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Bruderherz

von

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Kapitel 4. Home sweet home

„Michelangelo! Deine Definition von einer Stunde unterscheidet sich wohl erheblich von der unseren! Dein Verhalten war nicht nur äußerst leichtsinnig, sondern auch rücksichtslos deiner Familie gegenüber! Bis auf weiteres wirst du unser Zuhause nicht verlassen, haben wir uns verstanden!?“
 

„Ja, Meister Splinter…“
 

Immer wieder hallten die Worte der Ratte in Mikeys Kopf. Man hatte die Enttäuschung deutlich aus seinen Augen heraus lesen können. Doch ebenso die Angst. Die Angst ein weiteres Mal eines seiner Kinder zu verlieren. Michelangelo wusste um diese Angst seines Vaters. Und dennoch hatte er ihn so bitter enttäuscht. Sein Vertrauen missbraucht, wenn auch nicht absichtlich. Er fühlte sich miserabel und hatte sich erstmal in sein Zimmer zurückgezogen, wo er sich auf seinem Bett einrollte. Er wollte den Blicken seiner Brüder entgehen. Ganz gleich ob diese ihn nun hätten aufbauen oder ihm ebenfalls die Leviten lesen wollen. Völlig egal. Dieser Ausdruck in Meister Splinters Augen, so voll von Enttäuschung und Schmerz. Und Mikey war der Grund dafür. Dieser Gedanke versetzte dem Turtle einen Stich ins Herz und dieses Gefühl war schrecklich.
 

Seufzend grub er sein Gesicht in sein Kissen. Wäre er doch nur nicht eingeschlafen. Hätte diese Amy ihn doch nur nicht noch länger aufgehalten. Mikey hatte sich entschlossen diese Begegnung vorerst für sich zu behalten. Er wollte niemanden beunruhigen, wegen einer dahergelaufenen Verrückten, von der er sich nicht mal sicher war, ob er sie wieder sehen würde.
 

„Ganz toll, Mikey…“, tadelte er sich selbst, die Worte in sein Kissen gemurmelt. Er sollte aufhören nach Ausreden zu suchen. Meister Splinter vertraute seinen Söhnen. Selbst nachdem, was vor drei Jahren passiert war. Und doch hatte Mikey ihn enttäuscht und das war unentschuldbar. Da war es einfach das Beste dieses eine Mal auf seinen Vater zu hören, den Hausarrest zu akzeptieren und Zuhause zu bleiben. Auch wenn das mehr als nur langweilig war. Aber was sollte Mikey jetzt auch noch oben? Noch mehr Verrückten begegnen? Nein, davon hatte er vorerst genug. Und da der Tag sich sowieso zur Nacht gewandelt hatte und er eh schon im Bett lag, konnte er auch gleich schlafen und hoffen, dass Meister Splinter morgen früh wieder milder gestimmt war.
 


 

Am nächsten Morgen bereitete Mikey wieder wie üblich das Frühstück vor. Heute Nacht hatte er wieder nicht gut geschlafen, auch wenn dieses Mal kein Albtraum die Ursache dafür gewesen war. Stunden vergingen, in denen er sich einfach nur von links nach rechts wälzen musste, ehe er endlich so etwas wie Schlaf gefunden hatte. Das Eigenartige daran war jedoch, dass er trotz der kurzen Nacht nicht besonders müde war. Das musste wohl an dem ausgiebig langen Schlaf von gestern liegen.
 

So stand der junge Turtle jetzt immerhin zu einer humanen Uhrzeit in der Küche und schwang ein paar Pfannkuchen durch zwei Pfannen. Normalerweise saß Meister Splinter oft schon in der Küche, wenn Mikey aufstand. Heute jedoch war es still und er war allein. Das bedeutete wohl, dass sein Meister noch immer sauer oder viel mehr enttäuscht sein musste. Ein wirklich schreckliches Gefühl. Ansonsten war sein Vater meist nur genervt wegen irgendwelcher dummen Streiche. Doch dieses Mal hatte Mikey den Bogen wohl zu weit überspannt und musste nun die Konsequenzen ertragen.
 

Dennoch, seine Hoffnung hob sich ein wenig, als er plötzlich Schritte vernahm. War Yoshi vielleicht doch wach und verspätete sich etwas? Hastig setzte Mikey die Maske des fröhlichen, kleinen Turtles auf und begann beim Frühstück machen etwas zu summen. Nur für den Fall, dass es Leo oder Donnie waren, die da auf die Küche zu marschierten. Als dieser Jemand dann endlich durch die Tür zur Küche trat, drehte Mikey sich schwungvoll um, ein breites Grinsen auf den Lippen und eine Pfanne in der Hand.
 

„Guten Morgen! Hast du gut geschlafen?“
 

Ein brummelnder Leonardo stand in der Tür. Wahrscheinlich noch müde, da er wieder zu lange trainiert hatte. Das tat er oft und war am darauffolgenden Morgen dann entsprechend schlecht gelaunt, da er zu wenig Schlaf bekommen hatte. Etwas enttäuscht darüber, dass es nicht Splinter war, unterdrückte Mikey einen Seufzer, der versuchte sich mit aller Kraft einen Weg durch seine Kehle hinaus über seine Lippen zu bahnen. Doch glücklicherweise konnte Mikey ihn hinunterschlucken und schenkte so seinem großen Bruder weiterhin eines seiner typischen Lächeln.
 

„Ein paar Pfannkuchen, Brüderchen?“, säuselte der junge Turtle mit einem neckenden Unterton, während Leo sich, noch immer brummend, an den Küchentisch setzte.
 

„Wie kannst du so gut gelaunt sein Mikey? Donnie und ich haben laut und deutlich mitbekommen was gestern los war.“
 

Langsam aber sicher verschwand das neckende Grinsen des Turtles mit der orangefarbenen Maske. Irgendwie hatte er ja gehofft, dass Leo und Donnie keinen Wind davon bekommen hatten, dass Mikey gestern eine ordentliche Standpauke bekommen hatte. Doch war der wütende, und vor allem laute, Ton Meister Splinters wohl kaum zu überhören gewesen und... naja, seine Brüder waren ebenso Ninjas wie er. Also wie hatte er erwarten können, dass sie nichts mitbekommen haben könnten?

Schnell drehte Mikey sich wieder zur Herdplatte um, um Leo nicht sein Gesicht zu zeigen, welches für einen Moment seine wahren Gefühle preisgab. Schließlich wollte er wenigstens für Donnie und Leo der kleine überdrehte Wirbelwind bleiben, der er immer gewesen war.
 

„Es war nur halb so wild. Ich bin draußen auf einem Dach eingeschlafen und war deshalb erst spät wieder hier, obwohl ich nach einer Stunde zurück sein wollte. Aber den Hausarrest dafür werde ich schon-.“
 

„Mikey!“
 

Als Leo plötzlich in einem lauten und strengen Tonfall die Stimme erhob und dabei mit der Faust auf den Tisch schlug, sodass die Tischplatte unter der Wucht des Schlags vibrierte, zuckte der junge Turtle heftig zusammen und hielt in seiner Bewegung inne. Eine der mittlerweile leeren Pfannen in der Hand, starrte er auf das schwarze Metall dieser und wagte es nicht sich umzudrehen oder weiter zu sprechen. Leo war sauer. Natürlich war er das. Mikey gab vor es wäre alles okay. Doch dass er das schon seit 3 Jahren tat, das wusste sein großer Bruder glücklicherweise nicht. Jedoch reichte diese Reaktion schon um Michelangelo zu zeigen, wie wütend Leo wirklich war und das reichte ihm schon.
 

„Nimm das nicht so einfach auf die leichte Schulter, Mikey! Dich hätte jemand sehen können! Dir hätte etwas passieren können! Du bist viel zu leichtsinnig! Das warst du schon immer!“
 

„..hör auf…“, ein leises Flüstern seitens Mikey.
 

„Du musst endlich lernen die Dinge ernster zu nehmen! Wir sind keine Kinder mehr!“
 

„Leo…“, wieder nur leise, aber dieses Mal lauter werdend. Mikeys Hände begannen zu zittern.
 

„Willst du, dass sich das was vor drei Jahren passiert ist wiederholt?!“
 

„Ich hab gesagt hör auf!!“
 

Plötzlich und völlig unerwartet von beiden Seiten, ließ Mikey alles aus den Händen fallen und drehte sich ruckartig zu seinem großen Bruder um. Die Tränen standen ihm bereits in den Augen, was ihn jedoch nicht davon abhielt, Leo seinen finstersten Blick zuzuwerfen, den er zu bieten hatte.
 

„Glaubst du wirklich, ich will, dass es nochmal passiert!!!? Denkst du wirklich, ich will, dass ihr noch mal das durchmachen müsst, was wir alle nach Raph’s Tod durchmachen mussten?! Ich weiß, ich bin manchmal unvorsichtig und nehme vielleicht nicht alles so ernst wie du, Leo! Aber ich bin ich und ich versuche euch keine Sorgen zu machen! Gestern das…war ein Versehen! Aber ich bin kein Baby mehr und ich kann auf mich aufpassen!“
 

Ein kurzer Moment der Stille unterbrauch Mikeys Gefühlsausbruch, begleitet von einem mehr als überraschten Gesichtsausdruck seitens Leonardos. Wer hätte auch damit gerechnet, dass Mikey dermaßen aus der Haut fahren konnte. Er selbst wohl am aller wenigsten.
 

Scheinbar endlose Sekunden vergingen, in denen keiner der beiden etwas sagte oder sich rührte. Michelangelos Herzschlag ging schnell. Viel schneller, als er es die letzten Wochen irgendwann mal getan hatte. Dennoch rührte er sich nicht vom Fleck. Ebenso wenig wie sein großer Bruder, der ihn einfach nur mit großen, überrumpelten Augen ansah. Wahrscheinlich hatte er einfach nicht mit einer solch heftigen Reaktion gerechnet und musste sich nun in seinem Kopf ein paar Worte zusammenlegen, die er dem Jüngeren dann entgegen schleudern konnte.
 

Dann stand Leo plötzlich von seinem Platz auf. Schweigend. Es war vielleicht unklug sich mit ihm anzulegen, nach einer Nacht in der er kaum geschlafen hatte. Doch Mikey hatte sich nicht länger zurückhalten können. Seit Raph’s Tod konnte ihr Anführer manchmal so unsensibel sein, dass man am liebsten kotzen wollte. Langsamen Schrittes kam Leo nun auf Mikey zu, der sich an die Küchentheke hinter sich presste und seinen großen Bruder weiter finster ansah. Ein unterbewusster, verzweifelter Versuch zurückzuweichen, was natürlich in dieser Situation nicht möglich war.
 

„W.. Was?! Denkst du ich kann das nicht?! Glaubst du, ich bin immernoch der kleine, schwache Mikey von damals! Das stimmt nicht! Ich bin stärker geworden und-!“
 

Plötzlich wurde Mikey unterbrochen. Er hatte mit allem gerechnet. Einem Wutausbruch, einem lange andauernden Streit ja sogar mit einer Ohrfeige oder etwas in der Art. Doch stattdessen fand er sich plötzlich in den Armen seines großen Bruders wieder. Völlig überrumpelt verstummte der junge Turtle einfach mitten im Satz, unfähig noch ein einziges Wort über die Lippen zu bringen. Er begann wieder leicht zu zittern. Was sollte er jetzt tun? Er hatte Leo, seinem großen Bruder und Anführer, einfach alles ins Gesicht geschrien, was ihm gerade durch den Kopf geschossen war. Er hatte für einen Moment seine verletztes, sein wirkliches Ich, gezeigt. Das, welches er immer zu verstecken versuchte. Doch jetzt drohte seine mühevoll aufgebaute Fassade einfach zu zerbrechen und es gab nichts mehr, was er dagegen tun konnte.
 

„Ist schon gut Mikey… Es tut mir Leid. Vergiss‘ das wieder, okay? Ich hätte so etwas nicht sagen dürfen… Ich bin einfach froh, dass dir nichts passiert ist...“
 

Das war letztendlich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und Mikeys Tränen freien Lauf ließ. Er wusste, dass Leo sich nur Sorgen gemacht hatte und sich deshalb schnell in Wort und Ton vergreifen konnte. Und trotzdem hatte Mikey sich diesmal nicht zurückhalten können und ihn einfach angeschrien. Hilfesuchend vergrub der junge Turtle sein Gesicht an der Schulter seines älteren Bruders und hoffte, dass dieser sich einfach für einen Moment nicht bewegen und nichts sagen würde. Und als ob Leo die Gedanken des jungen Turtles hätte lesen können, tat er genau dies. Er blieb einfach eine Weile stehen, hielt Mikey fest an sich gedrückt und lieh ihm seine Schulter.
 

Nachdem sich der Turtle mit der orangefarbenen Bandana wieder etwas beruhigt hatte, unterbrach Leo schließlich das Schweigen und das leise Wimmern seines kleinen Bruders.
 

„Möchtest du reden...?“
 

„Nein..“
 

Zwar nur eine leise, aber verständliche Antwort. Mikey wollte nicht reden. Nicht jetzt. Mit niemandem. Dieser Gefühlsausbruch hatte alles aufgewühlt, was er immer hinter seinem Lächeln versteckt hatte und nun aus ihm herausbrach, wie Wasser aus einem zerborstenen Glas.
 

„Ich möchte alleine sein...“
 

Leo nickte und ließ seinen kleinen Bruder wieder los. Der wagte es nicht den Blick zu heben und wischte sich nur die Tränen vom Gesicht. Er zögerte einen kurzen Moment, ließ den Älteren dann aber schließlich allein in der Küche zurück und suchte Zuflucht in seinem Zimmer. Es war lange her, dass Mikey gezeigt hatte, wie verletzt er wirklich war und das machte ihm irgendwie Angst. Er wollte immer derjenige sein, der seine Brüder aufheitern konnte. Ihnen ein Lächeln schenkte, wenn sie selbst keines fanden. Doch nicht dieses Mal. Diesmal hatte seine Fassade nachgegeben und er war derjenige, der sein Lachen verloren hatte.
 

In seinem Zimmer angekommen, schloss er hinter sich die Tür und verkroch sich schließlich wieder in seinem Bett unter der Decke. Er fühlte sich elend. Wie konnte er Leo, Donnie und Meister Splinter nun wieder unter die Augen treten? Splinter schien noch immer wütend zu sein, Leo hatte mehr gesehen, als er hätte sehen dürfen und auch Donnie würde nicht mehr lange unwissend bleiben, jetzt wo Leonardo Bescheid wusste.
 

Wieder schossen Mikey Tränen in die Augen. Schnell kniff er sie zu, so als wollte er sie zwingen dort zu bleiben wo sie waren. Doch genau das löste ihren Weg über seine Wangen aus. Leise begann er zu schluchzen, bis ihn schließlich nach kurzer Zeit einfach so der Schlaf wieder einholte.
 

Besorgt hatte Leo währenddessen dem Jüngsten der Turtles nachgesehen. Das letzte Mal war er nach Raph’s Tod so aufgelöst gewesen und es tat weh, tief im Herzen, den jüngsten der Familie erneut so zu sehen. Einen Moment blieb Leo einfach dort stehen, bis eine vertraute Stimme schließlich seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
 

„Du weißt schon eine ganze Weile Bescheid, oder Leonardo…?“
 

„Ja, Meister Splinter. Um ehrlich zu sein, wusste ich es die ganze Zeit. Mikey.. er ist nicht mehr derselbe, seit Raph fort ist…“
 

„Hätten wir mit ihm darüber reden sollen, Meister Splinter…?“
 

Eine dritte Person betrat nun den Raum. Donnie, der wohl ebenfalls alles mitbekommen hatte, gesellte sich nun zu seinem Vater und seinem Bruder. Ein tiefes Seufzen entwich Yoshis Kehle, ehe er wieder das Wort ergriff.
 

„Nein, es war gut so, meine Söhne.“
 

„Wird er denn jemals wieder der Mikey, der er einmal war…?“, fragte ein besorgter Donatello, während er zu seinem Vater hinauf sah.
 

„…Wenn er den Schmerz in seinem Herzen nicht überwinden kann, Donatello… wird er vielleicht nie wieder so wie früher…“ Yoshi legte seinen beiden Söhnen je eine Hand auf die Schulter und sah beide abwechselnd an. „Das Beste was ihr nun für euren Bruder tun könnt, ist ihm zu helfen, sich nicht in der Vergangenheit zu verlieren. Auch wenn es vielleicht im Moment nicht den Anschein haben mag, Michelangelo hat ein starkes Herz, auch wenn es verletzt ist. Er wird zu euch kommen, wenn er bereit ist die Vergangenheit los zu lassen. Und dann muss seine Familie da sein, und ihm zeigen, dass es eine Zukunft für uns gibt.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Pamuya_
2016-03-20T15:21:41+00:00 20.03.2016 16:21
Ich sagte ja, dass das nicht ewig halten wird und wie es den Anschein hat, hat es Mikey seinen Schmerz doch nicht so gut verstecken können, wie er es zunächst geglaubt hat. Das wäre ja auch ziemlich logisch, wobei man nicht immer alles sehen kann, auch wenn man auf "engsten" Raum zusammenlebt und sich immer wieder über die querle läuft.
Dennoch glaube ich, dass es Mikey trotz allem irgendwie gut getan hat, mal seine verletzliche Seite zu zeigen und nicht immer den "Starken" zu spielen.


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