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Sklave der Wüste

von

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Überraschende Hilfe

Hallo zusammen,

 

die Zeit rennt und ich habe mit Schrecken festgestellt, wie spät es schon wieder ist. Also noch schnell das neue Kapitel posten, damit ihr weiterlesen könnt.

 

Diese Woche habe ich meine bestellten Taschenbücher vom letzten Wüstensklave Band bekommen und es ist einfach immer wieder ein unglaubliches Gefühl, das eigene Buch in den Händen zu halten.

 

So, nun aber genug geschwafelt. Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 
 

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Überraschende Hilfe

 

 

In Gedanken versunken sitzt Atemu unter dem alten Olivenbaum. Dort, wo sie vor Wochen Pläne geschmiedet hatten, wie sie Shimon retten könnten. Nun muss er sich fragen, ob der alte Mann überhaupt noch lebt oder ob er schon wegen Hochverrats hingerichtet worden ist. Seufzend legt er den Kopf auf seine Arme und schliesst die Augen. Versucht, sich vorzustellen, was als nächstes auf sie zukommen könnte. Als er das Gras rascheln hört, blickt er hoch und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er einen kleinen Vogel sieht, der direkt vor ihm durch die Grashalme nach Insekten sucht.

»Du hast es gut. Du musst dir keine Sorgen um ein ganzes Land machen. Du musst dich nicht fragen, wie es den Menschen geht, die du liebst und du musst dich nicht damit herumschlagen, dass von dir erwartet wird, dass du eine Prinzessin heiratest«, murmelt er und sieht dem Vogel nach, als er mit einem Regenwurm im Schnabel davonfliegt. »So frei, wie du möchte ich auch gern sein.«

 

»So frei wie wer?«, fragt Seto und lässt sich neben Atemu ins Gras sinken. »Kein Grund, dich zu erschrecken, ich bin’s nur«, lacht er auf, als er den erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkt. »Versteckst du dich vor Hadrian? Er scheint es ja kaum erwarten zu können, dass du die Verlobung mit seinem Töchterchen bekannt gibst. Ich dachte, du willst ihm klar machen, dass du sie nicht heiraten wirst.«

 

Abfällig schnaubt Atemu. »Ich weiss. Und ja, ich gehe ihm so gut wie möglich aus dem Weg.« Genervt blickt er, sich an den Baumstamm lehnend, nach oben ins Blätterdach. »Er kam rein und hat mich schon als seinen zukünftigen Schwiegersohn bezeichnet, als ich ihm sagen wollte, dass ich Helena nicht heiraten werde. Was hätte ich denn tun sollen? Selbst, als ich ihm gesagt habe, dass ich mit ihr aufgrund meiner Vergangenheit nie Kinder haben werde und dass die Kinder meiner Schwester meine Nachfolge antreten werden, war er immer noch der Meinung, dass ich sie heiraten solle. Ich konnte ihn lediglich davon überzeugen, dass ich den Vertrag erst unterschreiben werde, wenn klar ist, wie meine Zukunft aussehen wird.«

 

Nachdenklich zupft Seto an einem Grashalm herum. »Also konntest du dir lediglich Zeit erkaufen, um eine Lösung zu finden. Der Alte ist nun mal in den Traditionen verwurzelt, das wirst du nicht ändern können. Nur, wenn es ihm egal ist, dass du und Helena keine Kinder haben werdet, wieso heiratest du sie dann nicht einfach? Nichts zwingt dich, mit ihr das Bett zu teilen und sie wird bestimmt auch nicht böse sein, wenn du nichts von ihr wissen willst. Sie kann sich ja einen Liebhaber nehmen. Solange sie nicht schwanger wird, kann dir das dann ja egal sein.«

 

Langsam steht Atemu auf und geht ein paar Schritte vom Baum weg, bis er im Sonnenlicht stehen bleibt. »Du redest so, wie einst mein Vater geredet hat. Weisst du, warum er Kisara als seine Tochter angenommen hat?« Er blickt über die Schulter und grinst bitter, als er Seto die Schultern heben sieht. »Erstens, sie ist nicht die Erstgeborene und was noch wichtiger ist, sie ist ein Mädchen. In seinen Augen war sie gerade mal genug wert, um später mal zur Bündnisfestigung an einen Prinzen des chinesischen Grossreiches verheiratet zu werden. Er hatte schon alles geplant und wenn er nicht gestorben wäre, dann wäre wohl an Kisaras sechzehnten Geburtstag der Heiratsvertrag unterschrieben worden. Ich habe nach meiner Thronbesteigung seine Unterlagen durchgesehen und da war auch der Briefwechsel mit dem chinesischen Kaiser dabei, in dem es darum ging, sie mit dessen jüngsten Sohn Shao zu verheiraten.«

 

Als Seto das hört, muss er leer schlucken. Er blickt zur Seite und atmet tief durch, um seine plötzlich hochkochenden Gefühle zu beruhigen. »Verstehe. Wirst du die Gespräche dann wieder aufnehmen? Soviel ich weiss, ist Prinz Shao noch nicht versprochen.«

 

»Ach, Seto«, seufzt Atemu auf. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich möchte, dass ihr beide heiratet, wenn Kisara dich auch liebt. Sie soll ihren Ehemann selbst wählen und daran halte ich fest. Irgendwann muss einer den ersten Schritt machen, um etwas zu verändern und wenn ich das sein muss, dann soll es so sein.«

Wieder in Gedanken blickt er in die Ferne. »Sind eure Papiere angekommen?« Ein Rascheln lässt ihn zur Seite blicken, als Seto neben ihn tritt. »Ja, darum bin ich hier. Kimi hat sie gebracht und sie sehen gut aus. Wir können als mit den nächsten Schritten beginnen.«

 

Kurz beisst sich Atemu auf die Lippen. »Gut, gehen wir zurück zum Palast.« Ruckartig wendet er sich um und geht mit steifen Schritten durch das hohe Gras.

Seto folgt ihm mit einigem Abstand. Er ahnt, dass sein Cousin für sich sein möchte. Nicht umsonst hat er sich hier hin zurückgezogen. Hadrian kann er schliesslich auch aus dem Weg gehen, indem er sich einfach nicht im gleichen Palastflügel aufhält, wie der Kaiser.

In dem Moment, als sie den Kiesweg erreichen, hören und sehen sie wie mehrere Hubschrauber in Richtung Palast fliegen.

»Ich dachte, hier ist absolutes Flugverbot?« Fragend sieht Seto Atemu an, der langsam den Kopf schüttelt. »Ja und Nein. Es muss nur einen triftigen Grund geben, wie einen hohen Staatsbesuch, dann dürfen Hubschrauber in der Nähe des Palastes landen. Nur … ich weiss von keinem Staatsbesuch.«

 

Er hat ein ungutes Gefühl, als er langsam weitergeht und das verstärkt sich auch noch, als er sieht, wie Helena in einem wehenden hellblauen Kleid auf sie zu gerannt kommt. Atemlos bleibt sie schliesslich vor ihnen stehen. »Ihr dürft nicht zum Palast kommen«, stösst sie keuchend hervor. »Das sind Abgesandte des amtierenden Pharaos und sie haben etwa ein duzend Soldaten dabei. Ich habe gehört, wie mein Vater mit dem Botschafter am Telefon gestritten hat, als sie schon fast gelandet waren.«

 

Geschockt starrt Atemu sie an, Er ist zu keinem Wort fähig. So drängt sich Seto an ihm vorbei und sieht sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Was wisst Ihr, Prinzessin?« Verlangt er resolut zu wissen.

Nun beisst sie sich auf die Oberlippe und scheint für einen Moment zu schwanken, aber dann strafft sie sich wieder. »Sie scheinen gehört zu haben, dass Ihr hier seid. Zumindest habe ich das aus den Antworten meines Vaters rausgehört. Ihr dürft nicht zum Palast. Mario … ich meine, Hauptmann di Modena bringt Pferde und eure Sklaven zum Pantheon. Er reitet mit euch so schnell wie möglich nach Genua. Dort lebt seine Grossmutter, sie wird euch aufnehmen, bis ihr die Weiterreise organisiert habt.«

 

Seto öffnet schon den Mund, als ihm Atemu die Hand auf den Oberarm legt. »Warum Pferde?«, fragt er mit leiser, aber fester Stimme.

 

Nun lächelt Helena leicht. »Ich bin zwar nur eine Prinzessin und weiss kaum, wie es ausserhalb des Palastes aussieht, aber di Modena kommt aus der niederen Oberschicht. Er hat gesagt, dass Pferde weniger auffällig sind als ein Auto.« Nervös sieht sie sich um. »Am besten folgt ihr mir. Ich kann euch beide sicher zum Pantheon bringen.«

 

Seto und Atemu tauschen einen langen Blick aus. »Gut, bringt uns hin!«, bestimmt Atemu schliesslich und macht dabei einen Schritt auf sie zu. »Ich verspreche, dass ich einen Weg finden werde, dass Ihr mich nicht heiraten müsst«, raunt er ihr zu, woraufhin sie ihn mit einem erstaunten Blick ansieht. »Danke. Nun aber, folgt mir«, murmelt sie und rennt los. Jedoch nicht in Richtung Palast, sondern über die Wiese den Hügel runter zu einem kleinen Wäldchen.

Darauf vertrauend, dass die beiden Männer ihr folgen, sieht sie sich nicht um und bleibt erst stehen, als sie zwischen den Bäumen vom Palast aus nicht mehr gesehen werden kann. Nun dreht sie sich um und sieht zu ihnen. »Wir müssen den Palast umgehen. Hier im Wäldchen ist ein verstecktes Tor in der Mauer, die das Palastgelände umgibt. Ich weiss nicht einmal, ob mein Vater weiss, dass es noch existiert«, erklärt sie den beiden und geht nun deutlich langsamer weiter.

 

»Verstehe und warum erwartet uns der Hauptmann nicht dort?« Will Atemu wissen, während er neben ihr durch das Unterholz stapft. Seto, der auf seiner anderen Seite läuft, nickt zustimmend. »Das wüsste ich auch gern. Das wäre doch viel einfacher, als uns bis zum Pantheon durchzuschlagen.«

 

Helena blickt sich nervös um. »Vielleicht, aber wir müssen direkt nach dem Tor in einen alten Geheimgang rein, sonst können wir vom Palast aus gesehen werden. Mit den Pferden ist das nicht möglich und hier sind zu wenig Passanten unterwegs, um in der Masse unterzutauchen.«

 

Ruckartig bleibt Atemu stehen und ergreift gleichzeitig ihren Arm. »Kann es sein, dass Ihr den Weg schon mehr als einmal benutzt habt?« Noch bevor sie kaum sichtbar nickt und etwas von: »Ich habe mich als Kind so oft in die Stadt geschlichen«, murmelt, kennt er die Antwort. Schliesslich hat er als Jugendlicher etwas ähnliches gemacht. »Gehen wir weiter.« Seine Stimme ist leise und dieser wissende Unterton, schwingt in ihr mit. Als sie ihn ansieht, lächelt er sie auffordernd an. »Danke«, raunt sie und geht nun wieder weiter.

Sie müssen sich noch etwas mehr als zweihundert Meter durch das Unterholz schlagen, bis sie die Mauer erreichen, die als undurchdringbares Bauwerk das Palastgelände umgibt. Sicher hält sie die Gefahren draussen oder die Bewohner gefangen.

 

Seto will schon spöttisch fragen, wo denn dieses ominöse Tor sein soll, als es plötzlich da vor ihnen auftaucht, wo sich die eine Ecke der Mauer befindet.

Nervös blickt sich Helena um, ehe sie das Tor öffnet und hinausspäht. »Kommt, die Luft ist rein«, flüstert sie atemlos und huscht gefolgt von den beiden nach draussen.

Kaum ist das Tor hinter ihnen geschlossen, fühlt sich Atemu so frei, wie schon lange nicht mehr. Ihm wird schlagartig bewusst, dass er sich, obwohl er ein Sklave gewesen ist, bei Yugi zum ersten Mal in seinem Leben wirklich frei gefühlt hat. Diese Erkenntnis ist so überwältigend, dass er einen Moment schwankt. Er wäre vermutlich sogar gestürzt, aber ein fester Griff an seinem Oberarm verhindert dies. Erstaunt sieht er zu seinem Cousin, als dieser ihn weiterzieht. »Jetzt ist keine Zeit, umzukippen. Das kannst du dann machen, wenn wir in Sicherheit sind«, grollt Seto. Unerbittlich hält er ihn nun fest, während sie Helena folgen, die auf eine unscheinbare Felsformation zueilt.

 

Als sie näherkommen, sehen sie eine Spalte, die gerade breit genug ist, dass sich eine schlanke Person durchzwängen kann. Dort bleibt Helena stehen und wartet ungeduldig auf sie. »Hier müssen wir durch. Es ist eng, aber nur etwa zwei Meter weit. Danach weitet sich der Gang und wir können halbwegs normal gehen«, erklärt sie ihn mit leiser Stimme, bevor sie sich durch den Spalt zwängt.

 

»Du zuerst«, murmelt Atemu und nun ist er es, der Seto auf den Spalt zu schiebt. Sein Cousin ist für die kleine Öffnung beinahe zu gross und er kann hören, wie die Kleidung über den Felsen reibt. Noch ein letztes Mal blickt er sich um, ehe er den beiden folgt und sich durch den Spalt zwängt. Anscheinend keine Sekunde zu früh, kann er doch auf einmal viel zu nahe Stimmen hören, die sich ihnen nähern.

Nach unendlich scheinenden zwei Metern, die ihm beinahe den Atem rauben, weichen die Wände endlich zurück. Ungeschickt stolpert Atemu ein paar Schritte und muss dann die Augen schliessen, als er von einer Taschenlampe geblendet wird. »Nimm das Licht vom Eingang weg. Draussen sind Leute«, zischt er leise und hat doch das Gefühl, dass seine Stimme unglaublich laut widerhallt.

Sofort senkt sich der Lichtkegel und leuchtet dann in einen nach unten führenden Gang, der wohl schon vor Generationen grob in den Fels gehauen worden ist.

»Folgt mir«, flüstert Helena tonlos und geht langsam, sich trotz des Lichtkegels an der Wand abstützend in die Dunkelheit.

Je weiter sie gehen, desto feuchter und kälter wird die Luft um sie herum. Wenn das Licht der Taschenlampe nicht wäre, würde sie absolute Dunkelheit umgeben, während der Gang sie immer weiter nach unten in die Erde führt.

Auf einmal mündet der grob gehauene Gang in einem unterirdischen Aquädukt mit gemauerten Wänden. »Wow, das muss noch aus der Zeit der Gründung Roms stammen.« Ehrfürchtig fährt Atemu mit den Fingerspitzen über die Wände. »Sie sind noch mit Puzzolan verputzt.«

 

Leicht nickt Helena, die nun auf dem schmalen trockenen Streifen, der an der Wand entlang führt, steht. »Ja, dieses Aquädukt ist so gut wie unbekannt und auf keiner öffentlichen Karte verzeichnet. Er führt direkt zum Pantheon. Dort können wir durch eine versteckte Luke direkt ins Gebäude gelangen.«

Ungeduldig wartet sie darauf, dass die beiden sich fertig umgesehen haben, ehe sie weitergeht. Hin und wieder dringt durch eine Ritze unter der Decke Licht bis zu ihnen vor. Durchbricht die Dunkelheit mit kleinen Lichtbändern, die ansonsten nur vom Licht der Taschenlampe in Helenas Hand zerstreut wird.

Immer wieder müssen sie durch das Wasser waten, was besonders Seto immer wieder genervt murren lässt. »Ihr habt diesen Weg schon öfters benutzt? Obwohl Ihr nasse Füsse bekommt?« Wollte er misstrauisch von Helena wissen.

Sie nickt, ohne sich umzusehen. »Ja, meistens fliesst hier aber deutlich weniger Wasser. Vermutlich hat es bei der Quelle geregnet, dass hier jetzt so viel Wasser ist«, erklärt sie leise und biegt an einer Kreuzung nach links ab.

Sie laufen noch fast zehn Minuten weiter durch das Aquädukt, bis Helena vor einer Treppe stehen bleibt, die so steil ist, dass sie eher an eine in die Wand gehauene Leiter erinnert. »Hier müssen wir hoch«, flüstert sie den beiden Männern zu, bevor sie vorsichtig die steinernen Stufen erklimmt.

 

Zweifelnd blicken Seto und Atemu nach oben. »Hoffentlich haben wir uns nicht verirrt«, murrt Seto, als er hinter der Prinzessin nach oben steigt und ihr dann hilft, die Bodenplatte nach oben zu drücken.

Je mehr sich die Platte hebt, desto heller wird es. »Wartet hier.« Befiehlt Helena leise und steigt durch die Öffnung nach oben. Sie verschwindet aus ihrem Blickfeld, kommt aber schon nach ein paar Minuten wieder zurück. »Die Luft ist rein«, ruft sie ihnen gedämpft zu und hilft ihnen dann, aus dem Loch im Boden zu steigen. Mit vereinten Kräften schieben sie die Bodenplatte wieder über die Öffnung und lassen sie lautlos zurück an ihren Platz sinken.

Erst jetzt schauen sich Seto und Atemu in dem gedämpften Licht um. Sie befinden sich in einer der Nischen, die von den Säulen verdeckt werden und kaum einsehbar sind. »Wie weiter?«, flüstert Atemu und sieht Helena fragend an. »Ich gehe raus und schaue, ob di Modena und eure Sklaven schon hier sind und bringe sie zu euch«, erklärt sie ihnen und eilt davon.

»Bleiben wir hier im Schatten«, raunt Seto und zieht Atemu tiefer in den Schatten der Säule vor ihnen. Er vertraut Helena nicht unbedingt, aber was sollen sie denn sonst schon machen? Immer wieder späht er vorsichtig um die Säule herum. Es dauert eine Ewigkeit, bis Helena mit Kimi wieder zurückkommt. »Di Modena und die Sklavin warten mit den Pferden draussen. Zieht Euch um, ich warte hinter der anderen Säule.« Mit diesen Worten verschwindet sie wieder aus ihrem Blickfeld.

 

»Wir haben alles dabei. Auch den Korb mit der Schokolade und den Briefen«, flüstert Kimi und sieht scheu zu Atemu, der erleichtert aufatmet. »Danke. Es hätte sehr weh getan, wenn die Sachen weg gewesen wären.« Gibt er ebenso leise zu und nimmt die Tasche entgegen, die er ihm reicht. Auch Seto kriegt eine Tasche und murrt leise, als er die braune Reisekleidung aus grober Baumwolle sieht. »Reicht es nicht, dass wir die Umhänge anziehen?« Murrend zieht er sich die eigentlich bequemen Kleidungsstücke an.

 

Als sie fertig umgezogen sind, packt Kimi die edlen Kleider in die Taschen und reicht ihnen nun noch Schuhe aus stabilem dunkelbraunen Leder, die typisch für das einfache Volk sind. Kaum haben sie sich die auch angezogen, legen sie sich noch die Umhänge um und da kommt auch Helena wieder zu ihnen. »Seid ihr fertig?« Fragend mustert sie die beiden, bis sie nicken. »Gut, dann folgt mir.« Sich in den Schatten haltend, folgen sie Helena zum grossen Portal.

Um so wenig wie möglich aufzufallen, treten sie wie normale Besucher des Gebäudes nach draussen, bleiben dann aber wieder in den Schatten der Säulen stehen, während Kimi raus ins Sonnenlicht tritt und um eine Ecke verschwindet.

»Wo geht er hin?«, raunt Atemu Helena zu, die sich noch mehr in den Schatten der Säulen hält. »Er holt di Modena und die Sklavin. Sie warten in einer der Seitengassen, bis wir soweit sind. »Verstehe«, murmelt Atemu und blickt sich suchend um. Er war erst einmal beim Pantheon und kann sich kaum noch daran erinnern, wie es damals ausgesehen hat. Nur an eines erinnert er sich, dass zu der Zeit deutlich weniger Händler unterwegs gewesen waren als heute. Der Platz pulsiert vor Leben und das Rufen der Händler erfüllt die Luft mit einem Stimmengewirr, dass eher einem lauten Summen gleicht.

 

Endlich sieht er, wie Kimi gefolgt von Anna, di Modena und fünf Pferden auf sie zu kommt. Die Pferde bei den Sklaven lassend, kommt Mario zu ihnen und sieht sie ernst an. »Wir werden mindestens eine Woche unterwegs sein, bis wir mit den Pferden Genua erreichen. Rechnet eher mit zwei Wochen. Es wäre ehrlich gesagt besser, wenn ihr die Sklavin mit ihrem Kind hierlassen würdet.« Ernst sieht er die beiden Männer an, die den Blick ebenso ernst erwidern. »Wir lassen Anna und Toshi sicher nicht hier! Dann sind wir halt länger unterwegs!«, zischt Seto mit blitzenden Augen, woraufhin Mario die Hände hebt. »Ganz ruhig. Wenn Ihr es unbedingt wollt, nehmen wir sie natürlich mit.«

Als nun Helena vortritt, wird sein Blick weicher. «Prinzessin. Ihr solltet schon nicht mehr hier sein. Ihr werdet bestimmt schon im Palast vermisst.«

Helena blickt kurz zu Seto und Atemu, aber dann tritt sie vor und legt die Hand auf Marios Brust. »Ich weiss, aber ich werde dich jetzt für mehrere Wochen nicht mehr sehen. Ich … kann Euch doch nicht einfach gehen lassen, ohne dass ich mich von Euch verabschiede.« Nur mit Mühe kann sie ein leises Schniefen unterdrücken.

Leicht lächelnd legt er seine Hand auf die ihre. »Prinzessin. Ihr wart schon länger im Ausland, als ich jetzt unterwegs sein werde.« Als sie ihn nun ansieht, erwidert er ihren Blick. »Ich komme so schnell zurück, wie es mir möglich ist.«

Den Blick wieder senkend, schluckt Helena leer. »Ich weiss, aber da war mir noch nicht klar, was ich fühle. Passt auf Euch auf. Es ist ein langer Weg bis zu Euren Ländereien.« Ihre Stimme ist kaum hörbar. So leise und doch eindringlich spricht sie die Worte aus. Sie sieht ihn jetzt auch wieder an, bis er ihre Hand an seine Lippen legt und einen Kuss auf den Handrücken haucht. »Versprochen. Ich passe auf mich und meine Begleiter auf. Nun geht zurück in den Palast, bevor sie Euch suchen gehen. Zwei meiner vertrauenswürdigsten Leute warten im Café auf der anderen Seite des Platzes auf Euch.«

 

Helenas Herz macht einen Sprung, als sie den gehauchten Kuss auf ihrem Handrücken spürt. Noch immer schlägt es deutlich schneller, als mit gesenktem Blick nickt und von ihm zurücktritt. Erst jetzt wendet sie sich Seto und Atemu zu. »Ich wünsche Euch bei Eurem Vorhaben viel Glück. Pharao und Prinz Seto, sorgt dafür, dass wir bald wieder des Friedens sicher sein können.« Sie staunt, wie fest ihre Stimme klingt und auch, dass sie nicht zurückweicht, als Atemu nun vortritt und ihre Hände ergreift. »Ich weiss nicht, wie ich Euch danken soll, Prinzessin. Ich kann nur eins sagen und versprechen. Egal, wie es ausgeht, ich werde versuchen eine Lösung für unser Dilemma zu finden.« Leicht lächelt er sie an, als sie ihn erstaunt ansieht. »Die Zeiten sollten sich endlich ändern. Nun geht und vertraut auf das Schicksal.«

»Danke, Pharao«, murmelt sie und tritt nun zurück. Knapp nickt sie Seto zu und eilt dann über den Platz zu dem genannten Café.

Kaum ist sie weg, strafft sich Mario und mustert die beiden. »Gut, bevor wir aufbrechen, wie soll ich Euch auf der Reise nennen?«

 

Nun grinst Atemu trotz allem breit. »Bei meinem Namen. Ich heisse Yami Atemu Muto. Yami reicht aber und Seto heisst von jetzt an Gwener Muto.«

Leicht nickt Mario. »Gut. Da ich die fünf Pferde sowieso zu meinem Anwesen bringen wollte und es unmöglich ist, die Gäule zu einem normalen Preis mit einem Transport nach Genua bringen zu lassen, wollte ich die Strecke in einigen Wochen tatsächlich reiten.« Er deutet zu den braunen Pferden, die bei Kimi und Anna stehen, die Toshi in ein Tragetuch gewickelt vor ihrer Brust trägt. »Gehen wir.«

Sie gehen zu den beiden rüber und ohne ein Wort zu sagen, drückt Mario ihnen die Zügel in die Hand. Seto hilft Anna aufzusteigen, behält dann aber die Zügel in der Hand, als er selbst aufsteigt. Es dauert eine Weile, dann sitzen alle sicher in ihren Sätteln. Ernst sieht Mario in die Runde und erst, als er sich sicher ist, dass sie alle bereit sind, treibt er sein Pferd an.

Obwohl sie die Stadt so schnell wie möglich hinter sich lassen wollen, reiten sie in einem gemächlichen Schritt voran. So wie Seto Annas Pferd am Zügel führt, führt Atemu Kimis Pferd neben sich her.

 

Je länger sie schweigend durch die belebten Strassen Roms reiten, desto grösser wird Atemus Bedürfnis, seine Stute schneller laufen zu lassen. Die Bedrohung, die von seinem Onkel ausgeht, ist noch nie so real … so nahe … gewesen, wie jetzt. Nicht einmal am Flughafen, als sie sich gerade noch so in das Flugzeug hatten retten können, hatte er die Gefahr so wahrgenommen, wie jetzt. Unbewusst treibt er sein Pferd an, das gehorsam schneller wird, bis es von di Modenas Pferd gestoppt wird.

Erstaunt sieht Mario über die Schulter zu ihm rüber. »Immer mit der Ruhe. Wir passieren gleich das nordwestliche Stadttor. Also behaltet die Nerven.« Eindringlich fixiert er Atemu mit seinem ruhigen Blick, bis sich dieser wieder mit Kimis Wallach an der Hand zurückfallen lässt.

 

»Verdammt, was ist nur mit mir los?«, murmelt Atemu leise. »Ihr seid angespannt. Nach Wochen des Nichtstuns und des Planens, geht es nun endlich voran und das schneller, als Ihr es gedacht habt.« Beantwortet Kimi flüsternd und mit gesenktem Blick die Frage.

Dies bringt ihm einen verwirrten Blick ein, der ihn leicht schmunzeln lässt. »Ich weiss, Ihr hattet keine Antwort erwartet, aber ich weiss, wie Ihr Euch fühlt. Bis ich vor drei Jahren in den Palast kam, habe ich diese Anspannung mehr als einmal erlebt.«

 

Ertappt blickt Atemu wieder geradeaus. »Das kann ich mir gut vorstellen. Mir ging es schon mehr als einmal so. Nur so extrem habe ich es noch nie empfunden. Früher war es irgendwie schon beinahe eine feste Komponente meines Lebens, darauf zu warten, aktiv zu werden und dann auch zu handeln und später, da war ich viel zu sehr damit beschäftigt, irgendwie zu überleben, um überhaupt etwas in der Art zu fühlen.« Er spricht so leise wie zuvor. Er selbst kann seine eigene Stimme kaum hören und doch nickt Kimi wieder kaum sichtbar. »Ihr seid nicht allein. Vergesst das nie.« Scheu lächelt er Atemu an, senkt aber sofort den Blick, als er merkt, dass sie sich dem grossen Stadttor nähern, durch das sich die Händler mit ihren Waren in die Stadt drängen. Im Gegenzug verlassen andere Händler mit beinahe leeren Karren die Stadt.

Kurz blickt Atemu zu Seto. Er nickt ihm zu und dann senkt er den Blick, bis man ihm, dank der Kapuze seines Umhangs, nicht mehr direkt ins Gesicht sehen kann.

 

Seto murrt innerlich, als er beobachtet, wie der stolze Pharao sein Haupt senkt. Das passt nicht zu ihm. Er kämpft mit sich, aber dann senkt er ebenfalls sein Haupt, bis auch sein Gesicht durch den dunklen Stoff der Kapuze beinahe komplett verdeckt wird.

 

Anders, als seine Begleiter, blickt Mario stolz nach vorn, als sie das Tor passieren. Er will schon aufatmen, dass sie die Stadt sicher hinter sich lassen können, als sich ihnen eine der Torwachen in den Weg stellt und sie so zum Anhalten zwingt. »Hauptmann di Modena? Was für ein ungewöhnlicher Anblick. Wohin des Weges und wer sind Eure Begleiter?«

Innerlich verflucht Mario den jungen Torwächter, den er als Angelo Berlusconi erkennt. »Angelo. Du hast heute Dienst?«, fragt er zurück, erhält aber nur ein knappes Nicken als Antwort. »Ich muss wohl antworten.« Schief grinsend sieht er den rothaarigen Soldaten an, der keinen Millimeter zur Seite weicht. »Das sind Yami und Gwener Muto. Sie helfen mir, diese Pferde zu meinem Anwesen zu schaffen, da sie mit ihren beiden Sklaven in die gleiche Richtung reisen müssen.«

 

Zweifelnd blickt Angelo auf die Truppe. »Warum lasst Ihr die Pferde nicht einfach zu Eurem Anwesen bringen?«

Schief grinsend hebt Mario die rechte Hand und reibt den Zeigefinger und den Daumen aneinander. »Die Preise sind für diese Strecke unverschämt teuer und da ich sowieso mal wieder einen ausgedehnten Wanderritt machen wollte, passt es doch wunderbar zusammen. Das Wetter ist auch perfekt.« Breit grinsend deutet er zum strahlend blauen Himmel.

 

Angelo blickt auch zum Himmel und grinst dann auch breit. »Wo Ihr Recht habt, habt Ihr Recht. Dann wünsche ich Euch viel Spass auf Eurer Reise. Jedoch passt auf, es sind wohl zwei Kriminelle aus dem ägyptischen Grossreich hier irgendwo in der Gegend unterwegs. Darum müssen wir auch jeden kontrollieren, der durch eines der fünf Tore kommt. Da Ihr Eure Begleiter jedoch zu kennen scheint …« Er beendet den Satz nicht, sondern tritt nur zur Seite und lässt sie nun endlich passieren. »Gut zu wissen. Ich halte die Augen auf«, ruft Mario dem jungen Soldaten noch zu, als er an ihm vorbeireitet und dann haben sie es endlich geschafft! Die Stadt liegt hinter ihnen. Vor ihnen liegen jedoch gut fünfhundert Kilometer auf der Küstenstrasse, bis sie Genua erreichen werden.

 

Weiter in diesem langsamen Schritt reitend, der nicht nur Atemu langsam wahnsinnig macht, sondern auch Seto, folgen sie dem Zug der Händler.

Erst, als die Stadt hinter mehreren Kurven und Pinien aus ihrem Sichtfeld verschwunden ist, dreht sich Mario zu seinen Reisebegleitern um. »Seid ihr alle sattelfest genug, um schneller zu reiten?« Er fragt sie zwar alle, aber eigentlich meint er nur die beiden Sklaven.

»Wie weit wollt Ihr heute kommen?«, fragt Atemu zurück, woraufhin Mario auf seine Armbanduhr blickt. »Wir müssen heute fünfundzwanzig Kilometer weit kommen, bis wir eine Hütte erreichen, in der wir die Nacht verbringen können.«

 

Unwillkürlich überprüft Atemu den Stand der Sonne. »Also müssen wir, wenn wir vor Einbruch der Dunkelheit die Hütte erreichen wollen, mindestens fünf Kilometer pro Stunde schaffen, wenn wir keine Pause machen.«

 

Überrascht nickt Mario. »Ja, aber da wir ein Baby dabei haben, müssen wir ziemlich sicher mit mindestens zwei Pausen rechnen. Also, können wir schneller reiten? Ja oder Nein!«

 

»Ich nehme das Baby! Dann kann Anna sich besser festhalten«, bestimmt Seto kurzerhand und reitet mit ihr an den Strassenrand, wo er ihr das Bündel abnimmt. Sie hilft ihm, die Kleine mit dem Tragetuch sicher an seiner Brust festzubinden. In der Zwischenzeit ist Atemu abgestiegen und hat zwei Stricke aus einer der Taschen geholt. Er befestigt den einen an der Trense von Kimis Pferd, ehe er ihm die Zügel in die Hand gibt. »Nur für den Fall der Fälle. Sollte ich den Strick loslassen, mache dich schwer und zieh an den Zügeln«, erklärt er dem jungen Sklaven, ehe er zu Annas Pferd geht und das Ganze wiederholt. Nur drückt er diesmal den Strick Seto in die Hand. »Die kleine Toshi steht dir.« Neckend zwinkert er ihm zu.

Ein leises Grummeln begleitet ihn zurück zu seinem Pferd, auf das er nun wieder steigt. Kaum sitzt er wieder sicher im Sattel, greift er nach dem Strick von Kimis Pferd und nickt di Modena zu. »Wir können jetzt schneller reiten. Kimi und Anna können sich an den Sätteln festhalten.«

 

Kopfschüttelnd wendet sich Mario, der alles schweigend beobachtet hat, wieder nach vorn um und reitet los. Ein paar Minuten reiten sie noch in einem gemütlichen Schritt, ehe sie in einen lockeren Trab wechseln.

Immer wieder sehen Atemu und Seto zu Kimi und Anna, aber die Pferde haben so einen weichen und sanften Trab, dass die beiden kaum Probleme damit haben, das Gleichgewicht zu halten und sich dem Rhythmus der Trabschritte anzupassen.

 

Während gut zwei Stunden wechseln sie immer wieder zwischen Schritt und Trab ab. Nicht unbedingt wegen den Pferden, die sind auch nach zwei Stunden so energiegeladen, als wären sie gerade erst aufgebrochen, sondern wegen ihren Reitern. Selbst Atemu, der körperliche Arbeit gewohnt ist, ist froh, als sie bei einer einfachen Hütte neben einer Quelle anhalten und er von seinem Pferd steigen kann. »Sagt mal, di Modena, wie heissen die Pferde überhaupt?« Möchte er wissen, während er Kimi und Anna dabei hilft, auf den Boden zu kommen.

 

Mario verkneift sich ein Grinsen, als er die steifen Bewegungen der anderen sieht. »Sie haben noch keine Namen. Zumindest kenne ich sie nicht. Ich dachte, ich benenne sie nach den grossen Gasplaneten und der Sonne. Entscheiden werde ich es aber erst, wenn wir unser Ziel erreicht haben.« Er steigt nun auch ab und streckt sich, ehe er die Zügel nimmt und sein Pferd zur Quelle führt.

»Verstehe«, murmelt Atemu und geht zu Seto und Anna rüber. Er hilft ihnen, die kleine Toshi aus dem Tragetuch zu nehmen und sie der erschöpften Anna in die Hände zu drücken.

Kaum hat er das gemacht, muss er reflexartig Seto festhalten, der absteigt und dabei beinahe auf dem Hosenboden landet. »Verdammt, ich bin wohl zu lange nicht mehr geritten.« Murrend richtet er sich stolz auf und greift nach den Zügeln. Mit steifen Schritten geht er breitbeinig zu der Quelle und lässt sein Pferd saufen.

 

Nur mit Mühe kann Atemu ein Lachen unterdrücken. Dabei hilft ihm, dass auch er eher breitbeinig unterwegs ist und er die Muskeln in seinen Oberschenkeln überdeutlich merkt. Zusammen mit Kimi führt er die restlichen drei Pferde nun auch zur Quelle, während sich Anna um die leise quengelnde Toshi kümmert. Routiniert wickelt sie die Kleine, bevor sie nach einer Dose mit Pulver und dem Fläschchen greift. Ratlos sieht sie die Dose an und geht dann zu der Quelle. »Meister Seto, wisst Ihr wie ich das Pulver anwenden muss? Die Köchin meinte, dass die Arbeitgeber ihrer Schwester daraus Milch für ihr Baby gemacht haben.«

Mit hochgezogener Augenbraue nimmt Seto die Dose mit der Babynahrung und liest die Anleitung. »Du musst bei dem Fläschchen zwei Messlöffel rein tun und dann Wasser dazu geben. Am besten warmes Wasser, aber es geht auch mit dem Quellwasser und dann musst du gut schütteln.« Er reicht ihr die Dose und beobachtet dann genau, wie Anna das Fläschchen vorbereitet. »Hoffentlich mag sie das dann auch trinken.« Zweifelnd sieht er zu Toshi, die glucksend auf dem Tragetuch liegt.

 

»Die Köchin meinte, dass die anderen Kinder das gern getrunken haben«, murmelt Anna und nimmt Toshi auf den Arm. Sie haucht ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn, ehe sie ihr das Fläschchen gibt. Nach ein paar Mal saugen, runzelt Toshi die Stirn und hört kurz auf zu trinken. »Bitte, trink. Wir haben hier keine Amme und auch keine Möglichkeit, dir etwas anderes zu geben«, raunt Anna der Kleinen zu und sie scheint sie zu verstehen. Zumindest beginnt sie wieder zu trinken. Erleichtert atmet sie auf. »Danke, Toshi«, murmelt sie und konzentriert sich nun voll und ganz auf ihr Töchterchen.

 

»Gut, eine Sorge weniger«, murmelt Atemu und sieht sich nun um. »Also, wie weit sind wir gekommen? Wo sind wir überhaupt?« Misstrauisch mustert er die verlassene Hütte und das karge Land um sie herum. Die wenigen Bäume sind Pinien und das Gras ist mehr braun als grün.

Grinsend kontrolliert Mario die Hufe und Beine der Pferde, bevor er sie das trockene Gras fressen lässt. »Hier haben einst Ziegenzüchter gewohnt, wenn sie ihre Tiere hier haben grasen lassen. Doch das ist schon ewig her«, erklärt er und sieht sich um. »Wir sind überraschend weit gekommen. Ich schätze so dreizehn Kilometer.« Prüfend sieht er auf die Uhr mustert dann die erschöpften Leute. »Wir bleiben bis morgen früh hier. So, wie ihr alle ausseht, riskieren wir sonst, dass einer von euch noch vom Pferd fällt.«

Laut seufzt Atemu und sieht zu Seto, der sich gerade hinter einen der Bäume verzieht. »Und wir müssen gut fünfhundert Kilometer zurücklegen. Das wird hart.«

Zweifelnd blickt Mario in den Himmel hinauf. »Wieso Genua? Ich werde die Pferde auch ohne euch da hinbringen können.« Er geht zu der Hütte und sieht hinein. »Gut, wir können in der Hütte schlafen.«

 

Aufmerksam beobachtet Atemu, wie sich di Modena die Hütte ansieht. »Genua ist der einzige Hafen, von dem aus wir ein Schiff nach Tarifa nehmen können.« Er betritt die Hütte und dreht sich einmal um die eigene Achse. »Da wir als Leute aus dem einfachen Volk durchgehen müssen, sind wir leider extrem eingeschränkt, was die Wahl der Schiffe und Reiserouten betrifft.« Müde setzt er sich auf einen Stein. »Noch vor ein paar Jahren hätten wir einfach mit einem Schiff ins ägyptische Grossreich reisen können. Nur sind die Grenzen entweder ganz dicht oder werden so stark kontrolliert, dass wir da unmöglich unerkannt durchschlüpfen können, wenn wir die normalen Routen über die Häfen in Alexandria und Kairo nehmen.«

Schief grinsend sieht er den Hauptmann an, der sich kurzerhand neben ihn setzt. »So wird eine Reise, von vielleicht zwei Wochen, zu einer Reise, die vermutlich den ganzen Sommer dauern wird.« Stellt Mario nachdenklich fest. »Die Frage ist, ob ihr so viel Zeit habt.« Sich mit beiden Händen abstützend, lehnt er sich zurück. »Vielleicht fällt uns unterwegs noch etwas ein, was die Reise verkürzen kann.«

 

»Das will ich auch hoffen! Das sind ja keine Zustände!« Mit angewidertem Blick sieht sich Seto in der Hütte um. »Kimi ist losgezogen, um zu schauen, ob er Nahrungsmittel finde, damit wir nicht zu viel von den wenigen Vorräten nehmen müssen.«

Mit zwei Fingerspitzen fährt er über einen der grossen Steine, die wohl mal als Sitzgelegenheiten gedient haben. Die Nase rümpfend sieht er auf den Staub, der die Haut bedeckt. »Wie lange werden wir hier rasten?« Fragend sieht er zu di Modena, der den Blick ruhig erwidert. »Wir übernachten hier. Ihr seid es nicht gewohnt, so lange zu reiten und ich will es nicht riskieren, dass morgen einer von euch vom Pferd fällt, weil ihr euch nicht mehr oben halten könnt.«

 

Lange schweigt Seto. So lange, dass Atemu schon glaubt, dass sie ohne Widerworte davonkommen werden. Doch dann kommt wieder Leben in die Gestalt seines Cousins. »Wir sollen, in dieser Ruine übernachten? Dann keine zwanzig Kilometer von Rom entfernt? Wir sind doch nicht so Hals über Kopf aufgebrochen, nur um so lange hier zu bleiben, bis sie den Pharao finden!« Entgeistert starrt er Mario an, der nun in aller Ruhe aufsteht. »Ja, wir übernachten hier in dieser Ruine in der Nähe der Stadt und das aus zwei Gründen.« Fest sieht er Seto an. »Erstens, würden sie nie auf die Idee kommen, dass hier die höchsten Mitglieder der Oberschicht übernachten. Zudem kann sich kaum einer an diese Hütte erinnern. Zweitens, gehen sie ziemlich sicher davon aus, dass wir auf der Hauptstrasse möglichst weit von der Stadt wegkommen wollen. Wenn sie uns suchen sollten, was ich bezweifle, dann viel weiter weg von der Stadt. Drittens, ihr bewegt euch alle jetzt schon, als wären wir mindestens einen ganzen Tag durchgeritten. Glaubt Ihr wirklich, dass Ihr oder der Pharao oder die beiden Sklaven und das Baby noch einmal drei Stunden auf dem Pferd durchhalten werdet?«

 

Unbeeindruckt hört sich Seto mit vor der Brust verschränkten Armen die Worte Marios an. »Das waren nicht nur drei, sondern sogar fünf Gründe«, grollt er und dreht sich um. »Ich bin draussen. Jemand muss ja aufpassen, dass niemand kommt.« Mit stolz nach oben gerecktem Kopf geht er mit steifen Schritten davon.

 

Kaum ist Seto draussen, kann sich Atemu ein leises Lachen nicht mehr verkneifen. »Du hast ihm den Wind aus den Segeln genommen. Die Frage ist nur, für wie lange.«

Mit den Schultern zuckend, geht Mario in die Hocke und mustert die alte Feuerstelle. »Ich staune, dass er nicht heftiger protestiert hat. Ihr scheint es ja relativ locker zu nehmen, dass wir hier bleiben, Hoheit.«

»Du kannst mich für die Dauer der Reise ruhig duzen. Wir ziehen hier alle an einem Strang und so reduzieren wir die Gefahr, dass wir uns aus Versehen verraten.« Leicht lächelt er, als Mario nun zu ihm sieht. »Oder siehst du das anders?« Möchte er mit sanfter Stimme wissen.

Daraufhin schüttelt Mario nachdenklich den Kopf. »Nein, es fühlt sich nur nicht richtig an«, murmelt er und strafft sich dann. »Aber gut, dann duzen wir uns bis zum Ende Eurer … deiner Reise.«

 

 
 

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Seto kann Helena nicht leiden, aber selbst er muss zugeben, dass sie nicht so schlecht sein kann. Na ja, jetzt sind sie endlich wieder unterwegs. Auch wenn die Reise noch lang ist.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto



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