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Touching Tomorrow

von

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01.12.

Ich kann das nicht. Ich kann das nicht mehr! Ich muss es beenden.

Mit der Hand fuhr sie an ihre Wange. Sie konnte nichts gegen die Tränen tun, die sich nun ihren Weg in die Freiheit bahnten. Wie sollte sie ihre Traurigkeit nur zu Hause erklären ohne die Wahrheit zu erwähnen? Keiner durfte es sehen. Das Meer aus Tränen.

Ihre Hände zitterten obwohl sie im warmen Bus saß. Instinktiv rieb sie ihre Handflächen aneinander und blickte aus dem Fenster. Draußen wehte der Wind, Bäume rüttelten an den Scheiben und ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie kam ihrem Ziel näher.

Ich kann das nicht.

Ein Schauder lief über ihren Rücken. Mit einem Mal wurde es wieder real.

Nächste Haltestelle: Tokyo – Yanaka-Friedhof.

Sie atmete tief durch und kämpfte einige Sekunden gegen die Panik an. Sie sog die Luft scharf ein. Ihr Herz raste noch immer.

Der Bus rollte auf die Haltestelle zu. Langsam tastete sie nach dem Blumenstraß und den Räucherstäbchen. Nur mit Mühe schaffte sie es auf die Beine. Fast apathisch stieg sie aus dem Bus aus. Sie durchquerte das große Eingangstor und ging direkt zum Grabstein. Langsam legte sie Blumen nieder und entzündete die Räucherstäbchen.

Es tut mir so leid.

Sie ließ sich auf die Knie fallen und starrte den Grabstein an.

01.12.2012

Zum vierten Mal jährte sich der Todestag. Obwohl die Zeit verging, blieb der Schmerz. Sie legte ihre Hand auf den Grabstein, fast zärtlich strich sie drüber. „Ich vermisse dich so sehr.“

Plötzlich packte sie die nackte Angst. Zielstrebig sah sie sich um. Sie spürte sie. Die Dunkelheit umgab sie und es gab kein Entkommen. Eine falsche Entscheidung und ihr Leben war vorbei. Sie war eine Marionette und ihr blieb nichts anderes übrig als die Befehle der Organisation durchzuführen. Nur der Tod läutete das Ende ein.

Sie spürte die Spannung in der Luft und verkrampfte. Sie atmete tief durch und verließ den Friedhof mit schnellen Schritten. An der Bushaltestelle zog sie ihr Handy aus der Tasche und sah auf das Display. Als das Handy auf einmal anfing zu klingeln, erschrak sie.

Nummer unbekannt.

Sie schluckte und ihre Hand wollte nicht aufhören zu zittern. Sie vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war und nahm den Anruf entgegen. „Hallo“, sprach sie zaghaft in den Hörer.

„Wo bist du?“

Noch einmal sah sie sich um. „Ich bin auf dem Weg zur Arbeit“, entgegnete sie ruhig. „Es dauert…“

„Beeil dich“, raunte Wodka in den Hörer. „Wir haben einen Auftrag für dich.“

„J….ja….“

Bitte verzeih mir.
 

Verärgert sah der FBI Agent aus dem Fenster. „Das darf doch nicht wahr sein.“

„Lass gut sein, Benett.“ Die Agentin startete den Motor und fuhr aus der Parklücke.

„Wie kannst du so ruhig bleiben, Fay?“

„Es bringt nichts über verkleckerte Milch zu streiten“, antwortete sie.

Der Agent seufzte. „Ich bin mir so sicher, dass sie mit einem von ihnen telefoniert hat“, sprach er und holte das Handy heraus. „Aber aus dieser Entfernung hört man ja so gut wie nichts. Und egal was wir tun, wir können sie nicht mit der Organisation in Verbindung bringen.“

Mit einem Lächeln sah sie ihn an. „Gibst du etwa auf?“, fragte sie. „Wir haben doch schon viel heraus gefunden. Und so wie sie eben reagiert hat, können wir zumindest sehen, dass sie sehr große Angst hat. Hast du gesehen, wie bleich sie geworden ist als der Anruf kam? Das kann unmöglich ihr Mann gewesen sein.“

Benett nickte. „Und einen Liebhaber können wir auch ausschließen. Aber uns fehlen trotzdem die Beweise.“

„Dann ist es eben so. Ich gebe nicht auf. Wenn es sein muss, beschatte ich sie die nächsten Wochen weiter. Wie viel Zeit haben wir noch?“

Der Agent sah auf die Uhr. „1 Stunde und 8 Minuten.“

„Na gut, fahren wir ins Büro und bereiten alles vor. Wenn wir es gut machen, dürfen wir vielleicht weiter an dem Fall arbeiten.“
 

***
 

James stellte seine Tasche auf den Tisch und lehnte sich nach hinten. Sogleich blickte er auf seine Armbanduhr.

15:30 Uhr.

Die Zeit schritt schnell voran. Viel zu schnell. In seinen Erinnerungen kam es ihm noch nicht so lange vor. Über 20 Jahre war das FBI dem Feind auf den Fersen. Und wie sah das Ergebnis aus?

Frustrierend. Niederschmetternd. Ernüchtern.

Der FBI Agent seufzte.

Früher war alles besser.

Wie oft hatte er diesen Satz gehört und es nie für möglich gehalten, ihn selbst zu denken? Aber stimmte es auch?

Damals hatte das FBI nicht so viele Möglichkeiten und war der Organisation noch nicht so lange auf der Spur. James erinnerte sich noch ganz genau wie er in das Büro seines Vorgesetzten zitiert wurde und dort auf seinen besten Freund und neuen Partner traf. Sie wuchsen zusammen auf, teilten den Freundeskreis und blieben auch während der Studienzeit miteinander in Kontakt. Im Ausbildungsgelände des FBIs sahen sie sich wieder. Sie trainierten zusammen und wurden zur gleichen Außenstelle versetzt. Über ein Jahr gingen sie beruflich getrennte Wege, verfolgten aber insgeheim das gleiche Ziel. Beide sollten gegen die Organisation ermitteln und Beweise sammeln. Es war eine einfache Beschattungsaufgabe. Etwas, dass sie in der Vergangenheit nur zu Genüge getan hatten. Aber die Welle die ausgelöst wurde, sah keiner von ihnen vorher und schließlich überschlugen sich die Ereignisse.

Alle Besprechungen fanden am Abend stat. Jodie sollte friedlich in ihrem Bett liegen und schlafen. Sie sollte nichts von der schlimmen Welt mitbekommen und nicht einmal in Gefahr geraten. Aber nicht immer gelang es ihnen die Besprechungen an sicheren Orten abzuhalten. James wusste nicht einmal wie die Organisation von dem Haus erfuhr. Sie achteten doch immer auf ihre Umgebung.

Umso schockierte war er als er das achtjährige Mädchen mitten auf der Straße fand. Es war bereits dunkel und ihr Anblick jagte ihm eine höllische Angst ein. Jodie hingegen war fröhlich und hielt zwei Trinkpakete mit Saft in der Hand. Noch immer konnte James die Worte von damals nicht vergessen. Sie waren voller Stolz. Stolz, weil sie ganz alleine im Laden war und einkaufen konnte.

Papa schläft. Ich wollte ihm Saft bringe, aber da wir keinen mehr zu Hause hatten, bin ich einkaufen gegangen. Hoffentlich kann mir Papa noch eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen wenn sein Besuch weg ist. Er hat es mir doch versprochen.

Sofort lief James los. Das Feuer im Haus der Starlings hatte sich schnell ausgebreitet. James ahnte sofort das Brandbeschleuniger zum Einsatz kam. Er konnte nichts mehr tun. Jeder der sich im Gebäude aufhielt, war gestorben. Der Schock saß ihm tief in den Knochen. Etwas war schief gegangen. Etwas, dass seinem Kollegen das Leben kostete. James konnte sich nicht bewegen. Mit einem Mal fühlte er sich schwer und träge.

Jodies kleine Hand hielt sich an seiner Hose fest. Die Saftpackungen fielen zu Boden und das Mädchen begann bitterlich zu weinen. Die ganze Zeit rief sie nach ihren Eltern und versuchte in ihr Elternhaus zu laufen. Geistesgegenwärtig hielt James das Mädchen fest und drückte sie an sich. Sie war das einzige was ihm von seinem besten Freund geblieben war. Nachdem seine FBI Kollegen eintrafen, übergab er Jodie an eine Kollegin.

„Sir? Hat das Mädchen etwas gesehen?“

Schockiert sah James auf Jodie. Sie war eine Zeugin. Sie hatte den Besuch ihres Vaters gesehen. Allein bei dem Gedanken wurde James schlecht. Wie konnte es nur sein, dass ein unschuldiges Kind in den Fokus der Organisation geriet? Es war einfach nicht fair. Sie verlor ihre Eltern und damit auch ihre Kindheit, vielleicht sogar ihre Zukunft. Was hätte aus Jodie werden können, wenn sie nicht durch dieses Ereignis geprägt wurde? Ärztin, Wissenschaftlerin, Kindergärtnerin?

Jodies Zukunft und ihr Leben mussten auf jeden Fall gesichert werden. So gab es für James nur eine Möglichkeit. Jodie musste in das Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden. Aber jede Familie die sie fanden, schien nicht geeignet zu sein, sodass James das Kind zu sich holte. Um Jodie alles zu ermöglichen, schickte er sie auf die besten Schulen, bezahlte das übertriebene Schulgeld und zahlte sogar ihre Studiengebühren. Er war froh und erleichtert, als sie einem ganz normalen Studium nachging. Leider freute er sich zu früh.

Entsprechend schockiert sah er seinen Vorgesetzten an, der ihn mit Jodies Bewerbung aufsuchte. Unglücklicherweise erfüllte Jodie sämtliche Voraussetzungen und nach ihrem erfolgreichen Abschluss musste er ihr die ersten Aufträge geben. Zuerst konnte er sie noch mit kleineren Fischen abspeisen damit sie Erfahrungen sammelte, aber irgendwann wollte Jodie mehr. Sie wollte gegen die Organisation antreten.

Tagelang zermarterte er sich den Kopf unter welchen Vorwand Jodie nach Japan konnte. Amerikaner im Ausland waren viel zu auffällig. Allerdings spielte ihm das Schicksal wieder einmal mit. War es nun Glück oder Pech das an der Oberschule ein Englischlehrer gesucht wurde?

Jodies Missionsziel war von Anfang an klar definiert und trotz ihrer Abneigung Vermouth gegenüber, verhielt sie sich äußerst professionell. Sie flirtete sogar mit der neusten Rolle der Schauspielerin. Fast hatte Jodie ihr Ziel erreicht. Nur ganz knapp hatte sie Vermouth in die Finger bekommen und musste sie doch wieder los lassen. Fast hätte Jodie mit dem Leben bezahlt. Zum Glück ließ sich Akai nicht von der Schauspielerin an der Nase herum führen und wartete. Dass die anderen Agenten überhaupt ihre Stellung verließen und „nach Hause“ gingen, war eine Schmach für das Büro. Eigentlich hätten sie wissen müssen, dass Jodie die Situation nie und nimmer so plump auflösen würde. Sie hätten sich rückversichern müssen.

Jodie hatte auch Glück gehabt das die Kugel keine wichtigen Organe verletzte. Jeden Tag besuchte er sie im Krankenhaus, brachte frische Blumen mit und teilte die neusten Ermittlungsergebnisse mit ihr. Jodie war zäh und gab nicht auf. Verbissen wollte sie am Fall weiter arbeiten. Trotzdem wusste er, dass sie die Sache nicht einfach so wegsteckte. Sie sah dem Tod ins Auge und zog ihre Kraft nur noch aus der Tatsache heraus, dass Vermouth noch immer frei herum lief.

Dennoch hatte James bemerkt wie sie unter dem abweisenden Verhalten ihres Kollegen litt.

Jodie und Akai. Nie im Leben hätte James diese Kombination für möglich gehalten. Seit der junge Agent den Dienst aufnahm, folgte er einer klaren Linie und ließ sich von Nichts und Niemanden von seinem Weg abbringen. Die Motivation die dahinter steckte, erkannte James sehr schnell. Aber was sollte er dagegen sagen? Jodie war aus dem gleichen Grund dem FBI beigetreten. War es da nicht die logischste Konsequenz beide zusammenarbeiten zu lassen? Vielleicht taten sie einander gut. Und dass sie es taten, merkte er schon schnell. Beide – obwohl es die Regeln des FBIs verboten – fingen eine heimliche Beziehung miteinander an. Wobei heimlich seine eigene Definition hatte. Es war eher ein offenes Geheimnis. Alle wussten es, schwiegen aber.

„Kann ich Ihnen noch etwas bringen?“

James blickte auf die Kellnerin. Er hatte sie nicht einmal bemerkt. Jeder hätte sich nun an ihn heran schleichen und weitaus Schlimmeres verursachen können.

„Noch einen Kaffee, bitte.“

„Bring ich Ihnen.“

„Danke.“ James sah sich im Lokal um. Akai ließ auf sich warten. Er hatte seine Eigenarten und übernahm bestimmte Aufträge gern auf seine eigene Art und Weise. Dabei handelte er oftmals wie es ihm gefiel und nahm auf andere keine Rücksicht. Auch Verluste gehörten dazu. Dennoch traf er mit jeder seiner Handlungen ins Schwarze. James hatte die Wandlung seines besten Agenten selbst miterlebt. Nach seinem ersten Auftrag in Japan wurde er härter. Härter und gefühlsloser. Selbst Jodie mochte diese Art nicht – zumal er auch mehrfach auf ihre Kosten handelte.

James seufzte auf. Dass er Akais inszenierten Tod damals nicht unterbunden hatte, sprach nicht gerade für ihn. Er kannte die Wichtigkeit und die Tragweite dieser Handlung und trotzdem brachen ihm Jodies Tränen das Herz. Wie gern wollte er sie in den Arm nehmen und ihr sagen, dass alles nicht so schlimm war…das Akai noch am Leben war? Stattdessen war er als Leiter dieser Mission dazu angehalten ganz sachlich auf die Nachricht zu reagieren. Auch wenn es damals kein Trost war, musste er darauf hinweisen, dass ihnen nun wenigstens die Tür offen stand.

James hoffte, dass der Auftrag nicht noch weitere 25 Jahre dauerte. Ab und an fanden sie einige hochrangige Mitglieder, aber keiner von ihnen saß in den Staaten im Gefängnis. Manchmal begann er die Aussichtslosigkeit dieser Mission zu sehen, aber dann kam es wieder dazu, dass sie einen kleinen Durchbruch erhielten. Und nun war es nicht nur das FBI welches hinter ihnen her war. Die CIA und das Büro für Sicherheit der Nationalen Polizeibehörde hatten auch ein Auge auf die „Männer in Schwarz“ erhoben. Leider reichten die Indizien, die alle drei Institutionen sammelten, nicht aus um auch nur ein Mitglied ins Gefängnis zu bringen.

James war sich nun nicht sicher. Mit Glück hatten sie eine Spur. Mit Pech jagten sie wieder nur einem Phantom hinterher. Sie standen noch am Anfang, aber die Grundlage war bereits gelegt. Eigentlich war es auch ein Zufall, dass die Organisation so lange unentdeckt arbeiten konnte. Sie ließen sich nicht in die Karten gucken, aber es gab Aspekte ihrer Arbeit die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Geldbeschaffung war eine. Niedere Mitglieder kümmerten sich um diese Tätigkeiten, aber irgendwo musste ein hochrangiges Mitglied sein, welches alle Aktionen koordinierte und die Befehle gab. Vielleicht konnten sie diesmal etwas erreichen. Geld war schließlich Macht. Und wenn eine Quelle versiegt, konnte ein enormer Schaden entstehen. Vor allem dann, wenn man im Untergrund tätig war.

„James.“

Der Agent blickte auf seinen Gegenüber. Endlich. „Setzen Sie sich“, sprach er ruhig und zog eine Akte aus seiner Tasche heraus.

Shuichi Akai nahm Platz und beobachtete James misstrauisch.

Sofort kam die Kellnerin an den Platz. „Darf ich Ihnen etwas Bringen?“, wollte sie freundlich wissen.

„Danke, nein“, erwiderte der FBI Agent – nicht so freundlich.

James wartete ab und schob die Akte anschließend über den Tisch. Shuichi öffnete diese und blätterte ein wenig darin herum. Er schien nicht begeistert zu sein. „Neue Zielperson?“

James Black nickte.

„Codename?“

Leider musste James nun mit der Wahrheit raus rücken. „Keiner der uns bekannt ist.“

„Mhmm…“

„Akai?“

Der Angesprochene verengte die Augen. „Kleiner Fisch, nicht erwähnenswert.“ Shuichi schloss die Akte. „Kümmert sich wahrscheinlich um die Geldbeschaffung.“

„So ist es.“

„Warum soll ich den Auftrag übernehmen?“

„Ich denke, es ist ein guter erster Einsatz für jemanden, der gerade von den Toten auferstanden ist“, fing er an.

Akai war dennoch nicht überzeugt.

„Ich weiß, dass Sie darauf hoffen die höheren Mitglieder zu treffen und sich mit denen zu messen. Momentan haben wir allerdings keine neuen Erkenntnisse und ich möchte, dass Sie die Observation in dem Fall übernehmen“, gab James ruhig von sich. „Wir sind uns noch nicht sicher, ob die Zielperson wirklich für die Organisation tätig ist. Einige Geldbeträge sprechen dafür. Aber…“

„Aber es könnte sich auch als reine Zeitverschwendung entpuppen“, führte Akai den Satz zu Ende. „Gut, ich kümmere mich drum. Ich finde schon heraus, ob die Zielperson für die Organisation arbeitet oder ob sie einfach nur Dreck am Stecken hat.“

„Sollte die Organisation dahinter stecken, besteht die Möglichkeit, dass Sie auf höhere Mitglieder treffen. Wenn dies bei Ihrer Observation der Fall sein sollte, möchte ich nicht, dass Sie sich unnötig in Gefahr bringen.“

„Ich doch nicht.“

Der Satz triefte nur vor Ironie. „Wir arbeiten im Schichtsystem.“

Akai verengte die Augen. Auf welchen Kollegen sollte er aufpassen?

„Sie sollen die Nachtschicht übernehmen. Agent Benett und Agent Fayden übernehmen die Schicht am Tage.“

„Wann geht’s los?“

„Heute noch. Die Wohnung wurde von unseren Agenten bereits verwanzt. Die Abhörausrüstung steht Ihnen jederzeit zur Verfügung.“

„Verstehe.“
 

***
 

Shuichi Akai blieb nicht viel Zeit um sich auf den Auftrag vorzubereiten. Aber die Zeit brauchte er auch nicht. Er wusste was er tat und was er tun musste um an sein Ziel zu kommen.

Mitten in der Dunkelheit stand er da. Schwarze Hose, dunkel blaues Hemd und eine schwarze Jacke. Seine Garderobe wurde von seiner markanten schwarzen Strickmütze komplettiert. Nur das schwache rote Glimmen seiner Zigarette war sichtbar. Endlich konnte er wieder als er selbst durch die Stadt laufen. Endlich musste er sich nicht mehr als der nette Subaru Okiya ausgeben und dauernd diese Maske tragen. Diesmal passte auch die Organisation auf. Sie schickten nicht mehr zahlreiche Auftragsmörder um ihn fertig zu machen. Sie hatten wahrscheinlich nicht einmal einen Plan und warteten noch ab. Oder sie mussten einen der höheren Mitglieder einschalten.

Rum. Die Nummer 2 nach dem Boss. Ein gefährliches Mitglied, welches möglicherweise die Aufträge koordinierte. Und sie hatten keine Möglichkeit an die besagte Person heranzukommen. Noch nicht.

Akai fixierte das Gebäude in dem sich die Zielperson aufhielt. Er blies den Rauch aus. Die Dunkelheit bot ihm genügend Schutz um agieren zu können. Jetzt musste die Zielperson nur noch das Gebäude verlassen. Akai kannte die Baupläne, wusste wo sich der Hinterausgang befand und wo Garten sowie sämtliche Fenster lagen. Das FBI hatte alles gründlich vorbereitet, sodass er nur noch die Akte lesen musste.

Shuichi nahm sein Handy heraus. Er hatte keine neuen Nachrichten, keine Warnungen. Als die Tür des Hauses aufging, steckte der Agent sein Handy weg und stieg in seinen Wagen. Sogleich war sein Blick auf die Zielperson und dessen Begleiter gerichtet. Alles lief nach Plan. Akai wartete und beobachtete die beiden Fremden.

Der Mann, Mitte 30, schwarzer Anzug und große Hornbrille öffnete seiner Frau, Mitte 20, mit elegantem roten Kleid, kleiner Handtasche und sehr hohen Schuhen die Wagentür. Kein Wunder, dass das FBI diese Ehe für eine reine Farce hielt.

Akai startete den Motor. Mit Sicherheitsabstand folgte er den beiden Personen bis zu einem Restaurant. Er parkte in einer Seitenstraße und holte sein Handy heraus. Mit einem flinken Finger wählte er die Nummer eines anderen Agenten. „Sie kommen gleich rein“, sprach er ruhig aber bestimmt. Das Handy warf er auf den Beifahrersitz und steckte sich einen Ohrstöpsel in das Ohr. Der reservierte Tisch war verwanzt, sodass Shuichi jedes einzelne Wort mit anhören konnte.

Das Gespräch erwies sich als Reinfall; keine belastenden Aussagen und von der Tonlage her, gab es keine besonderen Vorkommnisse. Shuichi wählte wieder die Nummer seiner Kontaktperson im Restaurant. „Wie schaut es aus?“, wollte er wissen.

„Alles ruhig“, fing der Agent an. „Bisher essen Herr und Frau Shibungi alleine. Keine Auffälligkeiten“, fügte er leise hinzu.

„Was ist mit dem Kellner?“

„Haben wir vorher überprüft. Er steht nicht im Kontakt mit der Organisation.“

Akai überlegte. Wie groß war wohl die Wahrscheinlichkeit, dass auch Furuya hier arbeitete? „Wie sicher sind Sie sich?“

„Was?“

„Ich will wissen, wie sicher Sie sich sind, dass der Kellner nicht für die Organisation arbeitet.“

„Ich…“, er überlegte. „90%.“

„Das ist nicht genug“, fing Akai an. „Behalten Sie die Zielperson weiter im Auge und achten Sie darauf, wie viel mit dem Kellner gesprochen wird.“

„Ja…verstanden.“

„Ich melde mich später wieder.“ Akai legte auf und lehnte sich nach hinten. Wenn der Arbeit so weiter ging, brauchte er dringend etwas gegen seine Langeweile. Die Beschattung damals bezüglich Kogoro Mori hatte ihm wenigstens wichtige Erkenntnisse und neue Einblicke beschert. Aber das hier? Das hatte etwas von Beschäftigungstherapie. Als wollte James ihn bestrafen.

Die Zeit verging und kein potentielles Mitglied betrat oder verließ das Restaurant. Als sein Handy auf dem Beifahrersitz anfing zu vibrieren, nahm er es und ging ran. „Was gibt es?“

„Die Rechnung wurde so eben bezahlt. Die Zielperson verlässt gleich das Gebäude.“

„Irgendwelche Auffälligkeiten?“, wollte Shuichi erneut wissen.

„Nein, gar nichts. Sie haben nur gegessen. Mehr nicht“, erzählte Agent Benett. „Es gab keine auffälligen Gäste, keine komischen Blicke oder Treffen.“

„Hmm…verstehe. Sind Sie der Zielperson auch überall gefolgt?“

„Ja, Sir. Meine Partnerin, Agent Fayden, ist kurz nach Frau Shibungi zur Toilette gegangen. Sie konnte ihr nicht in die Kabine folgen. Es gab aber auch kein Telefongespräch. Nicht einmal der Versuch wurde unternommen.“

„Halten Sie die Augen weiterhin offen.“ Shuichi legte wieder auf. Sein Blick ging sofort zum Eingang des Restaurants. Er hoffte, dass die Zielperson noch irgendeine Dummheit beging. Etwas womit man sie mit der Organisation in Verbindung bringen konnte. Stattdessen aber fuhr er wieder den Weg zurück und stellte seinen Wagen ab.

Akai lehnte sich nach hinten und wechselte den Ohrstöpsel aus. Nun war er mit den Wanzen im Haus der Shibungis verbunden. Er schloss die Augen und hörte einfach nur zu.

Sein Gefühl war weder positiv noch negativ. Natürlich hatte er bemerkt, dass die Frau ihren Mann nicht ohne Grund geheiratet hatte. Da steckte mehr dahinter. Aber ob es wirklich die Organisation war? Man durfte keine Gefühle zeigen. Doch genau das wurde ihr zum Verhängnis. Ob die Ehe überhaupt gültig war, würde James überprüfen. Aber wenn es so weiter ging, konnte er nur noch darauf hoffen auf höhere Mitglieder zu treffen. Im Notfall musste er es eskalieren lassen und die Organisation aus ihrem Versteck locken. Und das sollte ja wohl ein Kinderspiel sein.



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