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Touching Tomorrow

von

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21.12.

Shuichi hatte Jodie angelogen. Und das mit Absicht. Natürlich war er nicht um zehn Uhr morgens einfach so nach Hause gefahren. Das war nicht seine Art. Schlafen konnte er auch später. Allerdings merkte er, dass die Müdigkeit einsetzte, sobald das Adrenalin aus seinem Körper entschwand. Noch einmal kehrte Shuichi an den Tatort zurück. Er sah sich das Haus an und beobachtete die Polizisten. Sie sperrten die Räumlichkeiten ab. Kurz war er reingegangen, sah sich das Fenster an und verschwand wieder.

Auch draußen hatte sich der Agent umgesehen und ging in die Richtung aus der er den Schuss vermutete. Shuichi achtete auf seine Umgebung, sog jedes kleinste Detail auf und stellte sich das Szenario vor. Er war in seinem Element. Als Scharfschütze war er in der Lage sich in den Auftrag eines anderen Schützen hineinzudenken. Damit der Schuss direkt in Sayakas Brust ging, hatte er eine ungefähre Flugbahn berechnet. Akai blieb vor einem Hotel stehen. Er betrachtete die Scheiben an der Glastür. Die Türen öffneten sich und er trat hinein. Shuichi sah kurz zu der Frau am Empfang, die ein freundliches Lächeln aufgesetzt hatte. Shuichi steckte die Hände in seine Hosentaschen und ging direkt zum Aufzug. Er betätigte den Knopf und ließ sich in die oberste Etage fahren.

Oben sah er sich auf der Etage um. Alles sah normal aus. Es gab nirgends abdrücke oder Hinweise. Shuichi blickte aus einem Fenster. Die Richtung stimmte. Da er wusste, was er suchte, erkannte er das Haus der Shibungis in der Entfernung. Er öffnete das Fenster und steckte den Kopf nach draußen. Shuichi verengte die Augen. Die Höhe stimmte nicht.

Er schloss das Fenster und folgte der Treppe nach unten. Er sah sich vier Etagen tiefer noch einmal am Fenster um. Von hier aus hätte ein Schütze freie Bahn. Akai fixierte die Hotelzimmertüren. Drei kamen in Frage. 823. 824. 825.

Er ging an die erste Tür und klopfte an. Es kam keine Reaktion. Akai ging zur zweiten Tür und klopfte auch dort an. Eine nicht ausgeschlafene Person öffnete ihm. Der Mann gähnte, war bekleidet mit einem weißen Hemd und einer Boxershorts. Er sah ihn schlaftrunken an.

„Ja?“

„Sicherheitsdienst“, antwortete Akai. „Ich soll die Schließanlage Ihrer Fenster überprüfen.“

„Machen Sie schnell.“ Der Mann drehte sich um und ging wieder rein. Er kratzte sich am Hinterteil und ließ sich dann auf das Sofa fallen. „Ich habe hier keine Wertsachen.“

„Ich will Sie nicht ausrauben.“ Shuichi ging auf das Fenster zu. Er öffnete es und ließ die kalte Luft hinein. Die Höhe war eindeutig richtig. Er blickte nach unten, sowohl draußen an der Fassade als auch drinnen. Wenn die Organisation das Zimmer benutzte, hinterließen sie keine Spuren.

„Waren Sie die ganze Nacht hier?“

„Was´n das für ´ne merkwürdige Frage?“, wollte der Mann wissen. „Sie sollen sich das Fenster ansehen und kein Gespräch mit mir führen.“

„Liebling?“

Shuichi schloss das Fenster und drehte sich um. Die Frau war aus dem Badezimmer gekommen. Ihren Körper verdeckte sie nur mit einem Handtuch. Es war ihr sichtlich peinlich, sodass sie wieder im Badezimmer verschwand.

„Gaffen Sie gefälligst nicht meine Frau an.“

Shuichi blickte zu dem Mann. „Mit dem Fenster ist alles in Ordnung. Sollten Sie Probleme feststellen, melden Sie es einfach an der Rezeption.“ Akai ging durch den Raum und verließ das Zimmer. Er rollte mit den Augen.

Shuichi trat an die dritte Tür auf der Etage und klopfte an. Er drückte den Türknauf, blieb aber vor einer verschlossenen Tür stehen.

Zwei von drei, sagte er sich. Das war nicht optimal. Shuichi trabte die Treppen nach unten. Er ging zur Rezeption. „Können Sie mir sagen, ob die Zimmer 823 und 825 besetzt sind?“

Sie sah ihn fragwürdig an. „Über unsere Gäste dürfen wir keine Auskunft geben.“

„Ich will nicht wissen, wer Ihre Gäste sind. Sind die Zimmer besetzt?“

Sie schluckte bei seinem grimmigen Aussehen. Dann tippte sie auf dem Computer herum. „823 war bis heute morgen besetzt. 825 ist frei.“

„Danke. Die Zimmer werden täglich gereinigt?“

„Natürlich.“

„Ist dabei irgendwas aufgefallen?“

„Aufgefallen?“

„Schon gut“, sprach Shu. Er drehte sich um und ging.

„Wollen Sie kein Zimmer…?“, rief sie ihm nach ihm.
 

***
 

Wie Shu annahm, fand auch das FBI keine Spuren auf den Aufenthalt der Organisation in beiden Zimmern. Weder Schmauchspuren noch Patronenhülsen. Die Organisation arbeitete gründlich. Aber auch sie mussten irgendwann einen Fehler machen. Blieb zu hoffen, dass sie diesen früh machten.

Shuichi ging zu seinem Wagen. Er startete den Motor und fuhr direkt zum Forensiker der Polizei. Shuichi hatte schlechte Laune. Sie waren der Organisation so nah und wieder rückte alles in die Ferne. Akai bezweifelte, dass die Untersuchung des Forensikers irgendeine neue Spur gab. Dafür war die Organisation viel zu schlau. Sie führten das FBI vor. Verhöhnten es und hatten fast freie Bahn. Sie lachten sie aus, zeigten ihnen, dass man sie nicht aufhalten konnte und indirekt wiesen sie auf die Fehler der Agenten.

Er war das Warten leid, wollte endlich Ergebnisse sammeln und an die höheren Mitglieder der Organisation. Stattdessen ließ diese das FBI am ausgestreckten Arm verhungern. Wie gern wäre er auf sie getroffen. Aber die Situation war ungelegen. Jodie war noch nicht soweit um wieder zu arbeiten, Camels Schulter war ebenfalls nicht einsatzfähig. Und dann war da noch die Polizei. Takagi und einige andere Männer. Auch wen er die Organisation wollte, konnte er das Leben vieler Unschuldiger nicht riskieren.

Shuichi parkte seinen Wagen. Er zog eine Zigarette aus seiner Jackentasche und rauchte sie. Im Anschluss ging er in das Gebäude, meldete sich an und wurde von einer Assistentin in den Raum geführt.

„Können wir Ihnen helfen?“, wollte der Gerichtsmediziner wissen.

„Akai Shuichi“, stellte er sich vor. „Black schickt mich.“

„Ah ja...“, nickte der Mann. „Er hat uns bereits informiert.“

„Was können Sie mir zu der Leiche von Sayaka Shibungi sagen?“

Der Mann röchelte kurz. „Wir sollten auf Inspektor Takagi warten. Er befindet sich bereits auf den Weg nach unten.“

Shuichi verengte die Augen. Zeit. Als ob er die hatte. Aber wenn der Inspektor unbedingt dabei sein wollte, konnte Akai die Besprechung der Ergebnisse nicht beschleunigen. Shuichi prägte sich den Raum ein. Er sah zu den vielen Kühltruhen und den, mit weißen Tüchern bedeckten, Körpern. Als Gerichtsmediziner schien man einiges zu tun zu haben. In Japan weniger als in den Staaten.

Takagi kam in den Raum. „Guten Morgen“, grüßte er.

„Dann können wir anfangen.“ Der Gerichtsmediziner zog eine Akte hervor. Er ging zu der Bahre. Ein weißes Tuch bedeckte den Körper der Frau. „Sayaka Shibungi, 25 Jahre alt, Todesursache: direkter Schuss ins Herz.“ Er sah beide Männer an. „Sie müssen es sich so vorstellen: Wird das Herz von einer Kugel getroffen, endet der Herzschlag abrupt. Durch das Einschussloch strömt das Blut aus dem Herzen, wodurch der Blutdruck sofort zusammenbricht. Es kommt binnen zwei bis drei Minuten zum Hirntod aufgrund der fehlenden Sauerstoffversorgung.“

„Sie hatte also keine Chance?“, wollte Takagi wissen.

„So ist es.“

„Haben Sie die Kugel?“, fragte Akai.

„Natürlich“, sprach der Mediziner. „Es befindet sich keine Seriennummer auf dieser. Wir haben bereits versucht einen Abgleich mit anderen Kugeln zu machen, die registriert wurden“, erzählte er. „Jede Kugel wird eingescannt und ein elektronischer Abdruck genommen. Sobald eine neue Schussverletzung auftritt, können wir die Kugeln miteinander vergleichen und nach Ähnlichkeiten suchen.“

„Wir können also nicht sagen, wer geschossen hat.“

„So ist es“, nickte der Mann.

Takagi sah zu Akai. „Wir müssen den Fall als ungelöst ins Archiv verfrachten.“

„Machen Sie das“, sprach Shuichi. „Ich habe sowieso nicht angenommen, dass anhand der Kugel ein Schütze festgestellt wird. Täter die es gründlich machen, verwenden nicht registrierte Waffen oder stehlen sie.“

„Eh…ja…“, murmelte Takagi. Natürlich wusste er das. Trotzdem musste er versuchen jedem Hinweis nachzugehen und Gerechtigkeit für die Opfer zu bekommen. Fälle, die damit endeten, dass man sie ungelöst ins Archiv stellte, waren eine Niederlage. Man hatte nichts und konnte nur hoffen, dass eines Tages ein Durchbruch erzielt wurde. In regelmäßigen Abständen wurden Neulinge der Polizeiakademie auf ungelöste Fälle angesetzt. Man hoffte, dass diese mit einem anderen Blickwinkel etwas entdeckten, was einem selbst verborgen blieb. Die Erfolgsquote war nicht hoch. Es gab Fälle, die seit Jahren keine Hoffnung fanden.
 

***
 

Jodie brauchte lange um einzuschlafen. Tagsüber gelang es ihr gar nicht. Sie war teilweise aufgekratzt und teilweise auch total übermüdet. Trotzdem wollte es mit dem Schlaf nicht hinhauen. Die wenigen Stunden in Shus Wagen waren eine Ausnahme. Er war da. Sie spürte es ganz deutlich. Er strahlte eine gewisse Ruhe aus. Sie half ihr einzuschlafen. Aber nun? Sie war gerädert und wach.

Jodie hatte nach den Ereignissen direkt ein heißes Bad genommen und legte sich – eingekuschelt in dicken Wollsocken – in ihr Bett. Und dann lag sie rum. Sie drehte sich von einer Seite auf die andere. Links, dann rechts, auf den Bauch, den Rücken, wieder zur Seite. Es half nichts. Sie konnte nicht einschlafen.

Immer wenn Jodie die Augen schloss, sah sie sich selbst, sitzend auf dem Bett in der Haft, wartend auf den Tag der Erlösung. Und dann sah sie, wie sie in das Gerichtsgebäude gebracht wurde und ihrem Prozess beiwohnte. Jedes Mal entschied der Richter gegen sie. Jodie sah, wie sie abgeführt wurde wie eine Schwerverbrecherin, sah die schockierten Gesichter von Shu, James und Camel und das Grinsen von Vermouth. Sie war hilflos. Allein. Auf sich selbst gestellt.

Die Fiktion reichte aus um sie zu verunsichern. Manchmal wenn sie die Augen öffnete, wusste sie nicht mehr was die Realität war. Sie kniff sich in den Arm und versicherte sich selbst, dass sie auch wirklich zu Hause war. In ihrem Bett.

Jodie wollte eigentlich nicht mehr daran denken. Sie wollte nicht wissen und sich nicht vorstellen wie alles ausgegangen wäre, wenn das FBI nicht weiter ermittelt hätte. Ihr Unterbewusstsein sah diesen Wunsch aber anders und versorgte sie mit allen möglichen Bildern. Dabei wollte sie doch nur schlafen. Einfach nur schlafen. Wenigstens einen Tag, neue Kraft tanken und ihre Reserven aufladen.

Aber sie fühlte sich nicht sicher. Die Organisation hatte es geschafft. Sie konnte nicht mehr alleine sein, wollte es nicht mehr.

Warum konnte Shu nicht bei ihr sein? Seine Anwesenheit reichte aus um ihr die Sicherheit wieder zurück zu geben. Bei ihm fühlte sie sich geborgen. Noch immer konnte sie den Geruch seiner Jacke wahrnehmen. Sie wollte das Gefühl zurück, wollte bei ihm sein…

Jodie starrte die Decke an. Es war vorbei. Sie sollte der Vergangenheit nicht mehr hinterherlaufen. Sie waren nicht mehr zusammen. Keine Gefühle. Und trotzdem kämpfte sie nur mit Mühe dagegen an. Das Klingeln ihres Handys holte sie wieder zurück in die Realität. Sie tastete danach und als sie es endlich in der Hand hatte, konnte sie die Nummer keiner Person zu ordnen. Sofort war sie auf eine Sache fokussiert und setzte sich auf.

Ist das…?

Jodies Finger schwebte über dem Annehmen-Button. Sie sollte James über ihr Haustelefon anrufen. Oder Shu. Stattdessen ging sie selber ran. „Starling.“

„Frau Starling, hier spricht Yamato Naoki, ich bin der Chefredakteur der…“

„Kein Kommentar“, sprach Jodie gleich in den Hörer und legte auf. Jodie wusste was das hieß. Sie musste sich eine neue Nummer besorgen, eine die die Presse nicht so schnell in die Finger bekam. Reporter waren immer auf der Suche nach einer Story. Es war in den Staaten so, warum sollte es in Japan anders sein? Zumal es auch zahlreiche Artikel über den Fall gab. Jodie seufzte. Es war nur noch eine Frage der Zeit bis der Tod von Sayaka die Runde machte. Und obwohl sie nichts damit zu tun hatte, ahnte sie, dass sie als Sündenbock fungieren würde.
 

***
 

Jodie kam oben im Großraumbüro an. Sofort richteten sich alle Augenpaare auf sie. „Guten Morgen“, sagte sie laut und ging an einen Schreibtisch. Sie setzte sich, seufzte leise und startete den Computer. Aus dem Hintergrund vernahm sie ein leises Flüstern. Etwas anderes erwartete sie nicht.

Als sie aber eine Hand auf ihrer Schulter spürte, zuckte sie erschrocken zusammen. Sie sah nach hinten. „Camel…du hast mich zu Tode erschreckt.“

„Tut mir leid“, antwortete dieser. „Was machst du hier?“

Jodie sah ihn verwirrt an. „Wie? Was ich hier mache? Ich arbeite. Aber ich könnte dich das gleiche fragen. Was machst du hier? Ich weiß, dass deine Schulter immer noch verletzt ist und sie schmerzt sicher noch immer. Wurdest du etwa wieder diensttauglich geschrieben?“

Camel runzelte die Stirn.

„Camel? Jetzt sag schon“, drängte sie ihn. „Was ist passiert? Ich bin nicht aus Zucker.“

„Ja, ich weiß.“ Er kratzte sich am Hinterkopf. „Ich dachte nur, du würdest heute noch zu Hause bleiben und dich ausruhen. Ich wurde nicht wieder diensttauglich geschrieben. Aber da ich gestern vor Ort war, erwartet Black meinen Bericht. Ich wollte den hier schnell schreiben.“

„Hmm…“, murmelte Jodie. „Warum wollen eigentlich immer alle, dass ich zu Hause bleibe? Ich muss mich nicht immer ausruhen. Mir geht es gut. Außerdem fällt mir zu Hause die Decke auf den Kopf. Und die Arbeit…sie hilft mir.“

Camel sah sie besorgt an.

„Jetzt guck doch nicht so. Es geht mir gut“, meinte sie. „Ich muss eigentlich sauer auf dich sein. Du bringst dich einfach so in Gefahr und übernimmst ein paar Observationsschichten. Was wäre gewesen, wenn wir nicht dort gewesen wären?“

„Tut mir leid, Schwester Jodie.“

„Schwester Jodie?“

Camel schmunzelte. „Du hast dich gerade wie die Schwestern angehört. Die die mich dauernd ermahnten und mir mit großen, langen Spritzen drohten.“

„Oh…aber du hast dich trotzdem über die Empfehlungen deines Arztes hinweg gesetzt.“

„Dafür werde ich mich auch nicht entschuldigen, Jodie. Ich weiß, dass du genau das gleiche getan hättest. Und ich habe es getan, weil ich dir helfen wollte. Du warst in Gefahr und da konnte ich doch nicht tatenlos zusehen. Du hättest das gleiche für mich getan.“

„Ach Camel…“, wisperte sie leise.

James öffnete die Tür und kam aus dem Büro. „Jodie?“ Er sah sie überrascht an, schüttelte dann aber den Kopf. „Camel, Jodie, in mein Büro.“

Jodie stand auf und ging in das Büro. „Guten Morgen, James…oh…Shu…“ Sie setzte sich auf den freien Stuhl. „Sagt mir bitte nicht, dass ihr mich ausschimpfen wollt.“

„Sollten wir wahrscheinlich machen. Aber es ist gut, dass du hier bist“, fing James an.

„Ich war gestern noch beim Hotel und habe mir ein paar Zimmer angesehen. Für den Schuss, der auf Sayaka Shibungi abgegeben wurde, kommen zwei Zimmer in Frage. 823 und 825“, kam es dann von Akai.

„Ich habe unsere Männer zu beiden Zimmern geschickt. Wir konnten keine Rückstände finden die auf die Organisation schließen“, erklärte James.

„Dann haben wir also wieder mal nichts.“

„So ist es“, nickte Akai. „Der Pathologe hat bestätigt, dass der Schuss die Todesursache war. Wir hätten nichts tun können.“

„Verdammt.“

„Und was macht die Polizei jetzt?“, wollte Camel wissen.

„Der Fall wird aus ungelöst ins Archiv verfrachtet.“

„Und es wird eine Stellungnahme geben. Du wirst rehabilitiert werden, Jodie. In den nächsten Tagen werden die Zeitungen über den Fall berichten. Wir wissen allerdings nicht wie die Zeitungen mit dem Tod umgehen werden“, sprach James.

„Wir ahnen es aber.“ Shuichi verschränkte die Arme. „Sie werden natürlich dahinter kommen, dass Medipharm insolvent ist. Die Schuld daran werden sie Sayaka geben und erwähnen, dass diese einigen Zwielichtigen Personen Geld schuldete. Diese haben sie anschließend getötet. Ob es der Wahrheit entspricht oder nicht, ist den Reportern egal.“

„Verstehe“, murmelte Jodie leise. „Mich hat Naoki heute Morgen angerufen.“

„Was hast du gesagt?“, fragte James.

„Kein Kommentar. Und dann hab ich aufgelegt.“

„Akai nickte. „Besorg dir am besten eine neue Nummer.“ Er sah zu James.

„Ich kümmere mich darum.“

„Was ist mit Sota Shibungi?“

„Er liegt im Krankenhaus“, entgegnete James. „Die Ärzte wollten ihn lieber mitnehmen. Er wurde sediert und befindet sich noch immer in Trauer. Kein Wunder. Er sah zu, wie seine Frau erschossen ist.“

Jodie neigte den Kopf. „Und wir schließen den Fall auch ab?“

„Auf gar keinen Fall“, kam es von Akai. „Es gibt ein Tagebuch. Sayaka hat es ihm hinterlassen.“

„Und das sagst du uns erst jetzt?“, wollte Jodie wissen.

„Das Tagebuch stellt keine Gefahr dar. Wir wissen doch, dass Sayaka die Stadt verlassen wollte. Sie kam in ihr Haus um sich zu verabschieden. Zumindest hat Shibungi das gesagt. Deswegen hat sie ihm das Tagebuch hinterlassen. Sie wollte, dass er die Hintergründe kennt. Sie war nicht dumm. Hätte sie die Organisation mit einem Wort erwähnt, wäre er sofort erschossen worden. Ich nehme an, dass sie sich eine ganz neue Geschichte ausgedacht hat. Etwas wie: ich wurde erpresst und kam nicht mehr alleine aus der Situation heraus, deswegen habe ich dein Geld benutzt.

Keiner wird je herausfinden, wo sich die Millionen befinden und wer der angebliche Erpresser war. Wir müssen ihn dennoch im Auge behalten. Ich schlage vor, dass sich die Agenten abwechseln. Wir wissen nicht was die Organisation weiß. Wenn sie vom Tagebuch wissen oder ahnen, dass es einen Brief gibt, werden sie alles versuchen um die Materialien zu bekommen. Auch sie wollen ihre Spuren verwischen, wobei ich mir sicher bin, dass sie wissen werden, dass Sayaka niemanden die Wahrheit sagte.“ Shuichi sah die Gruppe an. „Es kann natürlich trotzdem sein, dass die Organisation ein Risiko ausschalten will und handelt. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist nicht hoch, aber auch nicht gering.“

James nickte. „Gut. Ich stelle das Team zusammen“, sagte er. „Und Sie alle sollten sich einen Tag frei nehmen und Ihre Kräfte regenerieren.“
 

***
 

Shuichi saß in seiner Wohnung. Der Laptop stand aufgeklappt vor ihm. Er ging alle neuen Artikel durch. Es war, wie er annahm. Sayaka Shibungis Rückkehr wurde mit einem großen Aufhänger versehen. Jodies Beteiligung aber klein gehalten. Da sie nun nicht mehr die Verdächtige war, erhielt sie gerade mal einen kleinen Zweizeiler. Es war mehr als nichts.

Shuichi klickte sich weiter durch. Der erste Artikel über den Mord stand auch im Netz. Es gab zwei Theorien. Die eine besagte, dass Sayaka erpresst wurde und sich den Erpresser mit Sotas Geld vom Hals schaffen wollte. Da es schief ging, musste sie mit dem Leben bezahlen. In der zweiten Theorie ging es darum, dass sie mit einem Partner ihren Mann von Anfang an nur ausnehmen wollte, dann aber Skrupel bekam und letzten Endes von einer dritten Person erschossen wurde.

Die Organisation wurde mit keinem Wort erwähnt, was auch gut war.

Shuichi klappte den Laptop herunter und lehnte sich nach hinten. Er schloss die Augen, war aber trotzdem wachsam. „Na kommt schon…traut euch und kommt heraus.“

Er war bereit.



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