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Sklave der Wüste

von

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Letzter Aufschrei

Hallo zusammen

 

Wie versprochen geht es mit dem nächsten Kapitel weiter. Nachdem Atemu ja seine wohl härteste Entscheidung getroffen hat, können wir nur hoffen, dass er sich ohne seinen Yugi zurechtfindet.

 

Nun aber genug geschwafelt. Ich wünsche euch viel Spass beim lesen.

 

 
 

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Letzter Aufschrei

 

»Du hast ihn verlassen! Einfach im Stich gelassen! Du hast ihn verraten und unsere Familie!«, vorwurfsvoll sieht Yami sein Gegenüber an. Er ist wütend und würde am liebsten auf Atemu einschlagen, aber obwohl er ihn sehen kann, kann er ihn nicht berühren. Dazu ist er auch noch so ruhig, was ihn noch mehr auf die Palme bringt. »Mir ist die Welt egal! Ich will zurück zu Yugi! Ich will bei ihm sein! Bei unserer Familie! Aber du, du denkst nur an dich!« Mit jedem Wort tippt er mit dem Finger auf Atemus Brust. Besser gesagt, er fährt mit dem Finger durch ihn hindurch. »Nun sieh mich endlich an!«

Endlich bewegt sich sein Gegenüber und hebt den Kopf. Dumpfe Augen, in denen jeder Glanz fehlt, sehen ihn an und lassen ihn einen Schritt zurückweichen. »Ich wollte auch nicht gehen. Es zerreisst nicht nur dir das Herz, sondern auch mir. Aber ich hatte keine Wahl. Es droht ein Krieg und Yugi müsste dann als Kanonenfutter mitkämpfen. Das kann ich doch nicht zulassen! Ich muss doch ihn und Grossvater und die Welt beschützen!«

»Die Welt ist mir egal!«, schreit Yami auf und holt mit der geballten Faust in Atemus Richtung aus …

 

Mit einem Aufkeuchen schreckt Atemu hoch und sieht sich verwirrt um. Er hört das Dröhnen der Turbinen, spürt das leichte Vibrieren unter seinen Händen und Füssen. Schwer atmend fährt er sich mit beiden Händen übers Gesicht und durch die Haare. »Ein Traum. Es war nur ein Traum«, murmelt er vor sich hin und lehnt sich wieder zurück. Erst jetzt registriert er die Decke, die auf seinem Schoss liegt und das Gefühl der kühlen Luft auf seinem Körper, die man nur so deutlich wahrnimmt, wenn man zuvor zugedeckt gewesen ist. Fröstelnd zieht er die Decke hoch und schlingt sie um sich. Leer schluckend tasten seine Finger nach dem kleinen Bernsteinphönix, den er seit Yugis Rückkehr aus Wladiwostok trägt. Er spürt den von der Haut warmen Stein unter seinen Fingern und schluckt. Erst jetzt fällt ihm der Korb wieder ein, der neben seinem Platz auf dem Boden steht. Leise, um die anderen nicht zu wecken, hebt er ihn hoch und sieht hinein. »Grossvater«, murmelt er erstickt, als er eins der belegten Brote herausnimmt. »Du konntest nicht wissen, wie schnell wir eine Strecke, die für euch zwei Tage Reise bedeutet, zurücklegen können.« Mit zitternden Fingern packt er das Brot aus und beginnt zu essen. Wenigstens etwas, was ihn neben dem Anhänger zumindest noch für einen Moment eine Verbindung zu seinem Zuhause spüren lässt.

Während er mit geschlossenen Augen isst, entwischen ihm einzelne Tränen aus den Augenwinkeln. Er will nach Hause, zu seinem Sharik … zu Grossvater … zu Blacky und Rocky. Er will … Das Brot ist zu Ende und mit ihm auch die Illusion der Verbindung. Erst jetzt bemerkt er die Tränen und wischt sie sich mit dem Ärmel seines Pullovers von den Wangen. Erst jetzt sieht er das kleine Päckchen, das neben einem weiteren Brot im Korb liegt und nimmt es heraus. Es ist flach und rechteckig.

Mit zitternden Fingern wickelt er den dunkelgrünen Stoff ab und schluchzt auf, als er die Nussschokolade erkennt. Sich die Hand auf den Mund pressend sieht er auf die Tafel und versucht krampfhaft, nicht zu laut zu werden, um die anderen nicht zu wecken. »Grossvater … Sharik …«

Auf einmal fühlt er Arme um sich, die ihn an einen warmen Körper ziehen. »Anna?« Fragend sieht er sie an, doch sie schüttelt nur lächelnd den Kopf. »Lasst es raus. Weinen hilft die Seele zu heilen«, flüstert sie leise und da schlingt er die Arme um sie und lässt den Schmerz raus. Mit bebenden Schultern hält er sein Gesicht an ihrer Schulter verborgen und weint. Lässt zum ersten Mal, seit er in das Auto gestiegen ist, die Gefühle zu, die ihn innerlich zerreissen.

 

Ohne sich zu bewegen, sitzt Seto mit geschlossenen Augen neben seinem Cousin. Er ist aufgewacht als Atemu aufgeschreckt ist und wollte ihn schon ansprechen, hat dann aber darauf verzichtet, als er durch nur zu kleinen Schlitzen geöffneten Augen gesehen hat, was passiert, sofort hat er die Augen wieder geschlossen, als sich Anna bewegt hat.

Angespannt hört er das Schluchzen und erst, als es verebbt, wagt er es die Augen zu öffnen. Sieht, dass Anna vor dem Pharao auf dem Boden kniet und ihn in den Armen hält. Sieht die billige Schokolade in dessen Händen und fragt sich, was sie zu bedeuten hat.

Langsam blickt er sich um und bemerkt, dass die anderen noch tief und fest schlafen. Erleichtert atmet er auf, dass die Prinzessin und dieser Mediziner diesen Moment der Schwäche nicht mitbekommen haben. Leise steht er auf und geht hinüber in den Bedienstetenbereich, wo er sich eine Flasche Wasser greift und sich einen scharfen Kommentar verkneift, weil das Personal schläft.

Ebenso leise geht er zurück zu den anderen und hält Atemu die Flasche hin. »Hier, trinkt.« Auffordernd sieht er ihn an, bis die Flasche ergriffen wird. »Wollt Ihr darüber reden?«

Atemu trinkt einen Schluck Wasser und schüttelt dann den Kopf. »Es gibt nichts, worüber ich reden könnte. Ihr würdet es nicht verstehen«, erwidert er bitter und sieht aus dem Fenster. »Ich habe wieder alles verloren. Meine Familie, mein Zuhause und den Menschen, den ich von ganzem Herzen liebe. Alles, was mir von ihnen bleibt, ist diese für sie unglaublich teure Schokolade und der Bernsteinanhänger. Sie haben mir alles gegeben, was ich besitze. Sie haben mir gezeigt, was es bedeutet, eine wahre Familie zu haben.« Jetzt sieht er Seto direkt an. »Habt Ihr jemanden, den Ihr von ganzem Herzen liebt. Für den Ihr alles aufgeben würdet?«

Schweigend erwidert Seto den Blick. Unwillkürlich tauchen so unglaublich blaue Augen vor seinem inneren Auge auf und langes weissblondes Haar. »Ich gebe alles für mein Land auf. Ich bin sogar bereit, meinen eigenen Vater zu verraten, da er dem Land schadet.«

Ernst mustert Atemu Seto. »Verstehe.« Mehr sagt er nicht, auch wenn er in dessen Augen etwas gesehen hat, was ihm sagt, dass sein Cousin dies alles nicht nur wegen des Landes macht. »Wir sollten wieder schlafen. Nach der Landung werden wir vermutlich kaum noch Gelegenheit dazu haben, in Ruhe zu schlafen.« Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, greift er nach der Decke und stellt den Korb mit der Schokolade darin wieder neben sich auf den Boden. Dankbar nickt er Anna kurz zu, die sich wieder auf ihren Platz gesetzt hat und Toshi im Arm hält. Mit einem leichten Lächeln erwidert sie den Blick und deckt sich und die Kleine wieder zu.

Noch einmal trinkt er einen Schluck Wasser. »Seto, Ihr müsst mir nicht sagen, wem Euer Herz gehört, aber ich gebe Euch einen Rat. Wenn die auserwählte Person Eure Gefühle erwidert, dann kämpft um sie. Die Zeiten, in denen wir unsere Gefühle verleugnen und nur aus politischen Ambitionen heiraten, sollten endlich vorbei sein.« Eindringlich sieht er seinen Sitznachbarn an. »Es reicht, wenn mein Herz bricht und blutet, weil ich alles aufgeben muss. Tut Euch nicht auch dasselbe an.«

Seto mustert Atemu eindringlich. »Ihr habt Euch sehr verändert, mein Pharao. Nur ist es mir nicht möglich, meinem Herzen zu folgen. Ich bin wie Ihr ein Nesut und uns ist persönliches Glück nicht geschenkt. Wir haben zu regieren und alles für unser Land zu geben. Denkt immer daran.« Auch wenn es ihm nicht richtig erscheint, sich so viel herauszunehmen, streckt er die Hand aus und legt sie auf Atemus. »Auch wenn wir unsere …«, er verstummt, als die Durchsage ertönt, dass sie zum Landeanflug ansetzen würden und sich daraufhin die anderen regen. Mit undurchdringlicher Miene setzt er sich wieder hin und schnallt sich an. Kurz sieht er zu Anna und beugt sich dann vor, um ihr Toshi abzunehmen. »Schnall dich an, wie ich es dir gezeigt habe«, befiehlt er kühl. Genau kontrolliert er, dass sie es auch richtig macht, ehe er ihr die Kleine wieder in die Arme legt. »Wir landen gleich, das bedeutet, dass es einen Ruck geben wird, wenn wir aufsetzen. Das ist ganz normal und kein Grund, Angst zu haben. Verstanden?«

Erst, als Anna demütig nickt, lehnt er sich in seinem Sitz wieder zurück und entspannt sich etwas. Die neugierigen Blicke der Prinzessin und des Mediziners ignorierend. Unwillkürlich muss er ein Schmunzeln unterdrücken, als er daran denkt, wie dumm das Volk doch ist, zu glauben, dass die Mediziner, die sie als Medimagi kennen, über magische Mittel verfügen. Woher der Gedanke so plötzlich kommt, kann er sich selbst nicht erklären.

Plötzlich erbebt das Flugzeug, als es hart auf der Landebahn ausserhalb Roms in der Nähe des alten Hafens von Ostia aufsetzt. Durch die starke Bremsung hebt sich sein Magen. Eine leichte Übelkeit setzt ein, wie er es doch hasst, dass sein Körper so empfindlich reagiert.

 

Endlich rollt das Flugzeug langsam aus und steuert den privaten Terminal der kaiserlichen Familie an. Mit weissem Marmor verkleidet, scheint das Gebäude in der Morgensonne zu leuchten. Ungeduldig wartet er darauf, dass das Anschnallzeichen verlöscht, als die Tür plötzlich aufgerissen wird. Mehrere maskierte Soldaten stürmen in den engen Raum. »Prinzessin! Seid Ihr unverletzt?« Demütig verbeugt sich Mario di Modena vor ihr.

»Natürlich, Hauptmann di Modena. Was soll der Tumult?« Erhaben löst Helena den Gurt und steht auf. »Dies ist nicht der Empfang, den ich gewohnt bin!« Die elegant geschwungenen Augenbrauen zusammenziehend, sieht sie den gross gewachsenen Mann an.

»Verzeiht! Wir haben Meldung erhalten, dass sich Fremde kurz vor dem Start in Euer Flugzeug geschlichen haben. Euer Vater hat sich Sorgen gemacht und hat uns, als eure Leibgarde geschickt, um Euch zu befreien.« Noch immer den Blick gesenkt haltend, mustert Mario die vier Personen. Zumindest drei von ihnen kommen ihm entfernt bekannt vor. »Hoheit, was haben diese Leute hier zu suchen?«

Stolz reckt Helena ihr Kinn nach oben. »Das hat euch nicht zu interessieren. Sie sind meine Gäste und es ist äusserst wichtig, dass mein Vater sofort darüber informiert wird, dass ich ihn zusammen mit meinen Gästen sprechen muss.«

»Natürlich, Hoheit. Der Kaiser residiert zurzeit im Hügelpalast Roms. Ich habe die Order, Euch dort hin zu bringen.« Nur kurz hebt er den Blick, nur um ihn gleich wieder zu senken, als sie sich auch schon umwendet und mit scharfer Stimme die Anweisung gibt, das Gepäck auszuladen.

 

Sich nicht bewegend, hat Atemu das Geschehen beobachtet. Auch wenn die Situation ihn im ersten Moment erschreckt hatte, ist er innerlich doch vollkommen ruhig, als er nun aufsteht und kurz über seinen, vom Stoff verborgenen, Anhänger streicht und in Gedanken seinem Sharik einen guten Morgen wünscht, bevor er den Korb auf den Arm nimmt. Plötzlich spürt er einen Blick auf sich ruhen und wendet sich um. »Hauptmann di Modena. Es ist lange her, dass wir uns über den Weg gelaufen sind«, spricht er den Mann in fliessendem Italienisch an. Der Hauptsprache, die in diesem Teil des römischen Grossreiches gesprochen wird.

Gelassen erwidert er den verwirrten Blick aus beinahe schwarzen Augen, die sich plötzlich geschockt weiten. »Pharao Nesut-anch-Ra! Ihr lebt!«, ruft Mario ungläubig aus und verneigt sich tief vor ihm. »Bitte, verzeiht uns unsere Respektlosigkeit und dass ich Euch nicht gleich erkannt habe.«

Leicht lächelt Atemu und legt ihm die Hand auf die Schulter. »Erhebt Euch, Hauptmann. Es ist nicht eure Schuld, dass ich mich nicht gleich zu erkennen gegeben habe. Ausserdem muss ich Euch und eure Leute bitten, über unsere Anwesenheit Stillschweigen zu bewahren. Noch soll niemand ausserhalb der kaiserlichen Familie und der hier anwesenden Personen wissen, dass ich mit meinem Cousin und dem Hohepriester Shimon Shimon hier bin.«

Mario runzelt die Stirn, nickt dann aber. »Wie ihr wünscht, Hoheit.« Neigte er schliesslich den Kopf und gibt seinen Männern dann Anweisungen, dass der Terminal geräumt werden muss. »Es dauert einen Moment, wo muss die Sklavin hingebracht werden?« Abschätzig mustert er Anna, die mit gesenktem Blick ihr Kind an sich drückt.

»Sie kommt mit uns ins Auto«, bestimmt Seto und sieht di Modena mit einem Blick an, der jeden möglichen Widerspruch im Keim erstickt.

Tatsächlich wollte Mario im ersten Moment protestieren, schliesst nun aber den schon geöffneten Mund wieder und dreht sich um. »Wie Ihr wünscht«, murrt er und sieht mit respektvoll geneigtem Haupt zur Prinzessin. »Bitte wartet einen Moment, bis wir alles vorbereitet haben«, bittet er sie demütig, aber doch auch mit einem keinen Widerspruch duldenden Unterton in der Stimme.

Das Kinn erhoben nickt sie ihm mit verschränkten Armen knapp zu. »Tut, was getan werden muss. Aber lasst euch nicht zu viel Zeit!«

Als der Hauptmann mit seiner Truppe weg ist, wendet sie sich Seto zu. »Prinz Seto, ich weigere mich, mit einer Sklavin im gleichen Auto zu sitzen. Schon schlimm genug, dass sie mit uns hier im Passagierbereich gesessen ist.«

Beschwichtigend legt Shimon die Hand unauffällig auf Setos Rücken. »Prinzessin, wir fahren natürlich in einem der hinteren Fahrzeuge mit. Das ist deutlich unauffälliger, wenn wir durch den Nebeneingang den Palast betreten und nicht mit Euch durch den Haupteingang schreiten.«

Lange sieht Helena den Hohepriester an. »Wie Ihr wollt.« Mit diesen Worten dreht sie sich um und rauscht, gefolgt von Poniz, aus dem Flugzeug.

 

»Sollten wir nicht warten?«, murrt Seto, als er die Hand auf Annas Rücken legt und sie so durch den schmalen Gang führt.

»Seit wann ist mein Cousin so nett zu Sklaven?«, raunt Atemu dem Hohepriester zu, als er, mit dem Korb über dem Arm, neben dem alten Mann hergeht. »Seit ihn das Baby um die kleine Faust gewickelt hat«, flüstert Shimon breit grinsend zurück.

Endlich haben sie die Gangway hinter sich gelassen und gehen durch den breiten Gang des Terminals. Leise hallen ihre Schritte in dem mit weissem Marmor verkleideten Gebäude wider.

Ohne eine Miene zu verziehen, sieht sich Atemu in dem hell erleuchteten Gang um und wünscht sich unwillkürlich in den schwach erleuchteten Flur im Hause Muto zurück. Ihn stösst dieser Prunk jetzt schon ab, dabei ist es hier noch relativ schlicht.

Der fensterlose Gang endet in einer mit Panzerglas verkleideten Halle, in der sich Statuen aus der Antike den Platz mit Werken aus der Renaissance teilen. Während sie darauf warten, dass die königliche Garde ihnen erlaubt, das Gebäude zu verlassen, betrachtet Atemu die Statue von Merkur. »Bitte, schicke meinem Sharik die Nachricht, dass es mir gut geht«, bittet er den alten Gott, tonlos die Lippen bewegend.

Da geht das Portal auf und Hauptmann di Modena verneigt sich vor ihnen. »Es ist alles bereit, Prinzessin Helena.«

»Sehr gut, Hauptmann di Modena. Meine Gäste fahren in einem eurer Fahrzeuge mit und betreten den Palast durch den Bediensteteneingang.« Das letzte Wort spricht sie mit einem deutlichen Ekel in der Stimme aus.

»Wie Ihr wünscht, Prinzessin Helena.« Mario wagt es nur kurz den Blick zu heben, als er zur Seite tritt und sie an ihm vorbei schreitet. Erst, als sie ihm den Rücken zuwendet, sieht er sie an und erlaubt sich ein verstecktes Lächeln.

 

Atemu bemerkt das Lächeln. Mit erhobener Augenbraue sieht er den braunhaarigen Mann an. Er fragt sich unwillkürlich, wie alt der Hauptmann wohl ist, wirkt er mit dem leichten Lächeln doch gleich viel jünger, als noch zuvor.

In Erwartung, dass sie auch gleich raustreten können, stellt er sich zu den anderen und beobachtet nun, wie Poniz nach draussen geht und in ein schlichtes graues Auto steigt.

Als di Modena ihnen dann das Zeichen gibt, treten sie durch das Portal nach draussen in die kühle Morgenluft. Unwillkürlich sieht Atemu zum Sonnenaufgang, der das alte Hafenbecken von Ostia in ein feuriges Licht taucht. »Wenn du das nur sehen könntest«, murmelt er und schliesst, von Sehnsucht überwältigt, für einen Moment die Augen. Um Beherrschung bemüht, schliesst er die Finger um den kleinen Phönix und atmet tief durch, ehe er in den schwarzen Minivan steigt und sich neben Shimon hinsetzt.

Zu viert sitzen sie nun im Fonds des Autos, während di Modena sich vorne neben den Fahrer setzt und Anweisungen gibt. Langsam setzen sich die Fahrzeuge in Bewegung und fahren, vom kaiserlichen Terminal aus, am Hafenbecken vorbei in Richtung Rom.

In Gedanken versunken sieht Atemu aus dem Fenster und fragt, sich, was Yugi wohl gerade macht. Steht er noch im Laden? Hat er ihn überhaupt geöffnet? Oder sitzt er mit Grossvater und Nino am Mittagstisch?

Hat Nino die Boxen schon gemistet und die Pferde gefüttert? Hat er dran gedacht, sie zu putzen und zu kraulen? Hat er den Hofplatz schon gefegt?

Ein grösser werdender Kloss in seinem Hals droht ihm den Atem zu nehmen. Er zwingt sich, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken und die vorwurfsvolle Stimme Yamis in seinem Innern zu ignorieren.

Sieben Stunden Zeitunterschied liegen zwischen ihm und seinem Zuhause. Er kann nicht mal gleichzeitig mit seinem Sharik den Sonnenaufgang beobachten. Gepeinigt schliesst er die Augen und öffnet sie erst wieder, als er eine Hand auf seinem Arm spürt.

Fragend blickt er zu Shimon, der ihn mit einem verständnisvollen Blick ansieht. »Ich weiss, es ist schwer, mein Pharao. Glaubt mir. Der Schmerz wird vergehen, sobald Ihr die Liebe eures Volkes wieder spürt.«

Mit ernster Miene erwidert Atemu den Blick. Er weiss, dass es der alte Mann nur gut meint, aber gerade helfen diese Worte ihm überhaupt nicht weiter. »Danke, Hohepriester«, erwidert er dennoch freundlich, ehe er wieder aus dem Fenster blickt.

Jetzt kann er schon den Capitol mit dem Hügelpalast auf seiner Kuppe erkennen. Nicht der höchste Hügel, aber derjenige, der am weitesten von den Stadtteilen des einfachen Volkes entfernt liegt.

 

»Macht Euch keine Sorgen um mich. Ich werde meine Pflicht erfüllen. So, wie Ihr es von mir erwartet.« Mit für ihn selbst überraschend fester Stimme spricht er die Worte aus, während sie nun durch die gewundene, von Olivenbäumen gesäumte Allee fahren, die direkt zum Palast führt, dessen goldene Dächer im Licht der Morgensonne glänzen.

Anders, als die Limousine der Prinzessin, fahren sie nicht durch das prunkvolle goldene Tor, sondern folgen jetzt einer schmaleren Seitenstrasse bis zu einem unscheinbaren schmiedeeisernen Gitter, das sich wie durch Zauberhand öffnet, als sie sich ihm nähern. Im Schatten der riesigen, im altrömischen Stil erbauten Gebäude fahren sie auf das Palastgelände zu und halten vor einer einfachen Tür aus Holz an.

Die Schiebetüren des Minivans werden geöffnet. Woraufhin sie mit vom Flug und der Fahrt steifen Gliedern aussteigen.

Leise knirscht der helle Kies unter ihren Füssen, als sie ein paar Schritte laufen. Die Motoren der Wagen werden kurz lauter, als sich die, wie Atemu jetzt erst feststellt, drei Wagen in Bewegung setzen und um die Ecke fahren. Das leise Zufallen des Tores lässt Atemu unwillkürlich zusammenzucken. Schlagartig fühlt er sich eingesperrt und es wird ihm jetzt noch mehr bewusst, dass er seinen geliebten Sharik nie wieder sehen wird.

Für eine Sekunde erlaubt er es sich, die Augen zu schliessen. Noch einmal zu fühlen, ehe er eine Maske der Undurchdringlichkeit, der pharaonischen Herrschaftlichkeit anlegt. Mit kühlem Blick sieht er sich noch einmal um, ehe er sich umwendet und mit den anderen auf die nun geöffnete Tür zuschreitet, wo sie schon von Hauptmann di Modena erwartet werden.

Noch einmal durchfährt ihn ein schmerzhafter Stich, als er den Palast betritt und sich die Tür mit einer messerscharfen Endgültigkeit hinter ihnen schliesst.

 

 
 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Mir tut Atemu unglaublich leid, aber was soll er sonst machen? Er muss sich seinem Schicksal wohl stellen.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen und ich würde sagen, bis zum nächsten Kapitel.

 

Eure mrs_ianto

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Dyunica
2021-09-26T20:54:25+00:00 26.09.2021 22:54
Vom letzten Kapitel die Sätze, als sie am Palast sind und die Tore sich schließen und Atemu in den Palast tritt, sagen wirklich es hart aus, wie er sich fühlt. Das Yami nicht versteht, warum Atemu das macht, ist verständlich, weil er sich nie um Regierungsangelegenheiten kümmern musste und die Welt außer Yugi und Sein Opa ihn immer nur weh taten. Das er dabei nicht versteht, dass wenn es zu einem Krieg kommt, dass Yugi dann auch darunter leidet, weil er eingezogen wird, kann man auch hier nachvollziehen, dass er so weit nicht mitdenkt, weil er zurück zu seinem SICHEREN HAFEN möchte. Yugi und GroßVater. WIe gesagt beide Kapitel waren sehr heftig und ich warte lieber ab, was noch kommt, bevor ich weiterschreibe und wieder meine Gefühle mich übermannen.
Ehrlich, mein Herz raste als ich die Kapitel las und das habe ich nur selten. Bei deiner Geschichte sehr regelmäßig.
Antwort von:  mrs_ianto
26.09.2021 23:06
Es ist eine sehr schwere Zeit für Atemu und auch für Yugi, das ist wahr. Wir werden sehen, wie es sich weiter entwickelt und ob es für sie mit der Zeit leichter werden wird.

Danke für dein Review.


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