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Touching Tomorrow

von

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19.12.

James saß zusammen mit Jodies Anwalt im Büro von Inspektor Megure. Megure räusperte sich. „Ich bin froh, dass Sie von sich aus hier her gekommen sind“, begann er. „Wir erhielten heute den Anruf von einem gewissen Herrn Naoki. Sagt Ihnen der Name etwas?“

„Nein“, antwortete James. „Wer ist das?“

„Sie sollten Ihre Agenten fragen. Der Name wird bestimmt Agent Akai oder Agent Camel etwas sagen. Naoki ist Reporter und wollte mit Inspektor Shiratori über den Sayaka Shibungi sprechen.“

„Ich weiß nicht, was das mit meinen Männern zu tun hat.“

„Wie dem auch sei. Irgendjemand hat gestern Herrn Naoki angerufen, sich als Shiratori ausgegeben und ihm Fragen über den Fall gestellt. Dabei ging es vor allem um die Schuld sowie Unschuld von Frau Starling. Halten Sie das nicht für einen sehr großen Zufall?“, wollte Megure wissen.

James runzelte die Stirn. „Meine Leute haben damit nichts zu tun.“

„Und wie erklären Sie sich dann, dass Sie kurz darauf bei der Zeitung anriefen und die Löschung des Artikels forderten?“

„Ein reiner Zufall, Inspektor. Ich erhalte ständig Nachrichten auf meinem Handy wenn es neue Artikel zu diesem Fall gibt. So auch als Jodies Name gefallen ist. Natürlich habe ich mich anschließend darum gekümmert. Vielleicht sollten Sie in Erwägung ziehen, dass der wahre Täter anrief und überprüfen wollte, ob wir ihm nicht eine Falle stellen.“

Megure lehnte sich nach hinten. „Herr Black. Sie wissen genauso gut wie ich, dass es keinen zweiten Verdächtigen in der Sache gibt. Die Beweise sprechen leider gegen Frau Starling. Das kann ich nicht leugnen.“

James beugte sich an seine Tasche und zog den Briefumschlag heraus. Er schob ihn über den Tisch. „Schauen Sie sich das Video an.“

Megure öffnete den Umschlug und holte die DVD heraus. Er drückte auf den Summer. „Schicken Sie Takagi rein“, sprach er und ließ das Laufwerk seines Computers heraus fahren. Er legte die DVD ein und wartete. „Woher haben Sie diese DVD?“, wollte er wissen.

„Sie wurde meinen Männern zugespielt. Wir konnten niemanden damit in Verbindung bringen.“

Es klopfte an der Tür. Takagi kam rein. „Sie wollten mich sprechen?“ Er sah in die Runde. „Oh. Guten Morgen.“

„Takagi kommen Sie her.“ Megure wartete einen Moment und spielte dann das Video ab. Takagi stand hinter ihm und konzentrierte sich auf die Bilder.

Jodie wurde eindeutig beim Verlassen des Gebäudes gefilmt. Anders als in Video 1 verließ sie das Unternehmen kurz nach 12 Uhr.

James räusperte sich. „Ich hoffe, Sie haben auf die Uhrzeit geachtet.“

Takagi nickte. „Nach 12 Uhr.“

„Es gibt nun zwei Videos auf denen Jodie das Unternehmen verlässt“, begann James. „Eines davon ist wahr, das andere nicht. Sie haben das erste Video von Sota Shibungi erhalten. Woher können Sie sicher sein, dass dieses nicht gefälscht ist?“

Megure sah zu James. „Woher wissen wir, dass Sie das Video hier nicht gefälscht haben?“

„Nichts desto trotz sind die Beweise die Jodie belasten nicht eindeutig. Das können Sie nicht ignorieren. Vor Gericht wird keines der Videos standhalten“, entgegnete James.

„Widersprüchliche Beweise können eine Verurteilung nicht rechtfertigen“, fing Tanaka an. „Um Herausfinden welches Video echt ist, müssten Sie beide Orginale bekommen. Ich nehme an, dass sowohl dieses Video wie auch das Video von Herrn Shibungi gebrannt worden sind. Damit ist es eigentlich schon unmöglich heraus zu finden, welches das richtige Video ist. Die Zeit, die dafür beansprucht werden würde, rechtfertigt die Untersuchungshaft meiner Mandantin nicht.“

„Es besteht leider immer noch Fluchtgefahr.“

„Auch das können wir entkräften.“ James reichte ihm einen Zettel. „Wie Sie sehen werden, handelt es sich hierbei um die Buchungsbestätigung des Tickets.“

Megure sah sich den Zettel an. „Hmm“, murmelte er.

„Schauen Sie bitte auf das Datum. Das Ticket wurde gebucht als Frau Starling gerade bei Ihnen zum Verhör war.“

Takagi sah nun auch auf das Blatt Papier. „Das stimmt.“

„Da wir nun auch wussten, wo das Ticket gebucht wurde, haben wir die betroffene Fluggesellschaft gebeten einmal in ihren Daten zu gucken. Sie werden noch heute im Laufe des Tages das Orginal erhalten“, erklärte James.

„Ich verstehe Sie ja…aber wie entkräften Sie die Tatsache, dass Frau Starling auch jemanden gebeten haben könnte, das Ticket zu buchen?“, wollte Megure wissen.

„Inspektor“, fing James an. „Ich bitte Sie. Sie sehen doch auch, dass alle Beweise die gegen Jodie sprechen nicht stichhaltig sind. Und Sie wissen auch, dass die Voraussetzungen für die Untersuchungshaft nun nicht mehr gegeben sind. Es liegt keine Fluchtgefahr vor. Wenn Sie unbedingt wollen, nehmen Sie ihr den Reisepass ab. Sie können auch gerne mit meinen Vorgesetzten in den Staaten sprechen. Jeder wird Ihnen bestätigen, dass Jodie nicht zurück beordert worden ist.“

Tanaka nickte. „Es liegt keine Verdunkelungsgefahr vor. Sie haben nun alle Beweismittel von uns erhalten und die Agenten werden weiter suchen um Frau Shibungi zu finden. In der Zwischenzeit müssen den Haftbefehl aufheben lassen.“

„Inspektor Megure?“, fragte Takagi.

„Herr Black“, kam es von Megure. „Wie Sie wissen, kennen wir Frau Starling. Und weder Takagi noch ich hielten es für möglich, dass Sie in dieser Sache involviert ist. Trotzdem ist es unsere Pflicht, sie wie eine ganz normale Verdächtige zu behandeln und alles was uns vorgelegt wird, in Frage zu stellen. Es ist richtig, dass die Beweise sehr zweideutig sind. Wir wissen auch, dass sich Frau Starling nichts zu Schulden kommen ließ. Dennoch können wir Ihnen nichts versprechen. Ich werde mit dem Staatsanwalt sprechen.“

„Danke.“
 

***
 

Jodie saß auf dem Bett in ihrer Zelle. Sie sah nicht gut aus. Dunkle Augenringe zierten ihr Gesicht. Jodie hatte schlecht geschlafen. Sehr schlecht. Die Betten waren hart und sie drehte sich andauernd von einer Seite auf die andere. In ihrem Kopf drehte sich alles um Sayaka Shibungi. Sie ging den 12. Dezember immer und immer wieder durch, stellte sich vor was passiert wäre, wenn sie anders gehandelt hätte. Jodie suchte nach einem Ausweg, kam aber immer wieder auf den Vorschlag ihres Anwaltes zurück. Das Schuldbekenntnis.

Warum sollte sie etwas zugeben, dass sie nicht verübt hatte? Sie war unschuldig. Die Beweise aber sprachen gegen sie. Wenn ihr Anwalt recht hatte, würde sie so oder so ins Gefängnis kommen. Entweder für über zehn Jahre oder für eine kürzere Anzahl. Es machte es aber nicht besser. Jodie wollte keinen Tag länger in der Isolation sein. Sie wollte frei sein, nach Hause gehen und sich keine Sorgen machen.

Sie sah sich um. Der kleine Raum war nicht optimal. Vier kahle Wände, ein Bett, eine Toilette und einen Tisch. Tagsüber starrte Jodie eine Wand an und wartete auf das Essen oder auf das Abstellen des Lichtes. Sie hörte wie der Schlüssel in der Tür umgedreht und diese geöffnet wurde.

„Kommen Sie bitte mit.“

Jodie nickte und stand auf. Sie folgte dem Polizisten bis zur Schleuse. Er schickte sie durch. Irritiert sah sich Jodie um.

„Frau Starling.“ Jodies Anwalt trat zu ihr heran. „Kommen Sie.“ Er schob sie nach vorne zum Pult. „Wir möchten bitte die Sachen meiner Mandantin holen.“

Der Polizist nickte, tippte etwas in seinen Computer ein und ging dann nach hinten.

„Was wird das?“, wollte Jodie wissen.

Tanaka lächelte. „Sie dürfen nach Hause.“

„Wirklich?“

„Natürlich. Darüber scherze ich nicht“, sprach er.

Der Polizist kam wieder und reichte Jodie eine durchsichtige Tüte. „Danke“, wisperte diese.

Tanaka schob Jodie zum Ausgang. „Sie sind zwar immer noch verdächtig, dürfen aber nach Hause gehen. Ihr Pass wird von der Polizei behalten damit Sie das Land nicht verlassen. Außerdem müssen Sie sich jeden Tag persönlich bei Inspektor Megure oder Inspektor Takagi melden.“

Jodie nickte. „Was ist passiert?“

„Es sind neue Erkenntnisse aufgetaucht.“ Tanaka räusperte sich. „Es gibt ein Video welches zeigt, wie Sie das Unternehmen kurz nach 12 Uhr verlassen. Außerdem gibt es die Buchungsbestätigung des Fluges. Und da Sie unmöglich während einer Vernehmung einen Flug gebucht haben können und die IP-Adresse nicht nachverfolgbar ist, wird die Untersuchungshaft aufgrund von nicht eindeutigen Beweisen aufgehoben. Wir müssen trotzdem alles dafür tun, dass wir Frau Shibungi finden und Ihre Unschuld beweisen“, erklärte er.

„Ich verstehe“, murmelte Jodie. „Gut, dass ich mich nicht für schuldig bekannt habe.“

„Selbst wenn Sie es getan hätten, hätten wir das Schuldeingeständnis erst kurz vor dem Prozess an den Richter weiter geleitet“, sagte er.

„Wie geht es jetzt weiter?“

„Ihre Kollegen suchen nach weiteren Beweisen. Und ich möchte Sie bitten, dass Se sich erstmal zurück halten. Ich weiß, es ist schwer und ich weiß, Sie wollen selber tätig werden, aber ich bitte Sie: Halten Sie die Füße still. Nichts darf danach aussehen, dass Sie den Fall beeinflussen wollen. Wir wollen schließlich nicht, dass Sie wegen Verdunkelungsgefahr wieder in Haft kommen.“

Sie seufzte. „Und was soll ich dann machen? Ich kann doch nicht die ganze Zeit zu Hause herum sitzen und nichts tun“, warf sie ein.

„Das müssen Sie. Oder Sie fragen Black, ob er Sie an einen anderen Auftrag setzt.“

„Das geht nicht.“ Sie hatten schließlich nur einen Auftrag.

„Wie sieht es mit der Firma aus? Ich musste damals meine Sachen schnell zusammen packen. Was wäre, wenn ich nicht alles mitgenommen hätte, was mir gehört?“

Er schüttelte den Kopf. „Vergessen Sie es. Sie gehen dort nicht hin.“ Er musterte Jodie. „Sie werden gleich abgeholt und fahren nach Hause.“

„Na gut…Einen Versuch war es Wert“, meinte sie. Sie kamen nach draußen. Jodie wusste nicht warum, aber irgendwie erwartete sie draußen einen wütenden Mob. Menschen die wollten, dass sie wieder zurück ins Gefängnis ging. Jodie atmete tief durch. „Dann wollen wir mal“, murmelte sie. Jodie kniff die Augen zusammen. Das Licht blendete sie leicht. Jodie brauchte eine Weile um sich an die Umgebung zu gewöhnen.

„Ich muss jetzt auch wieder los.“

Jodie sah zu ihrem Anwalt. „Sie wollen gehen? Ich dachte wir fahren ins Büro und besprechen mit James wie wir nun weiter vorgehen“, gab sie von sich.

„Ich kümmere mich schon darum“, entgegnete er. „Sie werden abgeholt.“ Der Anwalt wies auf Shuichi.

Er stand angelehnt an seinen Wagen und rauchte eine Zigarette. Sein Blick blieb auf dem Gebäude haften. Erst als Jodie heraus kam, fixierte er sie.

„Shu“, murmelte Jodie leise.

„Steig ein“, sprach er und öffnete die Beifahrertür. Er sah zum Anwalt. „Und Sie kümmern sich um den Rest.“

Tanaka nickte.

Akai sah wieder zu Jodie. Jodie stieg langsam ein. Er ging um den Wagen herum, öffnete die Tür und setzte sich. „Wie geht’s dir?“

„Jetzt wo ich draußen bin, schon besser“, antwortete Jodie. Sie sah auf die Straße. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das alles vermissen würde.“

„Wir sorgen schon dafür, dass du das Gefängnis nicht mehr von innen sehen wirst“, gab Shu von sich.

„Der Anwalt hat mir von dem zweiten Video erzählt. Und von der Buchungsbestätigung. Wie seid ihr daran gekommen?“

„Es wurde in einem Umschlag in meinen Scheibenwischer gelegt.“

Jodie sah ihn überrascht an.

„Wir wissen nicht, wer es war. Es stand kein Absender drauf, aber es ist klar, dass es sich da nur um die Organisation handeln kann. Ich vermute, dass Bourbon dahinter steckt“, sagte er.

„Was ist mit Kir?“

„Unwahrscheinlich“, antwortete Shuichi. „Sie wird immer noch von der Organisation beobachtet und darf sich keinen Fehler erlauben. Ob Bourbon es wirklich war, werde ich ein anderes Mal herausfinden.“

„Danke“, murmelte Jodie leise. Sie sah aus dem Fenster. „Die Organisation arbeitet gründlich. Wir werden kaum etwas finden, außer sie wollen es.“

Akai nickte. „Ich weiß. Aber auch sie machen irgendwann Fehler.“ Er parkte seinen Wagen. „Und ich bin mir sicher, dass Sayaka Shibungi irgendwann wieder auftauchen muss.“

„Bist du wirklich sicher? Wenn die Organisation ihre Finger im Spiel hat, wird das sicher nicht so schnell passieren.“

Akai schüttelte den Kopf. „Mittlerweile glaube ich nicht mehr daran, dass sie ihre Finger im Spiel haben. Sie nutzen das Verschwinden aus. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Entschluss, dass Sayaka uns alles nur vorspielte. Sie wollte verschwinden und du bist nur zufällig in die Schusslinie geraten. Da sie ihren Mann liebt und er zu Hause alleine ist und um sie trauert, verzweifelt ist, wird sie ihn früher oder später aufsuchen.“ Shuichi stieg aus und brachte Jodie in ihre Wohnung. Er schloss mit seinem Ersatzschlüssel auf, da Jodie den Schlüssel in der Tüte der Haftanstalt noch suchte. Shuichi ließ sie rein und folgte ihr. Er ging direkt ins Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa. Jodie tat es ihm gleich und stöhnte leise auf, als sie die weiche Unterlage spürte. Es tat so gut wieder zu Hause zu sein. Sofort fühlte sie sich geborgen. Neue Energie durchströmte sie.

„Tut mir leid…du weißt ja nicht wie unbequem die Betten in der Untersuchungshaft sind.“

„Leg dich ruhig hin.“

Jodie schüttelte den Kopf. „Nein, dafür hab ich später Zeit. Lass uns über die Shibungis reden. Du sagtest, sie hat ihn einfach so zu Hause gelassen.“

„Genau“, nickte er. „Wenn sie ihn so sehr liebt, wie ich vermute, wird sie demnächst bestimmt am Haus auftauchen. In der Zeitung wurde von deiner Verhaftung geschrieben.“

Jodie schluckte. „Sie haben…“

„Leider ja. Aber James arbeitet bereits daran“, gab er von sich. „Camel beobachtet in der Zwischenzeit das Haus der Shibungis. Sobald jemand auftaucht der nicht dorthin gehört, meldet er sich.“

„Okay“, murmelte Jodie. „Warum beobachtet ihr nicht die Firma?“

„Tun wir auch. Ich denke nicht, dass sie dorthin gehen wird.“

„Warum?“, wollte Jodie wissen.

„Sota Shibungi hat am Freitag Insolvenz angemeldet.“

Jodie riss die Augen auf. „Er hat was?“

„Die Firma ist insolvent. Wir haben unsere Recherchen auf die Konten ausgeweitet und dabei festgestellt, dass kaum noch Geld vorhanden ist. Shibungi hat es bemerkt und sofort gehandelt. Wenn sich die Presse darauf stürzt, kann es natürlich so aussehen, als wäre das Verschwinden seiner Frau damit gekoppelt. Deswegen hat er das Ruder selbst in die Hand genommen.“

„Aber das heißt ja, dass die Organisation das ganze Geld hat.“

„Nicht unbedingt“, meinte Shu ruhig. „Es kann natürlich auch sein, dass Sayaka das ganze Geld abgeräumt hat. Egal was es ist, die Organisation wird sich sehr bald einschalten.“

„Meinst du wirklich? Ohne, dass er es weiß?“, wollte Jodie dann wissen. „Würde er sie dann noch lieben?“

„Die Liebe geht ihre eigenen Wege“, antwortete Akai ruhig. „Wenn sie es ihm erklären kann und er ihr zuhört, kann er ihr verzeihen.“

„Und wie geht es weiter in diesem Thema?“

„Wie gesagt“, fing Akai an. „James kümmert sich weiter um die Presse. Camel beobachtet das Haus der Shibungis. Wir haben noch zwei Agenten die die Firma im Auge behalten. Die Nachtschicht am Haus werde ich übernehmen.“

„Habt ihr auch darüber gesprochen, was ich machen kann?“, wollte Jodie wissen.

„Du solltest dich vor allem erst mal ausruhen. Du siehst furchtbar aus.“

Jodie sah ihn an. Wenigstens log er nicht. „Ehrlich wie eh und je.“

„Was bringt mir Lügen?“

Jodie lächelte leicht. „Ich bin froh, dass es Sachen gibt, die sich nicht ändern“, meinte sie ruhig. „Ich bin nur ein wenig müde, mehr aber auch nicht.“

„Du hättest dir keinen Kopf machen sollen. So oder so hätten wir hätten dich da raus geholt. Eine Möglichkeit hätten wir immer gefunden.“

„Trotzdem“, sagte sie. „Natürlich wusste ich, dass ihr mich nicht im Stich lasst und weiter an dem Fall arbeitet, aber…es ist so…anders wenn man in Haft ist. Du stehst morgens auf, bekommst dann das Frühstück in deinen Raum gebracht und sitzt bis zum Mittagessen drinnen rum. Und dann geht es mit Mittagessen und Abendessen weiter. Die Zellen sind klinisch. Schreibtisch und Bett. Mehr nicht. Ich kann entweder die ganze Zeit im Bett liegen und nichts tun oder im Raum hin und her laufen. Natürlich bekam ich auch Ausgang, aber ich wollte mich dort nicht zeigen“, meinte Jodie. „Ich hab hier zwar noch nicht in vielen Fällen ermittelt, aber man kann nie wissen wer mich erkennt. Zum anderen wollte ich auch nicht, dass ich später jemanden noch treffe. Man würde mich dann immer mit dem Gefängnis in Verbindungen bringen. Treffe ich dann bei einem Fall auf sie, würden sie immer mit meiner eigenen Vergangenheit argumentieren. Und wer weiß, ob die Organisation nicht einen Insassen eingeschleust hat.“

„Und in einem noch schlimmeren Fall, hätten sie dich übel zugerichtet.“

„Daran wollte ich nicht denken“, murmelte Jodie. „Ich hätte mich gewehrt…und damit vielleicht noch einiges schlimmer gemacht.“

„Das wäre möglich.“ Shu sah sie aufmunternd an. „Du kannst stolz auf dich sein, weil du den Provokationen der Organisation standhalten konntest.“

„So gut fühlt sich das aber nicht an“, warf sie ein. „Wann musst du los?“

„Ich übernehme ab 20 Uhr.“

Jodie sah auf die Uhr. „Dann koch ich uns was. Du bist sicher am Verhungern und ich möchte nichts Gegenteiliges hören.“

„Na gut“, sagte Akai ruhig. „Tu dir keinen Zwang an.“

Jodie war eher eine mittelmäßige Köchin. Immer wenn sie zusammen aßen, gab es Fertiggereichte aus der Mikrowelle oder dem Herd. Gelegentlich war auch ein Besuch im Restaurant möglich. Mit einem Hauch von Unbehagen folgte Shuichi ihr in die Küche. Er wirkte überrascht, als Jodie das Kochbuch aus ihrem Schrank holte. Sie pustete den Staub ab und schlug es auf. Dann ging sie zu ihrem Kühlschrank und sah sich an, was sie noch an Zutaten da hatte. Aus dem Augenwinkel sah sie zu Shu. „Ich hoffe, du hast nichts gegen ein leckeres Gemüsecurry.“

„Mach nur“, antwortete er.

Jodie ging wieder zum Buch, las sich durch was sie brauchte und begann schließlich. Sie atmete tief durch als sie das Küchenmesser ansetzte. Akai konnte an ihrem Gesichtsausdruck sehen, dass sie das erste Mal so richtig kochte. Jodie setzte an und schnitt das Gemüse klein. Es waren ungleichmäßige Teile, aber sie schaffte es.

„Au“, murmelte sie leise und sah auf den Tropfen Blut, der aus ihrem Finger quoll. Sie legte das Messer auf das Brett, ging zum Wasserhahn und hielt ihren Finger unter das laufende Wasser.

Shuichi schmunzelte. „Du kannst mit jeder Waffe umgehen wenn du dich verteidigen musst, aber ein Messer beim Kochen und schon brauchen wir einen Sanitäter.“ Shuichi drehte den Wasserhahn zu, nahm Jodies Hand und drückte mit einem Küchentuch auf die Wunde. „Wenigstens hast du dir den Finger nicht abgeschnitten.“

Jodie fühlte sich wie ein kleines Kind. Aber wie sollte sie auch kochen lernen, wenn sie keine Mutter besaß, die es ihr beibrachte? Die Agentin schwieg und konzentrierte sich auf ihren Finger. Shu war ihr nah. Viel zu nah. „Bin halt keine Köchin“, murmelte sie leise. Sie wollte sich an ihn schmiegen. Einfach nur seien Nähe spüren und dann schlafen.
 

***
 

Shuichi zog sich die Jacke an und beobachtete Jodie. „Was wird das?“, wollte er wissen.

„Du wirst Camel gleich ablösen. Und ich komme mit.“

„Jodie“, mahnte er sie.

„Ich weiß. Aber ich kann nicht hier rumsitzen und nichts tun“, entgegnete die Agentin ruhig. „Und deswegen nimmst du mich mit. Ich werde dich auch nicht ablenken“, sagte sie.

Shu schien nicht überzeugt.

„Ich verspreche es. Ich sitze nur daneben und beobachte. Bitte, Shu.“

„Komm“, sagte er dann und ging zu seinem Wagen.

Nach einer halben Stunde kam er an. „Camel sitzt drüben in seinem Wagen.“

Jodie nickte. Camel stieg aus seinem Wagen und ging auf die beiden zu.

„Warte hier“, sprach Akai und stieg ebenfalls aus. Er sah zu Camel. „Und? Irgendwas Neues?“

„Nein“, antwortete der Gefragte. „Es kam niemand. Mich hätte es auch gewundert, wenn Sayaka Shibungi am Tag hier auftaucht.“

„Mich auch. Aber kann nie wissen“, entgegnete Akai.

Camel sah an ihm vorbei. „Ist das Jodie?“

„Sie wollte unbedingt mit.“

Camel ging zu dem Wagen und stieg hinten ein. Shuichi beobachtete ihn und setzte sich dann wieder auf die Fahrerseite.

„Ich bleibe auch.“

„Camel“, begann Akai.

„Wenn irgendwas passiert und Jodie alleine im Wagen sitzt, könnte die Organisation versuchen ihr wieder etwas anzuhängen. Mit mir hat sie ein Alibi.“

„Also gut.“ Shuichi sah wieder nach vorne und beobachtete das Haus.



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