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Sklave der Wüste

von

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Kaiser Hadrians Plan

Hallo zusammen

 

Verzeiht die Verspätung. Ich hatte heute so viel um die Ohren, dass die Zeit nur so gerannt ist und ich nicht dazu gekommen bin, das Kapitel hochzuladen.

 

Ich wünsche euch jetzt trotzdem viel Spass beim Lesen.

 
 

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Kaiser Hadrians Plan

 

Nur von ihrem Hauptmann Mario di Modena begleitet, schlendert Prinzessin Helena durch die Ruinen des Kolosseums. Immer, wenn sie nachdenken muss, kommt sie hierher, da hier der einzige Ort ist, an dem sie in der Regel ungestört ist.

In der Regel … seit der Hohepriester entführt worden ist, kann sie ausserhalb des Palastes keinen Schritt mehr alleine zurücklegen.

Ohne den Hauptmann zu beachten, setzt sie sich in den Schatten einer Säule und starrt vor sich hin. Immer wieder hört sie die unheilverkündenden Worte ihres Vaters in ihrem Kopf.

 

»Du wirst heiraten, sobald du deine Grossjährigkeit erreicht hast. Ich werde noch heute mit den Gesprächen zu den Bedingungen deiner Heirat beginnen!«

 

Ein Aufschluchzen unterdrückend, presst sie sich die Hand gegen die bebenden Lippen. Dass ihr jedoch die Tränen über die Wangen laufen, kann sie nicht verhindern. Die Augen zusammenpressend, zieht sie die Beine an ihren Körper und umschlingt sie mit beiden Armen, während sie nun hemmungslos schluchzt.

 

Eigentlich sollte sich Mario im Hintergrund halten. Sich nicht bemerkbar machen, solange er nicht gebraucht wird. Nur wie soll er das machen, wenn die Prinzessin so weint. Langsam nähert er sich ihr und geht neben ihr in die Hocke. »Prinzessin. Was ist denn?«, fragt er sie mit sanfter Stimme und muss sich dann tatsächlich abstützen, als sie ruckartig die Arme um ihn schlingt und lauter aufschluchzt. Er weiss nicht, was er tun soll. Die Hoheiten zu berühren ist nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt. Doch als sie sich noch fester an ihn drückt und ihr Gesicht an seinen Brustkorb drückt, legt er vorsichtig seine Arme um ihre bebenden Schultern. »Prinzessin?«

 

Heftig schüttelt sie den Kopf, ohne ihn loszulassen. »Ich will nicht. Ich will nicht heiraten.« Ihre Stimme ist durch den Stoff der Uniform gedämpft, dennoch kann Mario sie verstehen.

Sanft drückt er sie näher an sich. »Prinzessin. Ihr seid erst in zwei Jahren grossjährig. Bis dahin fliesst noch viel Wasser den Tiber hinunter. Ausserdem muss der Prinz, den Euer Vater ausgesucht hat, erst zustimmen. Verzweifelt nicht.« Mit Mühe schafft er es, den Stich in seinem Herzen zu ignorieren und seine Stimme ruhig zu halten. Ja, er schafft es sogar, zu lächeln, als sie ihn nun mit verweinten Augen ansieht. »Er ist kein Prinz und warum sollte er Nein sagen? Vater hat mich mit einer so grossen Mitgift ausgestattet, dass er gar nicht Nein sagen kann! Vater ist es egal, dass ich den Mann nicht liebe, dass ich ihn kaum kenne!«

 

Sanft legt er ihr die Hand auf die Wange und wischt ihr mit der Daumenspitze die Tränen von der Wange. »Ihr werdet ihn kennenlernen und gute Ehen beruhen nicht nur auf Liebe. Sondern auch auf gegenseitigem Respekt und wer weiss? Vielleicht wird mit der Zeit Liebe zwischen euch entstehen. Ausserdem sind es noch zwei Jahre. Bis dahin könnt Ihr ihn bestimmt kennenlernen.« Aufmunternd weiterlächelnd sieht er ihr in die Augen. Etwas, was er sich nur sehr selten erlaubt.

Doch der Blickkontakt wird unterbrochen, als sie heftig den Kopf schüttelt. »Wie soll er mich lieben, wenn sein Herz offensichtlich schon vergeben ist? Wie soll ich ihn lieben, wenn mein Herz schon vergeben ist?«, ruft sie aus und presst verzweifelt ihre Lippen auf die seinen. Umschlingt gleichzeitig seinen Nacken mit den Armen, sodass er ihr nicht ausweichen kann.

 

Erstarrt, verharrt er. Spürt ihre weichen Lippen, während sein Herz einerseits vor Freude schneller schlägt, gleichzeitig aber in tausend Stücke zerbricht. Für einen Moment erlaubt er es sich, den Kuss zu erwidern, aber dann erinnert sich daran, wer sie sind.

Obwohl es ihn alles an Überwindung kostet, umfasst er ihre Handgelenke und löst ihren festen Griff um seinen Nacken. So beendet er den Kuss. Noch immer glaubt er ihre Lippen zu spüren, als er sie sanft ansieht. »Helena, wir dürfen das nicht. Du bist die jüngste Prinzessin des römischen Grossreiches. Ich bin nur ein einfacher Hauptmann.«

 

»Aber ich liebe dich! Schon so lange liebe ich dich! Und du hast doch meinen Kuss erwidert. Also liebst du mich doch auch!« Sie schreit ihn an, während sie sich trotz seines Griffes um ihre Handgelenke, in dem Stoff seiner Uniform festkrallt.

 

Gepeinigt schliesst di Modena für einen Moment die Augen. Kämpft um Selbstbeherrschung. »Ja, ich liebe dich auch. Nur bin ich zwölf Jahre älter als du. Dazu gehöre ich nur der niederen Oberschicht an, während du offensichtlich schon bald verlobt sein wirst. Wir dürfen diesen Gefühlen also niemals nachgeben. Schon der Kuss eben muss einmalig bleiben. Nie wieder dürfen wir uns so nahe kommen.« Es zerreisst ihn innerlich, die Worte auszusprechen und sich von ihr zu lösen. Irgendwie schafft er es und richtet sich auf. »Prinzessin.« Er zwingt sich zu einem aufmunternden Lächeln. »Gehen wir zurück in den Palast. Hier draussen ist es für Euch nicht sicher, solange der Konflikt mit dem ägyptischen Grossreich nicht beigelegt ist.«

 
 

***
 

»Mein Pharao? Ich soll Euch ausrichten, dass der Kaiser Euch sprechen möchte.« Tief verneigt sich Kimi vor Atemu und Seto.

Erstaunt sehen die beiden Männer Kimi an. Schon seit Tagen haben sie von Hadrian nichts mehr gehört. »Hat er gesagt, was er von mir möchte?« Will Atemu wissen, während er gleichzeitig aufsteht und zum Kleiderschrank geht.

»Nein, er hat seinem persönlichen Diener nichts gesagt. Zumindest hat er mir das gesagt«, erwidert Kimi mit respektvoll gesenktem Blick, bevor er zu Atemu geht und ihm ungefragt dabei hilft, die einfachen, eines Pharaos unwürdigen Kleidungsstücke, gegen edle Kleidung auszutauschen.

»Dieses ägyptisch Blau steht Euch ausgezeichnet«, sagt er, als er die Knöpfe des Hemdes einen nach dem anderen schliesst und Atemu dann ins farblich passende Jackett hilft.

»Danke, Kimi. Ich nehme an, dass der Kaiser mich in seiner Bibliothek erwartet?« Fragend sieht er den jungen Sklaven an, der heftig nickt. »Ja, das tut er, hat der Diener gesagt.«

»Gut, dann bleibe du hier bei Seto und Anna«, bestimmt Atemu und kontrolliert noch einmal, ob Hemd und Jackett richtig sitzen, ehe er mit weit ausgreifenden Schritten das Wohnzimmer verlässt.

 

Während er durch die hellen Flure schreitet, fragt er sich mit jedem hallenden Schritt, was der Kaiser von ihm möchte. Seit ihrem Gespräch nach der Entführung Shimons hat er ihn nicht mehr gesprochen und das bereitet ihm Sorgen.

Als er auf die Tür aus Ebenholz zutritt, wird sie geöffnet, noch bevor er den Sklaven dazu auffordern kann. »Offensichtlich werde ich wirklich erwartet«, murmelt er trotz allem amüsiert schmunzelnd. Bevor er den Raum betritt, strafft er sich und setzt die Maske des hoheitsvollen Pharaos auf.

Stolz schreitet er durch die Tür, die sich hinter ihm schliesst. Er kennt die private Bibliothek Hadrians schon von seinen früheren Besuchen als Kronprinz und dann als Pharao. Der dunkelgrüne Teppich schluckt das Geräusch seiner Schritte, die Möbel im renaissance Stil, sind aus hellem Holz gefertigt und die Sitzflächen sind mit edlen, aber schlichtem roten Stoff bezogen. Er erinnert sich genau daran, dass der Stoff das letzte Mal gelb gewesen ist. Atemu weiss nicht, warum ihm das gerade jetzt auffällt, während er an den mit Büchern vollgestellten Regalen vorbeigeht, bis er vor Hadrian stehen bleibt, der ihn beim Kamin aus rosa Marmor erwartet. »Pharao, mein Diener hat Euch offensichtlich schnell gefunden. Setzt Euch bitte, wir haben viel zu besprechen.«

 

Bei den Worten hebt Atemu eine Augenbraue an, verkneift sich aber jegliche Erwiderung, zum Thema, wie die Bediensteten und Sklaven miteinander agieren. »Kaiser Hadrian, ich hoffe es geht Euch gut?«, fragt er stattdessen, während er sich auf einen der beiden bequemen Ohrensessel setzt und die Beine überschlägt.

Die Fingerspitzen vor seinem Kinn wie eine Pyramide aneinander legend, beobachtet er Hadrian, der sich nun in den anderen Sessel sinken lässt und ihn freundlich ansieht. »Es geht mir sehr gut. Wie ich höre, seid Ihr und Euer Cousin öfters in den Ställen unterwegs?« Leise klingt die Neugier in der sonst keine Emotionen zeigenden Stimme nach, was Atemu innerlich schmunzeln lässt. »Ja, da wir bald ins ägyptische Grossreich aufbrechen wollen, haben wir viel zu tun und das können wir am besten in den Ställen erledigen«, erwidert er vage. »Aber Ihr habt sicher nicht nach mir schicken lassen, um mir zu sagen, dass Ihr wisst, dass wir öfters in den Ställen sind.«

 

Leise lacht Hadrian auf. »Eure Wortwahl ist wie immer sehr faszinierend, wenn Ihr über etwas nicht reden wollt«, stellt er schmunzelnd fest, wird aber schlagartig wieder ernst. »Was haltet Ihr von meiner Tochter Helena?«

 

Über die Frage erstaunt, senkt Atemu die Hände und lehnt sich leicht vor. »Sie ist eine schöne und intelligente junge Dame, die ihrer Rolle als Prinzessin mehr als nur gerecht wird.« Als er das zufriedene Blitzen in den Augen des Kaisers sieht, lehnt er sich wieder zurück. »Warum fragt Ihr mich das?«

Leicht lächelt Hadrian. »Meine Tochter ist im richtigen Alter, um sich zu verloben. In zwei Jahren wird sie grossjährig. Also genug Zeit, um alles zu lernen, was es über das Land ihres zukünftigen Gatten zu lernen gibt.«

Ein ungutes Gefühl beschleicht Atemu, als er das hört. »Worauf wollt Ihr hinaus, Hadrian? Schliesslich seid Ihr von mir ein Onkel dritten Grades. Ich weiss also sehr gut, wie alt Prinzessin Helena ist.«

»Könnt Ihr es euch nicht denken? Ich möchte Euch meine Tochter zur Frau geben. Bis zu Eurer Heirat wird sie die perfekte erste Gattin des Pharaos, also Euch, sein.«

 

Für den Bruchteil einer Sekunde entgleisen Atemu die Gesichtszüge, ehe er sich wieder unter Kontrolle hat. »Ich weiss das Angebot zu schätzen. Nur warum bietet Ihr mir Eure Tochter als Braut an? Noch habe ich weder einen Thron, noch Vermögen, geschweige denn Land oder ein eigenes Zuhause.«

 

Amüsiert verschränkt Hadrian die Hände, während er sich gleichzeitig vorlehnt. »Noch! Ich bin überzeugt, dass wir das gemeinsam in den nächsten Wochen und Monaten ändern werden. Besser gesagt, sobald wir den Ehevertrag aufgesetzt und unterzeichnet haben, wird Euch die Insel Zypern gehören und … «

»Moment«, hebt Atemu die Hand und unterbricht Hadrian entgegen jeder Konvention. »Ihr bietet mir nicht nur die Hand Eurer jüngsten Tochter, sondern auch gleich eine ganze Insel an, um die Ihr schon seit Jahren mit meiner Familie streitet? Was sagt denn Euer Sohn dazu? Solltet Ihr nicht lieber daran denken, ihm eine kluge und besonnene Frau zur Seite zu stellen, die ihn führt und bei seinen künftigen Pflichten als Kaiser unterstützt?«

 

Laut seufzt Hadrian auf. Sich zurücklehnend, reibt er sich die Stirn. »Alexander ist wegen seiner Naivität ein ständiges Ärgernis. Er ist zwar ein netter junger Mann, aber als Thronfolger absolut ungeeignet. Bis jetzt habe ich keine passende Prinzessin für ihn gefunden darum biete ich Euch Zypern an und nach meinem Tod, soll die Kaiserwürde an Euren Zweitgeborenen gehen, den Ihr mit meiner Tochter haben werdet. Bis das Kind alt genug ist, werdet Ihr und meine Tochter über das Reich herrschen, sollte ich vor seiner Grossjährigkeit sterben.«

 

Sprachlos kann Atemu den Älteren nur ansehen. Sein Kopf ist wie leergefegt, als er versucht, das Gehörte zu verstehen. Sein Herz schreit vor Schmerz auf. Er will den Kaiser packen und schütteln. Doch er schweigt, um nichts Falsches zu sagen.

 

Das Schweigen falsch deutend, sieht Hadrian ihn zufrieden an. »Ich weiss, die Aussicht auf die Verbindung unserer Reiche ist überwältigend. Denkt in Ruhe darüber nach. Helena weiss Bescheid und sie freut sich sehr darauf, Eure Gattin zu werden und kann es kaum erwarten, Eure Antwort zu erfahren.«

 

Zweifelnd, dass dies der Wahrheit entspricht, sieht Atemu den Kaiser an. »Ich werde darüber nachdenken und mit Helena reden. Schliesslich geht es um ihre und meine Zukunft.« Er weicht einer direkten Antwort aus. Obwohl er ihm am liebsten ins Gesicht schreien würde, dass er Helena sicher nicht heiraten wird. Dass er ihr und sich eine solche rein politische Ehe nicht antun wird. Mit steifen Gliedern steht er auf und neigt leicht sein Haupt. »Entschuldigt mich. Ich habe noch viel zu tun«, sagt er kühl und verlässt ohne auf die Erlaubnis, sich zu entfernen, zu warten, die Bibliothek.

Mit versteinerter Miene eilt er durch die Flure und reisst so heftig die Tür zu ihren Räumen auf, dass Anna und Kimi erschrocken aufspringen und Seto ihn erstaunt ansieht. »Atemu, was ist passiert? Du bist ja völlig ausser dir.«

 

»Der Scheisskerl!« Voller Wut tritt Atemu gegen die Wand, nur um gleich darauf erneut zu fluchen, als ein stechender Schmerz durch seinen Fuss und sein Bein rast. »Verdammt!« Um Beherrschung bemüht ballt Atemu heftig atmend die Hände zu Fäusten.

 

Besorgt tritt Seto zu Atemu und legt ihm die Hand auf die Schulter. Zu seinem Erstaunen zuckt sein Cousin weder zusammen, noch weicht er der Berührung aus. »Was ist passiert? Was hat Hadrian von dir gewollt?« Der Blick, mit dem er nun angesehen wird, alarmiert ihn. »Atemu, rede mit mir.« Gepeinigt beisst sich Atemu auf die Lippen. »Er hat mir Helenas Hand angeboten. Er will, dass ich sie heirate und zu meiner ersten Gemahlin mache, sobald sie grossjährig ist«, erklärt er tonlos und sackt zusammen.

Reflexartig fängt Seto ihn auf. Erschrocken stellt er dabei fest, wie leicht sein Cousin ist. »Verdammt, wann hast du das letzte Mal richtig gegessen?«, murmelt er, während er den zitternden Atemu hochhebt und zum Sofa trägt. »Anna, bring uns eine leichte Suppe.« Er muss nicht hinsehen, um zu wissen, dass sie seinem Befehl sofort nachkommt. »Du bist auch eiskalt.« Fest rubbelt er die eiskalten Finger zwischen seinen Händen, bis Atemu die zuvor geschlossenen Augen öffnet, ihm die Hände entzieht und sich aufrichtet. »Es geht mir gut. Ich brauche keine Suppe«, murmelt er und setzt sich mühsam richtig auf dem Sofa hin. Tief einatmend fährt er sich mit beiden Händen durch die Haare, nur um dann vornübergebeugt sitzen zu bleiben, das Gesicht in den Händen vergrabend, die Ellbogen auf den Beinen abstützend. »Er … will mir Helena regelrecht schmackhaft machen, indem er … mir Zypern als ihre Mitgift anbietet und unser Zweitgeborener … soll den kaiserlichen Thron erben«, erzählt er stockend.

Seto hört ungläubig zu. »Zypern? Den Kaiserthron? Was sagt denn die Prinzessin dazu?« Automatisch nimmt er Anna die Tasse mit der Suppe ab und drückt sie Atemu in die Hände, der sie zu seiner Überraschung tatsächlich ergreift und einen Schluck trinkt. »Angeblich erfreut sie die Vorstellung, meine Frau und Königin zu werden.«

 

Als er das hört, kann Seto ein Schnauben nicht unterdrücken. »Natürlich und morgen dreht sich die Erde anders herum um ihre eigene Achse! Konntest du schon mit ihr reden?«

Ohne aufzublicken, schüttelt Atemu den Kopf. »Nein, ich … muss das erst selbst verarbeiten. Hadrian ist davon überzeugt, dass ich das Angebot nicht ausschlagen kann. Schliesslich streiten unsere Familien schon lange um Zypern und dann noch die Aussicht, den nächsten Kaiser des römischen Grossreiches zu stellen.«

Ernst nickt Seto. »Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass das kein guter Deal wäre. Wenn nicht sogar der Beste, von dem ich je gehört habe. Ohne Krieg zu führen, auf so einfache Art und Weise das Reich zu vergrössern ist schon eine einmalige Chance.«

 

Ohne sich aufzurichten, sieht Atemu zu Seto. »Ach, das ist mir gar nicht aufgefallen«, erwidert er zynisch. »Ich sage dir eins. Ich will und werde Helena nicht heiraten! Nur wie bringe ich das Hadrian bei, ohne ihn vor den Kopf zu stossen? Soll ich ihm etwa Kisara als mögliche Braut für Alexander anbieten?« Schlägt er Seto vor, was ihm aber gleich darauf leid tut, als er den unterdrückten Schmerz in dessen Blick bemerkt. »Tut mir leid. Ich meinte das nicht so. Ich werde mich sicher nicht zwischen dich und Kisara stellen, wenn sie dich auch liebt. Ich will das nicht mehr. Diese politischen Ehen, die in der Regel keinen der Ehepartner glücklich machen.« Tief atmet Atemu ein. »Ich werde mit Helena reden. Sie ist genauso betroffen, wie ich es bin und muss auch gehört werden.« Er strafft sich und blickt zu Kimi, der nervös neben Anna steht. »Kimi, lasse der Prinzessin ausrichten, dass ich sie unter vier Augen sprechen möchte.« Atemu ist selbst überrascht, wie fest sich seine Stimme anhört. Dennoch zögert Kimi. »Die Prinzessin hat schon vor über zwei Stunden mit Hauptmann di Modena den Palast verlassen. Soll ich ihrem persönlichen Diener sagen, dass sie zu Euch kommen soll, sobald sie zurück ist?« Ängstlich, weil er dem Befehl nicht wie gewünscht nachkommen kann, senkt er den Blick.

»Ja, tu das. Sie soll vorbeikommen, sobald sie wieder da ist.« Bewusst spricht Atemu mit sanfter Stimme und schafft es sogar, leicht zu lächelnd, als Kimi ruckartig den Kopf hochreisst und ihn ungläubig anstarrt. »Nun geh schon und richte es ihrem persönlichen Diener oder Sklaven aus.« Er hat den Satz noch nicht wirklich beendet, als Kimi auch schon herumwirbelt und durch die Dienstbotentür rennt.

»Er ist so ein guter Junge«, murmelt Atemu und lehnt sich die Augen schliessend zurück. »Wann sind deine falschen Ausweispapiere und die der Sklaven fertig?« Möchte er leise von Seto wissen, der sich nachdenklich das Kinn reibt. »In zwei bis drei Tagen. Hast du schon eine Idee, wie wir dann über die Grenzen kommen sollen? Denke daran, dass sie so gut wie geschlossen sind.«

Bei der Frage kann sich Atemu ein breites Grinsen nicht verkneifen. »Wir werden nach Tarifa reisen und von dort aus mit einem Fischerboot nach Tanger übersetzen.«

Scharf zieht Seto die Luft ein. »Das ist lebensgefährlich! Die Strasse von Gibraltar ist wegen der Strömungen nicht befahrbar! Selbst wenn wir es schaffen sollten, so gehört Tanger immer noch zum römischen Grossreich! Das Gebiet ist von einem hohen Zaun umgeben, der unüberwindbar ist!«

 

Amüsiert, weil sich Seto so aufregt, schüttelt Atemu den Kopf. »Die Strasse ist nicht unbefahrbar. Die Fischer dort wissen mit den Strömungen umzugehen und gerade weil Tanger zum römischen Grossreich gehört, müssen wir da übersetzen. Und wer hat gesagt, dass wir über den Zaun gehen werden? Denke dran, wir haben ein Baby dabei. Also werden wir den Zaun umgehen oder unterwinden. Je nachdem, wie es momentan vor Ort aussieht, können wir auch einfach als Händler durch das Grenztor spazieren. Was glaubst du denn, warum du gefälschte Dokumente besorgen sollst?«

»Na, dann hoffe ich, dass wir die Überfahrt überleben werden. Diese primitiven Boote sind ja nicht wirklich seetauglich«, murrt Seto und reibt sich den Nasenrücken. »Die Dokumente hätten wir vermutlich auch selbst ausdrucken können. So primitiv, wie sie sind.«

Obwohl Atemu alles andere, als zum Lachen zumute ist, kann er sich nicht zurückhalten. Er lacht schallend auf, als er Setos Gesicht sieht. »Diese primitiven Boote sind seetauglicher, als man denkt und diese primitiven Dokumente darf man auch nicht unterschätzen. Ich habe mir meinen Ausweis mal angesehen, also wenn man weiss, worauf man achten muss, kann eine Fälschung aus dem Drucker ganz leicht identifiziert werden.«

»Wenn du meinst, dann werde ich das mal glauben. Wo bleibt eigentlich Kimi? Ist das so schwer, einen Diener oder anderen Sklaven aufzutreiben?« Vielsagend blickt Seto zur Uhr, die leise tickend an der Wand hängt.

»Kimi muss erst den Diener oder Sklaven finden, auf den Helena auch hört. Das kann schon einen Moment dauern. Eigentlich ist es total unlogisch, dass die kaiserliche Familie auf diese Art der Informationskette besteht. Ein Anruf wäre deutlich schneller.« Leise seufzt Atemu und grinst dann schief. »Und das sage ausgerechnet ich, nach über 6 Jahren ohne Telefon und Co.« Dezent von dem Ticken genervt, blickt Atemu zur Uhr, verkneift sich aber jeglichen Kommentar.

 

Seto bemerkt den Blick und steht auf. Kurzerhand hängt er die Uhr ab und nimmt die Batterien raus. »Sag doch, wenn sie dich nervt. Auch wenn ich mich frage, wann du so empfindlich geworden bist und wie du ohne Uhr die genaue Zeit wissen willst.« Die Batterien legt Seto in eine der Schalen und hängt die Uhr dann wieder an ihren Platz.

 

»Ganz einfach, ich habe gelernt die Zeit am Stand der Sonne abzulesen und die Uhr zeigt ja immerhin noch zwei Mal am Tag die richtige Uhrzeit an«, scherzt Atemu wird dann aber ernst. »Es hört sich vielleicht seltsam an, aber das Leben beim einfachen Volk ist viel leiser als das Leben der Oberschicht. Wir haben hier so viele Hintergrundgeräusche, die es Zuhause nicht gibt.«

 

Nachdenklich sieht sich Seto um und fragt sich, was Atemu wohl meint. Jetzt, da die Uhr nicht mehr tickt, kann er beim besten Willen nichts mehr hören.

 

»Das leise Rauschen der Bodenheizung, die auch jetzt immer noch läuft. Dann so ein leises Knistern, das von den Stromleitungen in den Wänden kommt. Die Lampen knacken irgendwie, wenn man das Licht löscht. Das sind alles Geräusche, die ich vorher auch nicht wahrgenommen habe, die mir jetzt aber unglaublich laut vorkommen«, erklärt Atemu leise und blickt zur Dienstbotentür, durch die Kimi gerade wieder rein kommt. »Hast du den Diener oder Sklaven gefunden?«

 

Atemlos nickt Kimi. »Ja, aber ich musste den halben Palast nach dem Diener durchsuchen. Ich habe ihn schliesslich in seiner Kammer gefunden, musste aber warten, bis er mit seinem Schäferstündchen fertig war. Tut mir leid, dass ich nicht schneller gewesen bin.«

 

Leicht lächelnd nickt Atemu. »Du musst dich nicht entschuldigen. Du hast dich beeilt und deine Aufgabe erledigt. Das ist alles, was zählt. Nun kümmere dich mit Anna bitte um das Abendessen, damit wir dann pünktlich um 18 Uhr essen können.«

Als Seto das hört, kann er sich ein Schnauben nicht verkneifen. »Das sagst ausgerechnet du? Du bist so leicht, dass du vermutlich seit Wochen nicht mehr richtig gegessen hast!« Streng sieht er seinen Cousin an, woraufhin Atemu ertappt zur Seite blickt. »Ich hatte einfach keinen Hunger und wenn ich mich zum Essen gezwungen habe, wurde mir schlecht. Also habe ich es lieber gelassen.« Entschuldigend blickt er wieder zu Seto, der mit geschlossenen Augen den Kopf schüttelt. »Da ist es ja kein Wunder, dass du zusammenklappst.« Er öffnet wieder die Augen und sieht Atemu nun streng an. »Du wirst ab sofort wieder regelmässig essen! Das kann ja nicht sein, dass du Gefahr läufst, bei der nächsten Aufregung wieder zusammen zu brechen.«

 

Atemus Gesichtsausdruck ist so vielsagend, dass sich Seto zu den beiden Sklaven umwendet. »Anna, bereite in Zukunft für uns leichte Mahlzeiten zu, die nicht auf den Magen schlagen und dennoch nahrhaft sind und viel Energie liefern. Du Kimi, achtest darauf, dass er auch wirklich isst und nicht nur so tut.«

 

Gerade, als Atemu protestieren will, klopft es an der Tür. »Herein?«, ruft Seto sofort, woraufhin die Tür geöffnet wird und den Blick auf einen sich tief verneigenden Diener freigibt. »Pharao Nesut-anch-Ra. Prinzessin Helena ist angekommen und bereit, Euch zu treffen.« Den Blick weiterhin gesenkt haltend, richtet sich der Diener wieder auf. »In welchen Raum darf ich die Prinzessin geleiten?«

 

Von der plötzlichen Störung überrumpelt, starrt Atemu den Diener an, bis er ein leises Räuspern hört. Seto räuspert sich noch einmal und dann blickt der Diener endlich zu ihm rüber. »Sie soll hierher kommen. Dann schauen wir weiter«, befiehlt er an Atemus Stelle, woraufhin sich der Diener wieder tief verneigt. »Sehr wohl. Sie wird in ein paar Minuten hier sein.« Nach diesen Worten schliesst er die Tür, woraufhin Atemu und Seto sich erstaunt ansehen. »Also, ich muss ja sagen, dass ich nicht gedacht hätte, dass sie so schnell deiner Aufforderung nachkommen wird.« Stellt Seto schliesslich ernst fest.

Daraufhin schüttelt Atemu langsam den Kopf. »Du tust ihr Unrecht. Sie ist vielleicht verwöhnt und das Nesthäckchen der kaiserlichen Familie, aber sie ist immer noch eine Prinzessin und weiss, was sich gehört. Auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht anders erscheint. Denk dran. Nur dank ihr konnten wir überhaupt erst hierher reisen.«

Seto schnaubt und verschränkt die Arme. »Das ist auch das Einzige, was für sie spricht. Abgesehen von ihrem Aussehen und ihrer Mitgift.«

Als die Tür nach einem kurzen Klopfen wieder aufgeht, lehnt er sich demonstrativ an den Kamin und sieht abschätzig zu, wie Helena hoch erhobenen Hauptes eintritt, nur um dann vor Atemu zu knicksen. »Ihr wolltet mich sprechen, Pharao Nesut-anch-Ra?« Fragend sieht sie die beiden Männer an, ohne jedoch Seto zu grüssen.

Mit einem leichten Lächeln deutet Atemu zum Sessel. »Prinzessin Helena. Setzt Euch, bitte.« Geduldig wartet er, bis sie sich angespannt hingesetzt hat. »Ich nehme an, Ihr könnt Euch denken, weshalb Ihr herkommen solltet?« Möchte er mit sanfter Stimme wissen, woraufhin Helena zögernd nickt. »Ich nehme an, dass mein Vater mit Euch gesprochen hat«, antwortet sie und senkt den Blick auf ihre im Schoss verschränkten Hände.

Sie nicht aus den Augen lassend, nickt Atemu. »Ja, er hat mit mir gesprochen. Was ist Eure Meinung, zu seinen Plänen?« Bewusst behält er den sanften Tonfall bei, um sie nicht unbewusst unter Druck zu setzen.

Helena beisst sich auf die Lippen. »Ich fühle mich geehrt und würde mich freuen, Eure Gemahlin zu werden. An Eurer Seite zu stehen und Euch Kinder zu schenken.« Ihre Stimme ist leise, aber fest und nur, weil Atemu sie genau beobachtet, sieht er, wie sie unbewusst die Finger fester ineinander schlingt.

Tief seufzt er auf. »Es ehrt mich, das von Euch zu hören. Jedoch ist es offensichtlich nicht die Wahrheit. Prinzessin, ich denke, uns ist beiden bewusst, wie diese Ehe aussehen würde. Darum frage ich noch einmal, wollt Ihr diese Ehe wirklich eingehen?«

Als sie ihren Blick hebt und ihn nun direkt ansieht, lächelt er sie auffordernd an. »Los, sagt mir, was Ihr wirklich denkt. Euer Vater muss es nicht erfahren.«

 

Helena zögert. Ist das eine Falle? Will er sie in Sicherheit wiegen, nur um sich dann bei ihrem Vater über sie zu beschweren? Doch er wirkt so nett und ehrlich. So ganz anders, als die anderen Männer, denen sie schon vorgestellt worden ist. »Ich …« Ihr Blick gleitet zu Seto, der mit unergründlicher Miene dasteht. Kein Muskel regt sich in seinem Gesicht. Wenn das Blinzeln nicht wäre, würde sie ihn für eine Statue halten. Das verunsichert sie noch mehr, weshalb sie wieder zu Atemu blickt, der geduldig wartend dasitzt. »Ich …«, versucht sie es noch einmal. »Ich möchte Euch nicht heiraten!«, stösst sie ruckartig hervor, nur um gleich darauf erschrocken die Hand vor ihren Mund zu halten. »Verzeiht. Natürlich möchte ich eure Gattin werden. Nur weiss ich nicht, ob ich der Verantwortung gewachsen bin. Es wäre vielleicht …«

Die Hand hebend, bringt Atemu sie zum Schweigen. »Helena, es ist nicht nötig, dass Ihr Euch erklärt. Ich gebe es offen zu, dass ich auch nicht gerade von den Plänen Eures Vaters begeistert bin. Ich gebe zu, dass der Gedanke, Zypern wieder in unserem Reich zu wissen, sehr verlockend ist und dann noch das Versprechen auf den Kaiserthron …«, er hält inne und mustert sie genauer. »Jedoch bin ich der Meinung, dass es an der Zeit ist, von Heiraten aus politischen Gründen wegzukommen. Es birgt zu viele Nachteile. Nur schon, wenn ich da auf die doch recht nahe Verwandtschaft zwischen den Königshäusern blicke und was das für Probleme mit sich bringt.«

Mit offenem Mund starrt Helena ihn an. »Ihr wollt nicht … aber … mein Vater hat doch …«, stottert sie und verstummt dann hilflos.

 

»Ja? Was hat er?« Mischt sich nun Seto ein und stösst sich vom Kamin ab. Er setzt sich neben Atemu auf das Sofa. Wirkt aber eher bedrohlich, als freundlich. »Sagen wir doch, wie es ist. Er hat so ein verführerisches Paket geschnürt, dass mein Cousin kaum Nein sagen kann, ohne ihn vor den Kopf zu stossen.« Hart sieht er Helena an und registriert mit einer kleinen Genugtuung, wie sie zusammenzuckt. »Es ist schon sehr grosszügig vom Pharao, dass er mit Euch redet und den Ehevertrag noch nicht unterschrieben hat. Oder was meint Ihr?«

 

Wieder mit unköniglich weit aufgerissenem Mund starrt sie erst Seto, dann Atemu an. »Ihr … habt den Vertrag wirklich nicht unterschrieben?« Leichte Hoffnung regt sich in ihr, wie ein schwaches Licht, das heller wird, als Atemu bestätigend nickt. »Habe ich mich so undeutlich ausgedrückt? Oder könnt Ihr es nur nicht glauben?«, fragt er amüsiert. »Ich habe den Vertrag nicht unterschrieben. Jedoch kann ich nicht versprechen, dass ich es in Zukunft nicht doch tun werde, wenn ich mich dazu gezwungen sehen sollte. Es sei denn, Ihr könnt mir einen guten Grund nennen, abgesehen von unserer doch recht nahen Verwandtschaft, der gegen eine Heirat spricht.«

Dass er mindestens ein dutzend Gründe nennen könnte, weshalb er sie nicht heiraten kann, verschweigt er. So wie er auch die immer laute schreiende Stimme in seinem Innern unterdrückt oder zumindest ignoriert.

 

Helena schluckt leer. »Ich liebe Euch nicht. Ich weiss, dass Ihr mich nie werdet lieben können.« Mit jedem Wort wird ihre Stimme leiser und ihr Blick unsicherer. Was, wenn sie sich in ihm täuscht und ihr Vater die Drohung, sie in ein Kloster in den Highlands zu schicken wahr machen wird? »Jedoch ist mir bewusst, dass Gefühle in unseren Kreisen keine Rolle spielen dürfen.« Fügt sie sicherheitshalber noch hinzu.

 

Seto grinst amüsiert. Irgendwie macht es ihm Spass, die sonst so überhebliche Prinzessin in dieser Lage zu sehen. »Ihr habt es erkannt. Gefühle spielen keinerlei Rolle. Vielleicht sollte der Pharao eurem Vater ja vorschlagen, dass ich Euch zur Frau nehme. Dann wärt Ihr nur die Frau eines Prinzen und der Aufgabe solltet Ihr ja gewachsen sein.«

 

Schlagartig wird Helenas Gesicht schneeweiss. »Nein! Da gehe ich lieber ins Kloster!« Wirft sie Seto unüberlegt an den Kopf. Sie springt mit zu Fäusten geballten Händen auf. »Niemals, werde ich Euch heiraten, Seto!«, schreit sie ihn unbeherrscht an. Noch bevor einer der beiden Männer etwas sagen kann, ist sie aus dem Zimmer gestürzt und die Tür ins Schloss geknallt.

 

Leise seufzt Atemu auf. »Das war jetzt unnötig, Seto. Wir beide wissen, dass du sie niemals heiraten würdest. Also was sollte das?« Missbilligend sieht er seinen Cousin an, der jedoch, grinst nur breit. »Was denn? Sie ist eine verwöhnte Göre, die uns in den letzten Wochen mehr als einmal hat spüren lassen, dass wir auf den guten Willen ihres Vaters angewiesen sind. Es geschieht ihr nur recht, dass ich so mit ihr geredet habe.«

 

Missbilligend schüttelt Atemu den Kopf. »Du solltest eigentlich über solch kindischem Verhalten stehen«, rügt er Seto, aber seine Augen strafen seine Worte Lügen. Auch er hatte in der letzten Zeit immer mal wieder gehört, wie Helena geredet hatte und irgendwie hatte er es ja auf eine primitive Art und Weise genossen, wie sein Cousin sie geärgert hat.

 

Die Augenbraue hochziehend legt Seto die Arme auf die Sofalehne. »Nun tu nicht so. Ich kann es inzwischen an deinen Augen ablesen, was du wirklich denkst.« Er blickt an die Decke, betrachtet das Muster der Ornamente, die sich kunstvoll über die weisse Fläche schlängeln. »Dennoch solltest du gut darüber nachdenken, ob du deine Gefühle über die Konventionen stellen willst. Du musst ja nur so lange mit ihr schlafen, bis ihr zwei Söhne habt und danach kannst du sie ja links liegen lassen und dir deinen geliebten Yugi in den Palast holen.«

Als er den geschockten Blick Atemus bemerkt, schüttelt er langsam den Kopf. »Nun tu nicht so. Du wärst nicht der Erste und sicher auch nicht der Letzte, der das tut. Alle tun es, selbst wenn diejenigen, die so viele Gattinnen haben, dass sie an jedem Tag im Monat eine andere in ihr Bett holen könnten. Bestimmt würde es dein Liebster auch verstehen, dass es nun mal deine Pflicht ist, einen Nachkommen zu zeugen.«

 

Deprimiert blickt Atemu auf seine Hände. »Das weiss ich alles selbst. Natürlich könnte ich es so machen, nur … kann ich das mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren und dann ist da auch noch die Tatsache, dass es gar nicht sicher ist, dass ich überhaupt Kinder zeugen könnte. Selbst wenn ich es wollte. Mich stösst nur schon der Gedanke mit einer Frau das Bett zu teilen ab und …« Atemu zögert, aber dann sieht er Seto direkt an. »Ich könnte es Yugi niemals antun, bei mir im Palast zu leben. Er gehört dem einfachen Volk an und auch wenn sein Vater zur Oberschicht gehört hat, so hat er sich gegen dieses Leben entschieden. Er hatte die Wahl und er ist in seine Welt zurückgekehrt. Dazu kommt, dass er nicht besser als ein Diener oder Sklave behandelt werden würde. Sein einziger Schutz wäre, dass er mein Geliebter ist und das würde ihn über kurz oder lang vernichten.«

Ruckartig steht Atemu auf und geht zur Tür. »Ich werde mit dem Kaiser reden. Ich kann und werde Helena nicht heiraten und wenn ich als Grund die inzwischen zu nahe Verwandtschaft zwischen den Königshäusern anbringen muss.«

 

Seto will darauf etwas erwidern, aber da ist schon die Tür hinter Atemu zugefallen. »Na toll. Wenigstens die eine oder andere Sache solltest du vielleicht beim Alten lassen, bis du wieder sicher auf dem Thron bist«, murrt er vor sich hin und steht auf. Er tritt ans Fenster und blickt hinaus. Mit einem breiten Grinsen beobachtet er, wie die Prinzessin im Park die Arme um diesen di Modena schlingt und wie dieser die Umarmung erwidert. »So ist das also«, murmelt er vor sich hin, während er sich mit der rechten Hand übers Kinn streicht.

 

Unterdessen ist Atemu wieder zur privaten Bibliothek Hadrians gegangen und wartet dort geduldig darauf, dass der Kaiser von dem Treffen mit den Ministern zurück kommt. In den kalten Kamin blickend, lässt er seine Gedanken zu seinem Sharik wandern. Zu gern, würde er die Briefe, die er ihm täglich schreibt, auch zuschicken. Nur wem kann er die Briefe anvertrauen? Er ist so in seine Überlegungen vertieft, dass er nicht hört, wie jemand den Raum betritt.

Ein leises Räuspern reisst ihn schliesslich aus seinen Gedanken. Erschrocken zuckt er zusammen und sieht sich um, nur um gleich darauf aufzuspringen. »Kaiser Hadrian. Danke, dass Ihr mich so spontan empfangt.«

Lächelnd hebt Hadrian die Hand. »Ihr müsst euch nicht bedanken. Ich gehe davon aus, dass ich Euch bald als meinen zukünftigen Schwiegersohn begrüssen kann. Da ist es doch selbstverständlich, dass ich Euch auch spontan empfange. Nun setzt Euch aber wieder hin und lasst uns reden.« Seinen eigenen Worten folgend, setzt sich Hadrian auf den zweiten Sessel und sieht ihn dann aufmerksam an.

 

Atemu setzt sich ebenfalls wieder hin. Er räuspert sich vernehmlich und atmet dann tief durch. »Genau darüber wollte ich mit Euch sprechen. Ich fühle mich geehrt, dass Ihr mir die Hand Eurer Tochter anbietet, aber ich weiss nicht, ob es gut ist, wenn ich sie zur Gemahlin nehme.« Er wollte eigentlich nicht gleich so mit der Tür ins Haus fallen, aber die Worte des Kaisers haben ihn aus dem Konzept gebracht.

Missbilligend runzelt Hadrian die Stirn. »Erklärt Euch! Helena hat einen tadellosen Ruf und Ihre Mitgift ist wirklich mehr als grosszügig! Dazu ist sie noch jung und kann Euch viele Kinder schenken, die von dem reinen Blut unserer beiden Familien wären.«

 

Beschwichtigend hebt Atemu daraufhin die Hand. »Das ist es nicht, es hat andere Gründe.«

»Andere Gründe? Hat Helena etwa etwas gesagt, was Euch zweifeln lässt?« Will Hadrian mit blitzenden Augen wissen.

 

Sofort schüttelt Atemu den Kopf. Er ahnt, dass wenn er jetzt die Wahrheit über ihr Gespräch sagen würde, würde Helena Probleme bekommen. »Nein, sie hat sich vorbildlich verhalten und Eure Worte bestätigt. Das Problem liegt ganz allein bei mir.« Tief atmet Atemu ein. »Ich kann weder Helena, noch sonst eine Prinzessin ehelichen. Es wäre für jede Frau eine Zumutung mit mir verheiratet zu sein, da ich aufgrund meiner Vergangenheit nicht in mehr der Lage bin, ihnen beizuwohnen oder mit ihnen Kinder zu zeugen.«

 

Misstrauisch verengt Hadrian die Augen, während er sich gleichzeitig weiter vorbeugt. »Warum habt Ihr mir das nicht bei unserem vorherigen Gespräch gesagt?«

 

Für einen Moment schliesst Atemu die Augen, um dann Hadrian mit einer Ruhe, die er nicht fühlt, anzusehen. »Ich war von Eurem unglaublichen Angebot überwältigt. Ich musste erst darüber nachdenken und mit der Prinzessin sprechen, um mir darüber klar zu werden, was das Beste für unsere beiden Häuser wäre. Ihr wollt einen meiner Söhne zu Eurem Nachfolger machen. Nur würden eventuelle Kinder nicht von meinem Blut sein.«

 

Nachdenklich, aber auch immer noch leicht misstrauisch, lehnt sich Seto wieder zurück. »Verstehe. Das macht die ganze Sache komplizierter. Wie wollt Ihr dieses Dilemma wegen des fehlenden Thronfolgers dann lösen?«

 

Nun lächelt Atemu leicht. »Ich überlege meine Schwester mit Seto zu verheiraten. Ihr ältester Sohn würde dann meinen Thron erben.«

 

Erstaunt reibt sich Hadrian das Kinn. »Eine interessante Idee. Nur warum die beiden miteinander verheiraten? Wäre es nicht logischer, sie mit Nachkommen aus anderen Häusern zu verheiraten?«

 

Innerlich flucht Atemu. Wieso muss der Kaiser nur an alles denken? Von seinem Gedanken lässt er sich nichts anmerken, als er nun leicht grinst. »Auf den ersten Blick ja. Aber da durch die ganzen Ereignisse das Vertrauen des Volkes in ihre Herrscher vermutlich sehr leiden wird, wäre es unklug, wenn sie Prinzen und Prinzessinnen aus anderen Reichen ehelichen würden. Es würde vor dem Volk den Anschein erwecken, dass wir schwach sind, wenn nicht nur ich keinen Thronfolger liefern kann, sondern auch noch ein Kind als meinen Thronfolger bestimmen würde, das für das Volk nicht von den Göttern abstammen kann.« Atemu kommt sich vor, als würde er gerade den grössten Blödsinn seines Lebens erzählen und hofft jetzt einfach nur, dass der Kaiser seine wirre und absolut unlogische Erklärung akzeptieren würde.

 

Lange sieht Hadrian Atemu an. »Eure Worte ergeben einen gewissen Sinn, dennoch braucht Ihr eine Gemahlin. Darum schlage ich Euch vor, dass Ihr Helena ehelichen werdet. Nur mit dem Unterschied, dass wenn Ihr mit ihr keine Kinder zeugen solltet, der Zweitgeborene Eurer Schwester den Kaiserthron erben wird.«

 

Leicht presst Atemu die Lippen zusammen. »Verstehe. Ihr denkt auch an alles. Allerdings kann ich den Vertrag erst unterschreiben, wenn ich wieder auf dem Thron sitze. Alles andere würde die Prinzessin in Gefahr bringen und das will ich unter allen Umständen vermeiden.«

Seine innere Stimme schreit auf, als er das sagt. Nur der Gedanke, dass er sich so Zeit erkauft, um eine Lösung zu finden, die Hadrian akzeptieren wird, lässt ihn ruhig sitzen bleiben.

 

Es passt Hadrian nicht, was Atemu da sagt. Nur muss er leider zugeben, dass dieser leider Recht hat. »Gut, dann werde ich Helena sagen, dass sie sich noch etwas in Geduld üben muss, bis sie sich voller Stolz als Eure Verlobte bezeichnen kann.« Er richtet sich wieder auf und hält Atemu die Hand hin. »Geben wir einander wie in alten Zeiten die Hand, um den Pakt zu besiegeln.«

 

 
 

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Puh, da hat Atemu ein kleines Problem in Form eines in den Traditionen verhafteten Kaisers. Er hat ja nicht schon genug Probleme, die er lösen muss und die eigentlich schon schwer genug auf seinen Schultern lasten.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto



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