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Sklave der Wüste

von

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Endlich reden

Hallo zusammen,

 

Es wird dramatisch. Mehr verrate ich nicht. Darum viel Spass beim Lesen.

 

 
 

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Endlich reden

 

Seine Haut brennt wie Feuer, der Durst ist noch unerträglicher als der Hunger und die Schmerzen, die durch jeden Millimeter seines Körpers rasen. Dennoch schafft er es irgendwie weiter einen Fuss vor den anderen zu setzen. Die Welt schwankt und nur von fern nimmt er das Klirren der Ketten an seinen Händen und Füssen wahr.

Plötzlich gibt es einen Ruck und er fällt auf die Knie, kann sich gerade noch mit den gefesselten Händen abstützen.

Der Boden ist hart und er hört irgendwo Wellen schlagen. Vögel kreischen. Möwen? Zu schwach, um den Kopf zu heben, bleibt er mit gesenktem Blick auf dem harten und glühend heissen Boden knien.

Stimmen dringen an seine Ohren. Doch obwohl er die Sprache versteht, ergeben die Worte keinen Sinn. Plötzlich wird er hochgerissen und ein Mann mit fauligen Zähnen grinst ihn an. »Den nehme ich. Der bringt gutes Geld.« Brutal werden ihm die Ketten abgenommen, nur um durch einen groben Strick ersetzt zu werden, dessen Fasern in den Wunden an seinen Hand- und Fussgelenken schmerzhaft scheuern.

Erst jetzt realisiert er, dass sie in einem Hafen sind. Sieht das grosse Segelschiff mit drei Masten und mächtigen Segeln.

Widerstand regt sich in ihm. Mit letzter Kraft versucht er sich gegen die Männer zu wehren. Doch er ist zu schwach. Unerbittlich zerren sie ihn und andere aus der Gruppe zu dem von der Feuchtigkeit schwarzen Holzbrett, das vom Deck aus bis auf den heissen Asphalt des Docks reicht.

Er stolpert immer wieder, seine von der Sonne verbrannte Haut, wird von den groben Planken aufgeschürft, als er stürzt, nicht mehr hochkommt und hinter den Männern hergezogen wird.

Auf einmal verschwindet der Boden und er fällt in die Tiefe. Kühle Dunkelheit umfängt ihn und bestialischer Gestank nach Exkrementen, Tod und ungewaschenen Körpern schlägt ihm entgegen. Würgend rappelt er sich hoch, nur um gleich darauf wieder gepackt zu werden.

Noch bevor er weiss, was mit ihm geschieht, ist er wieder angekettet. Hat gerade genug Spielraum, um aufzustehen und die Hände aneinander zu legen. Doch er ist zu müde. Er schliesst die Augen und verfällt in eine tiefe Bewusstlosigkeit.

 

»Wach auf! Atemu! Wach auf!«

 

Wie durch dicken Nebel dringt die Stimme zu ihm durch. Er kämpft  noch im Halbschlaf gegen die Hände, die ihn schütteln. Will sich losreissen, plötzlich fällt er. Erschrocken reisst er die Augen auf, als er von starken Armen aufgefangen wird. Er starrt auf den Boden und reisst sich los. Sein Herz schlägt so hart gegen seine Rippen, dass er das Gefühl hat, es würde seinen Brustkorb sprengen. 

Stolpernd weicht er nach Atem ringend zurück. Ohne sie wirklich zu erkennen, starrt er Kimi und Seto mit weit aufgerissenen Augen an. »Ich muss hier raus«, presst Atemu hervor und rappelt sich auf. Panisch sieht er sich um, bis er die Tür entdeckt. Ohne es wirklich zu realisieren, stürzt er auf sie zu. Reisst sie auf, sodass sie gegen die Wand knallt und rennt nach draussen.

 

Seto hilft Kimi auf die Beine. »Wir müssen ihm nach. Nicht, dass er noch über Bord springt«, presst er hervor. »Verdammt, was ist nur mit ihm los?« Will er von dem jungen Sklaven wissen, als sie Atemu nachrennen. »Er ist panisch. Vermutlich hat er ein Trauma, das er nie verarbeitet hat und das nun herausbricht«, ruft Kimi Seto zu und kommt schlitternd zum Stehen als er an Deck Atemu bei der Reling stehen sieht. »Meister Atemu, Euch geschieht nichts. Ihr seid hier in Sicherheit.« Beruhigend hebt er die Hände, als er sich ihm nähert.

 

Atemu atmet schwer. Er kämpft darum, nicht wieder in den Strudel der Erinnerungen gezogen zu werden. Krampfhaft krallt er sich an dem kalten Metall fest und sackt doch zusammen, als seine Beine ihren Dienst versagen. Er kauert sich in die Ecke. Schlingt die Arme um sich und zittert. Nicht vor Kälte. Die Nacht ist warm und der Wind erreicht ihn hier nicht. Der Boden unter ihm bewegt sich im Rhythmus der Wellen. Eigentlich eine beruhigende Bewegung, aber sie schürt die Angst in ihm. Lässt sein Herz noch schneller schlagen und das Rauschen seines Blutes, vermischt sich in seinen Ohren mit dem Geräusch der Wellen, die durch die Jacht geteilt werden.

 

Panisch weicht er zurück, als Seto sich vor ihm hinkniet und die Hand nach ihm ausstreckt. »Pharao … Atemu … es ist alles in Ordnung.« Versucht Seto ihn zu beruhigen. Doch der Blick, mit dem er nun angesehen wird, ist voller Verzweiflung und panischer Angst.

Er will etwas sagen. Atemu irgendwie beruhigen, da hört er Schritte hinter sich und die Stimme der Prinzessin dringt an sein Ohr.

»Was ist hier los? Was soll der Aufruhr?«, verlangt Helena mit scharfer Stimme zu wissen, was Atemu nur noch mehr zusammenzucken lässt. Instinktiv macht er sich noch kleiner. »Ich kann nicht mehr. Seto, ich will nach Hause. Ich schaffe es nicht, was ihr von mir erwartet.« Verzweifelt greift er sich an den Kopf. Er will schreien, toben, während sein Inneres zerbricht. Er will von diesem Schiff runter, doch fehlt ihm die Kraft aufzustehen und über die Reling zu klettern. Ohne es zu merken, wiegt er sich hin und her.

 

Seto steht mit einer ruckartigen Bewegung auf und dreht sich zu Helena um. »Was los ist? Er ist am Ende. Er braucht Hilfe!« Mit blitzenden Augen sieht er sie an. »Gibt es die Möglichkeit, sicher ins japanische Grossreich zu telefonieren? Am besten Videotelefonie.«

Verwirrt runzelt Helena die Stirn. »Ja, ich habe ein Telefon dabei. Warum? Wir sind noch nahe an der Küste und können einen Hafen anlaufen, wenn er Hilfe braucht.«

 

Vehement schüttelt Seto den Kopf. »Nur eine Person kann ihm helfen und die lebt in Domino. Also, kann ich nun telefonieren, bevor er endgültig zusammenbricht?«

 

Wieder sieht Helena zu Atemu, der noch immer am Boden kauert und sich hin und her wiegt. »Ich hole es. Es dauert nur einen Moment.« Auf dem Absatz dreht sie sich um und eilt zurück zu ihrer Kabine.

 

Kaum ist sie weg, kniet sich Seto wieder vor Atemu hin. »Bald wirst du deinen Liebsten sprechen können. Ich verspreche es dir«, flüstert er ihm zu und sieht immer wieder ungeduldig zur Tür, durch die Helena verschwunden ist.

Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis sie endlich wieder zurück kommt und ihm ihr Handy reicht. »Der Akku ist voll.«

 

Mit einem knappen Nicken nimmt Seto das Gerät entgegen und wählt die schon in Rom auswendig gelernte Nummer.

»Nun geh schon ran«, murmelt er, als es schon zum dritten Mal klingelt. Endlich, nach dem vierten Klingeln meldet sich eine verschlafene Stimme. »Apis am Apparat. Was ist los?«

 

»Hier spricht Prinz Seto Nesut! Apis, du musst sofort Yugi Muto auftreiben und ans Telefon holen!« Donnert Seto ins Telefon, während er Atemu nicht aus den Augen lässt und Kimi ein Zeichen gibt, dass er sich bereit halten soll, falls sein Cousin doch noch über Bord springen will.

 

Verschlafen schielt Malik auf die Uhr. »Es ist fünf Uhr morgens. Kann das nicht …«

 

»Nein, kann es nicht! Der Pharao ist kurz vor dem Zusammenbruch! Er muss mit Yugi Muto und am besten auch mit Sugoroku Muto reden! Also hol sie ans Telefon und zwar vorgestern!« Fällt Seto ihm mit scharfer Stimme ins Wort.

 

Bei der lauten Stimme hält Malik unwillkürlich das Handy vom Ohr weg. »Ich habe ja schon verstanden. Was ist mit der Gefahr, dass der Anruf abgehört und zurückverfolgt wird?«

»Das Risiko müssen wir eingehen! Ausserdem ist das nicht mein Telefon, wie du an der Nummer erkennen könntest, wenn du dein Gehirn einschalten würdest. Also hör auf Zeit zu verschwenden!« Ungeduldig trommelt Seto mit den Fingerspitzen gegen sein Bein, während er Apis gedanklich den Hals umdreht.

 

Malik schluckt leer, als er sich aufsetzt und die Decke zurückschlägt. »Ich mache mich ja schon auf den Weg. Aber ich muss sie aus Domino herholen. Dort gibt es keinen Empfang. Das dauert eine gewisse Zeit.« Seufzend steigt er aus dem weichen Bett und geht zu seinen Kleidern. »Kann ich in etwa einer Stunde zurückrufen?«

 

Einen Moment lang erlaubt es sich Seto, tief durchzuatmen, um seine zum Zerreissen gespannten Nerven zu beruhigen. »Maximal eine Stunde! Keine Minute länger und rufe mit einem Videoanruf auf diese Nummer an.« Grummelnd beendet er den Anruf, legt das Telefon aber nicht zur Seite. Besorgt mustert er Atemu, verkneift es sich aber, die Hand auszustrecken. »Eine Stunde. Du musst nur noch maximal eine Stunde durchhalten.« Er kann nur hoffen, dass seine Worte zu Atemu durchdringen.

 

In Atami springt Malik unterdessen in seine Limousine und rast viel zu schnell, jede Verkehrsregel missachtend in Richtung Domino. »Er hat länger durchgehalten, als erwartet«, murmelt er dabei vor sich hin, während er durch die beginnende Morgendämmerung rast.

In Rekordzeit erreicht er die Stadt des einfachen Volkes und muss zu seinem Verdruss das Tempo drosseln. Trotz der frühen Stunde sind schon viele Fuhrwerke auf den Strassen unterwegs. »Verdammter Markttag«, flucht er vor sich hin, während er ein Gespann nach dem anderen überholt.

Es dauert viel zu lange, bis er endlich vor dem Laden der Mutos ankommt und mit quietschenden Reifen eine Vollbremsung hinlegt.

Er stürzt beinahe, als er aus dem Auto springen will und dabei vergisst, sich abzuschnallen. »Verdammte Scheisse!« Fluchend löst er die Schnalle und fällt fast auf die Strasse, als er endlich frei ist.

Im Laden ist es noch dunkel, aber hinter dem Fenster, wo er die Küche vermutet, kann er schwach einen Lichtschein erkennen.

Mit nur zwei grossen Schritten überwindet er die wenigen Stufen zur Tür des Ladens und hämmert dagegen. »Aufmachen! Los!« Seine Stimme hallt durch die relative Stille des Morgens.

 

In der Küche runzelt Sugoroku missbilligend die Stirn. »Was soll denn der Lärm?«, murmelt er genervt und kämpft sich auf die Beine. Er hat in der Nacht zu lange im Bett gelesen und das teilt ihm sein Rücken nachdrücklich mit.

Wieder hämmert es gegen die Tür, als er den Laden betritt. »Ich komme ja schon!«, ruft er genervt, als er zur Tür geht und sie aufschliesst. »Medimagus Apis? Was macht Ihr denn zu dieser frühen Stunde hier?« Schlagartig besorgt tritt er zur Seite und lässt den jungen Mann eintreten. »Ihr und Yugi müsst sofort mitkommen! Der Pharao braucht euch.« Stösst Malik atemlos hervor.

 

»Atemu braucht Hilfe? Was ist mit ihm?« Ertönt Yugis Stimme aus der Richtung der Verbindungstür. Voller Sorge kommt er auf Malik zu, der erst einmal durchatmet. »Nun rede schon! Was ist mit ihm?« Verlangt er noch einmal zu wissen und trifft dabei unbewusst den gleichen Tonfall, wie zuvor Seto am Telefon.

 

Kurz stockt Malik, als er das bemerkt. Er hätte nicht vermutet, dass der sanfte junge Mann so reden kann. Kurz sammelt er seine Gedanken, ehe er den Mund öffnet. »Der Pharao scheint wohl einen Zusammenbruch zu haben und nur ihr beide könnt ihm da raus helfen. Ihr müsst mitkommen. Nur in Atami haben wir genug Netz, um per Video mit ihm zu telefonieren.«

 

Sofort dreht sich Yugi um. »Ich gebe nur kurz Nino Bescheid, dass wir wegfahren und er allein frühstücken muss«, ruft er über die Schulter, während er schon aus dem Laden stürmt.

 

Sugoroku sieht seinem Enkel nach und wendet sich dann wieder zu Malik um. »Ich habe zwar keine Ahnung, was telefonieren bedeutet und was ein Video ist, aber natürlich kommen wir mit. Nur müsst Ihr auch ruhiger werden, sonst kippt Ihr mir hier noch um, junger Mann.«

 

Die ruhige, bestimmte Art des alten Mannes wirkt tatsächlich beruhigend auf Maliks Nerven, sodass sein bis jetzt rasender Puls sich tatsächlich wieder auf ein akzeptables Niveau verlangsamt. Entspannen kann er sich aber nicht und die Zeit, bis der junge Muto wieder zurück kommt, will nicht vergehen. Er weiss, dass keine drei Minuten vergangen sein können, als Yugi mit einem roten Stoffdrachen in den Händen durch die Tür tritt.

»Ich habe alles, gehen wir!« Bestimmt schiebt Yugi die beiden Männer nach draussen und schliesst dann die Ladentür hinter sich ab. Auch wenn er es eilig hat und er lieber früher, als später mit seinem Liebsten reden will, so weiss er doch ganz genau, was passieren kann, wenn die Ladentür von möglichen Kunden unverschlossen vorgefunden wird.

 

Zu dritt eilen sie zu dem Auto und steigen ein. Yugi setzt sich zu Sugoroku auf die Rückbank, der sich nervös das Innere des Wagens ansieht. »Ist diese pferdelose Kutsche denn überhaupt sicher?«, flüstert er seinem Enkel mit unsicher fragendem Blick zu.

Beruhigend ergreift Yugi die Hand seines Grossvaters, als Malik aus Rücksicht auf seine Passagiere besonders vorsichtig losfährt und schon beinahe im Schritttempo durch die belebten Strassen lenkt, bis sie endlich die Stadt verlassen haben und er Gas geben kann.

Yugi lässt seinem Grossvater erst einmal etwas Zeit, die ungewohnten Geräusche zu verarbeiten, ehe er auf dessen Frage antwortet. »Ja, Grossvater. Diese pferdelosen Kutschen sind sicher. Malik weiss sicher, wie er sein Gefährt fahren muss.«

Leer schluckend nickt Sugoroku und starrt dann aus dem Fenster. »Wie schnell wir sind!«, ruft er schockiert aus, als er die Landschaft in dem atemberaubenden Tempo von hundert Stundenkilometern an ihnen vorbeiziehen sieht.

 

Trotz der ernsten Situation kann sich Malik ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, als er den Ausruf hört. »Wir fahren gleich noch schneller.« Kaum hat er das gesagt, tritt er das Gaspedal durch und der Wagen macht einen Satz nach vorn. Er fährt so schnell, wie er es gerade noch verantworten kann.

Hinter ihnen wird Domino immer kleiner, während gleichzeitig die eleganten Gebäude Atamis immer näher kommen. Sogar die ärmsten Viertel der Stadt sind luxuriöser als die besten Häuser Dominos.

Als er die ersten Gebäude der Stadt erreicht, muss er wieder langsamer fahren. Routiniert lenkt er den Wagen durch die vertrauten Strassen und hält schliesslich vor einem senfgelb gestrichenen Gebäude an. »Bitte aussteigen!« Er selbst springt aus dem Wagen und hält dann Sugoroku die Tür auf, noch bevor dieser herausgefunden hat, wie man sie öffnet. Mit zitternden Beinen steigt der alte Mann aus dem Auto und stützt sich am Auto ab, bis sein Enkel auch ausgestiegen ist und seinen Arm ergreift. »Alles gut, Grossvater. Wir haben es fast geschafft«, raunt Yugi ihm zu und schliesst die Tür selbst, da sich Malik schon umgedreht hat und in seiner Hast nichts von Sugorokus Problemen mitbekommen hat. »Kommt. Das ist mein Haus. Es ist nichts Besonderes, aber für mich reichts.« Mit einem verlegenen Blick führt er die beiden Mutos in das Gebäude. Die ihm erleichtert, dass sie die Strasse verlassen können, folgen.

 

 »Nichts Besonderes? Unser Haus hätte hier drin mindestens dreimal Platz«, murrt Sugoroku, als sie durch die hell erleuchteten Flure gehen bis sie das Arbeitszimmer erreichen.

»Setzt euch auf das Sofa«, weist Malik die beiden an und deutet dabei auf die mit rotem Samtstoff bezogene Chaiselongue.

 

»Was ist nun mit Atemu? Wo ist er?« Will Yugi wissen, kaum dass sie auf dem bequemen Möbelstück sitzen. Misstrauisch beobachtet er den Medimagus, als dieser mit einem dieser komischen Dinger, die Atemu Tablet nannte, zu ihnen kommt und sich neben ihnen hinsetzt. »Wir rufen ihn jetzt an«, erklärt Malik geduldig und gibt die Nummer ins Tablet ein. Ein Fenster öffnet sich auf dem Bildschirm, als es klingelt. »Nicht auf dieses rote Symbol drücken. So beendet ihr sonst den Anruf«, erklärt Malik als auch schon Setos ernstes Gesicht erscheint.

»Das hat ja ewig gedauert! Sind die Mutos bei dir?« Dröhnt die Stimme aus dem Tablet, was Yugi und Sugoroku und unwillkürlich zurückweichen lässt.

Die Reaktion der beiden ignorierend, nickt Malik. »Ja, sie sitzen neben mir. Sie sind gelinde gesagt verwirrt und vermutlich auch überfordert, aber das ist egal. Wo ist mein Patient?«

 

Seto grollt leise. »Wehe sie kippen um«, warnt er Malik und hält das Handy nun so, dass Atemu auf den Bildschirm schauen kann und auch von der Kamera eingefangen wird. »Hier ist er. Er hat sich nicht von der Stelle bewegt und auch kein Wort gesagt.«

 

Kaum sieht Yugi seinen Liebsten auf dem Bildschirm, reisst er Malik das Tablet aus der Hand. »Atemu! Liebster! Kannst du mich hören?«, ruft er laut und mit Tränen in den Augen aus, während er das Tablet so fest umklammert, dass seine Fingerknöchel weiss hervortreten.

 

Atemu erstarrt. Die Schaukelbewegung, die er in der letzten Stunde durchgehend gemacht hat, hört auf und er hebt unsicher den Blick. »Nein, das kann nicht sein. Das ist unmöglich«, murmelt er und starrt auf das Handy in Setos Hand.

Sanft lächelt Yugi und da drängt sich auch Sugoroku ins Bild. »Nein, mein Junge. Es ist nicht unmöglich. Medimagus Apis hat uns nach Atami gebracht, weil dieses Magigerät wohl nur hier funktionieren kann.« Mit einem warmen grossväterlichen Blick sieht er auf den Bildschirm.

 

Mit zitternden Fingern nimmt Atemu das Handy in die Hände. »Grossvater! Sharik!« Unfähig sich zu beherrschen, schluchzt er los. »Ich … ich …«, ihm versagt die Stimme. Sich in die Ecke kauernd, hält er das kleine Gerät mit beiden Händen umfasst. Er zittert so stark, dass es ihm sonst aus den Händen zu fallen droht.

 

Yugi lehnt sich an Sugoroku, damit sie beide bequem auf den Bildschirm blicken können und sie beide auf dem kleinen Fenster zu sehen sind. «Liebster. Es ist alles gut. Wir sind ja da, du bist nicht allein. In Gedanken bin ich immer bei dir. Ich halte jede Nacht Osis im Arm. In der Hoffnung, dass du es irgendwie spürst, wie sehr mein Herz nur für dich schlägt.« Auch Yugi schluchzt und die Tränen laufen ihm über die Wangen.

Sanft legt Sugoroku den Arm um die Schultern seines Enkels und hebt den kleinen roten Drachen hoch, damit Atemu ihn sehen kann.

 

Laut schluchzt Atemu auf. All der Druck der letzten Wochen, die Sehnsucht, alles bricht über ihm zusammen. »Sharik, ich kann nicht mehr. Ich … weiss nicht, wie ich das alles schaffen soll. Es ist zu viel«, stösst Atemu hervor. Er fährt sich mit der einen Hand in die Haare, muss dann aber das Handy wieder mit beiden Händen festhalten. »Ich fühle mich so allein.«

 

Yugi zerreisst es das Herz, seinen Liebsten so zu sehen. Er will ihn umarmen und ihn nie wieder loslassen. Tapfer zwingt er sich zu einem Lächeln. »Liebster, hast du noch den Bernsteinphönix?«, raunt Yugi mit sanfter Stimme und atmet erleichtert auf, als Atemu ihm den Anhänger zeigt. »Na siehst du? Du bist nicht allein. Solange du den Anhänger hast, musst du ihn nur festhalten, um zu wissen, dass ich bei dir bin. So wie ich es mache und dann weiss ich, dass du bei mir bist.«

 

Unfähig zu antworten, hört Atemu zu und streicht über den Bildschirm des Handys. »Ich will nach Hause. Ich will wieder bei dir und Grossvater sein«, murmelt er schliesslich erstickt. Schniefend wischt er sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen.

 

»Ich weiss. Ich will das auch. Ich will dich wieder bei mir haben. Dich in den Arm nehmen und mit dir lachen.« Tapfer lächelt Yugi in die Kamera. »Blacky und Rocky vermissen dich auch. Nino passt gut auf die beiden auf, aber sie stehen immer am Seil, wenn er sie rauslässt und blicken in die Richtung, in die du weggefahren bist.« Auch Yugi legt die Finger auf den Bildschirm. »Zweimal sind sie aus ihren Boxen ausgebrochen und Nino musste sie dann aus dem Heulager holen. Weisst du noch, wie wir sie mal aus dem Lager holen mussten und wie sie mit uns fangen gespielt haben?«

 

Unter Tränen lacht Atemu auf. »Ja, sie hatten ihren Spass. Wir doch auch.« Mit dem Handrücken wischt er sich diesmal über die Augen. »Nino soll sich nicht zu sehr von ihnen ärgern lassen.« Nun beisst sich er auf die Lippen. »Kaiser Hadrian will, dass ich seine Tochter heirate. Ich weiss nicht, wie ich das verhindern soll, ohne ihn vor den Kopf zu stossen. Ich weiss einfach nicht, was ich machen soll. Ich muss den Thron zurückfordern, aber dann … dann muss ich … « Wieder schluchzt Atemu auf.

 

Es zerreisst Yugi das Herz, das zu hören. Hilflos sieht er zu Sugoroku, der den Arm fester um ihn legt und sich weiter vorbeugt. »Mein Junge, du wirst einen Weg finden. Es gibt ihn immer, auch wenn du ihn jetzt noch nicht sehen kannst. Gehe einen Schritt nach dem anderen. Dein Schicksalsweg wird dich immer wieder zu Kreuzungen führen, wo du dich entscheiden musst, in welche Richtung du weitergehst.« Beruhigend lächelt Sugoroku ihn an. »Wenn du deine erste Aufgabe geschafft hast, wirst du sehen, wie du deine nächste Aufgabe lösen musst. Also verzweifle nicht, weil dieser Hadrian dich unter Druck setzen will.« Seine Stimme ist ruhig und voller Zuversicht, auch wenn er selbst nicht weiss, wie sein Enkel da wieder rauskommen soll.

 

Atemu schluckt leer und nickt. »Das mache ich, Grossvater. Wie geht es dir? Kann der Medimagus dir helfen? Was macht dein Rücken? Und dein Asthma? Isst du auch genug und arbeitest du auch nicht zu viel?« Deutlich entspannter, als noch zuvor setzt er sich bequemer hin und lehnt sich an die Reling. Dass Helena, Seto und Kimi immer noch da sind und ihn aufmerksam beobachten, blendet er vollkommen aus.

 

»Ach, Junge«, murmelt Sugoroku lächelnd. »Medimagus Apis kommt jede Woche zu uns. Es ging mir noch nie besser. Nur sollte er aufhören, Nino zu sagen, was ich alles nicht machen soll«, grummelnd verschränkt Sugoroku die Arme, was Atemu leicht schmunzeln lässt. »Er wird seine Gründe haben. Du passt einfach zu wenig auf dich auf. Da ist es schon gut, dass er Nino sagt, was er tun soll, um dir zu helfen.«

»Nur passt Grossvater das nicht. Du kennst ihn ja. Er will immer noch am liebsten alles allein machen.« Mischt sich Yugi ein. »Wo bist du jetzt? Ist es bei dir Nacht?«

 

Den Blick senkend schluckt Atemu leer. Schlagartig wird ihm das leichte Schaukeln des Schiffes bewusst. »Wir sind auf einer Jacht, die uns ins ägyptische Grossreich bringen soll. Prinzessin Helena hat das irgendwie organisiert, weil sie zu meinem Onkel reisen muss, um ihm in einer Zeremonie die Hand zu versprechen. Das muss ich auch verhindern.«

 

Yugi beisst sich auf die Lippen. Dennoch sieht er seinen Liebsten weiter voller Zuversicht an. »Aber das musst du nicht allein. Du hast Prinz Seto an deiner Seite und noch andere. Diese Prinzessin wird dir sicher auch helfen und was ist mit Hohepriester Shimon? Ist er auch da?«

 

Ernst schüttelt Atemu den Kopf. »Sie haben ihn schon vor Wochen erwischt, als er in Rom unterwegs gewesen ist. Ihn müssen wir auch retten. Es sei denn, er hat es irgendwie geschafft, den amtierenden Pharao davon zu überzeugen, dass er auf seiner Seite ist. Nur bezweifle ich das. Im schlimmsten Fall ist er schon hingerichtet oder geopfert worden.«

 

Geschockt sehen sich die beiden Mutos einen Moment lang an, ehe sich Sugoroku räuspert. »Er lebt bestimmt noch, mein Junge. Der Hohepriester ist ein intelligenter Mann und er kennt deinen Onkel schon seit seiner Geburt. Also denke positiv.« Aufmunternd lächelt Sugoroku in die Kamera, sieht dann aber zur Seite und runzelt die Stirn. »Medimagus Apis meint, dass das Gerät sich bald abschalten wird.«

 

Erst jetzt sieht Atemu auf die Akkuanzeige des Handys. »Mein Akku ist auch fast leer. Sharik, Grossvater, ich weiss nicht, ob wir bald wieder miteinander reden können. Ich will nicht, dass das jetzt endet. Ich brauche euch«, ruft er verzweifelt aus und umklammert das Handy wieder fester.

 

Voller Liebe lächelt Yugi tapfer in die Kamera. »Es endet nicht. Liebster, auch wenn wir uns nicht sehen und sprechen können, wir sind in Gedanken immer an deiner Seite und wenn du nur fest genug daran glaubst, dass wir uns wiedersehen werden, dann wird das auch passieren.«

 

»Yugi hat Recht, mein Junge. Wir werden uns wiedersehen und wenn wir zu dir ins ägyptische Grossreich reisen müssen. Halte durch und vergiss niemals, dass du nicht allein bist und du die Last nicht allein auf deinen Schultern tragen musst.« Bestätigt Sugoroku die Worte seines Enkels und hebt das kleine Stofftier wieder hoch. »Schliesslich will Osis seinen Besitzer auch wieder sehen.«

 

Leicht schmunzelt Yugi als er die Worte seines Grossvaters hört, auch wenn es ihm das Herz zerreisst. »Genau. Wir werden zu dir kommen, sobald du uns Bescheid gibst. Liebster, mein Herz gehört nur dir.«

 

Atemu atmet schneller, als er sieht, wie die Akkuanzeige immer weiter in Richtung null Prozent wandert. »Sharik, Grossvater, das werde ich machen. Ich glaube daran, dass wir uns wiedersehen werden. Sharik, mein Herz gehört dir«, ruft er aus und da wird der Bildschirm schwarz. »Nein! Sharik! Grossvater!«, schreit Atemu und starrt auf das Handy. Versucht es, nur mit seiner Willenskraft wieder einzuschalten, was natürlich nicht funktioniert.

 

Die ganze Zeit über hat Seto genau zugehört und schweigend aufgepasst, dass nichts passiert. Nun er setzt sich neben Atemu auf den Boden und legt den Arm um ihn. »Es geht ihnen gut. Sie lieben dich und sobald es sicher ist, können wir sie holen lassen.« Aufmunternd drückt er die Schulter seines Cousins, der sich zwar verspannt, aber nicht zurückweicht.

Helena kniet sich nun auch vor Atemu hin. »Pharao. Mir war nicht bewusst, wie sehr Ihr leidet. Ich verspreche Euch, dass auch ich mithelfen werde, so gut ich kann.« Verspricht sie ihm und ergreift seine Hand. »Gemeinsam werden wir es schaffen und Mario, ich meine, Hauptmann di Modena, hilft uns auch.«

Atemu blickt von Seto zu Helena und dann zu Mario der mit Anna und Kimi im Hintergrund steht und ihm zunickt. »Danke, das bedeutet mir sehr viel.« Seine Stimme ist heiser und er muss sich räuspern, um den Hustenreiz durch den trockenen Hals zu unterdrücken.

 

In Domino starrt Yugi auf den schwarzen Bildschirm und schliesst gepeinigt die Augen. »Ich wollte ihm so viel erzählen. Ich wollte ihm sagen, dass ich ihm jeden Abend einen Brief schreibe.« Er lehnt sich aufschluchzend an Sugoroku der ihn in eine feste Umarmung zieht. »Ich bin sicher, dass er das tief in seinem Herzen weiss, dass du ihm Briefe schreibst. Wir wissen jetzt, dass es ihm gut geht und dass er auf dem Weg in sein Reich ist.« Erst jetzt lässt Sugoroku es zu, dass seine Gefühle hervorkommen. Seine Stimme ist zittrig und er wischt sich heimlich eine Träne aus dem Augenwinkel. Es hat ihm das Herz gebrochen, Atemu so verzweifelt zu sehen.

Mit geschlossenen Augen nickt Yugi. Er löst sich langsam von seinem Grossvater und gibt Malik das Tablet zurück. »Danke, dass du uns das ermöglicht hast.« Er zwingt sich zu einem zittrigen Lächeln, das seine Augen aber nicht erreicht. »Kannst du uns bitte nach Hause bringen? Ich muss den Laden aufmachen.« Er weiss nicht, wie er es schafft, sich jetzt zu zwingen an den Laden zu denken. Er weiss nur eins, wenn er sich jetzt nicht irgendwie ablenkt, wird er vor lauter Sorge um seinen Liebsten durchdrehen.

 

Besorgt mustert Malik die beiden Mutos. Er ist erstaunt, wie gelassen die beiden darauf reagieren, dass sie gerade mit dem Pharao am anderen Ende der Welt gesprochen haben. »Habt ihr keine Fragen?« Will er angespannt wissen, woraufhin Sugoroku den Kopf schüttelt. »Die einzigen Fragen, die wir haben, könnt Ihr uns nicht beantworten. Also fahrt uns bitte nach Hause. Nino wird sicher wissen wollen, was los ist und Yugi hat recht, er muss den Laden öffnen.«

 

 
 

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Irgendwann musste es ja passieren, dass Atemu zusammenbricht. Selbst der stärkste Mensch, kann nicht ewig so weitermachen, wie er es die ganze Zeit getan hat. Nun können wir nur hoffen, dass das Gespräch mit Yugi und Sugoroku ihm auch geholfen hat.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Blackrose1991
2021-12-06T19:33:44+00:00 06.12.2021 20:33
Ich bin so überwältigt. Habe deine Geschichte vor drei Wochen angefangen zu lesen und nun muss ich leider warten dabei ist es so spannend 😭🤣. Du schreibst echt super und ich bin schon sehr gespannt wie es weitergeht.
Antwort von:  mrs_ianto
06.12.2021 21:09
Dankeschön. Es freut mich, dass dir die Geschichte so gut gefällt. Am Samstag geht es ja weiter. Also so lange dauert es ja nicht mehr.


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