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Sklave der Wüste

von

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Amara

Hallo zusammen,

 

zuerst entschuldige ich mich, dass es letzten Sonntag kein Kapitel gegeben hat, aber ich hatte privat sehr viel zu tun und konnte mich einfach nicht auf das Kapitel konzentrieren.

 

Jetzt will ich euch aber auch nicht noch länger auf die Folter spannen und wünsche euch einfach nur viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 
 

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Kapitel 59: Amara

 

 

Im Bett liegend, beobachtet Yami wie die Sonne langsam aufgeht und den Himmel in ein leuchtendes Rot taucht. Es ist der zweite Sonntag, den er ohne seinen Sharik erlebt und er merkt deutlich, dass er ihn immer mehr vermisst.

Nur die Gewissheit, dass Yugi wirklich wieder zu ihm zurückkommt, gibt ihm die Sicherheit, die er im Moment so dringend braucht. Ist doch Sugoroku wirklich bemüht, ihm zu helfen, aber der alte Mann ist nicht Yugi.

Als der Tag komplett angebrochen ist, steht er auf und legt kurz seine Finger auf den Umschlag, ehe er nach unten ins Badezimmer geht, um sich für den Tag fertig zu machen.

 

Während Yami im Stall ist, bereitet Sugoroku wie jeden Morgen das Frühstück vor, aber diesmal stellt er noch eine kleine Holzkiste auf den Tisch. Geduldig wartet er dann darauf, dass Yami in die Küche kommt und ist dann doch nervös, als er ihn sieht. „Guten Morgen, Yami. Hast du gut geschlafen?“ Aufmerksam mustert er den jungen Mann, der zu seiner Erleichterung deutlich besser aussieht, als noch vor ein paar Tagen. Was so eine kleine Nachricht ausmachen kann, ist einfach unglaublich.

 

„Guten Morgen, Grossvater. Ja, ich habe gut geschlafen und du?“, Sugoroku zunickend setzt er sich hin. Erst jetzt fällt ihm die kleine Holzkiste auf dem Tisch auf, weshalb er die Antwort nur am Rande mitbekommt, weil er diese nun neugierig mustert. „Was ist das?“, fragend sieht er jetzt zu dem alten Mann, der den Blick lächelnd erwidert.

„Das ist die Schatzkiste von Amara, ich will dir heute von ihr erzählen, aber erst sollten wir frühstücken.“ Deutlich kann er sehen, dass Yami unglaublich neugierig und gleichzeitig auch verwirrt ist und es wundert ihn schon beinahe, dass er nichts weiter gefragt wird.

 

Yami würde am liebsten wirklich nachfragen warum Sugoroku ihm von dieser Amara erzählen möchte, aber er verkneift es sich und greift stattdessen in aller Ruhe nach einem Brötchen. „Wenn du meinst, aber zuerst werde ich dann den Pferden ihr zweites Frühstück bringen. Ist zwar noch etwas früh, aber dann muss ich nicht mitten in deiner Erzählung rausgehen, wenn es länger dauern sollte.“ Äusserlich vollkommen gelassen, schmiert er sich sein Brötchen mit Honig und beisst dann genüsslich hinein. Dabei schielt er immer wieder zu der unscheinbaren Kiste, verkneift sich aber stur jede Frage und isst auch bewusst nicht schneller als sonst.

Schliesslich soll Sugoroku nicht merken, wie neugierig er in Wirklichkeit ist. Nach dem Frühstück steht Yami betont gelassen auf. „Ich mache noch kurz die Küche, ehe ich in den Stall gehe.“ So als würde ihn die Kiste nicht interessieren, räumt Yami den Tisch ab und nur seine Blicke, verraten, dass er in Wahrheit unglaublich neugierig ist.

 

Nur mit Mühe kann sich Sugoroku ein breites Grinsen verkneifen, als er Yami beobachtet. Denn zu deutlich ist diesem an der Nasenspitze abzulesen, dass der Junge alles andere als desinteressiert ist. Entspannt seinen Tee trinkend bleibt er sitzen und lässt Yami machen. Schliesslich werden seine Angebote zu Helfen immer abgelehnt.

Schliesslich steht er mit einem leisen Ächzen auf. Sind doch seine Knochen auch nicht mehr die Jüngsten und inzwischen merkt er schon deutlich, dass er es nicht mehr gewohnt ist jeden Tag im Laden zu stehen. „Ich gehe ins Wohnzimmer, komm du einfach hoch, wenn du im Stall fertig bist.“ Mit der Kiste in den Händen verlässt er die Küche und steigt die Treppe nach oben.

Im Wohnzimmer setzt er sich auf das Sofa und stellt die kleine Holzkiste auf den Tisch vor sich. „Amara, ich hoffe, dass ich jetzt das Richtige tue und er schon stark genug für die Wahrheit ist.“ In Gedanken versunken lehnt er sich zurück und wartet darauf, dass Yami aus dem Stall kommt und obwohl das noch eine Weile dauern kann, nimmt er sich kein Buch. Könnte er sich doch gar nicht auf das Geschriebene konzentrieren.

 

Im Stall mistet Yami schon mal die Boxen aus, was ihm verwirrte Blicke von den beiden Pferden einbringt. Hat er doch noch nie so früh ihre Boxen saubergemacht und als dann auch noch ihr zweites Frühstück früher als sonst in ihren Boxen auftaucht, schnauben sie endgültig verwirrt, ehe sie sich auf ihre Heunetze stürzen. „Sorry Jungs, aber Grossvater will mir noch etwas erzählen, darum ist heute alles etwas anders.“ Mit einem letzten Blick auf die Pferde geht er wieder ins Heulager und füllt die leeren Netze für das Mittagessen der beiden Racker, ehe er ins Haus geht und sich die Hände wäscht.

Es vor Neugierde kaum noch aushaltend, steigt er jetzt die Treppe nach oben und steuert zielstrebig das Wohnzimmer an. Sich dann auf den Sessel setzend, sieht er Sugoroku ruhig an. „Du wolltest mir von Amara erzählen?“

 

Schmunzelnd mustert Sugoroku den jungen Mann, der vor Neugierde beinahe zu platzen scheint, wird dann aber ernst und räuspert sich. „Ich habe Amara kennengelernt, da war Yugi gerade mal 15 Jahre alt und extrem schwierig. Sie kam in den Laden und hat nach einer Arbeitsstelle gefragt. Ich wollte sie ja eigentlich wegschicken, aber sie wirkte so verloren und da ich dachte, dass es Yugi vielleicht gut tun würde, wenn wieder eine Frau im Haus ist, habe ich sie als Haushälterin eingestellt.“

Verträumt blickt Sugoroku nun auf eines der Kissen. „Das hat sie genäht“, murmelt er leise, ehe er sich wieder fängt.

„Amara hatte wirklich einen beruhigenden Einfluss auf Yugi. Doch sie wirkte immer so traurig und da habe ich sie gefragt, was los sei. Sie erzählte mir, dass sie im ägyptischen Grossreich als Kindermädchen gearbeitet hatte und sie den Jungen verlassen musste, weil sie aus dem Reich verbannt worden ist und ein Bild, das er mal für sie gemalt hat, war einer ihrer grössten Schätze.“

 

Aufmerksam hört Yami zu und fragt sich, warum ihm Sugoroku das alles erzählt, aber dann wird er doch hellhörig. „Grossvater, warum erzählst du mir das alles?“, plötzlich nervös lehnt er sich vor.

 

Leicht lächelnd sieht Sugoroku ihn an. „Sie hat jedes Jahr einen Brief an den Jungen geschickt, aber es kam nie eine Antwort und den letzten Brief habe ich immer noch bei mir.“ Mit diesen Worten öffnet er die kleine Holzkiste und holt einen Brief heraus, den er jetzt Yami hinhält. „Er ist an Atemu Nesut-anch-Ra adressiert.“

 

Auf einmal kreidebleich nimmt Yami den Brief mit zitternden Fingern entgegen. „Wie… wie hiess Amara mit vollem Namen?“ Obwohl er ahnt, was ihm Sugoroku die ganze Zeit sagen wollte, muss er ihn einfach hören.

 

„Vor unserer Hochzeit war ihr Name Amara Amina. Yami, sie hat dich nie vergessen und dir jedes Jahr geschrieben, aber du hast die Briefe wohl nie erhalten.“ Vorsichtig nimmt er nun ein Blatt Papier aus der Kiste und hält es ihm hin.

 

Mit feuchten Augen sieht Yami auf die Kinderzeichnung, die er mit 8 Jahren gezeichnet hat und ihn zusammen mit Tante Amina zeigt.

„Sie hat mir wirklich jedes Jahr geschrieben?“ Seine Finger verkrallen sich nun regelrecht in den Brief, während er gleichzeitig mit gesenktem Kopf dasitzt.

 

Mit einem traurigen Lächeln nickt Sugoroku. „Ja, das hat sie. Amara hat dich geliebt wie einen eigenen Sohn und sie hat so viel von dir erzählt und sie war unglaublich stolz auf dich.“ Weil er spürt, dass Yami nun Zeit für sich braucht, steht er auf und legt ihm die Hand auf die Schulter. „In der Kiste ist noch ihr Tagebuch. Wenn du mich brauchst, ich bin unten in der Küche.“

Ohne eine Antwort zu erwarten, bleibt er kurz so stehen, ehe er ihn loslässt und aus dem Wohnzimmer geht.

 

Nur am Rande bekommt Yami mit, dass Sugoroku ihn allein gelassen hat. Die ganze Zeit starrt er auf den Brief und weiss nicht, wie lange er so dagesessen ist, als er schliesslich tief durchatmet und den Umschlag vorsichtig aufreisst.

Nur mit Mühe kann er das eng beschriebene Papier herausnehmen, so sehr zittern seine Finger.

Kurz schliesst er seine Augen, ehe er seinen Blick auf die Zeilen richtet.

 

Atemu oder soll ich Euch jetzt mit Pharao ansprechen?

 

Ich weiss es nicht, deswegen bleibe ich einfach bei Atemu. Dies wird der letzte Brief sein, den ich Euch schreiben kann, da ich im Sterben liege. Ja, ich weiss, es ist hart das so zu lesen, aber ich sage es lieber direkt, als dass ich es lange umschreibe.

 

Vor einigen Wochen habe ich erfahren, dass Ihr schon den Thron besteigen musstet und dabei seid Ihr doch noch so jung. Allerdings bin ich der festen Überzeugung, dass Ihr ein gütiger und gerechter Pharao für Euer Volk sein werdet.

 

Ich wünschte, ich hätte dabei sein und erleben können, wie ihr in den letzten Jahren zu einem jungen Mann herangewachsen seid.

Erinnert Ihr euch noch daran, was Ihr einst zu mir gesagt habt? Dass Ihr euch wünscht ein ganz normaler Junge zu sein? Dieser Wunsch wird für Euch vielleicht nie in Erfüllung gehen, aber wenn Ihr wollt, dann werdet Ihr es sicher schaffen, für Eure Schwester und Eure zukünftigen Kinder eine bessere Kindheit zu schaffen, als Ihr sie gehabt habt.

 

Atemu, ich weiss nicht, ob Ihr jemals einen meiner Briefe erhalten habt, aber vielleicht erreicht Euch ja dieser, jetzt wo Ihr selbst der Pharao seid. Ich habe kaum noch Kraft, um diesen Brief zu schreiben, aber eines möchte ich Euch noch sagen.

Ich habe Euch nie vergessen und Ihr wart für mich immer wie ein eigener Sohn, auch wenn es mir nicht zusteht, solche Gefühle zu haben.

 

Atemu, ich möchte Euch jetzt nur noch einen Rat auf den Weg geben. Hört immer auf Euer Herz, wenn Euer Verstand nicht weiter weiss. Dann werdet Ihr die richtige Entscheidung treffen und Euren wahren Weg finden.

 

Eure Tante Amina

 

Ohne dass es Yami bemerkt hat, sind immer wieder Tränen auf das Papier getropft und auch jetzt fällt wieder ein Tropfen auf das Geschriebene. Sich nun die Hand vor den Mund haltend, beginnt er hemmungslos zu schluchzen. „Ich habe nie einen Brief bekommen! Tante Amina, ich habe nie einen bekommen!“, schreit er jetzt vor Wut und Verzweiflung in den leeren Raum. Sich seine Arme um den Oberkörper schlingen kauert er sich nun auf dem Sessel zusammen und lässt seinen Tränen freien Lauf.

 

Unten in der Küche sitzt Sugoroku am Tisch und kann sich nur mit Mühe zurückhalten, nicht nach oben zu gehen, als er Yami schreien hört, aber weiss, dass Yami da nun allein durch muss. Der Junge muss trauern, um verarbeiten zu können und dabei kann er ihm nicht helfen.

Schliesslich hält er es nicht mehr aus. Weshalb er nun aufsteht und in die Vorratskammer geht, um die Kartoffeln und die Würstchen für ihr Mittagessen zusammenzusuchen. Nachdem er die Sachen auf den Tisch gelegt hat, holt er noch ein scharfes Messer und eines der Holzbretter.

Mit einem leisen Seufzer blickt Sugoroku noch einmal zur Tür, ehe er sich hinsetzt und beginnt die Kartoffeln zu schälen.

 

Im Wohnzimmer hat sich Yami irgendwann so weit beruhigt, dass er nach der Kiste greifen kann und diese nun auf seine Beine stellt.

Mit einem traurigen Lächeln fährt er mit seinen Fingerspitzen über die zerknitterte Zeichnung und nimmt sie dann heraus. „Du hast sie wirklich mitnehmen können und all die Jahre behalten?“ Lange sieht er die Zeichnung an, ehe er sie neben dem Brief auf den Tisch legt.

Sich auf die Unterlippe beissend, betrachtet er sich nun das Tagebuch und hadert mit sich selbst, ob er es lesen soll. Doch dann scheint sich seine Hand wie von selbst zu bewegen und ohne dass er es wirklich realisiert, nimmt er es vorsichtig heraus und öffnet es.

Lächelnd lässt er seine Fingerspitzen über die einzelnen Worte gleiten, ohne sie jedoch zu lesen. Das Buch wieder schliessend drückt er es an seine Brust und lehnt sich mit geschlossenen Augen zurück. Still laufen nun die Tränen über seine Wangen. Heilen den Teil seiner Seele, der vor all den Jahren zerbrochen ist und nie heilen konnte, weil er geglaubt hat, dass ihn Tante Amina vergessen hatte.

 

Yami weiss nicht, wie lange er so dagesessen ist, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. „Hat sie wirklich so viel von mir erzählt?“, will er leise und zögernd wissen.

 

Leicht den Griff um Yamis Schulter festigend nickt Sugoroku, obwohl dieser die Augen immer noch geschlossen hält. „Ja, das hat sie. Zwar nicht von Anfang an, aber als wir dann ein Paar geworden waren, hat sie sehr oft von dir gesprochen. Weisst du, sie hätte dich so gern noch einmal gesehen und dich uns vorgestellt. Sie hat immer wieder gesagt, dass du und Yugi richtig gute Freunde werden könntet, wenn ihr euch begegnen würdet.“

 

Als Yami das hört, kann er sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. „Wir sind so viel mehr geworden. Meinst du, das hätte sie gefreut? Ich meine, dass Yugi und ich ein Paar sind?“, fragend sieht er jetzt zu Sugoroku, der den Blick lächelnd erwidert. „Das hätte sie sicher gefreut. Denn sie wollte immer nur, dass du glücklich wirst.“

Erleichtert schliesst Yami die Augen, öffnet sie aber gleich wieder und streichelt nun beinahe sanft über das Tagebuch in seinen Händen. „Sie war mir immer näher als meine Eltern. Darum hat es auch so geschmerzt, als ich nie etwas von ihr gehört habe.“ Lange schweigt er, ehe er wieder zu Sugoroku blickt. „Können… können wir zu ihrem Grab gehen?“, bittend ja beinahe flehend, sieht er ihn an, bis dieser lächelnd nickt. „Natürlich, wir gehen gleich nach dem Mittagessen zusammen auf den Friedhof.“ Seine Hand nun wieder von Yamis Schulter nehmend, blickt er zum Fenster. „Sobald du die Pferde gefüttert hast, gibt es Mittagessen.“

 

Beinahe sofort springt Yami nach diesen Worten auf und stellt die Holzkiste wieder auf den Tisch, ehe er äusserst vorsichtig, zuerst das Tagebuch und dann die Zeichnung, sowie den Brief zurück in die Kiste legt.

 

Schmunzelnd beobachtet Sugoroku, wie vorsichtig Yami mit den Sachen umgeht und dann im Gegenzug schon beinahe aus dem Wohnzimmer stürmt.

Sobald er allein ist, setzt er sich auf die Armlehne des Polstersessels und blickt auf die kleine Holzkiste. „Er hat es besser verkraftet, als ich es befürchtet hatte.“ Sich wieder aufrichtend legt er seine Hand auf den Deckel der Kiste und seufzt leise auf. „Er hat so viel mitgemacht, Amara.“ Mit diesen Worten dreht er sich um und verlässt nun auch das Wohnzimmer.

Doch anders als Yami geht er natürlich in die Küche und kümmert sich dort weiter um das Mittagessen.

 

Im Stall lehnt sich Yami, nachdem er die Pferde gefüttert und getränkt hat, an die Boxentür von Rocky und sieht ihm beim Fressen zu. „Amina hatte mich nicht vergessen, Rocky. Sie hat immer an mich gedacht und mir sogar Briefe geschrieben“, erzählt er dem Wallach mit einer Stimme, die zwischen Traurigkeit und Erleichterung hin und her schwankt. „Nur habe ich die Briefe nie bekommen…“, fährt er plötzlich grimmig fort und wendet sich ab. Im Hinterhof blickt er gedankenverloren in den blauen Himmel und dankt in Gedanken dem Schicksal, dass es ihn nach der Hölle hierher geführt hat.

Die Augen schliessend, senkt er den Kopf wieder und wendet sich dann in Richtung der Hintertür um. Sicher ist inzwischen das Mittagessen fertig und wenn er ehrlich ist, hat er auch einen ziemlichen Hunger.

 

In der Küche steht das Essen wirklich schon auf dem Tisch, als Yami in die Küche kommt. „Lecker, Bratkartoffeln und Würstchen“, entkommt es ihm unwillkürlich, als er sich hinsetzt und auch gleich nach der Schüssel mit den Kartoffelscheiben greift.

 

Sugoroku ist unglaublich erleichtert, dass Yami mit wirklichem Appetit isst und nicht nur das Essen runterzwingt, so wie es seit Yugis Abreise der Fall gewesen ist.

 

Nachdem alles aufgegessen ist, steht er auf und lässt sich auch von dem missbilligenden Blick, den Yami ihm zuwirft nicht davon abhalten, den Tisch abzuräumen. „Junge, zu zweit geht es schneller, also schau mich nicht so an“, kann er es sich dann doch nicht verkneifen zu sagen, als er ihm das Geschirrtuch in die Hand drückt.

 

Murrend nimmt Yami das Tuch und stellt sich neben Sugoroku an die Spüle. Denn auch wenn es zu zweit wirklich schneller geht, findet er es nicht so ganz richtig, dass der alte Mann kocht und dann auch noch die Küche aufräumt. Schliesslich übernimmt Sugoroku unter der Woche auch noch den Laden und es ist nicht zu übersehen, dass diese zusätzliche Arbeit nicht einfach so spurlos an ihm vorübergeht.

„Grossvater, ich will dich doch nur entlasten. Zumindest in den Bereichen, in denen ich es aufgrund meines Statusses kann. Du machst schon den Laden und kochst, da kann ich neben dem Stall auch ruhig den Rest machen“, versucht sich Yami zu erklären, während er gleichzeitig das Geschirr abtrocknet.

 

Kaum, dass sie die Küche fertig aufgeräumt haben, machen sie sich auf den Weg zum Friedhof. Dabei läuft Yami mit gesenktem Kopf hinter Sugoroku her, auch wenn es ihm inzwischen ziemlich schwer fällt, sich so demütig zu verhalten.

So konzentriert er sich darauf, sich so gut wie möglich die Umgebung zu betrachten, kennt er doch diesen Teil der Stadt noch nicht.

Obwohl, eigentlich gibt es nicht wirklich viel Neues zu sehen. Die Häuser sind wie in der ganzen Stadt entweder weiss oder grau und verfügen in der Regel über sichtbare Holzbalken, die teilweise mehr Schmuck zu sein scheinen, als dass sie eine tragende Funktion haben.

Doch dann kommen sie an einen grossen Park mit Bäumen. „Das ist unser Friedhof. Er ist wie ein Wald angelegt und die Gräber sind in die Umgebung eingefügt, so als würden sie zu den Bäumen gehören“, blickt Sugoroku kurz nach hinten, ehe er mit Yami durch das grosse Tor geht, das den Eingang zu dem Friedhof markiert.

 

Neugierig hebt Yami nun gegen jede Regel den Kopf und sieht sich um. Tatsächlich sind die Gräber so zwischen den Bäumen angeordnet, dass sie sich in die Umgebung einzufügen scheinen und beinahe so wirken, als würden sie in diesen Wald gehören.

Immer tiefer gehen sie, dem Kiesweg folgend in den Wald hinein, bis sie schliesslich bei einer grossen Eiche stehen bleiben, neben der ein Familiengrab liegt.

 

„Das ist das Grab der Familie Muto. Schon mein Urgrossvater ist hier beerdigt worden.“ Vor dem Stein in die Knie gehend, streicht Sugoroku schon beinahe sanft über den marmornen Stein, in dem die Namen der verstorbenen eingraviert sind. „Ich sollte mehr hierher kommen…“, murmelt er leise vor sich hin, ehe er zu Yami blickt. „Komm her, mein Junge und knie dich auch hin.“ Auffordernd deutet er auf den Platz an seiner Seite und wartet geduldig, bis sich Yami neben ihm hingekniet hat.

Erst dann blickt er wieder zu dem Stein. „Amara, Atemu ist hier. Das Schicksal hat ihn zu uns geführt…“

 

Nur am Rande bekommt Yami mit, was Sugoroku sagt. Ist doch sein Blick zu den Namen gewandert und liegt nun wie gebannt auf dem untersten Namen.

 

‚Amara Mutou-Amina’

 

Wie magisch von den Worten angezogen, streckt er seine Hand aus und berührt mit den Fingerspitzen die in den Stein gehauenen Schriftzeichen. „Tante Amina…“, rutscht es aus ihm heraus und dann verfällt er in seine Muttersprache. Unter Tränen beginnt er zu reden. Er erzählt ihr alles, was ihm auf der Seele brennt. Wie sehr er sie vermisst, dass er immer versucht hat gerecht zu den Sklaven zu sein, von seiner Zeit als Pharao und wie das Flugzeug abgestürzt ist….

Dabei bemerkt er nicht, wie sich Sugoroku erhebt und sich ein paar Schritte entfernt, um ihm Zeit für sich selbst zu geben.

 

Die Umgebung betrachtend, wartet Sugoroku geduldig ab, bis sich Yami am späten Nachmittag wieder aufrichtet und sich dann mit geröteten Augen neben ihn stellt. „Danke, dass du mich hierher gebracht hast.“

Lächelnd legt Sugoroku nun die Hand auf Yamis Schulter. „Du musst dich nicht bedanken, mein Junge.“ Tief seufzt er jetzt auf. „Na komm, lass uns nach Hause gehen.“

 

 

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Was soll ich gross sagen... endlich kennt Yami die Wahrheit und ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen, dass Yugi in diesem Kapitel nicht auftaucht, aber das hätte einfach nicht gepasst.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Albert_Wesker
2017-09-12T11:03:57+00:00 12.09.2017 13:03
Du musst dich nicht entschuldigen, wenn dir mal die Zeit für ein Kapitel fehlt :) Das wahre Leben geht nun mal vor und ich habe kein Problem damit, etwas länger zu warten, denn am Ende ist die Vorfreude doch umso schöner ^^

Ich bin ziemlich erleichtert über den Umstand, das Yami sich insoweit an die Abwesenheit seines Shariks gewöhnt hat, dass er wieder regelmäßig Nahrung zu sich nimmt (ohne Zwang versteht sich) und auch einen besseren Schlaf findet... angesichts des enormen Trennungsschmerzes rechnete ich, eher mit dem Gegenteil, aber in diesem Fall stimmt es tatsächlich, dass so eine kleine Nachricht ganze Kontinente in Bewegung bringen kann - zum Glück kann man da sagen und ich freue mich darüber :D

Sugoroku tat das Richtige - ich ging zwar ebenso davon aus, das er nicht den korrekten Zeitpunkt wählte, zumal ja die Sache mit Yugi, Yami bereits so heftig auf den Magen schlägt, aber es war dennoch genau richtig, denn jetzt endlich kennt Yami, die ganze Wahrheit über seine Tante Amina ... es ist sehr traurig, dass die Beiden nie wieder Kontakt zueinander hatten und auch die Tatsache, dass ihre Briefe offenbar bewusst verschwanden, macht mich gleichzeitig unendlich wütend und tief traurig.

Es kommt einem wirklich als abgekatertes Spiel vor, damit am Ende Yami umso mehr leiden muss, aber wer hätte auch ahnen können, welches grausames Schicksal ihm noch bevorstand - zumindest war das Schicksal in einem Punkt sehr gnädig, das es Amina zur Familie Muto führte und sie dort ein schönes Leben hatte und das sich letztlich die Wege aller Beteiligten kreuzten.

Der Besuch auf den Friedhof war sehr emotional und wichtig, damit Yami's Seele in diesem Punkt, endlich die Ruhe findet und langsam heilen kann... es war bitternötig und ich schätze es sehr, dass Sugoroku ihm in jeglicher Hinsicht beistand, auch ihm die Zeit gab, die ganzen Informationen gedanklich sowie emotional zu verarbeiten und ihn am Ende auch begleitete.
Ich habe so das Gefühl, dass es langsam aber sicher wieder bergauf geht mit Yami's Gefühlswelt ^^

LG Albert_Wesker
Antwort von:  mrs_ianto
12.09.2017 19:01
Ich finde es einfach fair, wenn ich immer regelmässig update und dann plötzlich nicht, dass ich mich bei meinen Lesern entschuldige.

Ja, Yami hat sich so langsam daran gewöhnt, dass Yugi nicht da ist und daran ist dieser kleine Brief nicht ganz unschuldig. Gibt der ihm doch die Gewisssheit, dass Yugi wieder zurückkommen wird.
Ich finde den Vergleich super, dass eine kleine Nachricht Kontinente versetzen kann.

Ich denke, es war wirklich der richtige Zeitpunkt, denn dadurch, dass er nie etwas von Amina gehört hat, ist er so extrem unsicher geworden. Was man ja bei der Abreise von Yugi bemerkt hat.
Es ist wirklich traurig, dass er ihr nicht noch einmal gegenüberstehen konnte, aber wenigstens konnte er sich dank Sugoroku noch an ihrem Grab von ihr verabschieden und noch einmal mit ihr sprechen, auch wenn sie ihm logischerweise nicht mehr antworten kann.

Tja, es war schon ein abgekartetes Spiel, dass die Briefe abgefangen worden sind, aber wer weiss, warum das passiert ist und wer dafür verantwortlich gewesen ist. Da ist es wirklich ein Glück, dass sowohl Amina, als auch Yami bei den Mutos gelandet sind.

Sugoroku weiss meistens instinktiv, was das Richtige ist und ja, endlich kann die Wunde, die dadurch, dass er nie etwas von ihr gehört hat, entstanden ist, heilen.

Ich würde sagen, dein Gefühl täuscht dich nicht. So langsam aber sicher geht es Yami besser.

LG mrs_ianto
Von:  -Pharao-Atemu-
2017-09-10T11:18:03+00:00 10.09.2017 13:18
Es ist schön wie Großvater sich um Atemu bemüht.
Wie er ihn liebt spürt man fast.
Das keiner der Briefe ankam war leider zu erwarten.
Antwort von:  mrs_ianto
10.09.2017 13:19
Ja, Sugoroku leibt Atemu wie einen eigenen Enkelsohn und darum macht er sich auch solche Sorgen um ihn und erzählt ihm von Amara. Er hätte ja auch einfach schweigen können.

Ja, es war leider wirklich zu erwarten, dass die Briefe abgefangen werden.
Antwort von:  -Pharao-Atemu-
10.09.2017 13:21
Es war ein schönes Kapitel trotz der traurigen Seite.
Antwort von:  mrs_ianto
10.09.2017 13:22
Danke dir und ja es ist wirklich traurig schön.
Von:  Usaria
2017-09-10T10:53:50+00:00 10.09.2017 12:53
Da kann ich mich SephiRai nur anschließen wirklich ein sehr bewegendes und emotionales Kapitel. Gewünscht hätte ich mir wenn so ne richtige Rückblende gekommen währe. Ich weiß nicht, je öffters Yamis Kindermädchen erwähnt wird, desto neugirieger werde ich, hmm dich glaub du musst eine Sidstory Schreiben. Biiiitteeee, bitte bitte.

Es ist traurig, dass er auch den letzten Brief, als er dann schon Pharao gewesen ist, nicht bekommen hat. Aber wenigstens hat er ihn jetzt bekommen. Nach all den Schicksalsschlägen, scheint es das Schicksal wohl endlich etwas besser mit Yami zu meinen. Wenn Yugi nach Hause kommt, dann hat ihm Yami wirklich einiges zu erzählen. Ob da eine Nacht und ein Tag ausreichen wird?
Das Yugi heute nicht vorgekommen ist, ist zwar schade, doch dieses Kapitel gehöhrt ganz und gar Atemu. Freue mich schon auf´s nächste mal.
Schönen So

Antwort von:  mrs_ianto
10.09.2017 13:11
Eine Rückblende hätte irgendwie nicht so wirklich gepasst, denn niemand würde so von seiner verstorbenen Frau erzählen.
Wir werden sicher immer wieder etwas von Amina hören oder lesen. Um sie jetzt nämlich nciht mehr zu erwähnen, ist sie sowohl Atemu als auch Sugoroku und Yugi zu wichtig.

Naja, der letzte Brief ist ja auch nur zurückgekommen, weil den Hopkins übergeben sollte, aber da war Atemu ja schon "tot". Nur darum hat Sugoroku den Brief wieder zurückbekommen.
Ja, endlich scheint es das Schicksal mal gut mit ihm zu meinen und endlich konnte er sich jetzt von ihr verabschieden.

Er wird wirklich viel zu erzählen haben, wenn er dann auch reden wird. Wir kennen ja Yami, bis der endlich redet, muss sehr viel passieren.

Dieses Kapitel gehört wirklich nur Yami, Yugi hätte hier nur gestört.

Danke, ich wünsche dir auch einen schönen Sonntag.

LG mrs_ianto
Von:  Aibouneko
2017-09-10T10:05:41+00:00 10.09.2017 12:05
Ein sehr berührendes und mitfühlendes Kapi.
Ich freue mich das Yami endlich weis was aus seiner Tante Amina geworden ist nachdem sie ihm gezwungermaßen verlassen musste. Auch finde ich es schön das Sugoroku mit ihm zum Friedhof gegangen ist, das Yami bei ihr sein konnte.

Nicht schlimm das Yugi selbst nicht vorkommt, das hätte wirklich nicht gepasst. Das ist echt ein Kapti das ganz allein Yami bzw Atemu gehört ;)

Lg Sephi
Antwort von:  mrs_ianto
10.09.2017 12:09
Ich muss gestehen, dass ich teilweise beim Schreiben selbst Tränen in den Augen hatte und mehr als einmal leer schlucken und unterbrechen musste, weil es nicht weiterging.

Ja, endlich weiss Yami, was aus Tante Amina geworden ist und konnte sich nun auch richtig von ihr verabschieden und an ihrem Grab mit ihr sprechen konnte.
Und Sugoroku hat gewusst, dass Yami das braucht, damit seine Seele endlich die alten Wunden heilen kann.

Ja, Yugi hätte einfach nicht reingepasst, so hart es sich anhört, aber diesmal hätte er nur gestört.

LG mrs_ianto
Antwort von:  Aibouneko
10.09.2017 12:21
Kann ich mir gut vorstellen was du beim schreiben hattest hatte ich beim lesen. *Taschentuch packung anguckt die mal voll war und nun halb leer*

Das hat Großväterchen auch gut und richtig gemacht. Ich selbst weis wie wichtig es ist sich verabschieden zukönnen, weil es sonst einem in der Seele richtig schmerzen bereiten kann.

Genau, Yugi soll sich mal um die Stoffe kümmern und Mai nicht so auf die Nerven gehen :P


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