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Bin ich wertlos in deinen Augen ...?

von

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Deutlich vernahm ich, wie die Crew, die sich um uns im Kreis herum aufgestellt hatte, aufkeuchte. Die Zeit schien still zu stehen. Die Stille wurde erdrückend. Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie sich Law in Zeitlupentempo die Spucke aus dem Gesicht wischte. Ich schloss meine Augen. Ich wusste, was nun passieren würde.
 

Meine Vermutung wurde bestätigt, als ich von Law am Kragen gepackt und gegen die Wand gedrückt wurde. Seine Hand schloss sich um meine Kehle. Ich hatte große Probleme, noch Luft zu kriegen. "Das hast du gerade nicht wirklich getan", knurrte er wutentbrannt.

Ein Klatschen ertönte und hallte laut im Gang wider. Law hatte seine Hand erhoben und mir direkt ins Gesicht geschlagen. Meine Wange pulsierte unangenehm. Doch ich zeigte keinerlei Reaktion und ließ ihn gewähren.

Law hatte mich nie zuvor geschlagen. Dass er es nun doch tat, zeigte nur, wie sehr sich unsere Beziehung zueinander verändert hatte. Ein Pirat war er schon immer gewesen, aber nie einer, der unnötig Gewalt angewendet hätte.
 

"Mina. Ich dachte, ich hätte dir klar gemacht, was es auf meinem Schiff für Konsequenzen hat, wenn du mir keinen Respekt gegenüberbringst. Ich hatte dich gewarnt, dass ich dein Fehlverhalten ab jetzt härter bestrafen würde. Aber anscheinend kapierst dus nicht, oder?" Seine Stimme war eisig.

Seine Griff um meinen Hals wurde fester. Ich schlug meine Augen auf und sah meinem Vater ins Gesicht. Es hatte einen mörderischen Ausdruck. Das würde -nein, das könnte- gar nicht gut für mich enden.
 

So nutzte ich diese letzte Gelegenheit, um Law ehrlich zu sagen, wie ich über ihn dachte. Aus der Perspektive der anderen wirkte das gewiss lebensmüde, doch war ich nicht genau das? Was brächte es mir, weiterzuleben? Was wäre das für ein Leben, eingesperrt beim Mörder meiner Mutter, gejagt von der Marine? Mit dem Tod würde alles vorbei sein, ich würde nicht mehr fühlen, denken und leiden müssen. Bei dieser Vorstellung schlich sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen.
 

"Weißt du, Vater, Respekt muss man sich verdienen. Ich sehe keinen Grund, wieso ich dich sadistischen Mistkerl respektieren sollte. Ich wünsche dir nichts sehnlicher, als dass die Marine dich findet und beseitigt. Und ich hoffe, dass du dabei leiden wirst."
 

Ich hatte all das nur flüstern können, trotzdem hatten alle es gehört. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so still war es. Ich war mir sicher, dass ich hier nicht mehr lebend rauskommen würde. Doch weniger das, als vielmehr die Tatsache, dass es mir vollkommen gleich war, was Law nun mit mir anstellen würde, beunruhigte mich.

Durch den Sauerstoffmangel wurde mir bereits schwarz vor Augen. Trotzdem war ich bemüht, möglichst nicht nach Luft zu schnappen, um vor Law ja keine Schwäche zu zeigen.
 

Die Augen geschlossen, wartete ich auf die Reaktion meines Vaters. Die ließ auch nicht lange auf sich warten. Hart traf mich seine Faust im Magen. Trotz meinem Versuch, dass alles stillschweigend hinzunehmen, konnte ich ein Wimmern nicht unterdrücken. Das war deutlich schmerzhafter, als ich es angenommen hatte. Sein nächster Schlag traf meine Rippen. Deutlich war das Knacksen dieser zu vernehmen, als einige dieser brachen.

Zischend zog ich die Luft ein. Die Zähne zusammenbeißend, hoffte ich, dass es schnell gehen würde.

Als er dieses Mal in meine zuvor wieder aufgegangene Wunde schlug, konnte ich nicht anders als zu schreien. Scheinbar wusste er genau, welche Stellen besonders schmerzten. Tränen bahnten sich ihren Weg mein Gesicht runter. Ich zitterte. Mein ganzer Körper schmerzte höllisch. Ich musste stark husten und schmeckte Blut in meinem Mund. Doch ich wehrte mich nicht.

 

Von der einen zur anderen Sekunde ließ Law mich los und ich fiel schlaff auf den Boden. Bewegungsunfähig blieb ich liegen. Als ich es schaffte, unter großer Mühe meine Augen zu öffnen, bemerkte ich erst, dass ich in einer großen Blutlache lag. Nur schemenhaft erkannte ich Law, der langsam auf mich zutrat. Zu spät realisierte ich, was er nun vorhatte. Er stellte einen Fuß auf meinen Arm, ehe er das Wort ergriff:

"Mina. Das war noch harmlos. zu dem, was ich normalerweise mit Menschen anstelle, die sich gegen mich auflehnen. Solltest du dich jemals wieder gegen mich wenden, wirst du das noch bereuen." Seine Stimme war kalt und ohne jegliche Emotion. Dann trat er mit aller Kraft zu, und ein unnatürliches Knacksen verriet jedem Anwesendem, dass er meinen Arm gebrochen hatte. Ich begann heftig zu schluchzen. Warum tötete er mich nicht einfach?
 

Doch die Frage konnte ich mir selbst beantworten. Hätte er mich getötet, hätten meine Schmerzen ein Ende gehabt. Doch Law wollte, dass ich leide. Und indem er mich in diesem Zustand ließ, erreichte er ebendies. So sollte ich Respekt und Ehrfurcht ihm gegenüber erlangen. Was totaler Müll war. Nie hatte ich ihn so wenig respektiert wie jetzt.

Er wollte vor der versammelten Crew ein Exempel statuieren, um zu zeigen, dass er keinen Ungehorsam duldete, auch nicht von seiner Tochter.

 

So lag ich auf dem Boden des Gangs in meinem eigenen Blut und betete dafür, dass mir endlich jemand den Gnadenstoß verpasste. Mit schwindendem Bewusstsein vernahm ich nur noch Laws desinteressiert klingende Stimme: "Bringt sie schon mal in den OP-Raum, ich komme gleich nach." Dann überkam mich endlich die wohltuende Schwärze, auf die ich die ganze Zeit gewartet hatte.

 
 

 

Es war bereits drei Tage her, seit ich im Behandlungszimmer wieder zu mir gekommen war. Wieder lag ich bewegungsunfähig in meinem Bett und versuchte, die Schmerzen zu ignorieren. Mein Arm war dick eingegipst und auch um meinen Oberkörper war ein Verband angebracht. Es war irgendwie bescheuert, von ein und dem selben Menschen erst verletzt und dann behandelt zu werden.

Ich hasste diesen Raum langsam. Ich konnte hier nichts tun, als rumzuliegen und die Decke anzustarren. Während ich beim Aufwachen aus der Narkose keine Schmerzen gespürt hatte, weil sich Law scheinbar dazu erbarmt hatte, mir ein Schmerzmittel zu verabreichen, fühlte ich jetzt, da die Wirkung von diesem nachgelassen hatte, den Schmerz mit vollem Bewusstsein. Doch ich beklagte mich nicht, dazu würde ich mich nicht herablassen.

Wie zuvor auch wurde ich auch nun wieder bewacht. Dabei wurde ich von den Crewmitgliedern unterschiedlich behandelt.
 

Der Großteil der Aufpasser behandelte mich wie Luft. Manche grüßten mich beim Reinkommen, sprachen aber ansonsten nicht mit mir. Dann gab es da noch diejenigen, die ihre Zeit damit verbrachten, mich böse anzustarren. Am schlimmsten war jedoch die kleine Randgruppe, die mir ein Ohr ablaberte. Natürlich bestand diese Gruppe nur aus Penguin und Shachi.

Die beiden hatten mich, ob ich es wollte oder nicht, genauestens über die Vorkommnisse der letzten Tage informiert. Jetzt wusste ich, dass wir tatsächlich von der Marine verfolgt wurden, Law aber nicht verstand, wie genau die Marine immer ihren aktuellen Aufenthaltsort rausbekam. Zudem hatte der Captain, seitdem ich ihn angespuckt hatte, total miese Laune, was die Crew deutlich zu spüren bekam. Dafür gab die Crew wiederum mir die Schuld.
 

Leider hatten die beiden mich auch massenweise mit weniger relevanten Informationen versorgt. So wusste ich nun nicht nur, was es die letzten Tage zu Essen gegeben hatte, sondern auch, dass in 17 Tagen Penguins Geburtstag sein würde und Shachis Lieblingsfarbe Seegrasgrün war. Darüber hinaus hielten sie mir Vorträge darüber, dass ich mich falsch verhalten hätte und dass der Captain mich zu Recht zurechtgewiesen hätte, da ich ja anders nicht auf ihn hören würde und so weiter.

Ich zeigte jedoch keinerlei Reaktion darauf, wenn mich jemand ansprach. +Teilnahmslos lag ich in meinem Bett und wartete, dass die Zeit verging.

 

Bepo war hier noch nicht aufgetaucht, ebenso wenig wie Law. Und ich hoffte, dass mein Vater auch erst einmal nicht hier auftauchen würde. Ich fand es weniger beschämend, dass Law mich vor aller Augen so zugerichtet hatte, als vielmehr, dass er mich hatte überleben lassen. Ich hatte gewusst, dass Law so reagieren würde, wenn ich ihn vor der gesamten Mannschaft demütigte. Aber das hatte mich nicht davon abgehalten. Ich hatte nicht einberechnet, dass ich eventuell überleben würde. Und dass ich dann doch überlebt hatte, war für mich das Schlimmste an der Sache.
 

Law... Glaubte er wirklich, dass ich ihn nun respektierte? Da hatte er sich aber mächtig geschnitten. Ich hasste ihn nach wie vor. Jetzt noch mehr als jemals zuvor. Aber ich hatte aufgehört, zu denken, dass ich meine Mutter würde rächen können. Ich war einfach zu schwach dafür.

In der letzten Zeit hatte ich hin und hergeschwankt zwischen dem Wunsch zu überleben und Rache zu nehmen, und einfach zu sterben und all das hinter mir zu lassen. Doch nun hatte ich mich entschieden. Ich hatte mein Leben aufgegeben. Zu schön war die Vorstellung, einfach einschlafen zu können, und nicht mehr aufzuwachen. Law hatte mir etwas genommen, was ich brauchen würde, um dauerhaft weiterleben zu können. Er hatte mir meinen Lebenswillen genommen.
 

Es wäre naiv zu glauben, dass sich irgendwas noch würde bessern können. Und... Ich war zwar kein religiöser Mensch, aber irgendwo tief in mir drin hegte ich einen Funken Hoffnung darauf, dass ich nach meinem Tod meine Mutter kennenlernen würde. Ob es wohl eine Art "Himmel" gab? Ich hatte bisher in meinem Leben nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet, ob es so etwas wie ein "Leben nach dem Tod" gab, geschweige denn, wie es aussehen könnte. Doch jetzt, wo ich mich immer schwächer werden fühlte, und mich auch nichts mehr in dieser Welt hielt, begann ich, über solche Dinge nachzudenken.
 

Wie meine Mutter wohl sein würde? Ähnelten wir uns? Oder waren wir uns charakterlich überhaupt nicht ähnlich? Ob Law und meine Mutter sich geliebt hatten? Ich bereute es, damals nicht die Gelegenheit genutzt zu haben, Vizeadmiral Akamatsu danach zu fragen. Er hatte meine Mutter scheinbar gekannt. Und Law auch. Stattdessen hatte ich mich mit unnötigen Fragen aufgehalten, wie zum Beispiel, woher die Marine damals gewusst hatte, wie ich aussehe oder dass ich das Schiff verlassen hatte. Ich wusste schon gar nicht mehr, was Akamatsu daraufhin geantwortet hatte, und es war mir auch egal.

Bis es mir plötzlich doch wieder einfiel, und es mir kalt den Rücken runterlief.

 

"Mina, wir haben unsere Augen und Ohren überall. Unterschätze besser niemals die Einflusssphäre der Marine. Zudem sollte Law seine Crewmitglieder sorgfältiger auswählen."

 

Genau das hatte mir Akamatsu damals geantwortet. Und ich wusste genau, was das bedeutete. Irgendwo auf diesem U-Boot befand sich ein Spion der Marine.



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