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Im Schatten der Samurai

Sasori X Deidara X Gaara
von

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O-bon

Deidaras Auge weitete sich verblüfft. Nachdem er seinen Raum sowie den Butsudan[48] in der Tokonoma für O-bon hergerichtet und den Verstorbenen dort kleine Opfergaben in Form von Speisen dargebracht hatte, wollte er Sasoris Grab besuchen. Schon vom Weiten waren ihm die Gestalten inmitten der Gräber bekannt vorgekommen. Und nun, wo er nur noch wenige Meter entfernt inne hielt, wusste er auch, warum. Akatsuki. Was machten die anderen Rônin hier? Sasori ehren? Es gab keinen anderen Grund für ihr Hiersein. Außerdem standen sie vor dessen Grab. Feiner Rauch stieg von in einer Sandschale steckenden Räucherstäbchen empor. Die mussten von den Rônin sein. Er hatte nämlich jetzt welche entzünden wollen.

Konan bemerkte ihn zuerst. Ihr wohlbekanntes Lächeln breitete sich auf den schönen Lippen aus und sie kam näher. „Deidara, es ist schön, dich zu sehen“, sagte sie. Die Männer sahen nun auch zu ihm. Es war wirklich ganz Akatsuki. Selbst Zetsu war dabei. Hidan maulte: „Sieht man dich auch mal wieder.“ Doch er ignorierte den Hellhaarigen. Sein Blick war auf Konan gerichtet. Wenigstens umarmte sie ihn nicht einfach, sondern blieb etwas auf Abstand. Über ein Jahr lang hatten sie sich nicht gesehen. Für ihn war die Situation nun seltsam. Er wusste auch nicht, was er davon halten sollte, dass Akatsuki extra für Sasori zu O-bon nach Matsuyama kam. Sie hätten sich doch wenigstens ankündigen können. Der Blonde fühlte sich übergangen und gestört. Eigentlich hatte er seinen toten Meister auf seine Art ehren wollen, für sich allein und wie es ihm als richtig erschien. Dieses Fest war für ihn etwas sehr privates. Dass die Rônin-Bande nun hier war, brachte ihn völlig durcheinander.

„Was macht ihr hier, hm?“, brummte Deidara schließlich unwillig. Yahiko trat neben Konan. Dessen mahnender Blick interessierte ihn nicht, ebenso wie seine Worte: „Du solltest etwas freundlicher sein.“ Daran hatte sich also nichts geändert. Er achtete immer noch darauf, dass niemand in einem falschen Ton zu seiner Frau sprach.

„Wir feiern O-bon, so wie letztes Jahr“, erklärte Konan, die ihm seinen Tonfall wohl schon verziehen hatte.

Sie waren das Jahr davor also auch schon hier gewesen. Warum hatte Gaara ihn nicht vorgewarnt, dass Akatsuki herkommen würde? Sicher hatte der Daimyô davon gewusst. Immerhin mussten die Rônin in die Burg, um das Grab zu besuchen. Nicht jeder wurde durch das Tor gelassen. Zu Festen stand dieses zwar offen, die Wachen achteten trotzdem darauf, dass das einfache Volk keinen Eintritt erhielt. Wie Akatsuki reingekommen war, war ihm schleierhaft. Es würde ihn jedoch nicht wundern, wenn Gaara es ihnen erlaubte, weil sie eine große Hilfe bei der Schlacht um sein Reich gewesen waren. Schließlich hatte er Sasori auch mit allen Ehren bestatten lassen.

„Dann viel Vergnügen, hm“, murrte der Blonde und wandte sich ab. Eilig entfernte er sich von den anderen. Konan rief ihm noch nach, aber er reagierte nicht. Deidara würde später noch einmal zu Sasoris Grab gehen, in der Hoffnung, dass er dann alleine mit ihm war und die Räucherstäbchen anzünden konnte.
 

Am Nachmittag war er an Sasoris Grab ungestört. Die Räucherstäbchen von Akatsuki waren längst abgebrannt. An einem Öllämpchen fachte er seine eigenen an und steckte sie in die Schale mit Sand. Sein Blick wanderte über die vertrauten Schriftzeichen. Wie es wohl im Jenseits war? Existierte das eigene Bewusstsein noch auf diese Art und Weise, wie er es kannte? Oder glich es einem tiefen, traumlosen Schlaf, bis man alles vergaß und die Seele in einem anderen Körper wieder geboren wurde? Vielleicht war Sasoris Seele bereits in einem neuen Körper. Leise seufzte Deidara. Der Gedanke gefiel ihm nicht. Denn wäre dem so, dann konnte er seinen Geist zu O-bon im Grunde nicht mehr auf der Erde Willkommen heißen und am Ende mit einer schwimmenden Laterne zurück in die Totenwelt geleiten. Mit seinen Eltern wäre es dann dasselbe. Die Überlegungen waren deprimierend. Deidara wollte zu O-bon wenigstens in der Vorstellung seinen Meister um sich haben.

Schließlich erhob er sich wieder und schritt Richtung Übungsplatz. Er würde ein wenig trainieren, das half ihm, seinen Geist zu klären. Auf dem Weg kam er am Hauptgebäude der Burg vorbei und hielt inne, als er aus den Augenwinkeln auf der Veranda Gaara und Shikamaru erkannte… mit Akatsuki. Was hatten sie mit den Rônin zu besprechen? Es konnte ihm gleich sein. Zwar bemerkte er, dass der Daimyô zu ihm sah, jedoch war das für ihn kein Grund, sich ihnen zu nähern. Deidara wollte jetzt niemanden in seiner Nähe wissen.
 

Am Abend des dritten und letzten Tages von O-bon fand sich ganz Matsuyama beim nahe gelegenen Fluss Shigenobu ein. Unweit der Brücke, die über das ruhige Wasser führte, mündete der Fluss ins Meer. Hier war ein idealer Ort, die Tôrô Nagashi[49] ins Wasser zu setzen. Die Laternen sollten den Seelen der Verstorbenen den Weg zurück ins Jenseits leuchten. Unzählige mitgebrachte Öllampen erhellten das dunkle Flussufer. Deidara hielt sich wie zuvor etwas abseits. Akatsuki hatte er bisher nicht noch einmal gesehen. Darüber war er froh. Er hatte keine Abneigung gegen die anderen Rônin entwickelt, er wollte sich nur einfach jetzt noch nicht wieder mit ihnen auseinander setzen. Der Blonde fühlte sich noch nicht bereit dafür. Sie erinnerten ihn an Sasori, an die gemeinsame Zeit, die sie alle verbracht hatten. Als seine Welt noch in Ordnung gewesen war. Mit Akatsuki ohne Sasori konnte er derzeit nicht umgehen. Hier in Matsuyama zu leben, war für den Blonden angenehmer. Kaum etwas erinnerte ihn an Sasori. Sein Grab stellte die Verbindung zu seinem Meister dar, die er jederzeit aufsuchen konnte, wenn ihm danach war. Zu den Menschen hier hatte er keine Beziehung, die ihm wegen seinem Danna schwer fallen könnte. Momentan störte sich Deidara nicht an dem Gedanken, länger hier zu bleiben. Ein Ziel oder wenigstens ein Weg fehlte ihm allerdings. Keine Aufgaben zu haben, wenn man nicht durch die Gegend reiste, erzeugte irgendwann unweigerlich Langeweile. Vielleicht… sollte er Gaaras Angebot annehmen. Dann würde er mit ihm jedoch erst noch ein paar Details aushandeln müssen. Deidara würde sich nicht erneut den hunderten von Riten und Zeremonien unterordnen, die er so sehr hasste.

Die ersten Tôrô Nagashi wurden entzündet und in das Wasser gesetzt. Dort musste der Daimyô und dessen Familie sein. Traditionell überließ man es dem Ranghöchsten, die erste Laterne auf ihren Weg zum Meer zu schicken. Und nun folgten nach und nach immer mehr leuchtende Laternen. Deidara zündete seine eigene an und trat ein paar Schritte in das flache Wasser. Behutsam setzte er die Papierlaterne auf der dunklen Wasseroberfläche ab. Gemächlich wurde sie vom Fluss mit getragen. Bald konnte er seine Laterne für Sasori nicht mehr zwischen den anderen ausmachen, so viele schaukelten inzwischen sanft im Strom. In warmem Orange wurde der Shigenobu erleuchtet und zeigte den Weg für die Geister ins Jenseits. Leise seufzte der Blonde und trat zurück ans Ufer.

Die ersten machten sich bereits auf den Weg zurück in die Stadt. Deidara wusste, dass traditionell Feuer auf allen Plätzen entfacht wurden. Dort tanzten viele gemeinsam den Bon Odori[50]. Jeder konnte hinzukommen und sich einreihen, da die Abfolge der Bewegungen einfach gehalten war. Sollten sie ruhig. Der Blonde setzte sich ins Gras und beobachtete weiterhin die schwimmenden Lichter, deren flackernder Schein sich auf der beinahe schwarzen Wasseroberfläche spiegelte. Irgendwann konnte er die ersten Laternen oberhalb von Matsuyama ausmachen, die ihn passierten. Sie stammten von Siedlungen und Dörfern flussaufwärts.

Nächtliche Ruhe war eingekehrt. Niemand war mehr am Fluss. Oder doch? Leise Schritte näherten sich ihm. Deidara schaute in die Richtung. Ein wenig überrascht war er, als er Gaara erkannte. „Darf ich mich zu Euch setzen?“, fragte der Daimyô. Leicht nickte er. Sein Blick ruhte auf dem Rothaarigen, während dieser sich neben ihm im Schneidersitz niederließ. Wie üblich war die Kleidung des Daimyô prunkvoll. Was machte er jetzt noch hier? Ganz allein? Nein, sicher war er nicht komplett unbeaufsichtigt. Deidara war sich recht sicher, dass irgendwo in der Nähe Wachen waren, selbst wenn er sie nicht sehen konnte.

„Was macht Ihr noch hier, hm?“, fragte der Blonde. Seine optische Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf die schaukelnden Laternen im Fluss. Die anderen Sinne waren dafür alle auf Gaara gerichtet.

„Ich möchte ein paar Augenblicke die Ruhe genießen.“ Die Erklärung ergab durchaus Sinn. Als Daimyô war Gaara an mehr Verhaltensregeln gebunden als ein Samurai. Ruhe hatte er vermutlich nur selten. Deidara stellte sich das grausam vor.

„Warum habt Ihr Euch von Akatsuki fern gehalten?“ Die Frage löste Anspannung in Deidara aus. Einen Augenblick presste er seine Kiefer fest aufeinander, ehe sich seine Muskeln wieder lockerten. „Wieso habt Ihr mir nicht gesagt, dass sie kommen, hm?“, stellte er nun eine Gegenfrage.

„Ich konnte mir nicht sicher sein, ob sie wieder zu O-bon kommen würden. Außerdem haben sie sich nicht angekündigt.“ Gaaras Stimme klang so ruhig wie immer. Eigentlich konnte Deidara ihm auch keinen Vorwurf machen. Der Rothaarige hatte mehr zu tun, als sich um das Befinden eines einzelnen Rônin zu kümmern. Aber was machte er dann hier? Wenn er ein wenig Ruhe genießen wollte, hätte er auch einen anderen Teil des Ufers wählen können. Stattdessen setzte er sich zu ihm und begann ein Gespräch.

Deidara schwieg vorerst und folgte mit seinem Blick einer der inzwischen verstreuten Tôrô Nagashi. Etwas Zeit verging, bis er sich zu einer Antwort auf Gaaras vorige Frage entschloss. „Ich wollte O-bon für mich und für Sasori feiern“, begann er recht leise. Seine Stimme nun lauter zu erheben hätte ihm das Gefühl gegeben, die Stille der Nacht zu zerstören. „Durch ihr Auftauchen fühlte ich mich gestört. Sie erinnern mich an Früher… ich kann damit momentan nicht umgehen, hm.“

Deidara spürte den Blick aus den jadefarbenen Augen auf sich, aber er begegnete selbigem nicht. „Das erklärt natürlich Euer Verhalten.“ Nun sah er doch zu Gaara. Der Rothaarige hielt ihm keinen Vortrag, dass er unhöflich gewesen war oder dass er sich mit seinen alten Kameraden beschäftigen müsste. Er nahm seine Erklärung einfach hin. Diese Tatsache war äußerst angenehm.

Eine Pause entstand und jeder ging seinen eigenen Gedanken nach. Der Blonde schaute erneut vereinzelten Laternen nach und versank in seinen Gedanken, bis ein leichtes Gewicht auf seiner rechten Schulter ihn beinahe aufschrecken ließ. Verblüfft sah er hinab auf das Gesicht. Gaaras Haar kitzelte an seinem Hals. Der Daimyô hatte die Augen geschlossen. So wirkte er sehr müde. Gewissermaßen durfte er sich eine solche Geste auch gar nicht erlauben. Schon gar nicht bei ihm, einem herrenlosen Krieger. Oder er tat es gerade bei ihm, weil er zu sehr gefangen war in den streng vorgeschriebenen Abläufen der Gesellschaft? Für alle musste er immer stark und herrschaftlich auftreten. Was wohl der Grund für diesen Ausrutscher war?

„Deidara?“, die leise Stimme Gaaras riss ihn von seinen Fragen fort. „Hm?“

„Was ist eigentlich mit Eurem Auge geschehen?“

Die Frage hatte der Blonde nicht erwartet, aber er hatte keine Probleme damit, sie dem Daimyô zu beantworten. „Wurde bei irgendeinem Kampf verletzt und hat sich entzündet, sodass es entfernt werden musste, hm.“

Deidara spürte das Schlucken des Rothaarigen mehr, als dass er es hörte. Die Geschichte war auch nicht sonderlich angenehm gewesen. An den Kampf konnte er sich nicht einmal mehr erinnern. Vermutlich war er einfach zu betrunken gewesen. Mit höllischen Schmerzen war er aufgewacht und dann wohl noch ein paar Tage zwischen Leben und Tod gewandert. Ein altes Ehepaar hatte ihn aufgelesen und einen Arzt gerufen, der das entzündete Auge entfernt hatte. Damals hatte er sich geärgert, weil sie ihn gerettet hatten. Ob er jetzt immer noch darüber sauer sein sollte, wusste er nicht. Der Zorn auf das Ehepaar und den Arzt war verflogen. Vielleicht war es ja gut so.

„In Hiroshima soll es einen Mann vom Festland geben, der Glas formen kann. Er soll auch schon Glasaugen hergestellt haben“, sprach Gaara schließlich.[51]

Deidara schnaufte. „Solche Männer nehmen viel Geld für ihre Arbeit, hm.“ Solch eine ausgefallene Arbeit könnte er sich sowieso nicht leisten. Es sei denn, er bedrohte den Mann.

„Das ist wahr“, stimmte Gaara ihm zu.

Die leere Aughöhle war dem Blonden bisher recht egal gewesen. Wenn er jetzt aber darüber nachdachte, war dies bereits ein Bruch seines Versprechens. Er sollte auf sich aufpassen. Sasori wäre sehr sauer gewesen. Der Gedanke behagte ihm nicht. Vielleicht fand der Geist seines Meisters keine richtige Ruhe deswegen und blieb hier, in der Welt der Lebenden. Es wäre wohl besser, er kümmerte sich darum, damit Sasori im Tod seinen Frieden fand und nicht als ruheloser Geist sein Unwesen trieb. Als Samurai erhielt er eine gute Bezahlung…

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[48]Butsudan: buddhistischer Hausaltar. Ich habe keine Informationen darüber gefunden, wie üblich es ist, dass der Butsudan in der Tokonoma, Bildnische, steht, aber ich halte es für sehr unüblich. Deidara hat aber seine Gründe, wieso er das tut.

[49]Tôrô Nagashi: schwimmende Laternen

[50]Bon Odori: Tanz/Tänze, der/die zu O-bon getanzt werden

[51]Glasaugen: zu dieser Zeit gab es eigentlich noch keine Glasaugen. Die tauchen erst später auf. Aber da ich kein Holzauge für Deidara möchte, habe ich dieses Detail ein wenig angepasst.



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