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Amnesia Memories

Geliebter Zwiespalt
von

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Der Schmerz trägt heute Badekleidung

„Ukyo-san, ist auch wirklich alles in Ordnung mit Ihnen?“, erkundigte sich Waka und er war immer noch nicht gänzlich davon überzeugt, dass es dem Fotografen wieder gut ging.

„Alles in Ordnung, wirklich. Toma hat sich schon genug um mich gekümmert“, winkte Ukyo peinlich berührt ab und deutete auf den prall gefüllten Teller und die Flasche Wasser vor sich.

„Du hast uns einen ordentlichen Schrecken eingejagt, daher ist es verständlich, dass man sich um dich kümmert“, sagte Toma tadelnd, aber er meinte es natürlich nicht böse.

„Es tut mir leid, ich hätte besser auf mich aufpassen sollen“, entschuldigte sich Ukyo kleinlaut, obwohl er streng genommen nichts dafür konnte.

„Sicher war es Überanstrengung“, meinte Ikki und Shin bestätigte dies.

„Eine umfassende Untersuchung durch einen Arzt wäre anzuraten“, meinte Kent überlegend, doch Ukyo wollte davon nichts hören.

„Ich brauche keinen Arzt, es ist alles wieder gut“, sagte er, doch keiner der Anwesenden war überzeugt.

„Du hast deinen Teller noch nicht leer gegessen“, erinnerte Toma überflüssigerweise.

Ukyo schnappte sich ein Sandwich, biss herzhaft hinein und verdrehte anschließend die Augen in Tomas Richtung, welcher daraufhin in sich hineingrinste.

Erst nachdem sich alle überzeugt hatten, dass es Ukyo auch wirklich besser ging, gingen alle an die Aufräumarbeiten. Die Massen von Gästen hatten sichtliche Spuren hinterlassen und es musste überall gekehrt, geputzt und gewischt werden. Ukyo getraute sich, wenigstens abzuwaschen, auch, wenn Toma immer wieder besorgt nach ihm sah. Ein wenig ging das dem Grünhaarigen auf die Nerven und beim etwa dritten Mal riss ihm der Geduldsfaden.

„Toma, es ist alles gut!“

Der Blonde entschuldigte sich und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Entschuldige, aber... ich mache mir einfach Sorgen um dich. Du bist immer noch etwas blass“, meinte er und Ukyos Ärger verflüchtigte sich etwas.

„Ich weiß, du meinst es gut... aber bitte, packe mich nicht in Watte. Das ist... das ist mir peinlich und unangenehm.“

„Okay... entschuldige. Ich hole dich dann später ab.“

Toma sagte dies leise und überließ Ukyo anschließend sich selbst, denn es wartete auch auf ihn noch eine Menge Arbeit.

Ukyo atmete tief durch. Ein Moment der Ruhe war ihm sehr willkommen, da er nachdenken musste. Noch immer steckte ihm der Schreck tief in den Knochen, auch, wenn Toma dies vorhin vorübergehend gelindert hatte. Trotzdem hatte Ukyo immer noch nicht ganz verarbeitet, was ihm da geschehen war.

Seine Kehle wurde wieder etwas eng, als er daran dachte, aber er bemühte sich hartnäckig, das Gefühl wieder zu vertreiben. Er atmete abermals tief durch und versuchte die Kälte zu vertreiben, die sich wieder in ihm ausbreiten wollte.

//Was hat das nur zu bedeuten...?//, fragte er sich wieder und wieder und starrte in das Spülwasser, als ob dieses ihm eine Antwort geben könnte.

Es war klar, dass er diese Botschaften suchen musste, sie waren auf alle Fälle mit ihr verknüpft. Da Ukyo der augenscheinlich Einzige war, der noch wusste, dass sie je existiert hatte, war es wohl seine Aufgabe, alle übrigen Nachrichten zu suchen. Es blieben nur noch Shin und Kent übrig, die so etwas für ihn bereit hielten. Natürlich auch Toma, wobei Ukyo ja schon wusste, welcher Gegenstand da wohl eine Rolle spielte.

Ukyo runzelte die Stirn. Es war eigentlich nicht kompliziert, diese Dinge ausfindig zu machen, aber ehrlich gesagt kam ihm das viel zu einfach vor. Es musste einen Haken geben und Ukyo graute es vor jenem Moment, wenn er alle Botschaften erhalten hatte. Was würde dann passieren? Wenn er nach seiner Reaktion vorhin auf das Ende schloss, dann befürchtete er, dass es keine gute Nachricht war, die ihn da erwartete.

//Aber selbst, wenn ich es wollte... ich darf nicht aufhören//, dachte der Grünhaarige bedrückt, weil er mal wieder seinem Schicksal nicht entrinnen konnte.

Es war alles in normalen Bahnen verlaufen, bis er sich verliebt hatte und sich etwas gewünscht hatte, was weitreichende Folgen auf andere Personen und sogar Welten hatte. Einmal mehr kam Ukyo sich wie ein Fremdkörper in dieser Welt vor, wieder war er ein Störfaktor, der noch mehr Störfaktoren auslöste. Auch, als sein zweites Ich verschwunden war, war der Wahnsinn noch nicht vorbei.

Ukyo spürte, dass er langsam aber sich am Ende war. Es fehlte nur noch eine Sache, die schief ging und es würde sein Inneres völlig zerschmettern. Er wusste, er würde nicht mehr durchhalten können, auch, wenn er es versprochen hatte.

Es gab eine natürliche Grenze, wie viel ein einzelner Mensch aushalten konnte und Ukyo hatte schon längst sein Limit überschritten...
 

Toma war vollkommen erschöpft, dass er es kaum schaffte, sich umzuziehen. Jeder Muskel war verspannt, jede Stelle seines Körpers tat weh und er wollte einfach nur noch nach Hause. Ohne Frage war er auch stolz auf sich, schließlich hatte er diesen Tag überlebt. Trotzdem war er nicht böse darüber, dass morgen ein arbeitsfreier Tag anstand.

Toma streckte sich ausgiebig, während er nach Ukyo suchte. Er hoffte, dass der andere es nicht übertrieben hatte. Er freute sich wenig später, dass der Grünhaarige an einem kleinen Tisch saß und gerade die letzten Krümel des Mahls verputzte, welches Toma vorhin für ihn bereitet hatte. Den Blonden überfiel in diesem Moment ein derart großes Glücksgefühl, dass es sein Herz zum wilden Klopfen verleitete. Er hatte keine Ahnung, warum, aber das war auch einerlei, solange es Ukyo wieder gut ging.

„Ukyo? Bist du soweit? Wir könnten dann gehen“, machte sich Toma bald darauf bemerkbar und der Fotograf sah auf.

Das Gefühl, sich dem anderen anzuvertrauen war plötzlich übermächtig, aber er wollte nicht, dass der andere ihn für verrückt erklärte. Also schwieg er, spülte noch schnell den Teller ab, trocknete sich die Hände ab und gesellte sich dann zu Toma.

„Was für ein Tag“, seufzte dieser und Ukyo konnte ihm da nur zustimmen.

Shin, Kent und Ikki hatten schon den Heimweg angetreten, so dass Toma und Ukyo für sich blieben. Ohne die Gespräche der anderen herrschte Schweigen zwischen ihnen, welches keiner so wirklich aufheben wollte. Plötzlich einsetzender Regen sorgte dafür, dass sie schneller liefen und Tomas Wohnung erreichten. Ukyo blieb unschlüssig stehen, während Toma seine Schlüssel herauskramte und die Tür aufsperrte. Der Blonde schaute auf, weil der Fotograf nicht nachkam und sprach nun doch mit ihm.

„Es regnet, Ukyo. Das ist bestimmt nicht dein Ernst, dass du draußen übernachten willst“, sagte Toma und schaute Ukyo an, als hätte dieser nicht mehr alle Tassen im Schrank.

„Ich... du hast Recht“, lenkte der Grünhaarige verlegen lächeln ein und machte damit schleunigst, dass er ins Trockene kam.

Toma atmete innerlich erleichtert auf. Er wollte sich heute nicht noch mehr Sorgen um den anderen machen müssen und war froh, dass der andere auch einsah, dass eine Nacht im Regen wahrscheinlich nicht klug war, wenn man vorher schon umgekippt war.

„Mann, bin ich erledigt...“, seufzte Toma, als sie das Wohnungsinnere erreichten und Ukyo konnte ihm da nur zustimmen.

Kurz überlegte Toma, noch eine Abendbeschäftigung anzubieten, aber er war viel zu erledigt dazu und er sah Ukyo an, dass dieser eine Mütze Schlaf bevorzugte anstatt des abendlichen Entertainmentprogramms.

„Lass uns morgen etwas unternehmen, Ukyo“, meinte Toma dennoch und der Fotograf musterte ihn verwundert.

„Wieso?“

Toma lachte über diese unbedarfte Frage herzlich und klopfte Ukyo kumpelhaft auf die Schulter.

„Wir sind doch jetzt Freunde. Das heißt, wir unternehmen auch Dinge miteinander, um noch bessere Freunde zu werden“, erklärte er und beobachtete, wie Ukyo heiße Röte ins Gesicht schoss.

//Süß...//, schoss es dem Blonden durch den Kopf, maß dem Gedanken aber keine tiefere Bedeutung zu.

„Okay, dann... unternehmen wir morgen etwas zusammen. Darf ich erfahren, was genau?“, fragte Ukyo ungelenk und fühlte sich etwas unwohl.

Es war für ihn neu, einen Freund zu haben, der auch noch etwas mit ihm unternehmen wollte. Man konnte schon sagen, dass ihn das ein wenig überforderte, aber er beschloss, an dieser neuen Herausforderung zu wachsen.

„Ich dachte an schwimmen“, grinste Toma und Ukyo fiel erneut aus allen Wolken.

Warum ausgerechnet Schwimmen?

„Ich war schon ewig nicht mehr schwimmen und dabei haben wir ein tolles Schwimmbad in der Nähe. Das wird dir bestimmt gefallen, glaub mir“, sagte Toma begeistert und Ukyo ließ sich ein wenig davon anstecken.

„Ok“, bestätigte er also und beschloss dann, ins Bad zu gehen, um sich bettfertig zu machen.

Kurz stützte er sich mit den Händen am Waschbeckenrand ab und schaute in den Spiegel, der sich über jenem Waschbecken befand. Sein Gesicht war blasser als sonst, aber er fühlte sich allgemein ganz gut.

„Schwimmen also...“, sagte er leise zu sich selbst und verscheuchte das kleine ungute Gefühl dabei, welches in ihm hochsteigen wollte.

Das Wasser in einem Schwimmbad konnte man nicht mit dem im alten Brunnen vergleichen, also waren seine Ängste unbegründet. Ukyo atmete trotzdem tief durch, denn das Wort „Wasser“ allgemein reichte schon aus, um ihn an den schlammigen Tümpel zu erinnern. Hartnäckig kämpfte er das panikartige Gefühl nieder und sagte sich selbst, dass alles gut werden würde. Schließlich hatte er Toma dabei und dieser hatte heute einmal mehr bewiesen, dass man sich auf ihn verlassen konnte.

Ukyo zog sich um und richtete seine Haare wieder zum Zopf, der ihm lang und schwer auf den Rücken fiel, dann kehrte er zu Toma zurück. Dieser schlug ebenfalls den Weg zum Bad ein und wirkte dabei beschwingt, als ob er sich sehr über den morgigen Ausflug freuen würde.

Ukyo setzte sich auf die Seite des Bettes, die er gestern schon in Beschlag genommen hatte und bedeckte seine Beine mit der weichen Bettdecke. Es war ein warmes, sicheres Gefühl und davon gestärkt schaute er zu der geschlossenen Tür hinüber, hinter der das Käfigmonster lauerte. Ein unangenehmes Gefühl kletterte an seiner Wirbelsäule hinauf, aber Ukyo weigerte sich, erneut in Panik auszubrechen. Er würde sich auf morgen, Toma und den Ausflug konzentrieren und anschließend konnte er sich immer noch mit der Botschaft auseinander setzen, die hinter dieser Tür lauerte.

//Für heute reicht es mir...//, dachte der junge Mann bei sich und ließ sich gänzlich ins Bett sinken.

Es dauerte nicht lange und er schlief ein, wobei er nicht bemerkte, wie Toma wieder zu ihm zurückkehrte. Der Blonde registrierte belustigt, dass Ukyo schon vor sich hin träumte und er legte sich vorsichtig zu dem Grünhaarigen, ehe er das Licht ausschaltete. Er freute sich wirklich sehr darauf, mit dem anderen den morgigen Tag verbringen zu dürfen und er hoffte, dass Ukyo es ebenso empfand.

Toma wunderte sich nur wenig darüber, dass der andere ihm bereits so sehr ans Herz gewachsen war. In seiner Gedankenwelt gab es nur ganz oder gar nicht und er hatte sich schon so auf Ukyo eingelassen, dass er sich am liebsten den ganzen Tag mit dem anderen abgegeben hätte. So erging es ihm auch bei seinen anderen Freunden, aber Ukyo weckte zusätzlich noch seinen Beschützerinstinkt. Der andere musste viel durchgemacht haben, dass er vor ein paar Tagen so traurig gewirkt hatte und Toma sah es als seine freundschaftliche Pflicht, etwas dagegen zu unternehmen. Mit diesem Gedanken fand auch er in den Schlaf...
 

Am nächsten Morgen hatte Ukyo Mühe mit den beschwingten Schritten Tomas mitzuhalten. Der andere sprühte geradezu vor Tatendrang und Glück und Ukyo bemerkte an seinem dauerhaften Lächeln, dass der Blonde ihn damit angesteckt hatte. Die Schrecken des gestrigen Tag waren verschwunden und Ukyo hatte vor, diesen Tag zu nutzen, um die Freundschaft zu Toma weiter auszubauen. Er wollte heute nicht an seine unheilvolle Aufgabe denken, das gehörte nicht zu diesem sonnigen Tag.

„Da sind wir“, sagte Toma mit einem Mal und Ukyo wäre beinahe in ihn hineingelaufen.

Er spähte an dem Blonden vorbei auf ein freundliches, weißes Gebäude, auf dessen Mauern blaue Wellen gemalt worden waren. Der Fotograf war noch nicht hier gewesen und ihm wurde ein wenig unwohl dabei, als er sah, wie viele Leute durch die breite Doppeltür ein und aus gingen. Aber er wollte natürlich keinen Rückzieher machen.

„Gehen wir“, meinte der Grünhaarige also und ging weiter, so dass Toma nun ihm folgen musste.

„Na da freut sich aber jemand“, kommentierte der Blonde dies.

Ukyo wurde rot, blieb stehen und wandte sich zu Toma um. War sein Verhalten etwa schlimm?

„Keine Sorge, ich will dich nicht ärgern. Ich freue mich, wenn du unsere Unternehmung schätzt.“

Tomas Lächeln nahm Ukyo die Sorge und verdrängte diese in die hinterletzte Ecke seines Bewusstseins. Er ärgerte sich ein wenig über sich selbst, dass er sich wieder einmal so leicht aus dem Konzept hatte bringen lassen, obwohl es dafür keinerlei Anlass gab.

„Ich weiß nicht, wie lange ich nicht schwimmen war. Es ist wohl einfach die Vorfreude.“

„Dann versprich mir etwas, Ukyo.“

„Was denn?“

„Lass uns einen schönen Tag haben, ja?“

Ukyo lächelte. Dieses Versprechen gab er nur zu gerne.

„Versprochen.“
 

Es war viel los, aber mit Toma in der Nähe fühlte Ukyo sich in diesen Hallen sicher. Nachdem sie sich die Tickets geholt hatten, suchten sie als Erstes den Shop des Schwimmbades auf, denn Ukyo fehlte noch das Wichtigste. Ziellos ging er durch die Reihen von Badebekleidung und wusste nicht, was er nehmen sollte. Eigentlich war es ja egal, schließlich ging es hier nicht um einen Schönheitswettbewerb, aber trotzdem waren ihm die verschiedenen Farben, Modelle und Muster zu viel.

„Heftige Auswahl“, lachte Toma neben ihm und Ukyo stimmte ihm zu.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte eine Frauenstimme und plötzlich tauchte neben den beiden Männern eine junge Frau auf, die ihnen wohlbekannt war.

„Mine“, sagte Toma überrascht und auch die junge Frau blinzelte erstaunt.

„Was macht ihr denn hier?“

„Wir wollten schwimmen gehen“, antwortete Ukyo nach wie vor etwas überfordert. „Aber vorher müssen wir meine Kleiderfrage dahingehend lösen.“

Mine klatschte in die Hände und zeigte sich erfreut.

„Da habt ihr ja Glück, dass ihr bei mir gelandet seid. Wie ihr wisst, ist mein Modegeschmack sehr ausgeprägt und es wäre doch gelacht, wenn ich nicht das Richtige für dich finde.“

Sie hatte kaum ausgesprochen, da kam sie näher an Ukyo heran. Sie schaute ihn von oben bis unten an, ging eine Runde um ihn herum und dann noch einmal. Dabei zogen sich ihre Augenbrauen konzentriert zusammen und ihr Blick machte nur kurze Zwischenstopps, um Ukyos Stil einzuordnen. Dann schwirrte sie geschäftig davon und ließ die beiden Männer stehen.

„Das war...“, sagte Ukyo, doch er fand nicht das richtige Wort dafür.

„...gruselig“, meinte Toma, aber er grinste, denn es war nicht das erste Mal, dass er die Modepolizei Mine in Aktion erlebte.

Die junge Frau kehrte mit drei Modellen zurück zu den beiden Männern und hielt sie Ukyo probeweise vor die Hüftgegend. Ukyo versuchte, sich nicht zu rühren, obwohl es ihm äußerst unangenehm war und er getraute sich kaum, Toma anzuschauen. Dieser grinste in sich hinein und zwinkerte dem Fotografen zu, wobei ihn hier das Gefühl ereilte, als ob er so eine ähnliche Situation schon einmal erlebt hatte.

„Das hier. Es hat bereits die richtige Größe, du musst also nicht weiter nach etwas suchen“, bestimmte Mine schließlich und hielt Ukyo ein schlichtes Modell hin, welches das gleiche Muster wie das Band seines Hutes aufwies.

Statt schwarz-weiß war es in dunkelgrün und schwarz und Toma musste zugeben, dass es wirklich eine gute Wahl war. Er war schon selbst neugierig, wie es Ukyo wohl stehen würde, aber natürlich musste der Fotograf zuerst sein Ok geben.

„Und? Was sagst du?“

Ukyo zögerte zuerst und besah sich das Kleidungsstück von allen Seiten. Wenn Mine es für gut befand, dann war dem wohl so. Er griff also nach dem Kleidungsstück und nickte zaghaft.

„In Ordnung, ich nehme die Wahl meiner weisen Ratgeberin“, sagte er und lächelte Mine zu, welche daraufhin zart errötete.

„Es war mir eine Freude, wenn ich dir helfen konnte, Ukyo-san“, sagte sie, schnappte sich das Kleidungsstück zurück und lief zur Kasse.

Toma schaute überrascht hinter der jungen Frau hinterher. Stand diese nicht auf Ikki? Irgendwie störte es ihn, dass Mine Interesse an dem Grünhaarigen zu bekunden schien, denn schließlich war der andere doch sein...

//Moment. Mein was?//, bremste Toma sich selbst und verwundert nahm er ein Stechen in seiner Herzgegend war.

Was hatte das nun wieder zu bedeuten?
 

Nachdem die Kleiderfrage endlich geklärt worden war, konnte es endlich weitergehen. Die beiden Männer suchten die Umkleideräume auf und begannen, sich umzuziehen. Toma war schnell fertig, weil die Vorfreude einfach so groß war. Vergessen war sein ungutes Gefühl bezüglich Mine und er freute sich einfach nur noch darauf, bald in kühles Nass zu tauchen. Er drehte sich zu Ukyo um... und hielt wie vom Blitz getroffen inne.

Sein Blick wanderte über Ukyos nackten Rücken, während der andere gerade versuchte, seine Haare wieder zu dem altbekannten Zopf zu bändigen. Sein Körper war schmal, aber nicht so, dass es zerbrechlich gewirkt hätte. Natürlich hätten dem anderen hier und da ein paar Gramm mehr gut getan und Toma beschloss, dem anderen ein paar süße Mahlzeiten mehr unterzujubeln. Die Haut des anderen war weiß, ohne dabei kränklich zu wirken und in Toma kam der aberwitzige Gedanke auf, dass er den anderen gerne berührt hätte.

„Toma?“

Der Angesprochene brauchte einen Moment, um sich wieder zu sammeln.

„Äh... ja?“

„Kannst du mir mit meinen Haaren helfen?“, fragte Ukyo und reichte Toma einen weiteren Haargummi nach hinten, während er mit der anderen Hand den fast fertigen Zopf festhielt, damit dieser sich nicht wieder lösen konnte.

Toma nahm das dicke Ende des Zopfes in seine Hände und atmete tief durch. Er musste wieder zur Besinnung kommen und er tat sein Bestes. Er schlang den Haargummi um die dicken, grünen Haarsträhnen und handelte schnell und präzise. Als er fertig war, schnippte er den Zopf über die Schulter des anderen nach vorn.

„Fertig! Und nun lass uns schwimmen gehen!“, rief er dann übermütiger als normal und lief eilig voraus.

Der Chlorgeruch war schon hier zu riechen gewesen, doch in den Duschen wurde es noch intensiver. Ukyo duschte kalt, damit er sogleich vorbereitet war, dann folgte er Toma weiter zum Schwimmbecken. Viele Leute tummelten sich am Rand und auch im Becken selbst, dass er kurz Sorge hatte, gar nicht mit hineinzupassen, aber Toma schien das nicht aufzuhalten. Er stieg die Stufen hinab und watete ins Wasser hinein, so dass Ukyo keine andere Wahl blieb, als ihm abermals zu folgen. Das Wasser war angenehm warm und der Grünhaarige gab ein genießendes Seufzen von sich, weil die Temperatur und auch das Gefühl des Wassers auf seiner Haut einfach unglaublich schön war.

Immer weiter ging Toma und auch Ukyo ging weiter, bis ihm das Wasser bis zum Schlüsselbein reichte. Dann ließ er sich treiben und zu seiner Überraschung erinnerte sich sein Körper daran, wie man schwamm. Es sah bestimmt zuerst ein wenig holprig aus, doch dann gewann Ukyo an Sicherheit und er schwamm, als ob er nie etwas anderes getan hätte.

„Super, du hast es nicht verlernt“, lobte Toma ihn und sie lieferten sich wenig später ein kleines Wettschwimmen.

Ukyo fühlte sich gelöst und Freude durchströmte ihn, weil das hier endlich einmal etwas Normales war, etwas, dass andere normale Menschen auch taten. So hatte er sich schon ewig nicht mehr gefühlt und er hatte in diesem Moment eine bewegende Empfindung, die man nur mit „Glück“ beschreiben konnte. Er fühlte sich beinahe frei, während sein Körper sich durch das Wasser bewegte und er ließ Toma recht bald hinter sich. Einen Augenblick später schlug er mit einer Hand an den Beckenrand und drehte sich triumphierend zu dem blonden Mann um, der erst ein paar Momente später dieses improvisierte Ziel erreichte.

„Du warst ja schnell wie ein Pfeil. Ich verlange unbedingt Revanche“, forderte Toma lächelnd, der dies nicht auf sich sitzen lassen wollte.

„Kannst du haben“, grinste Ukyo und ehe Toma sich versah, schwamm der Fotograf schnell wieder los.

„Hey, das ist unfair“, rief Toma ihm nach, aber er war nicht böse darüber, vielmehr freute er sich, dass Ukyo so einen Spaß hatte.

Er nahm die Verfolgung auf, Ukyo immer im Blick behaltend. Er hatte natürlich keine Chance gegen den anderen, aber er würde sich das nicht anmerken lassen, denn Toma liebte die Herausforderung.

Ukyo war so vertieft in sein Schwimmen und auf die Aussicht, wieder zu gewinnen, dass er die andere schwimmende Person in seiner Bahn nicht kommen sah. Aber er spürte diese einen Moment später, als er gegen den anderen Mann stieß und das holte ihn in die Realität zurück.

„Es tut mir leid!“, rief Ukyo entschuldigend, ehe er den anderen ansah.

„Nicht schlimm, Ukyo-san. Ich habe auch nicht aufgepasst“, meinte der andere und erst jetzt erkannte Ukyo, dass er Kent vor sich hatte.

Kent und Schwimmen? Man lernte doch nie aus.

„Kent?“, fragte der Fotograf trotzdem, nur, um ganz sicher zu gehen.

„Ja“, bestätigte der andere und seine Mundwinkel hoben sich kaum merklich zu einem kleinen Lächeln.

„Was für eine Überraschung. Ich wusste gar nicht, dass du gerne schwimmst“, wunderte sich Ukyo und schwamm dabei auf der Stelle, schließlich befand er sich im tiefen Wasser.

„Nun, ich mache das auch eher aus Forschungsgründen“, meinte Kent und darin erkannte Ukyo schon eher den Kent, der ihm vertraut war.

„Darf man fragen, was du erforschst?“

Kent runzelte die Stirn und wirkte für einen Moment woanders mit seinen Gedanken. In Ukyo läutete eine noch unscheinbar wirkende Alarmglocke. Wenn Kent so durcheinander wirkte, musste es etwas Beunruhigendes sein, aber Ukyo wollte sich nicht unnötig sorgen, wenn er keinen unmittelbaren Anlass dafür sah.

„Das weiß ich selbst nicht so genau.“

Kents Antwort sorgte nun doch dafür, dass der Fotograf sich sorgte.

„Wie meinst du das?“

„Ich glaube, man nennt es, „einem Gefühl nachgehen“. Zumindest erinnere ich mich, das in einem Buch gelesen zu haben.“

Ukyo überkam ein merkwürdiges Gefühl, aber dennoch beschloss er, weiter nachzuforschen.

„Welchem Gefühl gehst du nach?“

Seine Stimme war ruhig, aber sein Inneres wurde nun durch unangenehme Schwingungen erschüttert.

„Als ich das erste Mal hier war, hatte ich ein... nun, ein Gefühl, denke ich. Kennst du das, wenn du etwas vergessen hast und du brauchst einen Anstoß, um dich wieder zu erinnern? Genau das stellt dieses Schwimmbad für mich dar. Eine Erinnerungshilfe“, sagte Kent und Ukyo wusste seltsamerweise genau, was der andere meinte.

„Nur glaube ich, dass ich damals, als ich das erste Mal hier war, nicht wirklich zum ersten Mal hier war. Es klingt unlogisch, ich weiß... aber ich werde dieses Gefühl einfach nicht los und deshalb komme ich wieder und wieder hierher.“

//Er redet von ihr... er war mit ihr hier//, schoss es Ukyo durch den Kopf und er bekam mit einem Mal schlecht Luft.

//Nicht jetzt... nicht hier//, schoss es Ukyo durch den Kopf und er beschloss, so schnell wie möglich an den Beckenrand zu schwimmen.

Nicht auszudenken, wenn er hier und jetzt das Bewusstsein verlor.

„Ich sollte dann mal weiter, ich liefere mir mit Toma ein Wettschwimmen und ich habe vor zu gewinnen“, sagte Ukyo und wollte an Kent vorbei zu schwimmen.

Doch dieser runzelte plötzlich die Stirn und hielt Ukyo am rechten Oberarm auf.

„Ukyo, verzeih mein merkwürdiges Verhalten, aber... ich glaube, du kannst mir helfen“, sagte der Braunhaarige und seine Hand an Ukyos Arm sorgte dafür, dass der Fotograf ein ungutes Gefühl bekam.

Schwindel ergriff ihn und ihm wurde flau im Magen. Er musste schnellstens weg von hier.

„Ukyo? Warst du mit mir hier?“, stellte Kent die Frage und etwas in Ukyo sagte leise wispernd Ja.

Es war ihre Stimme, doch so schnell wie sie gekommen war, verschwand sie wieder und zurück blieb ein dumpfer Schmerz, der Ukyo plötzlich erfasste.

Ein Schmerzenslaut glitt über seine Lippen und er erstarrte. Kent ließ ihn los, aber das Gefühl blieb, während der Schmerz seinen Kopf zu spalten schien.

„Ukyo-san? Ist alles in Ordnung?“

Kents Stimme erreichte Ukyo nur verschwommen und Tomas Stimme durchdrang wenig später kaum den Nebel, der seine Sinne erfasste. Ukyo keuchte auf, sein gesamter Körper befand sich in einer Art Schockstarre. Zuletzt erfasste ihn ein pulsierender Schmerz... und plötzlich wurde alles einfach nur schwarz.
 

Ein starker Impuls jagte durch mein Inneres und ich schlug die Augen auf. Ich sah nichts, aber ich konnte es... nein, SIE erahnen. Sie war immer noch da?!

„NEIN!“, schrie ich außer mir.

Ich hatte sie doch erwischt, ich hatte ihr eigenhändig das Leben genommen und sie sterben sehen! Das durfte nicht sein...

Sie hatte mir... uns... schon genug angetan. Was also tat sie hier? Wieso ließ sie uns nicht endlich in Ruhe? Warum ließ sie mir nicht meinen Frieden und meine Freiheit?

Ich spürte Unruhe in mir und wusste, dass ich schnellstens zurück musste. Ich musste wieder zurück und musste uns beide beschützen, bevor sie wieder Schaden anrichtete. Das Problem war nur, dass mir die Verbindung fehlte.

Noch immer sah ich nur Schwärze um mich herum, die auf mich eindrückte. Es reichte noch nicht... noch nicht...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Uff, geschafft...
Ich leide hier gerade schon wieder. Ach Mann, Ukyo... Gerade hatte er ein bisschen Spaß und den Anflug eines normalen Tages und dann wieder BAM! Alles kaputt. Sorry, dass ich euch derart hinters Licht führen musste, aber gut, der Titel des Kapitels lässt ja schon ein wenig durchblicken, was passieren wird.
Und Toma... er spürt, dass sich etwas in ihm ändert. Ich will hier einen schrittweisen Übergang schaffen, ich hoffe, ich bekomme das hin *hm*
Mit Kent habe ich noch ein bisschen Probleme, zumal ich bei Ukyo und Toma so viel mit Gefühlen jonglieren muss. Ich bin der totale Gefühlsmensch und kann mich noch schwer in ihn hineinversetzen. Bitte nehmt es mir nicht übel, ja? *mich versteck*
Der kursive Teil ist - wie ihr schon gemerkt habt - der andere Ukyo. Keine Sorge, er bekommt noch eine größere Rolle, aber das wird frühestens in zwei Kapitel sein.
Insgesamt hoffe ich, es macht euch noch Spaß :) Bis bald und hinterlasst mir gerne Kommis. Da das meine erste AM-FF ist, muss ich sicher dazulernen und dazu brauche ich eure Rückmeldungen. Wenn es keine gibt, dann gehe ich einfach mal davon aus, dass ich bisher fast alles richtig gemacht hab ;P Bis zum nächsten Kappi~ Komplett anzeigen

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