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Ruf der Sterne

von

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neun Leben

Als Schwarzstreif seine Augen öffnete, befand er sich auf einer Wiese. Er musste kurz nachdenken, ehe er sich daran erinnerte, warum er hier war. Seine Anführerzeremonie. Die Sterne am Himmel lösten sich vom Firmament und wirbelten zu ihm herab. Langsam veränderte sich die Gestalt jedes Sternes und im nächsten Augenblick stand der Sternenclan vor Schwarzstreif. "Willkommen, Schwarzstreif. Bist du bereit, deine neun Leben in Empfang zu nehmen," sprachen sie, als wären sie eins. Der Kater nickte knapp und musterte die Reihen der Ahnen und erkannte für seinen Geschmack zu viele Katzen wieder. Einige, deren Tod schon so weit zurück lag, dass er sich nur noch spärlich an die Katze erinnern konnte, andere, deren Tod frisch war und er sie ihr ganzes Leben lang kannte.

Er drehte sich um, als er eine Bewegung wahrnahm. Eine schwarze, kleine Katze, mit wenigen weißen Stellen im Pelz, kam auf ihn zu. "Ich bin froh, dass du nicht gestorben bist, Schwarzstreif. Das Schicksal meinte es nicht gut mit unserem Wurf, aber am Ende hast du gezeigt, dass du eines kannst. Überleben." Seine Schwester, Elsternjunges trat zu ihm und als er sich herab beugte, drückte sie ihre Nase an seinen Kopf. "Mit diesem Leben gebe ich dir Akzeptanz. Du sollst erkennen, wann etwas keinen Sinn mehr hat und dein Schicksal, aber auch das der anderen, akzeptieren." Seine Brust fühlte sich an, als würde sie zerrissen werden.Er spürte das, was seine Schwester gefühlt hatte. Der Schmerz den sie fühlte, als sie krank in der Kinderstube zurückblieb, während ihre Brüder spielen gingen. Der Schmerz den sie empfand, als sie es sich eingestehen musste, dass es keine mehr Zukunft in diesem Leben für sie gab. Der Schmerz, als sie losließ und ihre Familie zurücklassen musste. Das qualvolle Leiden hatte ein Ende, als sie ihr Schicksal akzeptierte und losließ. Schwarzstreif atmete heftig ein und aus und sah sich nach Elsternjunges um, doch diese ging bereits zurück in die Reihen des Sternenclans. Von weiter hinten trat nun eine schwarz-weiß getigerte Katze zu Schwarzstreif.

Die gelben Augen trafen sich und der Kater wappnete sich innerlich auf die Begegnung mit seiner Mutter. Tigerfell blieb mit etwas Abstand zu ihm stehen. "Ich weiß, dass du mir noch nicht vergeben hast, oder kannst. Aber das musst du auch nicht. Es hat gedauert, aber nun weiß ich dass der Fehler an mir lag." Vorsichtig trat sie näher an ihren Sohn heran und Schwarzstreif musste sich beherrschen, der Berührung nicht zu fliehen. "Ich gebe dir das Leben der Einsicht. Du sollst damit über deine eigenen Fehler nachdenken, dir Ratschläge von anderen zu Herzen nehmen und diese verstehen." Schwarzstreifs Körper durchfuhr der wilde Glauben im Recht zu sein, der ihn taub gegenüber den Katzen um ihn herum machte. Langsam verdrängten Zweifel das Gefühl des Rechts und zerfraßen ihn innerlich, bis seine Ohren sich endlich öffneten und er die anderen hören konnte. Sein Stolz wehrte sich anfangs noch, doch schließlich löste sich das beklemmende Gefühl und er sah seine Fehler nun klar und deutlich. In Erwartung, dass Tigerfell bereits auf dem Rückweg in die Reihen des Sternenclans war, schaute er erschöpft auf. Aber sie stand noch an Ort und Stelle, schaute aber zurück wo sich jetzt ein weißes Junges von der Menge löste.

Eisjunges versuchte anfangs noch ordentlich nach vorne zu gehen, sprang zum Schluss aber dennoch fröhlich auf seinen Bruder zu. Die Beiden schmiegten sich zur Begrüßung kurz aneinander, ehe sich Eisjunges vor ihn hinsetzte. Tigerfell sah nun wieder Schwarzstreif an, als sie für den taubstummen Kater sprach: "Eisjunges gibt dir das Leben des Vertrauens. Mögest du andern so sehr Vertrauen, wie Eisjunges dir vertraut. Aber sei vorsichtig, denn nicht jeder ist ehrlich." Schwarzstreif beugte sich zu seinem Bruder hinab und dieser stupste ihn eifrig mit der Nase an. In seinem Körper verbreitete sich diesmal kein Schmerz, sondern ein wohliges Gefühl. Er spürte das tiefe Vertrauen seines Bruders und der Katzen seines Clans. Auf der anderen Seite bemerkte er aber den Schmerz, der entsteht wenn es gebrochen wird. Eisjunges drückte sich noch einmal an ihn, ehe er zusammen mit Tigerfell zurück zu den Ahnen ging um so Platz für die nächste Katze zu machen.

Ein schwarz - weißer Kater, der fast an Schwarzstreifs eigene Größe herankam schritt ruhig nach vorne. Er versuchte nicht den Stolz zu verbergen, den er in diesem Moment fühlte, als er zu seinem Sohn ging um ihm sein viertes Leben zu geben. "Ich weiß, dass ich kein Recht dazu habe, mich als Vater zu bezeichnen. Aber das ändert nichts daran, dass ich Stolz darauf bin, dass du es so weit geschafft hast. Auch wenn der Weg nicht einfach war." Elsternpelz legte seine Nase auf Schwarzstreifs Stirn. "Ich gebe dir das Leben des Kampfes, damit du immer die Stärke dazu hast, für das zu kämpfen, was dir wichtig ist und was du als richtig ansiehst. Sowohl psychisch als auch physisch." Durch Schwarzstreifs Körper floss das wilde Verlangen gegen Ungerechtigkeit aufzustehen und mit aller Kraft dagegen vorzugehen. Die Erfahrung von unzähligen Kämpfen brannte sich in seinem Geist ein und als er all das verarbeitet hatte, war Elsternpelz bereits wieder auf seinem Platz.

Stattdessen ging nun eine junge, braun gefleckte Katze zu Schwarzstreif und sah ihn liebevoll an. Er wollte Windpfote entgegen kommen, konnte sich aber nicht bewegen. Sie trat zu ihm und einen Moment lang sahen sie sich einfach nur an. "Schwarzstreif, es tut gut dich endlich wieder zu sehen. Aber deine Zeit ist noch nicht gekommen. Lebe weiterhin dein Leben so lange du kannst, ich werde auf dich warten." Sie trat näher an ihn heran und berührte ihn zärtlich mit der Nase an der Stirn. "Mit diesem Leben gebe ich dir Liebe. Liebe nicht nur andere, sondern auch dich selbst, Schwarzstreif." Er spürte seit langem wieder ein Gefühl, von dem er gedacht hatte, dass er nicht mehr in der Lage wäre es überhaupt zu empfinden. Sein Körper wurde wärmer und das Eis in seinem Herzen schien zu tauen. Er öffnete sein Maul um noch etwas zu sagen, doch Windpfote schüttelte den Kopf. "Es tut mir leid, aber dafür ist keine Zeit." Ihr Blick wurde traurig und langsam ging sie weg. Schwarzstreif sah ihr so lange hinterher, dass er gar nicht merkte, dass die nächste Katze bereits bei ihm war.

Die silberne Katze räusperte sich und Schwarzstreif drehte sich überrascht um. "Du bist groß geworden, mein Kleiner." Seine gelben Augen weiteten sich, als er seine Ziehmutter sah. "Silberflügel!" Sie trat näher und schmiegte ihren Kopf an seinen, ehe sie ihre Nase auf seine Stirn legte. "Mit diesem Leben gebe ich dir Mitgefühl. Du sollst nicht länger blind gegenüber der Schmerzen der anderen sein und ihnen beistehen können." Schwarzstreifs Körper wurde von einer Welle aus Gefühlen überflutet. Plötzlich erkannte er auch wie er den anderen beistehen und ihr Leid mildern konnte. Der Kater musste diese ungewohnte Kraft erst ordnen und als er wieder aufsah, kam eine weiße Katze mit einem schwarzen Fleck auf ihrer Schulter auf ihn zu.

Schwarzstreif hatte gemischte Gefühle, als er Schwalbenflügel sah. Ihr schien es ähnlich zu ergehen. "Hallo, Schwarzstreif. Wir müssen wohl noch viel... bereden. Aber das hat Zeit. Ich möchte dir aber dennoch danken, dass du dich um Fleckenpfote gekümmert hast." Vorsichtig berührte sie ihn mit der Nase am Kopf. "Mit diesem Leben gebe ich dir Geduld. Mögest du immer auf die richtige Zeit und den richtigen Moment warten können." Er fühlte wie Geduld durch seinen Körper floss. Sein Verlangen, sofort alles hinter sich zu bringen verschwand und er erkannte, dass es manchmal besser war zu warten. Er fühlte sich noch etwas benommen, als die nächste Katze zu ihm kam.

Der gefleckte Kater lief mit schnellen Schritten zu Schwarzstreif und riss ihn vor lauter Übereifer von den Pfoten. Einige Sternenclankatzen raunten entgeistert, doch das war Fleckenpfote in dem Moment egal. Er kuschelte sich schnurrend an seinen Vater. "Ich habe dich vermisst." Schwarzstreif stieg in das Schnurren ein. "Ich dich auch, Fleckenpfote." Es dauerte etwas, bis sie sich voneinander lösten und sich wieder gegenüber standen. "Muss ich auch so eine Rede halten? Ich glaube nämlich, das du bereits alles weißt, was ich sagen würde." Er reckte sich und legte seine Nase auf Schwarzstreifs Kopf. "Ich gebe dir Frohsinn. Damit hellt sich deine Miene auch mal wieder auf." Schwarzstreif fühlte sich, als würde er schweben. Um ihn herum war die Welt kalt und grau. Langsam ging die Sonne auf und mit ihr auch Wärme und Farbe. Die Perspektive, die er nun hatte, war sicherlich bei weitem nicht so bunt wie die von Fleckenpfote, dennoch war es für Schwarzstreif ein großer Unterschied. Er sah verblüfft auf und Fleckenpfote knuddelte sich noch einmal zum Abschied gegen ihn. Nun ging ein langhaariger, grauer Kater auf Schwarzstreif zu, der stark wankte und sich Mühe geben musste, seine Vorderpfote zu benutzen.

Sturmsterns krumme Pfote wurde geheilt und es war offensichtlich, dass er noch nicht viel Erfahrung darin hatte, normal zu gehen, nachdem er den Großteil seines Lebens gehumpelt war. "Ich hätte nicht erwartet, dass wir uns so wiedersehen werden, als ich aus dem Lager ging. Aber ich bin mir sicher, dass du die richtige Wahl warst." Wie die Katzen vor ihm berührte nun auch Sturmstern Schwarzstreifs Kopf. "Mit diesem Leben gebe ich dir das Pflichtgefühl eines Anführers. Flüchte dich nicht in ein bequemes Leben sondern führe deine Katzen an, wie es sich für einen Anführer gehört." Es fühlte sich an, als ob er in Flammen aufging als sich das Pflichtgefühl in seine Seele einbrannte. Das Bedürfnis, nicht wegzusehen sondern die anderen zu leiten machte sich in seinem Körper breit.

Er war noch leicht von dem Schmerz benommen, als alles anfing zu wackeln und sich sein Traum auflöste. "Nun gehe, Schwarzstern, und erfülle dein Schicksal," sagten die verblassenden Ahnen im Chor.

Schwarzstern öffnete die Augen. Neben ihm stand Falkenpfote mit vor Schreck aufgerissenen Augen. Alles bebte und von draußen war das Geschrei von Zweibeinern zu hören. Ängstlich sahen sie nach oben. Die Decke der Höhle stürzte ein, Felsbrocken fielen auf die Beiden herab.



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