Er wollte die Sache vom Tisch haben, damit es Sakura besser ging.
 

Genau wie letztes Mal stellte sich Sasuke, nachdem er geklingelt hatte, zur Seite, damit Madara ihn nicht durch den Spion ausfindig machen konnte. Und genau wie letztes Mal auch wurde Sasuke geöffnet.
 

Es überraschte Sasuke, dass Madara mit einem genervten Ausdruck im Gesicht öffnete, so als hätte er erahnt, wer hinter der Tür stand.
 

„Was willst du?“
 

„Wenn du mich erwartet hast“, erwiderte Sasuke, „dann solltest du es wissen. Es geht um Sakura.“
 

Madara rollte mit dem Augen. „Kümmere dich um deine Angelegenheiten.“
 

„Hast du nicht mehr vor, sie zu treffen? Meinetwegen?“
 

Madara antwortete nicht. Nein. Nein, eigentlich wollte er nicht auf Sakura verzichten. Nur hatte seine Beziehung zu ihr durch die Erkenntnisse des vorletzten Abends einen bitteren Beigeschmack bekommen. Sie drückten nach wie vor pulsierend und unangenehm auf sein Gemüt. Er wusste, dass er Sakura mit seiner reservierten Verhaltensweise wehgetan hatte. Es tat ihm auch leid. Aber er hatte nicht gewusst, wie er sich gebaren sollte. Sie hatten seit dem Abend kein Wort miteinander gewechselt.
 

Madara schloss die Augen. „Du solltest aufhören, ständig bei mir aufzutauchen.“
 

„Du solltest dich bei Sakura entschuldigen.“
 

Madara stutzte. Sasuke nahm sich ganz schön viel heraus. In dem Gesicht seines Gegenübers konnte er weder Unsicherheit noch Angst erkennen. Sasukes Miene war hart und unbewegt wie Marmor. „Wenn du sie so sehr geliebt hast, wenn du sie so sehr liebst – weshalb hast du dich von Gier so einnehmen lassen, dass du sie betrogen hast?“
 

Sasuke zuckte die Schultern. „Ich war eben ein Trottel. Sieh zu, dass du nicht den gleichen Fehler machst.“ Sasuke überlegte, was er noch hinzufügen konnte, um etwas bei Madara zu bewirken. „Sakura rief mich an dem Abend an. Sie war ganz aufgelöst. Sie ist es immer noch.“
 

In Madaras Brust tat sich etwas. Es war unangenehm, so als würde jemand in seinem Herzen herumstochern.
 

„Sie hätte sich dir gegenüber nie so verhalten. Natürlich ist das ein Schlag ins Gesicht“, Sasuke Lippen teilten sich zu einem Grinsen, weil er an Madaras Faustschlag dachte, „zu erfahren, dass der Mann, den man trifft, der ehemalige Partner der Frau ist, mit der man betrogen wurde. Aber sie i-“
 

„Sei endlich still“, blaffte Madara nun und setzte, etwas gefasster, hinzu: „Ich verstehe schon, was du mir mitteilen willst. Du kannst jetzt gehen. Oder ich sorge dafür, dass dein gesamtes Gesicht einem Veilchen gleicht.“
 

Sasuke drehte sich um. „Sakura ist wirklich die Einzige, die ich jemals geliebt habe. Das hat auch seinen Grund. So jemanden wie sie findest du nie wieder. Egal, was du machen wirst: Verlier in Sakuras Gegenwart kein Wort darüber, dass ich hier war. Du wirst mich ab sofort, wenn, dann nur zufällig sehen. Ich werde nur noch für Sakura da sein, wenn sie mich braucht.“
 

Madara schloss geräuschvoll die Eingangstür und spürte in seiner Aufwühlung, wie in ihm das Verlangen nach einer Zigarette aufkeimte. Das würde nicht der Fall sein, wenn er Sasuke geschlagen hätte. Etwas sagte ihm allerdings, dass Sasuke es ihm dieses Mal nicht leicht gemacht und sich gewehrt hätte.
 

In der Küche stopfte Madara sich eine Zigarette in den Mund. Nach mehreren Versuchen gelangt es ihm schließlich, die Zigarette mit dem Feuerzeug anzuzünden. Madara nahm einen langen, tiefen Zug und stieß den Rauch in die Luft. Nach der ersten Zigarette kam die zweite. Einer dritten entsagte Madara und ging ins Wohnzimmer, um Abstand zwischen sich und den Glimmstängeln auf dem Küchentisch zu schaffen.
 

Am Fenster massierte Madara sich die Nasenwurzel und wünschte, dass er die Wahrheit nie herausgefunden hätte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Desiree92
2018-03-09T19:39:16+00:00 09.03.2018 20:39
Bin heute auf deine Geschichte gestoßen und hab sie förmlich verschlungen. Bis jetzt total spannend und super geschrieben. Bin gespannt wie es weitergeht. Hoffe es dauert nicht mehr lange 🤗🤗
Von:  SenseiSasuNaru
2018-03-02T19:41:35+00:00 02.03.2018 20:41
Wieder ein klasse Kapitel. War sehr spannend bin gespannt wie es weitergeht. Hoffe Mandara entschuldigt sich bei Sakura. Die zwei gehören einfach zusammen.lg
Von:  Onlyknow3
2018-03-02T19:10:26+00:00 02.03.2018 20:10
Was hält diesen Mann davon ab sich bei Sakura zu melden?
Das Sasuke ihr Ex war, ist es wohl nicht alleine.
Bin gespannt wie es weiter geht.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


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