Zum Inhalt der Seite

Die Seele der Zeit

Yu-Gi-Oh! Part 6
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Chaos

Chaos
 

Atemu befand sich für einen Augenblick, der sich anfühlte wie Stunden, im freien Fall. Dann landete er in den Trümmern.

Zunächst war alles um ihn herum still. Lediglich ein penetrantes Pfeifen erfüllte seine Ohren. Er registrierte auch irgendwo am Rande seines Bewusstseins, dass er Dreck eingeatmet hatte, welchen er nun aushusten musste. Doch richtig wahrnahm er es nicht. Auch war er sich sicher, Verletzungen von dem Sturz davon getragen zu haben. Im Augenblick aber spürte er durch den Schock keine Schmerzen. Nur langsam ging der schrille Pfeifton zurück und machte wieder den Geräuschen der Umgebung Platz. Eine gespenstische Stille lag über dem Ort, an dem soeben noch ein Teil der Stadtmauer gestanden hatte. Hier und da war sie unterbrochen von Schreien Überlebender und derer, die nach Überlebenden suchten. Alles war so wahnsinnig schnell gegangen. Wie viel Zeit war seit dem Einsturz überhaupt schon vorüber gezogen? Er konnte nicht sagen, ob es Minuten oder gar Stunden waren. Mühsam rappelte er sich auf. Er war nicht von größeren Brocken begraben worden, doch er spürte, wie die Last des Schutts von seinem Rücken glitt, als er sich hoch stemmte. Hustend und keuchend versuchte er den Staub aus seinen Lungen zu verbannen, der sich quälend hinein gedrängt hatte. Erst jetzt, da er sich bewegte, realisierte er die pochenden Schmerzen an seinem Kopf. Mit zitternder Hand tastete er die Stelle ab, nur um daraufhin zusammen zu zucken. Blut klebte an seinen Fingern. Er war verletzt. Als er versuchte, sich aufzurichten, drehte sich alles um ihn herum. Doch er zwang sich, stehen zu bleiben. Sterne tanzten vor seinen Augen, als er sich umsah. Überall hing Staub in der Luft, der seine Sicht behinderte. Auch brannten und tränten seine Augen ob des Drecks, der hinein geraten war. Nur langsam drangen die lauter werdenden Schreie an sein gemartertes Bewusstsein. Ebenso träge wurde ihm bewusst, was eigentlich soeben geschehen war – welcher Schlag Caesian geglückt war.

„Yugi!“, schrie er mit brüchiger Stimme. „Joey! Tea!“ Ein Name nach dem anderen kam über seine Lippen, doch das Brüllen forderte seinen Tribut. Der Schwindel wurde stärker, er musste wieder husten, sank auf die Knie. Die Welt verschwamm vor seinen Augen. Waren sie tot? Was, wenn sie wirklich tot waren? Noch immer klangen ihm die Schreie der Menschen in den Ohren nach, als Caesians Monster angegriffen hatte. Es gab mit Sicherheit Tote. Die Frage war nur, ob sich seine Freunde darunter befanden. Obwohl ... War diese Frage nicht falsch, viel zu eingeschränkt? Was war mit den Angehörigen seines Volkes? Mit den Soldaten? Mit denen, die ihre Hoffnung in ihn gelegt hatten und nun vielleicht mit ihrem Leben bezahlt hatten? Immer weiter trieben die Gedanken Atemus ab, hinfort in eine gespenstische Leere der Vorwürfe, die begann, von seinem Inneren Besitz zu ergreifen.

Das ist alles meine Schuld. Ich konnte sie nicht schützen ...

Dann Schritte.

„Na? Verletzt?“

Atemu sah der Person direkt in die Augen, doch erkannte sie im ersten Moment nicht. Nur schleppend gewahrte er, wer da vor ihm hockte und ihn prüfend musterte. Es war Risha, die den Trümmern lediglich entgangen war, da ihre Ka-Bestie sie aufgefangen hatte, ehe sie von den Steinen begraben werden konnte.

„Wo sind … die anderen?“, murmelte Atemu geistesabwesend. „Wo ist Seto … meine Freunde … die Leute ... “

„Keine Ahnung“, erwiderte die Schattentänzerin wenig einfühlsam, dann hastete sie weiter. Er hatte einen ordentlichen Schlag auf den Kopf bekommen, doch der Pharao schwebte nicht in Lebensgefahr – was bei den anderen, die auf der Mauer gestanden hatten, ganz anders aussehen konnte. Nicht, dass es sie wirklich interessiert hätte, wie sich der Herrscher Ägyptens fühlte ... Aber sie brauchte ihn noch.

Sie konnte nicht leugnen, dass auch sie zitterte. Sie riss sich jedoch zusammen, so gut es ging. Gerade jetzt durfte niemand Schwäche zeigen. Denn dann hätte Caesian das, wonach er sich so gierig die Finger leckte. Sie hörte die Schreie der Soldaten, die für den Fall der Fälle im Inneren der Stadt positioniert gewesen waren. Sie näherten sich der Unglücksstelle. Risha bemerkte einen Schatten, der durch die Wolke aus Dunst auf sie zu geglitten kam – Cheron. Sie hielt inne.

„Hast du wen gefunden?“, erkundigte sie sich auf der Stelle. Doch der Pegasus schüttelte den Kopf.

„Such weiter! Wir müssen sie finden!“

Auch andere Ka-Bestien schwebten über den Trümmern, suchten nach ihren Zwillingsseelen, während wieder andere sich dem Schlachtfeld vor dem Schutt zugewandt hatten und wachsam darauf achteten, dass Caesians Soldaten fern blieben. Krieger Ägyptens kamen herbei geeilt, begannen damit, Brocken beiseite zu schaffen, doch die Masse war zu gewaltig und sie hatten wenig Zeit. Wer wusste schon, wie lange die Schlacht noch auf dem Feld vor Men-nefers zerstörten Toren weiter toben würde? Nun, da das Hindernis beseitigt war, brauchten die Männer des Feindes sich nur noch einen Weg an den ägyptischen Truppen vorbei zu bahnen oder sie zurück zu drängen, um in die Stadt einfallen zu können.

Risha sank auf die Knie und begann, kleinere Felsen zur Seite zu hieven. Die Freunde des Pharao und auch die restlichen Personen, die auf der Mauer gestanden hatten, konnten nicht tief verschüttet sein, immerhin war der Stein unter ihren Füßen weg gebrochen. Zudem waren sie alle nicht weit voneinander entfernt gewesen, was den Kreis weiter einschränkte. Plötzlich hielt Risha inne. War da soeben ein Stöhnen gewesen? Angespannt lauschte sie, versuchte die Schreie der Umgebung auszublenden. Und ja, tatsächlich! Da war es wieder gewesen. Sie horchte genauer hin, versuchte, den Laut nicht mehr zu verlieren. Schließlich folgte sie ihm, bis sie glaubte, die Quelle erreicht zu haben. Hektisch schob sie den Schutt beiseite, hob Felsbrocken an und warf sie weg. Dann fand sie wirklich den Ursprung des Geräusches. Doch die Erleichterung blieb aus. Denn was sie freigelegt hatte, war eine Hand, an der ein einzelner Ring glänzte. Sie kannte dieses Schmuckstück und wusste, zu wem es gehörte – Keiro. Sie ballte die Finger zur Faust. Unter all den Menschen, die sie gehofft hatte zu finden, stieß sie ausgerechnet auf ihn. Den Verräter ohnegleichen …

Ein Gedanke schlich sich in ihren Kopf und zauberte für einen kurzen Moment ein bestialisches Lächeln auf ihre Züge. Sie griff nach dem Stein, den sie zur Seite gelegt hatte und platzierte ihn wieder an der Stelle, wo sie ihn gefunden hatte. Sollte er doch verrecken … das Relikt würden sie auch später noch bergen können. Caesian wusste ja nicht einmal, dass es hier war, sie ging also kein Risiko ein. Zu viel hatte Keiro ihr angetan, als dass sie sich ihm gegenüber noch irgendwie verbunden fühlen könnte, obgleich sie vom selben Blut waren. Zu oft schon hatte er ihr gesagt, dass er sie töten wollte. Aber dazu würde er keine Chance mehr bekommen.

Plötzlich wurde sie von einem Ruf aus den Gedanken gerissen. Jemand rief ihren Namen. Und sie kannte die Stimmen. Die eine gehörte ihrem Bruder, ganz eindeutig. Die andere... Bakura.

In ihrem Kopf überschlug sich alles. Was hatte er ihr getan? Nichts. Stand es ihr wirklich zu, über Keiros Leben zu entscheiden? Ja, sie hasste ihn und wünschte ihm nichts sehnlicher, als dass er endlich aus dem Leben scheiden möge. Doch war es gerecht, damit auch ihren anderen Cousin ins Unglück zu stoßen? Sie wusste zu wenig über die Beziehung der Brüder, um beurteilen zu können, wie schwer Bakura der Verlust seines Fleisches und Blutes treffen würde. Zähne knirschend traf sie eine Entscheidung.

„Sei froh, dass ich nicht so bin wie du … “, murmelte sie, dann begann sie, Keiro vom Schutt zu befreien und zugleich auf die Rufe ihres Bruders zu antworten. Bald schälte sich dessen Gestalt aus dem Nebelschleier, der vom Dreck herrührte.

„Bei den Göttern, ist alles in Ordnung?“, fragte er sogleich und sank neben ihr auf die Knie.

„Mir geht’s blendend, aber ich könnte ein wenig Hilfe gebrauchen. Ich hab' da was gefunden … “, erklärte Risha mit einem Fingerzeig auf die Stelle, wo soeben Keiros Kopf zum Vorschein gekommen war.

Der Blick, den sie daraufhin erntete, schwankte zwischen schierem Entsetzen und Fassungslosigkeit. Zudem lag Verwirrung darin. „Kann es sein, dass du vielleicht doch irgendetwas auf den Kopf bekommen hast? Seit wann scherst du dich um ihn? Sag bloß, du hast doch noch gelernt, was Nächstenliebe und Vergebung sind!“

„Völliger Blödsinn“, zischte Risha. „Und jetzt Schnauze!“, fügte sie drohend hinzu, als sie nun auch den Grabräuber ausfindig machen konnte, der sich ihnen näherte.

Warum bin eigentlich ausgerechnet ich mit solchen familiären Verhältnissen gestraft?, schoss es ihr durch den Kopf, während sie seufzend zum Himmel aufsah.

Da zerrissen plötzlich von Angst erfüllte Schreie die Luft. Augenblicklich wollte Risha aufspringen, doch ihr Bruder hielt sie zurück. „Du bleibst und hilfst deinem einen Cousin, deinen anderen Cousin auszugraben. Ich kümmere mich darum.“

Dann war der Schattentänzer auch schon verwunden, seine Silhouette vom Dunst verschluckt. Immer wieder geriet er ins Taumeln, wenn der Staub unter seinen Füßen nachgab. Er irrte mehr oder weniger ziellos umher, orientierte sich alleine an den Rufen, die seiner Meinung nach vom Rande des Schlachtfeldes herüber wehten. Ihm war klar, was dort vor sich gehen musste. Die Stadt war nun schutzlos. Caesians Männer würden nicht lange zögern und angreifen. Er dankte den Göttern, als er vor sich zwei Gestalten ausmachen und feststellen konnte, dass er wohl nicht der Einzige mit diesem Gedanken gewesen war. Als er näher trat, erkannte er Yugi und Joey, die mit ihren Bestien bereits versuchten, den Feind am überqueren der Mauer – oder viel mehr ihrer Reste – zu hindern. Doch ihr eingeschränktes Sichtfeld machte die Lage nicht gerade einfacher. Zumal es äußerst schwer war, Gegner von ägyptischem Soldat zu unterscheiden, die sich nun in die Stadt zurück zogen.

„Alles in Ordnung bei euch?“, machte Riell schließlich auf sich aufmerksam und stellte sich an ihre Seite.

„Ja, uns geht’s gut. Dank Rotauge. Der Junge war schnell genug, um Yugi und mich vor dem Sturz aufzufangen. Wie sieht es bei dir aus? Wo sind die anderen?“, fragte Joey sogleich.

„Ich habe bisher nur meine Schwester und ihre Verwandtschaft getroffen. Keine Ahnung, wo der Rest ist“, erwiderte Riell.

„Verdammt … “, gab der Blonde Zähne knirschend von sich. „Keine Spur von Tea, Marik oder Ryou? Was ist mit Atemu?“

„Letzteren habe ich kurz gesehen. Er scheint nicht schwer verletzt zu sein, aber es sah aus, als wäre er geschockt. Er reagiert nicht, wenn man ihn anspricht“, erklärte der Schattentänzer. „Vielleicht sollte einer von euch versuchen, zu ihm vorzudringen. Immerhin kennt ihr ihn bedeutend länger, als es bei mir der Fall ist.“

„Das mache ich!“, gab Yugi zurück. „Schafft ihr es, hier die Stellung zu halten?“

„Klar Alter, geh schon!“, antwortete Joey. „Und wenn du dabei bist, halte Ausschau nach Tea und den anderen. Diese Ungewissheit macht mich völlig wahnsinnig.“

„Okay“, meinte der Kleinste noch, dann eilte er auch schon davon.

Riell und der Blonde aus dem 21. Jahrhundert blieben alleine zurück – zumindest bis sich zwei Schatten vom Firmament senkten. Es waren Anwaar und Cheron.

„Habt ihr irgendetwas gesehen?“, rief ihnen der Schattentänzer schon von Weitem zu.

Beide Kreaturen hielten ein Stück vor dem Boden in der Luft inne. Der gewaltige, golden geschuppte Drache nickte. „Caesians Männer sammeln sich auf dem Schlachtfeld. Es kann nicht mehr lange dauern, dann werden sie zum finalen Schlag ausholen. Es scheint, als warteten sie lediglich, bis der Staub sich etwas lichtet.“

„Und wir werden sie zurück werfen!“, kommentierte Joey siegessicher.

„Dein Optimismus ist verblüffend, Junge. Doch er sollte deinen Blick nicht verschleiern“, entgegnete der Pegasus. „Es sieht nicht gut aus. Viele ägyptische Krieger, die direkt vor den Toren fochten, wurden von den Trümmern erschlagen. Auch einige Mitglieder unseres Clans sind unter den Opfern. Gewiss hat es auch Caesians Männer erwischt, doch durch die Tränen der Nephthys wird dieser Umstand ihren Herren wenig beeindrucken.“

„Das hatte ich beinahe befürchtet“, seufzte Riell. „Aber wir werden das Beste daraus machen müssen! Aufgeben kommt nicht in Frage. Cheron, Risha ist irgendwo dort hinten“, fuhr er fort und deutete in die Richtung. Zur Antwort bekam er ein Nicken, dann erhob sich das geflügelte Pferd etwas höher in die Luft und verschwand. Dann wandte sich der Schattentänzer an Joey. „Und wir beide schauen mal, ob es uns gelingt, hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.“

„Aber Anwaar meinte doch soeben, dass Caesian nicht angreifen wird, solange der Staub in der Luft hängt. Helfen wir ihm nicht, wenn wir für klare Sicht sorgen?“, gab der Blonde zu bedenken.

„Vielleicht. Aber auch wir haben kaum Handlungsspielraum, solange wir blind sind.“
 

Stöhnend öffnete Ryou die Augen. Nur, um sie gleich wieder zu schließen. Der Staub wäre beinahe über seine Wimpern gekommen und hätte seinen Blick verschleiert. Schlagartig kehrten damit die Erinnerungen zurück. Er war wohl nur kurz bewusstlos gewesen, das sagte ihm zumindest sein Gefühl. Rasch stemmte er sich hoch. Sein Kopf pochte, doch wie er durch eine Berührung am Schädel feststellte, würde er mit einer großen Beule davon kommen. Und einigen blauen Flecken, die auf seiner blassen Haut sicherlich gut zur Geltung kamen …

Gerade wollte er sich vollends aufrichten, da erschütterte auf einmal etwas den Boden. Er fiel zurück auf die Knie, sah sich ängstlich um. Was war das? Und warum fühlte es sich an, als würde sich die Quelle der Erschütterung nähern? Die Antwort sollte er nur einen Augenaufschlag später bekommen. Er erkannte gerade noch die Silhouette, die sich aus dem Staub schälte, dann presste er schnell die Lider aufeinander, damit der Speichel von Shiruba lediglich sein Gesicht benetzte. Immer wieder leckte ihn die raue Zunge ab, bis er die Kiefer der Bestie zu fassen bekam und sie von sich schieben konnte.

„Ich freue mich ja auch, dich zu sehen!“, beteuerte er auf den enttäuschten Blick der Kreatur hin schnell. „Aber wo sind die Anderen? Was ist mit Yugi, Joey … “

„Der Junge, der aussieht wie der Pharao, und der Blondschopf sind in Sicherheit“, entgegnete Shiruba. „Außerdem der andere mit den weißen Haaren, sein Bruder und die zwei Schattentänzer.“

„Schon mal ein guter Anfang. Aber was ist mit Marik und Tea?“, erkundigte sich Ryou und kam endlich auf die Beine. Dann fiel ihm etwas ein. „Stimmt … Marlic fehlt ja auch noch“, fügte er hinzu, wobei er sich nicht sicher war, ob es ihn wirklich so sehr interessierte, wo dieser abgeblieben war.

„Keine Sorge. Anubis sucht bereits nach denen, die noch nicht gefunden wurden“, erklärte Shiruba und nickte in die Richtung, wo sich ein Umriss über den Haufen aus Schutt schob. „Wir sollten uns allerdings an die Front begeben“, sprach das silberne Geschöpf weiter. „Caesian wird es nicht genügen, die Mauer in Staub verwandelt zu haben. Die Schlacht hat gerade erst begonnen.“

„Wahrscheinlich hast du recht“, stimmte Ryou zu. „Worauf warten wir dann noch?“

Im nächsten Moment entkam ihm ein erschrockener Laut, als Shirubas Schnauze plötzlich vorschoss und sich im Genick des Weißhaarigen um dessen Kleidung schloss. Ein stolzes Knurren drang aus der kräftigen Kehle, dann preschte die Bestie – mit ihrem Meister im Maul – davon. Vorbei an einem Anubis, der lediglich einen kurzen Blick für die andere Kreatur übrig hatte, ehe er wieder die Nase gen Boden richtete. Mariks Geruch wurde immer deutlicher. Er konnte nicht mehr weit entfernt sein. Dennoch verlor das schakalköpfige Wesen immer wieder die Fährte. Hier und da wurden seine Sinne von anderen Düften überlistet, die es seine Spur verlieren ließen. Zum einen war da Blut – und davon nicht gerade wenig, führte man sich vor Augen, wie viele Menschen unterhalb und auf der Mauer gestanden hatten, als sie einstürzte: Die Soldaten, Bogenschützen, Schattentänzer, Bürger, die hatten helfen wollen … Hinzu kam all der Staub, der sich in seine Nase fraß und ihn immer wieder niesen ließ.

Da schnellte sein Kopf plötzlich herum. Hatte er sich das nur eingebildet? Oder konnte es wirklich sein? Angespannt lauschte das Geschöpf, spitzte die Ohren, drehte sie in alle erdenklichen Richtungen, damit ihm auch ja nichts entging. Einen Augenblick darauf stellte sich heraus, dass es sich nicht getäuscht hatte. Mit gewaltigen Sätzen näherte sich der riesige Schakal der Stelle, von der die Geräusche ausgingen. Sie war dominiert von einem einzigen, großen Felsbrocken, der alles andere überragte. Und genau unter diesem schien die Quelle der Laute zu liegen.

„Marik? Bist du das?“, grollte die tiefe Stimme des beschworenen Ungeheuers, als es Witterung aufnahm und nun ganz deutlich den Geruch seines Meisters in der Nase hatte.

„Ja! Ich bin hier unten! Mir geht es gut, ich bin in einem Hohlraum gelandet! Aber ich bekomme den Stein nicht weg!“, erwiderte eine gedämpfte Stimme. „Kannst du ihn irgendwie beiseite schieben? Möglichst ohne mir irgendwelche Knochen zu brechen oder mich zu zerquetschen?“

Schon beinahe empört schnellte Anubis Kopf zurück. „Was soll das heißen?“

„Nichts, nichts!“, kam es rasch als Antwort. Obgleich dem jungen Ägypter ganz genau bewusst war, warum er das gesagt hatte. Er hatte dieses Wesen nun schon zur Genüge im Kampf erlebt, um feststellen zu können, dass es nicht viel Ahnung von Feinmotorik zu haben schien. „Kannst du mich jetzt bitte einfach hier rausholen? Ich ersticke gleich!“

„Kein Problem! Du kannst dich auf mich verlassen!“, entgegnete Anubis noch, dann konnte Marik hören, wie er sich rasch entfernte.

Suchte er etwa nach einer Möglichkeit, ihn so sicher es ging zu befreien? Oder was hatte die Kreatur sonst vor? Eigentlich hatte er erwartet, dass der große Schakal das Trümmerstück einfach packen und hochheben würde – und das dann so, dass der junge Ägypter nicht gleich von den seitlich weg rutschenden Geröllmassen erdrückt wurde – aber anscheinend hatte er sich da getäuscht. Vielleicht hatte sein Einwurf dem Biest ja doch zu denken gegeben …

Diese Hoffnung löste sich jedoch prompt in Luft auf, als er trampelnde Schritte hörte, die sich mit wahnsinniger Geschwindigkeit näherten. Staub rieselte in Mariks Augen, als er schützend die Hände vor das Gesicht schlug. Im nächsten Moment ein lautes Krachen, als Anubis mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, gegen den Brocken rannte, um ihn von seinem angestammten Platz zu stoßen. Was der Ägypter, der nun eigentlich befreit war, zunächst gar nicht mit bekam. Erst, als die erwarteten Schmerzen gänzlich ausblieben – und das über eine längere Zeitspanne hinweg – öffnete er ungläubig die Augen und sah direkt in das Gesicht seiner Ka-Bestie, die mit vor Stolz geschwellter Brust neben ihm am Boden saß. Etwas, das wohl ein Grinsen sein sollte, lag auf den Zügen des Schakalgesichts. Für einen kurzen Moment war Marik noch vollkommen fassungslos, dann setzte er sich ruckartig auf. „Was sollte das? Du hättest mich umbringen können!“

„Wieso?“, entgegnete Anubis und zuckte mit den Schultern. „Hat doch funktioniert.“

Kurz überlegte der Ägypter, ob er darauf wirklich eine Antwort geben sollte und entschied sich dann dagegen. Seufzend legte er den Kopf auf die Knie und schüttelte den Dreck aus seinem Haar, klopfte ihn sich schließlich auch vom Körper. „Wo ist der Rest?“, erkundigte er sich dabei.

„Die meisten sind schon ausgegraben. Sie haben Aufstellung bezogen, für den Fall, dass Caesian angreift. Allerdings fehlt noch dieser Kerl, der dir so ähnlich sieht.“

„Nicht so wichtig“, entgegnete Marik und kam auf die Beine. „Lass uns zu den Anderen gehen.“

Doch kaum hatte er einen Schritt getan, blieb er auch schon wieder wie angewurzelt stehen. Grund dafür war der plötzliche Knall, der hinter ihm ertönte, sowie der Schutt, der auf ihn nieder prasselte. Als er herum schnellte, erkannte er auch den Auslöser für das unerwartete Geräusch und den Regen aus Dreck. Des Gardius hatte die Steine, die ihn begraben hatten, von sich geschleudert und entstieg den Trümmern. Doch nicht nur das Biest alleine, sondern auch seine Zwillingsseele kam zum Vorschein. Ihre Blicke trafen sich und Marlic zog eine Augenbraue nach oben. „Ach … du auch hier?“, meinte er wenig einfallsreich, wohl, um irgendetwas zu sagen – egal was.

Marik wandte sich jedoch einfach ab und ging in die Richtung davon, die er auch zuvor schon hatte einschlagen wollen. „Mal wieder zu früh gefreut … “, seufzte er dabei.
 

„Verdammter Mist … “, knurrte Risha, um deren Schultern Keiros rechter Arm lag, während Bakura ihn auf der anderen Seite stützte. Noch immer war der Zwilling des Grabräubers bewusstlos. „Er muss zugenommen haben … “

„Seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen habe, ganz bestimmt … “, entgegnete Bakura ächzend.

Immerhin war das gute 17 Jahre her. Doch eigentlich war es weniger Keiros Gewicht, als viel mehr die Tatsache, dass sie ihn über ein Geröllfeld schleppen mussten, die es so beschwerlich machte, ihn fort zu schaffen. Hinzu kam, dass er wie ein nasser Leinensack zwischen ihnen hing. Sie konnten von Glück reden, dass sich Shadara zurück gezogen hatte. So hatte auch Diabound bereits an die Front zurückkehren können, während sein Träger damit beschäftigt war, seinen Bruder in Richtung Stadtkern zu schleifen – heraus aus der gefährlichen Zone, wenn man so wollte. Inzwischen war der Wind heftiger geworden, was von den Schwingen Anwaars und Rotauges herrührte, die so versuchten, den Staub zu vertreiben.

Als sie letztendlich die Trümmer hinter sich gelassen hatten, war der Dunst bereits deutlich dünner geworden, sodass sie gleich erkannten, wer ihnen da vom Stadtinneren her aufgeregt entgegen gerannt kam. Es war Mana, mit Seto an ihrer Seite, der sich wohl ebenso hatte retten können. Immer wieder rief er im Laufen den Soldaten Befehle zu, die beim Zusammenbruch der Mauer im Inneren der Stadt gewesen waren und nun im Geröll nach Überlebenden suchten.

Die Miene der Magierin verriet, dass ihr Sturz von der Stadtumgrenzung seinen Tribut gefordert hatte. Doch sie versuchte, den Schmerz auszublenden. Sie durfte nicht schlapp machen, dafür war jetzt alles andere als der richtige Zeitpunkt! Als sie im Begriff war, an der Schattentänzerin und ihrem Cousin vorüber zu eilen, hielt sie auf einmal inne.

„Habt ihr Atemu gesehen?“, fragte sie gehetzt. „Was ist mit ihm?“, fügte sie hinzu, als sie Keiro erkannte, der noch immer ohnmächtig war.

„Keine Sorge, der wird wieder“, entgegnete Risha und verkniff sich den Zusatz 'leider'. „Euer König hockt irgendwo da hinten“, fuhr sie mit einem Nicken in besagte Richtung fort. „Scheint nicht viel abbekommen zu haben, aber sieht ziemlich schockiert aus.“

„Gut“, befand Seto erleichtert. „Bringt den da zum Palast. Sieht nicht so aus, als wäre er uns noch von Nutzen.“

Ein Knurren von Seiten Bakuras war zu vernehmen. „Du wirst gleich nutzlos sein, wenn du nicht aufpasst, was du sagst.“

„Hat da etwa jemand seinen Beschützerinstinkt entdeckt?“, höhnte der Hohepriester.

„Bei den Göttern, Schnauze jetzt!“, ging Risha dazwischen, ehe sie sich an ihren Cousin wandte. „Jetzt lass ihn uns abliefern und dann zurück an die Front. Streiten könnt ihr später immer noch.“

Mit diesen Worten setzte sie sich in Bewegung, zog somit Keiro und auch Bakura mit sich, der Seto noch einmal einen bösen Blick zuwarf und sich mental notierte, auf diese Diskussion zurück zu kommen. Beschützerinstinkt … natürlich! Keiro war eben sein Bruder, verdammt. Dass er ihn, da er wohl gemerkt bewusstlos war, aus der Gefahrenzone schaffte, hatte doch nichts mit 'beschützen', nichts mit Gefühlen zu tun! Das war pure Logik und absolut natürliches, instinktives Verhalten! Keine Gefühlssache!

Nachdem sie sich ein Stück weit entfernt hatten, sodass sie außerhalb der Hörweite des Hohepriesters waren, warf er Risha kurz einen prüfenden Blick zu, ehe er sprach, wobei seine Stimme einem Zischen glich. „Du hättest mir ruhig beipflichten können! Er ist alt genug, ich brauche ihn nicht zu schützen und deswegen tue ich das hier auch nicht! Bescheuerter Gottesanbeter! Denkt wieder in die völlig falsche Richtung und glaubt, er habe recht.

Außerdem – und das kannst du dir für die Zukunft hinter die Ohren schreiben – lasse ich mir von niemanden sagen, wann ich zu schweigen habe, klar?“

Der Kopf der Schattentänzerin schnellte herum. Für einen Moment sah sie den Grabräuber beinahe fassungslos an, dann blieb sie wie angewurzelt stehen – nur um im nächsten Moment ohne Vorwarnung Keiros Arm von ihrer Schulter zu stoßen. So kam es, dass dieser wie ein vollgesogener Sack zu Boden ging und Bakura mit sich zog. Dieser fand sich verdutzt im Staub wieder, erlangte seine Fassung jedoch gleich zurück. „Was sollte das denn werden? Hast du sie noch alle?“

„Ich schon, aber du offenbar nicht!“, schnauzte Risha in ähnlich aggressivem Tonfall zurück. Der letzte Faden Geduld, den sie soeben noch gehabt hatte, war gerissen. „Man, du hast vielleicht Probleme! Da steht ein selbst ernannter Herrscher vor den Toren und will sich die Artefakte unter den Nagel reißen und du hast nichts besseres zu tun, als auf die Provokationen eines verdammten Hofmitglieds einzugehen und dich über Kleinigkeiten aufzuregen! Wenn hier irgendjemand ein Problem damit haben sollte, dass ihm gesagt wird, er würde Keiro beschützen, dann bin ja wohl ich das! Immerhin hat er mir die letzten Sommer den Tod an den Hals gewünscht, nicht dir! Was ist so schlimm daran, wenn du ihn vor größerem Unheil bewahrst, dass du herum schreist, du würdest es nicht tun? Er ist immerhin dein Bruder, da ist das völlig normal! Bei Sachmet, ich hätte ihn einfach verrecken lassen sollen, dann bliebe mir jetzt dein kindisches Getue erspart!“

Sie machte auf dem Absatz kehrt und rauschte davon. Nie hätte sie gedacht, dass es irgendwann in ihrem Leben einmal Bakura sein könnte, der sie zur Weißglut trieb. Aber diese Hürde hatte er soeben erfolgreich gemeistert. Sie fragte sich wirklich, wie Keiro auf die Idee kam, sie habe nicht mehr alle Zacken an der Krone! Ganz offensichtlich war es doch der 'König der Diebe', wie er sich nannte, bei dem irgendetwas gravierend kaputt war! Plötzlich seufzte sie genervt. Eigentlich war die Frage hier doch eher, bei wem ihrer Verwandten nichts kaputt war. Mit einem Fluch auf den Lippen stapfte sie zurück zu Cheron und ließ Bakura alleine zurück, der ihr entgeistert und zugleich wütend hinterher starrte.

Was bildete sich dieses Weib eigentlich ein, so mit ihm zu sprechen? Erstens sprach niemand so mit ihm. Zweitens war er ihr Cousin – was glaubte sie also, wer sie war, solch einen Ton anschlagen zu können? Drittens war sie jünger als er – ganze zwei Sommer – und hatte ihn verdammt nochmal zu respektieren! Viertens war sie, wie bereits festgestellt, eine Frau und Frauen hatten gegenüber einem Mann erst recht nichts zu melden! Er hatte eben ein Problem damit, dass der Hohepriester ihm diese Unterstellung machte, er würde seinen Bruder beschützen, und Punkt. Und auch, wenn er ihr eigentlich keine Rechenschaft schuldig war, so hatte er dennoch gute Gründe für diese Anwandlung. Nämlich …

Ja … welche eigentlich?
 

Yugi hetzte durch den Staub. Immer wieder sah er sich suchend um, doch er fand Atemu nicht. Wo war er nur?

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er plötzlich etwas hörte.

„Hilfe! Ist da irgendjemand? Hallo!“

Er erkannte die Stimme sofort. „Tea! Tea, wo bist du?“

„Ich bin hier! Yugi, bist du das? Bitte, hol mich hier raus!“

Er folgte den Schreien. Schließlich stieß er auf eine Vertiefung in dem ganzen Schutt. Als er hinunter blickte, entdeckte er seine Freundin. „Tea! Geht es dir gut?“, rief er besorgt, während er zu ihr hinab rutschte.

„Mir fehlt nichts. Aber mein Bein ist eingeklemmt, ich bekomme es einfach nicht los“, erwiderte die junge Frau und versuchte erneut, sich zu befreien. „Die Feuerprinzessin habe ich schon zurück an die Front geschickt. Auch sie konnte mir nicht helfen. Die Steine sind zu schwer.“

„Keine Sorge, wir finden einen Weg“, versicherte der Kleinere. Er wünschte, er wäre dazu in der Lage, sich ebenfalls gedanklich mit seiner Ka-Bestie zu verständigen. Aber da dies nicht möglich war und er vermutete, dass sie mit den feindlichen Kriegern genug zu tun hatte, musste er eben ohne sie eine Lösung finden. „Ich bin gleich wieder da“, sagte er zu Tea. „Ich suche nach etwas, das uns helfen kann, dich da raus zu holen.“

Die Brünette nickte. „Aber beeil' dich. Die anderen brauchen bestimmt jede Hilfe, die sie kriegen können!“

Yugi verließ die Vertiefung und hastete über den Schutt. Direkt nach der Mauer hatten bereits die ersten Häuser der Stadt gestanden, von denen nun nur noch Trümmer übrig waren. Es musste also noch etwas anderes geben, als nur Stein und Staub …

Er hielt inne, als er etwas entdeckte, das aus dem Chaos heraus ragte. Schnell eilte er dorthin. Es handelte sich um einen dünnen Balken, der wohl einmal das Dach einer Behausung gestützt hatte – genau das, was er jetzt brauchen konnte. Er befreite das Holz aus den Trümmern und stemmte es sich auf die Schulter. Es war schmal genug, um es zwischen die Steine zu schieben, die Teas Bein umklammert hielten, und zugleich ausreichend stark, um nicht gleich zu brechen. Er zog es zu der Stelle zurück, an der seine Sandkastenfreundin wartete. Dann ließ er zuerst den Balken in die Grube hinab, ehe auch er hinunter stieg.

„Hoffentlich funktioniert das“, sagte die Brünette, während sie das Holz musterte.

„Einen Versuch ist es wert“, entgegnete Yugi, während er den dünnen Dachbalken zwischen die Steine schob und das andere Ende anschließend auf einem Felsbrocken abstützte, um die nötige Hebelwirkung erzielen zu können. „Tut das weh?“

„Nein, nein. Meinem Bein selbst fehlt nichts. Aber da ist irgendwo ein Trümmerteil, das mich daran hindert, den Fuß heraus zu ziehen.“

„Okay. Kannst du vielleicht mit anpacken? Gemeinsam schaffen wir es bestimmt“, erkundigte sich der junge Mann.

Die beiden umklammerten das freie Ende des Balkens, dann trafen sich ihre Blicke.

„Auf drei?“, fragte Yugi, woraufhin Tea nur bestätigend nickte.

„Gut. Dann: Eins. Zwei. Drei!“

Zusammen zerrten und drückten sie das Holz nach unten. Nur langsam setzte die erhoffte Wirkung ein, doch das Geröll bewegte sich tatsächlich. Sofort begann Tea, ihrem Fuß irgendwie Freiraum zu verschaffen … und zog ihn schließlich heraus. Als sie den Balken los ließen, rutschte der Schutt grollend zurück an seinen Platz und füllte nun auch den Raum aus, den zuvor die Gliedmaße der jungen Frau gefüllt hatte. Die Brünette lachte vor Erleichterung. „Tausend Dank, Yugi! Ohne dich hätte ich das nicht geschafft!“

„Ach, nicht der Rede wert“, erwiderte der Kleinere und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Sowas tut man doch für Freunde.“

„Aber sag mal, was hat dich eigentlich hier her geführt? Hättest du nicht am Schlachtfeld sein sollen?“

„Ja, eigentlich schon. Aber Riell hat mir von Atemu erzählt. Ihm geht es gut, er ist nicht verschüttet worden. Doch er scheint nicht zu reagieren, wenn man ihn anspricht und sitzt hier irgendwo in den Trümmern. Vielleicht steht er unter Schock. Ich muss ihn finden.“

„Dann nichts wie los! Ich helfe dir!“, sagte Tea und richtete sich schnell auf.

Gemeinsam verließen sie den Krater und setzten die Suche nach dem Pharao fort. Sie irrten durch den Dunst, der sich allmählich zu legen begann. Dennoch brannten ihre Augen vom Staub. Immer wieder rutschte der Schutt unter ihren Füßen weg, sodass sie ins Wanken gerieten. Dann endlich fanden sie ihn. Zuerst war er nur eine Silhouette in dem Nebelschleier, doch als sie auf ihn zueilten, wurden seine Umrisse klarer. Aus dem Laufen heraus fiel Yugi auf die Knie und rutschte einen kleinen Abhang hinab, den die Trümmer geschaffen hatten. Er schürfte sich die Haut auf, doch ignoriert es. Der Anblick, den der Pharao bot, bereitete ihm höchste Sorge. Noch immer starrte er stur ins Leere, die Augen glasig in die Ferne gerichtet. Es schien, als habe er gar nicht wahrgenommen, wie Yugi an seine Seite gekommen war. Tea folgte etwas vorsichtiger, als ihr Sandkastenfreund. Doch auch sie erkannte sofort, dass mit dem Herrscher Ägyptens etwas nicht stimmte.

Der Kleinere überlegte, ob er ihn direkt ansprechen sollte. Er konnte verstehen, dass Atemu geschockt war. Caesians war es gelungen, ihnen einen empfindlichen Schlag zu versetzen. Er war so weit gekommen, wie niemand vor ihm. Zudem war gewiss, dass Soldaten und Bürger unter den Felsbrocken begraben worden waren und wohl ihr Leben verloren hatten. Doch der Kampf war noch längst nicht vorbei. Einige mochten erschlagen worden sein, was ganz sicher sehr schlimm war. Doch da waren noch andere, die darauf hoffen, gerettet zu werden – und zwar von ihm.

„Hey, Atemu“, sagte er schließlich vorsichtig und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

Augenblicklich zuckte der Kopf des Königs herum. Noch immer völlig ausdruckslos starrte er nun nicht mehr auf einen fernen Punkt, sondern in Yugis Gesicht. Es war beinahe, als würde er durch den jungen Mann hindurch sehen.

„Geht es dir gut? Bist du verletzt? Du blutest ja!“, fuhr Tea fort, doch auch sie erhielt keine Antwort.

Ein genauer Blick verriet ihr allerdings, dass dem Pharao nichts zu fehlen schien. Lediglich eine Platzwunde am Kopf, soweit sie das beurteilen konnte.

„Hör zu … “, setzte nun wieder Yugi an. „Du musst aufstehen. Caesians Truppen können jeden Moment heran stürmen, dann brauchen wir deine Hilfe.“

Noch einen Moment blieb er still, dann wiederholte Atemu die Worte seines Freundes. „Meine Hilfe?“, flüsterte er und wandte den Blick ab. Er konnte sehen, wie zwei Soldaten eine Frau aus den Trümmern zogen, die wohl an der Mauer gestanden hatte, als sie zusammen gebrochen war. Ihr Körper war regungslos, Blut bedeckte das ganze Gesicht. Sie war mit Sicherheit tot.

„Mich braucht hier niemand“, sagte er schließlich. „Ich habe schon jetzt versagt. Ich kann und konnte diese Menschen nicht schützen. Wir könnten alle tot sein.“

Die Worte ließen Yugi schlucken. „Aber Atemu … da sind noch andere. Und die brauchen deine Hilfe. Mich eingeschlossen.“

„Verstehst du es nicht? Er hat bereits gewonnen … “

„Nein, das hat er nicht!“

Yugi war selbst überrascht darüber, dass er geschrien hatte. Tea musterte ihn überrascht, doch nicht böse. Auch er vermochte von Tag zu Tag weniger, seine Nerven zu bewahren. Das Letzte, was sie nun gebrauchen konnten, war ein Pharao, den der Mut verlassen hatte. Denn wenn dem so war, dann konnten sie gleich kapitulieren – und das würde Yugi auf keinen Fall zulassen.

„Ja, es sind Menschen gestorben und das ist etwas, was dich traurig machen darf. Aber da sind doch noch andere Leute! Menschen, die Angst haben und ihre ganze Hoffnung in dich setzen! Sie brauchen dich, siehst du das nicht? Wenn du jetzt aufgibst, dann, und nur dann, hat Caesian gewonnen! Noch mehr Menschen werden sterben, wenn du nichts tust! Die Toten kannst du nicht mehr zurück holen, aber du kannst die vor dem gleichen Schicksal bewahren, die dir vertrauen und zu dir aufblicken!“

Sie sahen sich einfach nur an. Starrten in die Augen des jeweils anderen. Dann hob Yugi die Hand.

„Los, komm mit mir. Ich werde dir helfen, wo ich kann. Tea ebenso und die anderen auch. Es sind nicht nur die Bürger Men-nefers, die dich jetzt brauchen. Da sind wir, die Schattentänzer und all die Leute, die der Krieg noch betreffen wird, wenn wir hier nichts tun.“

Atemus Blick senkte sich, blieb an der Hand des Anderen hängen. Dann sah er kurz zu Tea. Allmählich verflüchtigte sich die Leere, die ihn eingehüllt hatte. Denn Yugi hatte vollkommen recht. Selbst, wenn er hier aufgab, würde er die Verstorbenen dadurch nicht zurück bringen oder das bereits verursachte Leid verhindern. Es gab nur eines, das er jetzt tun konnte. Und das war kämpfen. Für einen Moment schloss er die Lider und atmete tief durch. Dann öffnete er sie wieder und ergriff bestimmt die Finger, die sich ihm entgegen streckten, ließ sich von seinem Partner auf die Beine ziehen.

„Lasst uns gehen“, sagte er. „Es tut mir leid, dass ich euch solche Mühe bereitet habe. Aber du hast absolut recht, Yugi. Wir kämpfen – für die Zukunft ganz Ägyptens!“
 

Es hatte begonnen.

Immer wieder schossen die Ka-Bestien vom Himmel herab oder feuerten Angriffe in die Menge, die wie aus dem Nichts dem entgegen strömte, was einst die Mauer Men-nefers gewesen war. Sie hatten den Sturm begonnen, kaum dass es Anwaar und Rotauge gelungen war, den Staub zu vertreiben. Seto hatte zuvor bereits Befehl gegeben, die Truppen, die vor den Toren standen, hinter den Wall aus Schutt zurück zu ziehen, um die Stadt verteidigen zu können – wenn sie das aus Angst nicht bereits selbst getan hatten. Nun standen sie sich auf den Trümmern gegenüber. Sie hatten alle Mühe, den Feind zurück zu halten.

„Weißer Drache! Lichtblitz!“

Die gewaltige Bestie brachte sich in Position, dann ging ein gleißender Strahl auf die nachrückenden Kämpfer Caesians nieder. Sie gingen zu Boden, wurden davon geschleudert oder brachten sich im allerletzten Moment in Sicherheit. Die, die noch zu einer Bewegung fähig waren, standen kurz danach wieder auf – obgleich sie hätten tot sein sollen. Doch diesmal war etwas anders. Sie schleppten sich nicht mit verstümmelten Körpern voran. Vielmehr begannen Fleisch, Haut, Muskeln, all das, was zerstört worden war, ganz plötzlich, sich zu regenerieren. Selbst jene, die die Attacke des weißen Drachen den Schädel gekostet hatte, begannen wie aus dem Nichts, sich auf zu rappeln, den Kopf wieder dort, wo er sein sollte, solange er nicht allzu weit davon geflogen war. Lediglich Verbrennungen verschwanden nicht.

Mana zuckte zusammen, als sie das sah und wich instinktiv einige Schritte zurück.

„Die Saat des Chnum“, meinte Riell Zähne knirschend. Sie alle wussten, wozu dieses Relikt fähig war. Doch seine Wirkung aus nächster Nähe zu beobachten, ließ sie erschaudern. Und dann noch in Kombination mit den Tränen der Nephthys …

„Dafür wird er büßen!“, fügte Risha über das allgegenwärtige Tosen hinzu. „Cheron! Töte sie alle!“

„Diabound! Du auch!“

Die Schattentänzerin wirbelte herum und gewahrte Bakura, der hinzu kam. Die besagte Kreatur sah sich kurz nach dem Grabräuber um, dann schritt sie zur Tat und schoss eine Schockwelle in die feindlichen Reihen. Erneut wirbelte Staub auf.

„Na? Wieder runter gekommen?“, erkundigte sich Risha bewusst provokant, als Bakura in ihrer Nähe Aufstellung bezog.

„Elende Zicke … “, murmelte er, ohne auf ihren Kommentar einzugehen. Ihm war bewusst, dass sie nämlich genau darauf hoffte. Doch diesen Spaß würde er ihr nicht gönnen. Zumindest nicht jetzt.

„Mana!“, schallte Atemus Stimme über das Feld. „Geh in die innere Stadt und gib Anweisung, die Menschen in den Palast zu evakuieren! Gib mir Bescheid, wenn alles arrangiert ist!“

Die Magierin verschwand augenblicklich, ohne weitere Fragen zu stellen. Diese kamen an ihrer Stelle von Seto. „Was habt ihr vor, mein König?“

„Ich habe eine Idee. Der Palast ist das Herz der Stadt. Caesian will ihn und genau das müssen wir verhindern! Solange er nicht sein ist, hat er nicht gesiegt. Sobald alle in die hinteren Teile des Gebäudes gebracht wurden, werden wir uns zurück fallen lassen. Die Straßen Men-nefers werden unser Schlachtfeld sein! Dadurch haben wir einen Heimvorteil. Sollte dies scheitern, so flüchten wir in den Palast und verschanzen uns darin. Das Königshaus ist ein regelrechtes Labyrinth, es dürfte uns zum Vorteil gereichen.“

„Aber was, wenn er dann einfach den Palast angreift und zum Einstürzen bringt?“, wandte Tea zwischen zwei Befehlen an die Feuerprinzessin ein.

„Das wird er nicht“, entgegnete Marlic. „Dieser Kerl beschränkt sich auf Weltliches.“

„Da muss ich ihm ausnahmsweise recht geben“, fügte Marik hinzu. „Er will sich vermutlich selbst auf dem Thron sehen. Und das ist nun einmal nicht möglich, wenn er einfach alles kurz und klein schlägt. Die Stadt mag ihm nichts bedeuten – aber im Palast möchte er selbst heimisch werden, um zu zeigen, dass er gewonnen hat.“

Der Kampf setzte sich derweil immer weiter fort. Überall regierten Schreie und das Tosen von Angriffen. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte der Pharao endlich wieder die Stimme seiner Hofmagierin.

„Majestät!“

Atemu fuhr herum und sah Mana auf sich zueilen. „Die Leute werden in die Keller gebracht. Von dort führen die Tunnel, die Yugi, Marik und die Schattentänzer bereits benutzt haben, um Resham zu befreien, aus der Stadt heraus. Ich habe sie erneut öffnen lassen. Es wird allerdings dauern, bis alle draußen sind. Ich hielt es für … “

„Richtig, ja. Eine gute Entscheidung, Mana. So bringen wir die Menschen aus dem Kreuzfeuer“, vervollständigte Atemu den Satz. „Also, ihr habt es gehört! Wir halten hier solange wie möglich die Stellung! Danach ziehen wir uns in Richtung Palast zurück und setzten sie in den Straßen der Stadt fest! Gebt den Befehl an die Truppen weiter, Seto. Sie sollen sich bereit halten!“
 

Unruhig schritt Samira in dem Zimmer auf und ab. Bei jedem Geräusch, das von den Mauern herüber wehte, zuckte sie zusammen und starrte hinaus. Was ging dort nur vor sich? Es war noch nicht lange her, da hatte es einen gewaltigen Schlag gegeben. Kurz darauf waren Staubwolken dort in der Luft gehangen, wo sie die Schlacht vermutete. Sie konnte nicht leugnen, dass sie Angst hatte.

Ihr Blick schweifte zu Kipino und Meister Resham. Niemand sagte ein Wort, doch das war auch nicht nötig. Ihre Gesichter sprachen Bände.

Sie alle schreckten kurz auf, als es an der Tür klopfte. Ein Soldat betrat den Raum.

„Was geht dort draußen vor sich? Bitte, ich muss es wissen!“, fragte Sam noch ehe der Mann auch nur ein Wort sagen konnte.

Der Krieger schilderte knapp die Ereignisse an den Toren. Die Augen aller Anwesenden weiteten sich bei dem Bericht. Caesian war ein empfindlicher Schlag geglückt.

„Der Pharao lässt alle Zivilisten evakuieren. Ich bin gekommen, um Euch aus der Stadt zu bringen, Herr“, schloss der Kämpfer seinen Bericht schließlich, indem er sich an Resham wandte.

Gespannt blickten die beiden Schattentänzer ihr Oberhaupt an. Kipino kam auf die Beine. „So lasst uns keine Zeit verlieren, Euer Hoheit … “

„Nein, mein Guter“, erwiderte der alte Mann sofort. „Ich bleibe hier. Ich werde meinen Clan, der dort ebenfalls an der Front steht, keineswegs im Stich lassen.“

Zwar lag den beiden Clanmitgliedern eine Erwiderung auf der Zunge, doch sie schluckten sie herunter. Niemand widersprach ihrem Oberhaupt.

„Ich danke Euch für Eure Bemühungen, Krieger. Doch ich ziehe es vor, hier zu verweilen. Nun geht und bringt jene in Sicherheit, die Eure Hilfe dringender nötig haben, als ein verbohrter, alter Mann“, fuhr er lächelnd fort.

Der Soldat nickte und verbeugte sich leicht, dann verließ er den Raum. Zur selben Zeit stemmte sich Resham in seinem Bett hoch und machte Anstalten, aufzustehen.

„Meister … Was tut Ihr? Ihr seid doch noch viel zu schwach!“, fragte Samira erstaunt und besorgt.

„Ich tue das Einzige, was ich noch tun kann. Ich werde helfen, Sam. Auch, wenn es vielleicht das Letzte ist, was ich für diese Welt noch tun kann...“
 

Die ägyptischen Truppen wurden immer weiter in die Stadt zurück gedrängt. Sie fochten mit allen Kräften, doch sie kamen einfach auf keinen grünen Zweig mehr. Atemu spürte die Atmosphäre, die über den Kämpfenden lag wie ein Leichentuch. Viele seiner Männer waren eingeschüchtert. Der schützende Wall der Stadt war zersprungen, ihr Herz lag offen. Und dennoch dachte niemand daran, sie dem Feind kampflos zu überlassen.

„Wir müssen ihn irgendwie zurückschlagen!“, rief Seto seinem Cousin zu.

„Es dauert nicht mehr lange, dann sind Menschen in Sicherheit. Solange müssen wir noch durchhalten!“, erwiderte Atemu. „Aber vielleicht sollten wir ihn trotzdem noch ein wenig näher kommen lassen. Wenn wir den Kampf in die engeren Stadtteile verlegen, haben unsere Soldaten einen Vorteil. Sie kennen die Gegebenheiten.“

„Das ist ein gewagter Plan“, stellte Yugi fest. „Aber er könnte durchaus gelingen. Doch was ist mit den Schattentänzern? Kennen sie sich aus?“

„Keine Sorge, Kleiner“, warf Risha zwischen zwei Befehlen an Cheron ein. „Ich habe mittlerweile aufgehört zu zählen, wie oft wir uns schon heimlich hier rein geschlichen haben.“

„Bitte was?“, war sofort Setos Reaktion, doch er wurde einfach überhört.

„Sagt den Hornbläsern, sie sollen ein Zeichen geben. Wir ziehen uns weiter in die Stadt zurück!“

Der Klang der Hörner schallte über sie hinweg. Die Masse der ägyptischen Krieger begann langsam mit dem taktischen Rückzug.

„Na endlich wird’s spannend!“, knurrte Risha und zückte ihre Dolche.

„Was hast du vor?“, fragte Riell prompt. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er es sich schon beinahe denken konnte.

„Wenn wir in die engeren Stadtteile zurückweichen, wird es bald keine zwei Fronten mehr geben, wie es seit dem Fall der Mauer war. Freund und Feind werden sich vermischen – eine perfekte Gelegenheit, mal wieder ein paar Kehlen durchzuschneiden“, erwiderte seine Schwester bestialisch grinsend. Dann wirbelte sie herum und verschwand in den Gassen der Stadt.

„Risha! Risha, bleib hier!“, rief ihr Bruder ihr noch hinterher, da brachen die Fronten in sich zusammen. Die Krieger strömten durcheinander. Überall wurden Schreie laut. Riell kaute kurz auf seiner Unterlippe, dann zog er sein Schwert. Offenbar würde seine Schwester recht behalten. Auch, wenn ihm das nicht halb so viel Spaß machen würde, wie ihr.
 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
 

Die Schlacht um Men-nefer geht weiter.

An dieser Stelle nochmals einen herzlichen Dank an 3sakuraharuno3 für den wie immer lieben Kommentar zum letzten Kapitel!



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Rowanna
2016-04-08T00:57:36+00:00 08.04.2016 02:57
Hallo Sechmet!

Auch deine nächsten Kapitel waren wieder richtig gut. Du hast recht: Das Gespräch zwischen Atemu und Resham war wirklich schön. Aber sogar noch besser gefallen hat mir der Dialog zwischen Seto und Atemu. Der Befehl, die Last auf beiden Schultern zu tragen, weil Seto sonst nicht in seinen Dickschädel bekommt, das er nicht nur einen Pharao, sondern auch einen Freund in Atemu hat...einfach schön.

Bei dem Kapitel mit den Ka-Bestien ist mir zum ersten Mal aufgefallen, wie aktuell und zeitnah deine Geschichte doch ist. Wir alle sehen nur unseren eigenen Standpunkt und weigern uns entweder den der anderen einzunehmen, oder wir übersehen ihn einfach. Wenn wir das nicht täten, gäbe es deutlich weniger Feindseligkeit und Verbrechen auf der Welt. Auch wenn das Kapitel eigentlich lustig war, hat mich das sehr gerührt. Ich hätte nicht gedacht, auf Animexx eine FF zu finden, die eine tiefsinnige Message so überzeugend rüberbringt. Alle Achtung!

Was mir bei diesem Kapitel nicht so gut gefallen hat, ist Atemus Mutlosigkeit. Klar, bei jedem anderen wäre es vollkommen verständlich, angesichts der Lage schockiert in der Ecke zu sitzen. Aber beim Pharao?!Atemu hat bisher in der Serie eher dazu geneigt, brutaler vorzugehen, als unbedingt nötig, als einfach mutlos dazusitzen, z.B. im Königreich der Duellenten, wo er Kaibas Tod riskiert hat, oder in der ganzen Orichalcos-Staffel. Und bei dem Beginn des Kapitels, als er davon gesprochen hat, Caesian zu töten, dachte ich auch erst, dass es wieder in diese Richtung laufen würde. Das dann das Gegenteil der Fall war, fand ich eher seltsam. Klar, den Sinn der Szene habe ich schon verstanden. So wurde Yugi stärker ins Geschehen integriert. Außerdem hat es etwas poetisches, dass Yugi, der immer von Atemu aufgebaut wurde, nun die Möglichkeit hat, das zurückzugeben. Und natürlich gehören solche Reden fest zu Yu-Gi-Oh dazu. Aber meiner Meinung nach passte es nicht wirklich zum Charakter, hier klein beizugeben, zumindest nicht in dem Maße. Das Atemu mal aufgebaut werden muss, um die alles entscheidende Karte zu ziehen, okay. Aber auch in einem solchen Fall hat er nicht aufgegeben, sondern hat Angst zu verlieren. Und bei dem Tod seiner Freunde hätte ich eher mit einem Rachefeldzug gerrechnet als mit allem anderen. Trotz der positiven Entwicklung seines Charakters zum gütigen Herrscher, die du, wie ich finde, gelungen fortgeführt hast. Aber das ist nur meine Meinung. Mach dir nicht zu viel draus.

Auch das Risha mit Riell den Clan der Schattentänzer anführt, finde ich irgendwie seltsam. Zumindest nach der Szene zwischen Resham und Atemu. Wenn er weiß, was für ein Mensch sie ist, warum hat er ihr dann die Clanführung übergeben? Auch wenn er sie liebt wie seine eigene Tochter, wenn er den Hass in ihrem Herzen bemerkt hat, wie konnte er sie dann als geeignet für eine Regentschaft betrachten? Vor allem, da durch Riell eine gute und berrechtigte Alternative besteht? Glaubt er wahrhaftig so sehr an das Gute im Menschen? Naja, immerhin hast du das zu einem prägenden Charakterzug von ihm gemacht. Wahrscheinlich ist es gar nicht so unlogisch, wie es mir vorkommt. So, jetzt hast du die Kritik überstanden. Pick raus, was du brauchen kannst und lass den Rest liegen. ;)

Davon abgesehen finde ich aber wiederrum schön, dass Yugi eine größere Rolle in der Geschichte spielt. Und die Szene, wo das von den Göttern persönlich angekündigt wurde, fand ich mehr als episch. Und 3sakuraharuno3 hat recht: Marlics Sprüche sind immer einen Lacher wert. Vor allem der Spruch, das jetzt nur noch eine Freundschaftsrede Teas fehle. =D
Antwort von:  Sechmet
08.04.2016 17:27
Hallo Rowanna!

Diesmal antworte ich Dir auf diesem Weg, weil ich denke, dass einige der Punkte, die Du in Deinen letzten drei Kommentaren angesprochen hast, auch für andere Leser interessant sein könnten. :) Zunächst aber möchte ich mich für das - wieder einmal - sehr ausführliche Feedback bedanken! Ich weiß das wirklich zu schätzen, denn so ein ausführlicher Kommentar braucht Zeit. Ich freue mich jedenfalls riesig, wenn ich Deine Walls-of-text lese. :D

So, nun möchte ich auf die beiden Punkte, die Du angesprochen hast, eingehen.

Dass Atemu an dieser Stelle sehr mutlos ist, stimmt und war auch beabsichtigt gewesen. Ich finde es sehr schön, dass Du hier die Orichalcos-Staffel ansprichst, denn genau an die habe ich bei diesem Kapitel auch gedacht. Eine Szene, die mir noch sehr lebhaft im Kopf ist, ist jene, wo Atemu nach dem Hervorkehren seiner dunklen Seite durch den Orichalcos-Stein Yugis Seele an das Siegel verliert - denn genau danach hat man, finde ich zumindest, genau gesehen, wie schwach und verletzlich Atemu sein kann. Ich fand diese Szene damals sehr schön, weil Atemu mir zuvor oft vorkam wie eine Art Superheld, den nichts aufhalten kann, fast ein wenig unmenschlich hier und da, wenn Du verstehst, was ich meine - aber dann hat man gesehen, dass es auch für ihn Punkte gibt, an denen er glaubt, nicht mehr weiterzukommen. Erst seine Freunde haben ihn da wieder rausgeholt und eben dieses Motiv habe ich hier noch einmal aufgreifen wollen, um eben daran zu erinnern, dass auch Atemu nur ein Mensch aus Fleisch und Blut ist und auch ab und an von der Last auf seinen Schultern erdrückt zu werden droht. Vielleicht habe ich die Szene rückblickend ein bisschen übertrieben dargestellt ... Danke jedenfalls für Dein ehrliches Feedback hierzu! Das hatte bislang noch niemand angesprochen und sollte ich die FF einmal überarbeiten (wenn ich sie denn mal fertig habe *hust*), dann werde ich daran denken!

So, nun zu Risha. Zunächst könnte ich natürlich simpel darauf verweisen, dass sie als offiziell adoptiertes Kind schlichtweg einen Erbanspruch auf den Thron hat, aber damit würde ich Deine Bedenken ignorieren. Sie sind gerechtfertigt - Risha will immer mit dem Kopf durch die Wand, ist wenig kompromissbereit, zeigt des Öfteren selbstverliebte Züge und kann manchmal eine ziemliche Ziege sein (liegt wohl in der Familie ...). Was ich aber versucht habe herauszustellen, ist, dass Resham fest daran glaubt, dass Risha eigentlich ein guter Mensch ist, der nur durch seine Vergangenheit zu dem Eisklotz geworden ist, den sie jetzt darstellt, und dass es lediglich Zeit und Liebe braucht, um sie auf die richtige Bahn zurückzuführen. Resham war stets der festen Überzeugung, dass Rishas Hass eines Tages versiegen wird, vielleicht gerade dann, wenn er ihr trotz all ihrer Fehler das Vertrauen entgegenbringt, sie zur Mitregentin des Clans zu machen. Zumal er auch weiß, dass Riell zwar insgesamt stark, ab und an aber etwas zögerlich ist, was durch Rishas Art ausgeglichen würde. Deine Bedenken sind dennoch mehr als berechtigt, da stimme ich Dir zu. Ich möchte jetzt nicht zu viel vorweg nehmen, Du hast ja noch ein Stück des Geschichtenweges vor Dir, aber das mit der gemeinsamen Clanführerschaft wird noch einmal eine Thematik werden, bei der sich zeigen wird, ob und wie lange das mit Riells und Rishas teils sehr gegensätzlichen Ansichten gut geht. ;) Aber danke auch hier vielmals für den Hinweis!

Versteh es bitte nicht falsch, wenn ich hier so ausführlich darüber schreibe, ich möchte Deine Kritik nicht zerreißen, sondern lediglich erklären, was ich mir dabei gedacht habe - es ist gut zu wissen, dass meine Gedankengänge teilweise nicht ganz so beim Leser ankommen, wie ich es mir wünsche, denn dann kann ich mich beim nächsten Mal mehr anstrengen, meine Absichten klarer rüberzubringen. :)

Also, danke auch noch einmal für das ausschweifende Lob und die gleich drei Kommentare! Ich hoffe, Du wirst weiterhin Spaß mit dieser FF haben und lässt es mich wissen, wenn Dir noch einmal Ungereimtheiten auffallen sollten! :) Und trau' Dich gerne auch jederzeit, nachzufragen, wenn ich irgendwo gepatzt habe, nach aktuell an die 300 Wordseiten sieht man irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.

Liebe Grüße,
Sech
Von: abgemeldet
2012-09-04T19:51:37+00:00 04.09.2012 21:51
Endlich! Endlich kann ich dein Kommi schreiben! Hat aber auch lang genug gedauert. Du hast schon das nächste Kapitel fertig und musst nur wegen mir sooo lange warten. Tut mir Leid, aber jetzt habe ich ja einmal kurz Zeit um dein Kommi zu verfassen bevor die Lehrer mich wieder mit Hausaufgaben bomberdieren. Kommen wir jetzt zu meiner Meinung zu deinem Kapitel (auch wenn du es schon kennst).

Manno man, der Anfang hört sich schon deprimierend an. Atemu verliert sein Kampfgeist und auch seine Hoffnung! NEIN!!! Wach auf, wach auf! Aber eins muss man dir lassen, wie du seine Gefühle, aber auch seine Gedanken beschreibst, du bringst mich ihm so nahe, als hätte ich all diese Empfindungen und nicht er. Zum Glück gibt es Yugi, der ihn sozusagen eine Gescheuert hat. Los, Yugi! Mach weiter so, wenn unser Pharao wieder seine Hoffnung verliert, bring ihn wieder in die Wirklichkeit zurück!!! Du zeigst mit dieser Scene wie stark die Verbindung zwischen unseren beiden Freunden ist und das ist gut so. Sowas darf nicht fehlen. Das hast du super gemacht.

Aber jetzt zu der Suche nach unseren Vermissten. Das mit Marik und seiner Bestie hat mir am meisten gefallen. Ich liebe die Beziehung zwischen den beiden. Ich hoffe, dass du solche Situationen öfters schreibst.
Die Stelle mit dem verschmusten Shiruba war genial geschrieben und wie er Ryou dann „transportiert“ war so lustig. Ich konnte es mir so richtig vorstellen, aber eine Frage habe ich, wieso hat er Yugi und Joey nicht mit Namen gesagt, sondern hat sie beschrieben? Ich dachte, dass beide miteinander verbunden sind und Shiruba kennt ja auch Wörter aus dem 21. Jahrhundert, aber die Namen von Ryous Freunden weiß er nicht? Das musst du mir wohl erklären, denn ich bin scheinbar zu dumm dafür.
Aber auch wie du Risha zwingst Keiro zu helfen, hat mir super gefallen. Auch wie ihr „Bruder“ sie mit ihm allein lässt, was ihr überhaupt nicht gefällt, hast du schön beschrieben. Sie tut mir irgendwie auch Leid. Die Stelle mit dem Zunehmen, also wo Risha und Bakura Keiro getragen haben, war lustig und man kann wieder die „Beziehung“ zwischen den beiden erkennen, trotz dem kleinen Zwischenfall später. Aber auch wie sehr Keiro Bakura bedeutet war gut zu erkennen, da unserem Grabräuber nicht gefällt, wie Seto über seinen Bruder sagt.

Nachdem alle aus dem Trümmern befreit wurden und Atemu wieder zu Besinnung kam, kommt zum ihm zum Glück endlich ein Plan, wo es hoffentlich zu einer Wendung kommt. Ich hoffe, dass der Plan einiger Maßen klappt. Risha scheint das jedenfalls zu gefallen, da sie endlich auch selbst kämpfen kann. Bin schon gespannt wie die anderen so kämpfen. Ich kann mir schon vorstellen wie Tea mit einer Bratpfanne die Soldaten K.O. schlägt ^^… warte mal! In Ägypten gibt es ja keine Bratpfannen! Schade, wäre bestimmt witzig.

Irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl, was Resham angeht. Er wird sicher einen großen Auftritt kriegen, das bezweifle ich auch nicht, aber ich bekomme es mit der Angst zu tun, dass er später sterben wird. Hoffe, dass meine Vermutung falsch ist. Bin aber auch gespannt, was du mit Samira und Kipino vorhast.

Naja, bin jedenfalls fertig mit diesem Kommi hier. Von mir wirst du noch eine Menge hören, aber nur nicht sofort, da ich ja leider wieder Schule habe.
Bis demnächst. Jetzt kannst du ja endlich dein nächstes Kapitel hochladen, darauf hast du lange genug gewartet.
Bis bald!

Grüße
3sakuraharuno3



Zurück