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Touching Tomorrow

von

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16.12.

Jodie saß auf dem Sofa. Sie zog ihre Füße zu sich heran und betrachtete den Artikel in der Zeitung. Sie seufzte. Obwohl wieder kein Name genannt wurde, ließ die Zeitung kein gutes Haar an ihr. Die Menschen hassten sie. Wenn es so weiter ging, würde die Polizei tätig werden. Sie würden den Fall mit einem ganz anderen Blickwinkel betrachten, sie würden versuchen ihr Angst zu machen, würden versuchen ein Geständnis aus ihr heraus zu locken und vielleicht würden sie irgendwann damit Erfolg haben. Es war nun eben so, dass sie im Fokus der Ermittlungen stand. Es gab keinen Feind, keinen Liebhaber – niemanden der Sayaka Shibungi etwas Böses tun wollte.

Mittlerweile war auch der Zeitung bekannt, dass sie unbedingt die Arbeitsstelle wollte. Leider stellten sie es sehr unrealistisch dar. Angeblich hatte sie gebettelt und gefleht. In einem anderen Artikel hatte sie geweint und in einem dritten mit dem Geschäftsführer geflirtet. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie sie als Stalker abgestempelt wurde.

Jodie rechnete jeden Moment mit dem Besuch der Polizei. Fast hätte sie die Polizei selber angerufen. Takagi versprach zwar, dass er sich melden würde, tat es bisher aber nicht. Und sie konnte doch nicht allein zu Hause herum sitzen und untätig sein. Selbst James bestand darauf, dass Jodie nichts machte. Sie sollte keinem Polizisten in die Arme laufen, der sie für schuldig hielt und jede Handlung ihrerseits als Vertuschungsversuch ansah. Jodie fühlte sich so hilflos. Sie wollte schreien.

Langsam stand sie auf und ging an das Fenster. Sie sah nach draußen. Die Stadt sah so friedlich aus. Keiner bemerkte das, was die Organisation Tag für Tag anstellte. Keiner.

Sie betrachtete ihr Spiegelbild und seufzte. Die angebliche Täterschaft setzte ihr zu. Sie aß unregelmäßig, verspürte kaum Hunger und wenn Jodie ehrlich war, wollte sie einfach nur noch schlafen. Schlafen und aus dem Albtraum erwachen. Immer wenn sie sich fragte ob es noch schlimmer werden konnte, rief sie sich in Erinnerung, dass die Organisation dafür sorgen würde. Als es an der Tür klingelte, zuckte sie erschrocken zusammen. Nur langsam begab sie sich zu ihrer Haustür. Sie nahm das Telefon der Freisprechanlage in die Hand. Ihre Stimme zitterte. „Hallo?“, sagte sie leise.

„Hier ist Camel, lässt du mich rein?“

Jodies Herz setzte für einen Moment aus. Dann schlug es wieder normal. Camel. Er war hier. Er war gekommen. Extra wegen ihr. „Ja…“ sie betätigte den Summer und wartete dann. Als Camel vor ihrer Haustür stand und erneut klingelte, spähte sie zuerst durch das Guckloch ehe sie die Tür öffnete. „Camel…“

„Hey. Ich hab gehört, du bist in Schwierigkeiten.“

Jodie lächelte leicht. Sie schnellte nach vorne und umarmte ihn. „Ich bin so froh, dass du da bist“, murmelte sie leise.

„Autsch…“

Jodie ließ von ihm ab. „Oh verdammt…tut mir leid, ich hab nicht mehr an die Schulter gedacht.“

„Schon gut. So sehr tut es nicht weh.“

„Na komm rein“, sagte sie. „Möchtest du einen Kaffee?“

„Ja, gern“, nickte er. Er trat ein und ging ins Wohnzimmer, während Jodie in die Küche trat. Camel setzte sich und wartete.

Fünfzehn Minuten später kam Jodie mit einem Tablett, auf dem zwei Tassen Kaffe, Milch, Zucker und Kekse standen. Sie stellte es auf den Tisch und setzte sich ebenfalls. „Du hast dich hoffentlich nicht selbst entlassen.“

„Nein, hab ich nicht“, sprach er. „Der Arzt fand, dass alles in Ordnung war. Meine Werte sind gut und es spricht nichts dagegen, dass ich weiterhin im Krankenhaus bleiben muss.“

„Das ist schön. Ich bin froh, dass es dir wieder besser geht. Wobei du wahrscheinlich eine ganze Weile nicht arbeiten kannst…“

„Das ist nicht so schlimm“, antwortete der Agent. „Es stehen noch ein paar Stunden Physiotherapie an und dann ist alles wie vorher.“

„Und Schmerzmittel?“

„Muss ich keine mehr nehmen. Zum Glück.“

Sie nickte. „Warum hast du eigentlich nicht gesagt, dass du aus dem Krankenhaus entlassen wirst? Ich hätte dich abgeholt.“

„Du hattest genug um die Ohren“, sprach er ruhig. „Außerdem hat mich Black abgeholt.“

„Oh…“

„Ich hab von den neuesten Ereignissen gehört. Black hat mir anschließend den Rest erzählt“, sagte er.

Jodie seufzte. „Die Presse hat ein paar Artikel veröffentlicht. Täglich kommen immer mehr rein. Die im richtigen Zeitungsformat machen mir noch nicht so viel Sorgen. Aber wenn man sich die im Internet ansieht…“ Sie blickte auf den Boden. „…ich habe mir einen Alert für die Internetnachrichten eingerichtet. Wenn ich abends alle Artikel gelesen habe und am nächsten Tag aufstehe, gibt es schon mindestens fünf neue Einträge. Sie kennen zwar meinen Namen nicht, zerreißen mich aber in der Luft.“

Camel nickte. „Ein paar Artikel habe ich auch gelesen. Sie lassen Sayaka Shibungi wie eine Heilige dastehen und fordern zur Suche nach dem Täter auf.“

„Ja, ich weiß. Ich frage mich auch, wann sie meinen Namen erwähnen werden. Wenn es soweit ist, kann ich meine Arbeit hier wohl vergessen. Und wer weiß, ob sich das nicht auch noch bis in die Staaten herum spricht. Wobei…wahrscheinlich weiß es dort eh schon jeder.“

„Ach Jodie“, murmelte Camel leise. „Ich habe mit Black gesprochen. Sobald dein Name auftaucht, wird sich der Anwalt darum kümmern. Solange deine Schuld nicht bewiesen ist, haben sie keine Handhabe deinen Namen damit in Verbindung zu bringen. Außerdem hat er mit unseren Vorgesetzten in den Staaten gesprochen. Sie wissen, dass du unschuldig bist. Und das, was hier gerade passiert, wird keinen Einfluss auf deine berufliche Karriere haben.“

„Hmm…verstehe…“, kam es von ihr. „Aber es war doch meine Schuld. Warum war ich nur so dumm gewesen und bin in das Haus rein? Ich habe doch gesehen, dass die Tür offen ist. Aber ich habe nicht die Polizei informiert. Ich habe nicht einmal Shu angerufen. Ich…ich habe nur daran gedacht, dass drinnen ein Verbrechen stattfand und bin rein. Alleine. Ich bin in die Falle gelaufen…wie eine Anfängerin.“

Camel sah sie bedrückt an. „Du bist doch keine Anfängerin.“

„Aber so kommt es mir nun mal seit Wochen vor“, entgegnete sie. „Seit Wochen habe ich das Gefühl, dass sich die Organisation auf meine Kosten amüsiert. Und dann wurden wir beide noch angeschossen. Dich hat es am Schlimmsten erwischt. Ich habe nicht aufgepasst. Wir sind direkt in eine Falle gelaufen. Und jetzt, einen Monat später, laufe ich wieder in eine Falle.“

„Jodie…“

„Nein, Camel“, sprach sie energisch. „Es ist die Wahrheit. Ich war mit den Gedanken woanders und habe nicht auf die Situation geachtet. Ich habe nicht daran gedacht, dass es eine Falle sein könnte. Ich habe einfach nicht an die Organisation gedacht. Du weißt doch wie es ist, wenn man nach seinem Versagen wieder zum Dienst zurück kommt. Alle Agenten schauen dich an. Manche voller Mitleid und andere sind einfach nur enttäuscht. Dieses Mal sollte es anders werden. Ich wollte es allen zeigen und ihnen beweisen, dass ich der Aufgabe würdig bin. Aber wieder gebe ich der Organisation die Chance mich für ihre Zwecke zu benutzen.“

„Das hätte aber jedem passieren können“, warf Camel ein. „Wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre, wäre ich sofort in das Haus gestürmt und hätte versucht die Bewohner zu retten.“ Er sah sie an. „Und ich bin mir sicher, dass Akai das auch getan hätte.“

„Shu hätte vorher überlegt und dann gehandelt. Er…“, sie hielt für einen Moment inne. „…er hätte gewusst, dass es sich um eine Falle handelte und hätte Vorkehrungen getroffen. Aber trotzdem, Danke.“

„Gern. Da gibt es noch etwas. Wegen der Ermittlungen…“

Jodie nickte verständnisvoll. „Ich bin davon entbunden bis es Neuigkeiten gibt. Das weiß ich schon.“

„Oh. Ja, gut…wir wollen nicht, dass du wieder in den Fokus gerätst.“

„Und in der Zwischenzeit bist du mein Alibi.“

Er nickte und kratzte sich am Hinterkopf. „Außer du möchtest, das ich gehe.“

„Nein. Das ist nicht nötig. Wie sieht der Plan aus?“, wollte sie dann wissen.

„Wir versuchen weiterhin deine Unschuld zu beweisen und sammeln stichhaltige Indizien. Black kümmert sich außerdem darum, dass dein Name aus der Presse heraus gehalten wird. Akai sucht den Kontakt zu seinen Informanten und versucht es auf diesem Weg.“

Jodie musste schmunzeln. „Was für James seine Bekannten sind, sind für Shu seine Informanten.“

„Hmm?“

„Naja, egal was ist, James hat immer einen Bekannten in der Hinterhand. Und immer schuldet ihm dieser Bekannte einen Gefallen. Bei Shu ist es das gleiche, nur nennt er sie Informanten.“

„Ach so…ja stimmt. Ist mir noch gar nicht aufgefallen“, entgegnete Camel.

„Aber mal wieder zum Ernst der Lage. Was machen wir, wenn wieder ein Video auftaucht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Organisation jetzt aufhört. Außerdem geht Vermouth doch regelrecht in ihrer Rolle als Jodie Starling auf.“ Sie biss sich auf die Unterlippe.

„Wir werden einen Weg finden um das zu verhindern. Vermouth wird…“

„Was? Irgendwann aufhören mich zu imitieren? Das glaube ich langsam nicht mehr. Wir wissen beide, dass man sie nicht aufhalten kann. Sie tut was sie will. Und wenn sie sich als ich ausgeben will, dann wird sie es auch machen. Der einzige Weg besteht darin, dass wir sie verhaften. Aber ich nehme mittlerweile nicht mehr an, dass wir das so einfach schaffen werden.“

„Jodie.“ Camel sah sie verwirrt an. „Du darfst nicht aufgeben. Wenn du jetzt die Flinte ins Korn wirfst, dann hat sie ihr Ziel erreicht.“

„Ich gebe nicht auf. Ich weiß, dass ich sie eines Tages verhaften kann. Aber ich weiß auch, dass es nicht in den nächsten Wochen oder Monaten geschehen wird.“
 

***
 

Sota Shibungi saß in seinem Arbeitszimmer. Die Spurensicherung der Polizei hatte sein Haus wieder freigegeben. Die Küche wurde gereinigt und nichts wies auf ein Verbrechen hin. Sie hatten keine neuen Spuren oder Erkenntnisse. Sayaka war immer noch verschwunden. Das Haus kam ihm ohne sie vollkommen leer vor. Morgens konnte er sich nicht zur Arbeit aufraffen. Er wollte suchen und nicht warten. Aber in Wahrheit wusste er nicht weiter. Die ganze Zeit saß er einfach nur rum und wusste nichts mit seiner Zeit anzufangen.

Er durchforstete einige Lieblingsplätze seiner Frau, fand sie aber nicht. Sie war wie vom Erdboden verschwunden und der Täter war noch da draußen. Der Täter – Jodie Starling, sie war die Einzige, die in seinen Augen etwas mit dem Vergehen zu tun haben konnte. Sie fing neu in der Firma an, bettelte nahezu um die Stelle, wollte Sayaka im Büro sprechen und wurde anschließend in seinem Haus aufgefunden. Jodie Starling lag schon auf dem Präsentierteller und trotzdem entschied die Polizei anders. Sie taten nichts.

Das Haus wirkte vollkommen leer ohne sie. Sota beugte sich nach vorne, stützte die Hände auf seinen Armen ab und schloss die Augen. Was würde er nicht alles tun um sie noch ein einziges Mal zu sehen, um ihren Duft einzuatmen und sie wieder zu spüren. Sie war sein ein und alles. Sein Leben. Alles würde er für sie tun. Egal was es auch war.

Aber nun war sie weg. Und er fühlte sich hilflos. Warum konnte nicht einmal eine Lösegeldforderung eingehen? Warum wurde er so auf die Folter gespannt?

Sayaka war schon vor ihrem Verschwinden merkwürdig. Sie wirkte eingeschüchtert, verängstigt. Und als Jodie Starling in ihrer Firma anfing, war sie wieder komisch. Direkt nachdem Jodie eingestellt wurde, entschied sich Sayaka für einige Tage Erholung. Sie nahm Urlaub und wollte sich von den Strapazen entspannen und es sich gut gehen lassen. Damit sah er keinen Vorsatz dahinter.

Sota ärgerte sich. Er war auf Jodie herein gefallen. Sie gab sich als jemand aus, der in Japan beruflich neu Fuß fallen wollte. Und er war gewillt gewesen ihr diese Chance zu geben. Nun kannte er ihre wahre Intention. Sie hatte es nur wegen Sayaka auf die Stelle abgesehen. Aber welche Verbindung bestand zwischen den beiden Frauen?

Sota zog die Schublade an seinem Schreibtisch auf. Er betrachtete seine Waffe. Jetzt war die Zeit gekommen. Er brauchte Schutz. Für sich und für die Zeit, wenn Sayaka wieder zurück kam. Da die Polizei nichts tat, musste er handeln.

Polizei, dachte er verächtlich. Sie würden Sayaka nicht einmal finden, wenn sie im Nebenraum saß. Was taten sie schon? Sie warteten und hofften, dass seine Frau wieder von alleine auftauchte. Als müsste jemand mit den Fingern schnipsen. Natürlich hatte er auch mitbekommen, dass Jodie zur weiteren Vernehmung aufs Revier musste. Am Ende aber stolzierte sie wieder raus. Sie war immer noch frei. Frei und schlau. Aber irgendwann musste sie einen Fehler machen. Sollte sie sich in Sicherheit wähnen, dann aber würde er zuschlagen und heraus finden, was mit seiner Frau passiert war.

Sota seufzte. Auch seine Rachepläne brachten Sayaka nicht wieder. Er tippte auf der Tastatur vor seinem Computer und rief den letzten Artikel über seine Familie auf. Die Presse machte Druck. Sie taten alles was sie konnten. Aber es reichte nicht. Die Polizei musste endlich aufwachen.

Es klingelte an der Tür. Sota schloss die Schublade mit seiner Waffe und ging nach unten. Er öffnete die Tür. Der Besucher war weg. Er blickte sich um. Rechts. Dann links. Er seufzte.

Klingelstreiche. Na wartet ihr Kinder, dachte er wütend. Als ob er nichts Besseres zu tun hatte. Gerade als er die Tür schließen wollte, fiel sein Blick auf die Fußmatte. Langsam beugte er sich nach unten und hob den Din A5 Umschlag auf.

Lösegeldforderung, sagte er sich. Er schnellte nach vorne, machte zwei Schritte nach draußen und sah sich erneut um. Er sah keinen. Sota verengte die Augen, ging wieder rein und schloss die Tür. Er musste Ruhe bewahren. Wenn sie Lösegeld wollte, hieß es, dass seine Frau am Leben war. Sota lief schnell die Treppen nach oben und setzte sich wieder auf den Stuhl in seinem Arbeitszimmer. Er öffnete den Umschlag. Eine DVD fiel heraus. Sota sah sich den Umschlag ganz genau an, untersuchte ihn auf jede Kleinigkeit die merkwürdig sein konnte, fand aber keinen Hinweis. Er wusste, dass er eigentlich die Polizei kontaktieren sollte. Aber da diese eh nichts tun würde, konnte er sich das Geschenk alleine ansehen.

Sota öffnete das DVD-Laufwerk an seinem Computer und legte die DVD ein. Gespannt sah er auf den zunächst schwarzen Bildschirm. Dann begann der Film, die erste Szene setzte an.

Er erkannte den Ort. Es war seine Firma. Ihr Eingangsbereich. Er musste schlucken. Schweiß lief über seine Stirn.

Mehrere Sekunden passierte nichts. Die Kamera war so ausgerichtet, dass sie nur einen kleinen Ausschnitt von dem bot, was sich im Eingangsbereich abspielte. Aiko Kawasaki war nicht mehr drauf. Man sah nur den Anfang ihres Empfangtisches. Sota runzelte die Stirn. Aus dem Augenwinkel sah er zur Uhrzeit.

8:55:59 – 12.12.2016

Jodie betrat die Firma. Er spürte die Anspannung die in der Luft lag. Aber es passierte nichts. Sota spulte nach vorne. Immer wieder kamen Mitarbeiter in die Firma. Es war nichts Verdächtiges. Er spulte soweit bis er Jodie wieder sah. Dann stoppte er das Band und sah auf die Uhrzeit.

11:16:42 – 12.12.2016

Das war der Beweis. Jodie gab an kurz vor der Mittagspause das Büro verlassen zu haben. Und er wusste, dass ihre Abteilung nicht so früh mit dem Essen anfing. Seine Mitarbeiterin und Jodies Kollegin im Büro konnte keine Zeit bestätigen. Sie war sich unsicher und gab an, dass Jodie mehrfach nach draußen gegangen war. Auch Aiko konnte keine Angabe zu der Zeit machen. Aber hier hatte er nun alles schwarz auf weiß stehen.

Geduldig wartete er weiter ab. Jodie kam nicht mehr zurück. Die Zeitangabe lief weiter. Wieder spulte er nach vorne. Sie kam nicht mehr wieder.

Das ist es.

Es war sein Durchbruch. Diesen Beweis konnte die Polizei nicht mehr entkräften. Jodie fuhr viel eher zu seinem Haus. Sie hatte genug Zeit um Sayaka zu überraschen, mit ihr zu kämpfen, seine Frau verschwinden zu lassen und sich wieder umzuziehen.

Plötzlich gab es ein Rauschen im Bild. Sota sah erschrocken zu diesem. Die Szene sprang. Diesmal filmte die Kamera aus der Tiefgarage. Sota sah auf die Uhr.

8:25:32 – 12.12.2016

Sayaka parkte ihren Wagen. Sie öffnete die Tür und stieg aus. Gerade als Sayaka die Tür schloss, stand Jodie hinter ihr. Mehrere Minuten konnte Sota sehen, wie sich ihre Münder bewegten. Ihre Mimiken waren hart und angespannt. Sie diskutierten – stritten. Das war der Moment an dem Sota seine Sicherheitsvorkehrungen verfluchte. Um die Privatsphäre seiner Mitarbeiter zu schützen, wurden sämtliche Videos ohne Ton aufgenommen. Nur zu gern hätte er gewusst über was die beiden Frauen sprachen.

Eines aber war sicher: Sayaka hatte Angst. Panik. Jodie entfernte sich während Sayaka langsam zu Boden sank. Sie kniete wie ein Häufchen Elend am Boden, zog dann zitternd ihr Handy aus der Handtasche und telefonierte einen Moment. Ihr Gesicht war tränengeflutet. Als sie auflegte und das Handy wieder wegsteckte, hievte sie sich irgendwie hoch, öffnete die Wagentür und fuhr davon.
 

***
 

Aufgeregt kam Sota Shibungi bei der Polizei an. Obwohl er eigentlich warten sollte, stürmte er direkt nach oben und platzte in das Büro von Inspektor Megure.

„Ich muss mit Ihnen reden.“

Takagi kam wenige Sekunden später in das Büro. „Inspektor Megure…tut mir leid, ich konnte ihn nicht aufhalten.“

„Schon gut. Worum geht es?“ Megure sah zu Shibungi.

„Ich habe hier den Beweis.“ Sota legte den Umschlag mit der DVD auf den Tisch.

„Den Beweis wofür?“, wollte der Inspektor wissen.

„Das Jodie Starling am Verschwinden meiner Frau schul ist.“

Megure sah ihn überrascht an. Er öffnete den Umschlag und zog die DVD heraus. „Woher haben Sie diese?“

„Ich habe mir zu Hause das Überwachungsmaterial angesehen.“

„Sie lassen Ihre Wohnung überwachen?“

„Nein“, antwortete Sota. „Die Firma. Wir haben zwei Kameras. Eine steht auf den Eingangsbereich gerichtet und die andere befindet sich in der Tiefgarage“, fügte er an.

Megure wurde hellhörig.

„Es ist nicht wie Sie denken, Inspektor. Die Kameras nehmen ohne Ton auf. Und die Mitarbeiter wurden darüber informiert.“

„Verstehe.“ Megure sah auf die DVD. Er klickte auf seinem Computer rum und konnte anschließend die DVD einlegen. Schweigend sah sich Megure das Szenario an.

„Jodie Starling verließ um kurz nach 11 Uhr meine Firma. Sie kann innerhalb von zehn Minuten bei meinem Haus gewesen sein. Ihre Kollegen trafen mehr als 90 Minuten später ein. Wenn sie alles geplant hat, hatte sie genug Zeit um Sayaka weg zu bringen und sich dann umzuziehen. Und sie hat kein Alibi für die Zeit dazwischen.“

Megure sah zu Sota. „Es gibt allerdings keinen Beweis, dass sie Ihrer Frau wirklich etwas angetan hat.“

Sota verengte die Augen. Er ballte die Faust. „Was brauchen Sie denn noch?“, zischte er wütend. „Ich präsentiere Ihnen hier die Beweise und Sie halten sie immer noch für Unschuldig? Was für inkompetente Polizisten sind Sie eigentlich?“

„Herr Shibungi“, mahnte der Inspektor. „Ich verstehe, dass Sie aufgebracht sind. Aber wilde Verdächtigungen bringen uns nicht weiter.“

„Dann schauen Sie sich dieses Video noch einmal an. Sie hat kein Alibi und war am Tatort.“

„Wir gehen allen Hinweisen nach“, antwortete Megure ruhig.

„Verdammt noch mal! Verhaften Sie sie endlich. Sie war es. Daran bleibt kein Zweifel. Das ist der Grund warum sie sich überhaupt bei meiner Firma beworben hat. Es war von Anfang an geplant.“

„Herr Shibungi, bitte, wir tun alles was wir können um Ihre Frau zu finden.“

Sota knurrte. „Und was haben Sie jetzt vor?“

„Wir ermitteln weiter.“

„Na großartig“, sagte er. „Sehen Sie sich die Presse an“, fing er an. „Die tun wenigstens etwas. Vielleicht sollte ich mich auch an die Presse wenden.“

Megure sah ihn an. „Wollen Sie mich erpressen?“

„Nein, das will ich nicht. Ich will, dass Sie endlich Ihre Arbeit tun. Ich habe Ihnen die Beweise geliefert. Was brauchen Sie noch?“

„Herr Shibungi, ich versichere Ihnen, dass wir unsere Arbeit machen. Wir sitzen rund um die Uhr an dem Fall und versuchen das Verschwinden Ihrer Frau aufzuklären.“

Es reichte ihm nicht. „Wie Sie wollen“, fauchte er und verließ wütend das Büro.

Megure sah ihm kopfschüttelend nach. Dann blickte er zu Takagi. „Wie sehen Sie das, Takagi?“, wollte er wissen.

„Die Beweise haben sich verhärtet. Wir haben gesehen, dass sich die beiden Frauen scheinbar gestritten haben. Sayaka Shibungi wirkte sehr ängstlich. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Frau Starling dazu fähig ist.“

„Das geht mir genau so.“ Megure seufzte. „Aber wir müssen einsehen, dass Herr Shibungi recht hat. Wir können die Beweise nicht ignorieren.“

„Und das bedeutet?“

Megure sah auf die Uhr. „Ich besorge den Haftbefehl. Bringen Sie sie morgen früh hier her. Sie kommt in Untersuchungshaft.“



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