Zum Inhalt der Seite

Majestics

Teil I: Shining
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
 

Seit dem Telefonat mit seinem Vater waren zwei Wochen vergangen. Inzwischen war Robert wieder in Deutschland und ging seinem Alltag nach. Neben Privatunterricht bestand der vor allem daraus, einige Anfängerkurse für die Stiftung zu konzipieren.
 

Seine Abende verbrachte er seit einer Woche auffällig häufig damit, Oliver am Telefon zu erklären, dass sich sein Vater bisher nicht mit neuen Details gemeldet hatte. Meist gab Oliver sich damit zufrieden und sie tauschten sich im Anschluss einige Minuten über andere Dinge aus. Oliver konnte ein sehr angenehmer und kultivierter Gesprächspartner sein - wenn er wollte.
 

Trotzdem erinnerte ihn jedes Klingeln des Telefons an eine Sache, die er aufschob, seit er aus Paris zurück war.

Robert wollte mit Johnny reden und sich für den unpassenden Seitenhieb nach seiner Niederlage entschuldigen - möglichst ohne das Wort Niederlage zu erwähnen. Wenn er ihn aber nicht bald anrief, war der Zeitpunkt vorbei, bis zu dem es noch nicht komisch war, anzurufen.
 

"Stell dich nicht so an, Robert", schallte er sich selbst, "wie schwer kann es sein, jemanden anzurufen?"

Schwierig, fügte er in Gedanken selbstironisch hinzu, wenn er an die letzten zwei Wochen dachte, in denen er immer eine andere Ausrede vorgeschoben hatte, um genau das nicht zu tun. Noch schwieriger wurde es nur, wenn man nicht wusste, wo das Telefon war.
 

"Gustav", rief Robert verärgert, "wo ist das Telefon?" Es war nicht dort, wo es immer stand.

"Hier." Schnellen Schrittes war Gustav im Salon und brachte ihm das Telefon.

"Warum trägst du es mit dir spazieren?", fragte Robert skeptisch.

"Weil Herr Boulanger ständig anruft", erinnerte Gustav ihn höflich, aber bestimmt.
 

Richtig, dachte Robert, Oliver rief häufig an.
 

Als er gerade die erste Ziffer von Johnnys Nummer eintippen wollte, fiel ihm auf, dass er sie überhaupt nicht kannte.

Beinahe war er erleichtert, doch auch dieses Problem lies sich mit einem Anruf beim DBV schnell beheben.

Nun stand er wieder genau an dem Punkt, an dem er vor fünf Minuten bereits war.

Er war nicht der Typ für große Entschuldigungen, entsprechend schwer fiel es ihm, bei Johnny anzurufen. Aber wenn dieser sich nach seiner Niederlage nur halb so mies gefühlt hatte, wie Robert selbst, dann war er ihm definitiv ein tut mir leid schuldig.
 

Mindestens.
 

"Bei McGregor", meldete sich eine tiefe Männerstimme am anderen Ende der Leitung, als er sich endlich überwunden hatte. Johnny war das definitiv nicht.

"Ich wollte mit Johnny sprechen", sagte Robert etwas unbeholfen.

"Wer ist da?", erkundigte sich sein Gesprächspartner.
 

Am liebsten hätte Robert sich geohrfeigt.

Seine gute Stube war auch schon mal besser.
 

"Entschuldigen Sie", antwortete er höflich, "hier spricht Robert Jürgens."

"Einen Moment bitte, Sir", entgegnete die Stimme und er konnte Schritte hören.

"Telefon für Sie, Sir", drang es gedämpft durch den Hörer. "Ein gewisser Robert Jürgens."

"Was will der denn?", maulte Johnny so laut, dass sogar Robert ihn verstehen konnte. Vermutlich, weil es ihn nicht interessierte, ob er es hörte.
 

Wenn Robert ehrlich war, hätte er nichts anderes von Johnny erwartet. Es passte zu seiner Art, dachte er und lächelte grimmig.

"Was gibt's?", meldete sich Johnny schlecht gelaunt.

"Hallo Johnny", begrüßte Robert ihn. "Ich wollte mit dir reden."

"Freut mich", kommentierte Johnny sarkastisch, "ichhab dir nämlich nichts zu sagen."

"Dann hör einfach zu", erwiderte Robert unbeeindruckt. "Es tut mir leid, was ich nach deinem Kampf gesagt habe."

"Ich komm nicht zur-... warte, was?"

Johnny klang überrascht.

"Wir waren nicht immer einer Meinung", gestand Robert ein. Eigentlich nie, setzte er in Gedanken hinzu. "Trotzdem war der Kommentar unangemessen."
 

Schweigen.
 

"Johnny?"

"Wir sind quitt", sagte er schließlich. "Ich hab mich vorgedrängelt."

"Das war eine armselige Entschuldigung", bemerkte Robert trocken.

"Nimmst du sie an?", war alles, was Johnny wissen wollte.

"Natürlich."
 

"Und lass uns das Freundschaftsmatch bei Gelegenheit mal wiederholen", meinte er. Roberts ernster Blick wich einem Lächeln, als Johnny hinzufügte:
 

"Diesmal gewinne ich!"



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück