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Digimon 00001100 <Twelve>

Samsara Madness [Video-Opening online]
von

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Muttergefühle

Es war eindeutig dieselbe Stelle, aber der Haustitan war verschwunden. Stattdessen krochen riesige Digimon am Rand des Bächleins und im Wald umher, eine ganze Menge riesiger, fies aussehender Digimon. Da waren große, schleimige Schnecken, Pflanzen mit lebendigen Tentakeln, gepanzerte, fliegende Bälle mit Kettensägen und Digimon, die an ein Meramon mit Metallrüstung erinnerten. Alles in allem waren es vielleicht dreißig oder vierzig, und in den Baumkronen versteckten sich sicher noch mehr. An der Stelle, wo sie das riesige Haus mit seinem Verteidigungsprogramm zurückgelassen hatten, scharrte SkullScorpiomon ungeduldig mit den knöchernen Krallen. Unweit von ihm stand ein obskures Digimon mit langen Gliedmaßen, das ebenfalls eine Aura aus Autorität umgab, bedachte man, in welch respektvollem Abstand die Dienerkreaturen um es herumstapften. Und dann war da noch ein Hund mit drei Köpfen zu sehen.

Als Kouki ihn sah, packte er hastig seinen Feldstecher ein und kletterte vom Baum, damit er nicht etwa gewittert wurde. „Du hattest recht“, sagte er zu Taneo, als er zu seinen Freunden zurückging. „Sie haben das Haus tatsächlich gefunden und warten darauf, dass wieder wieder durch diesen Fernseher in die DigiWelt gehen. Und das Haus ist fort.“

Die DigiRitter hatten wohlweißlich einen Fernseher in einem der angrenzenden Gebiete benutzt. Taneo hatte vorausgesehen, dass man ihnen eine Falle stellen würde. Er war wirklich gut im Austüfteln von Schlachtplänen.

„Also müssen wir jetzt zu Fuß weiter“, murmelte Tageko. „Und wir haben einen sarken Verbündeten verloren.“ Sie hatte einen schweren Rucksack geschultert. Die DigiRitter hatten alles an Ausrüstung eingepackt, was ihnen nützlich erschien, doch Tagekos Gepäck toppte alles.

„Wenn wir Glück haben, konzentrieren sie sich so sehr auf diese Stelle, dass wir leichtes Spiel bei den Lichtsamen haben“, sagte Taneo. „Weißt du noch ungefähr den Weg zu diesem Restaurant, Kouki?“

Er überlegte kurz. „Wenn wir den Fernseher großräumig umgehen, müssten wir in zwei oder drei Stunden dort sein.“

 

Sie fanden das Restaurant tatsächlich auf Anhieb. Bei dem köstlichen Duft, der aus den Fenstern wehte, lief ihnen das Wasser im Mund zusammen, aber Tageko und Taneo beschlossen, dass sie drinnen nichts essen würden – zumal der Besitzer nur Dollar akzeptierte, wie Kouki wusste. Je weniger Augen sie sahen, desto besser.

Sie sahen sich nach dem Weg um, der ins Gebirge führte, als ein ekliges, gelbes Digimon angehüpft kam, das zum Glück keinesfalls bedrohlich wirkte. „Sucht ihr was Bestimmtes?“, fragte es. Seine Stimme klang schleimig, dümmlich und es war schwer zu verstehen – was vielleicht daran lag, dass ihm die hühnergroße Zunge beim Reden aus dem Mund hing. „Ich bin Sukamon, der beste Fremdenführer hier in der Gegend. Wenn ihr euch verirrt habt, bin ich euer Digimon.“

„Euer Digimon!“, fügte die kleine, violette Maus, die auf ihm saß, nicht weniger dümmlich hinzu.

„Das könnte vielleicht wirklich praktisch sein“, überlegte Kouki. „Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, welchen Weg wir damals genommen haben … Wir suchen die Schlucht mit dem Lichtsamen, falls du die kennst. Was für eine Währung nimmst du?“

„Oh, die erste Führung ist immer gratis“, sagte Sukamon händereibend.

„Ist immer gratis!“, rief die Maus.

„Moment.“ Tageko sank vor dem Digimon auf ein Knie, damit sie auf gleicher Höhe waren, und sah es mit zweifelndem Blick bohrend an. „Du kommst mir schon sehr merkwürdig vor. Eine Gratisführung? Das erscheint mir doch zu verdächtig.“

Dem Sukamon brach der Schweiß aus, was auf seiner glatten gelben Haut gut zu sehen war. „Na gut, na gut, du hast mich erwischt“, sagte es und wedelte abwehrend mit den dürren Armen – seinen einzigen Extremitäten, obwohl man die Zunge fast dazurechnen konnte. „Wenn wir am Ziel angekommen sind, würd ich gern von euch zum Essen eingeladen werden. Vielleicht macht ihr ja ein Picknick dort, oder wir kommen hierher zurück …“

„Hierher sicher nicht“, sagte Tageko trocken. „Am Ende treffen wir noch mehr so schmierige Kreaturen wie dich.“

„Du kannst was von unseren Lunchboxen haben“, bot Kouki an.

„Oh, danke, danke“, sabberte das Digimon.

Die Maus sprang von seinem Kopf. „Ich bezahle schnell die Rechnung. Geht schon mal vor, wir treffen uns in der Schlucht.“ Es huschte auf das Restaurant zu.

„Dann nichts wie los“, sagte Sukamon und hüpfte voraus.

„Sag mal, meinst du, das ist eine gute Idee?“, raunte Tageko Kouki zu. „Dieses Digimon gefällt mir nicht.“

„Ach, keine Sorge“ meinte er lächelnd. „Es macht doch einen strunzdummen Eindruck. Sicher ist es harmlos.“

„Hoffentlich“, brummte sie zweifelnd.

 

„Troopmon! Troopmon!“ Das kleine Chipmon stürzte Hals über Kopf bei der Tür von Digitamamons Restaurant herein und lief auf Troopmons Tisch zu, kletterte an der Stuhllehne hoch und sprang auf die Tischplatte, wo es erstmal keuchend nach Luft schnappte.

„Was ist?“, fragte Troopmon mit seiner heiseren Stimme. Es schlürfte einen Schluck Kakao durch seine Gasmaske.

„Menschen … Sukamon … Berge!“ Chipmon musste nach Atem schöpfen, dann setzte es erneut an. „Sukamon führt ein paar Menschen in die Berge! Sie wollen zu der Schlucht, in der der Lichtsamen steckt! Sukamon führt sie sicher auf Umwegen dahin, also werden sie lange brauchen!“

„Was geht mich das an?“, knurrte Troopmon ungehalten und machte Anstalten, das kleine Mausdigimon von seinem Tisch zu wischen.

„Es sind Menschen!“, rief Chipmon. „Die Asuras suchen doch nach Menschen, das weiß hier jeder! Letztens war sogar Persiamon hier und hat sich nach ihnen erkundigt!“

„Und?“

„Du als Kopfgeldjäger könntest dich bei ihnen gutstellen! Sie zahlen dir sicher einen hohen Preis, ganz bestimmt!“

Troopmon setzte das Glas auf dem Tisch an. „Da ist was dran“, brummte es heiser und überlegte. „Mal sehen … die Klaffenden Berge, das müsste Karatenmons Gebiet sein. Ausgezeichnet.“

Es stand auf, warf Veggiemon ein paar Münzen zu und machte Anstalten zu gehen. „He!“, rief Chipmon. „Sukamon und ich bekommen einen Anteil, vergiss das nicht!“

„In dem Glas ist noch ein letzter Schluck.“ Troopmon deutete auf seinen Kakao. „Das müsste reichen.“

Chipmon starrte es aus großen Augen an. „Das reicht nicht!“, ereiferte es sich, verstummte aber, als Troopmon sein Gewehr auf es richtete. „Ich … ich meine … doch, das ist natürlich mehr als genug …“, piepste es kleinlaut.

Ohne ein weiteres Wort ging Troopmon nach draußen. Am Rand des Sees tauchte wie aus dem Nichts sein Waffenbruder Monitormon auf. „Haben wir gerade jemanden in der Nähe von Karatenmons Höhle?“, fragte es das Digimon, dessen Kopf ein riesiger Bildschirm war.

„Das rote Monitormon müsste dort irgendwo sein.“

„Verbinde mich mit ihm. Es soll Karatenmon eine Nachricht überbringen.“

„Da wird es aber nicht erfreut sein.“

„Ist mir egal. Ich will auf Nummer sicher gehen.“

Karatenmon war von allen Asuras vermutlich am einfachsten zu finden. In der Nähe seiner Höhle war es oft bei irgendwelchen rituellen Morgenübungen zu sehen. Natürlich widerstrebte es anderen Digimon, seine Höhle zu betreten, selbst Kopfgeldjägern wie Troopmons Monitormon-Freunden – aber es würde Karatenmon wissen lassen, dass es ihm bald die DigiRitter bringen würde, und rückfragen, wie viel sie ihm wert seien. Bekam es nicht genug für sie, würde sich schon ein anderer Abnehmer finden.

Es bemerkte nicht den haarigen Schatten, der hinter ihm aus dem Restaurant kam und sich eiligst auf den Weg in Richtung Gebirge machte.

 

„Und das da vorn ist der, ähm, der …. der, der Wellenfelsen.“ Sie kamen an einer Steilwand vorbei und Sukamon deutete auf einen Stein, der tatsächlich eine wellige Oberfläche hatte.

„Das hast du dir doch gerade ausgedacht“, sagte Jagari anklagend. Die ganze Zeit ging das nun schon so. Sie waren seit Stunden unterwegs und hatten nur eine einzige Pause gemacht. Selbst nachdem das Digimon den versprochenen Snack aus ihren Bentous bekommen hatte, wurde es nicht müde, sich wichtig zu machen.

Sukamon antwortete nicht, sondern hüpfte zu Fumiko. „Na, meine Süße? Wie gefällt es dir in der DigiWelt?“

Fumiko achtete stur auf den Weg. „Schrecklich. Zu viele hässlichen Gestalten.“

Sukamon sah nicht so aus, als hätte es den Seitenhieb verstanden, aber es wirkte ob ihrer rüden Antwort dennoch geknickt und hopste wieder an die Spitze der Prozession. Nicht lange darauf erreichten sie eine Schlucht. „Da vorne ist es!“, sagte das gelbe Digimon.

Es hätte gar nicht darauf zeigen müssen. Noch ehe sie den Lichtsamen sahen, überkam sie das beklemmende, stickige Gefühl, von dem Kouki gesprochen hatte. Als würde etwas abgrundtief Böses und Kaltes auf sie in dieser Schlucht lauern … Sie mussten sich regelrecht zwingen, einen Schritt vor den anderen zu setzen. „Kalt, nicht wahr? Deswegen kommen so selten Digimon hier her. Ihr habt Glück, dass ihr mich getroffen habt“, sagte Sukamon.

Der Samen war so, wie Kouki ihn in Erinnerung hatte, nur dass das strahlende, formlose Weiß nun noch mehr von schwarzen Pocken durchsetzt war. Es erschien ihm falsch, dass so reines Licht derart befleckt wurde, und er war froh, etwas dagegen unternehmen zu können.

Als sie auf den Samen, der mitten in der Schlucht knapp über dem Boden schwebte, zutraten, merkten sie, dass sie erwartet wurden.

„Ihr seid also endlich hier.“

„Was ist das denn für ein komisches Ding?“, platzte Renji heraus.

Nanimon hatte die irrwitzig kleinen Arme verschränkt und starrte ihnen unter seiner Sonnenbrille entgegen. „So sieht man sich wieder, Menschenjunge!“, rief es Kouki zu. „Wir haben noch eine Rechnung offen!“

„Was willst du von uns?“, fragte Salamon alarmiert.

„Das wisst ihr sehr genau! Ihr habt mich gedemütigt und um meine Rache gebracht!“

„He, langsam“, wehrte Kouki ab. „Ich war nur der Schiedsrichter. Und Salamon hat gar nichts getan.“

„Kennst du den Witzbold etwa?“, fragte Renji.

„Flüchtig“, seufzte Kouki.

„Ich werde dir zeigen, was er heißt, mich lächerlich zu machen. Komm her!“, brüllte Nanimon.

„Ist das Ding ein Asura?“, fragte Taneo.

„Oh, nein“, antwortete Kouki. „Es heißt Nanimon. Es ist harmlos – denke ich.“

Harmlos?“, stieß Nanimon aus und sein runder Kopf färbte sich rot. „Na warte, dir geb ich harmlos!“ Knurrend und schnaufend rannte es auf ihn zu.

„Kouki, pass auf!“ Salamon warf sich dazwischen und sprang das wütende Digimon an, doch ein Fausthieb von Nanimon schleuderte es davon.

„Du kommst später dran!“, versprach es, als der kleine Hund über den kantigen Boden der Schlucht schlitterte. Salamon rappelte sich sofort wieder auf und stieß ein Knurren aus – dann hüllte gleißendes Licht das Digimon ein. Als es verschwand, rannte Gatomon auf allen Vieren zu seinem Partner.

„Kokuwamon!“, rief Taneo, als Nanimon immer näher kam. Das Käferdigimon flog ihm mit blitzenden Kontakten entgegen, und Nanimon war so dumm, erneut zuzuschlagen. Sein Boxhandschuh geriet mitten in die elektrische Zange, und mit einem zitternden, hohen Schrei hielt das Digimon inne, die Glieder unkontrolliert zuckend und mit blauen Blitzen, die über seinen Körper liefen.

Im nächsten Moment war Gatomon heran. „Blitzpfote!“ Nun war es sein Schlag, der Nanimon umwarf und aufgrund seiner Körperform über den Boden kollern ließ.

„Reizend“, sagte Tageko eben sarkastisch – als sich direkt vor ihren Füßen ein kleiner, grüner Blitz in den Boden fraß. Die DigiRitter zuckten zusammen und wirbelten herum, auf der Suche nach dem neuen Angreifer. Schon regnete es weitere Blitze.

„Kouki, weich aus!“ Gatomon sprang seinem Partner gegen die Brust und bewahrte ihn damit davor, getroffen zu werden.

Jagari hatte inzwischen den Übeltäter ausgemacht. „Da oben!“, rief er und deutete auf den schmalen Gebirgspfad, dem Kouki damals mit Ogremon gefolgt war. Man sah undeutlich eine Gestalt, die in ihre Richtung sah – und immer wieder kleine, grüne Blitze auf sie schoss, die überall in der Schlucht herniederhagelten.

„Weißt du, wer das  –“, wollte Kouki Sukamon fragen, doch das Digimon hatte sich aus dem Staub gemacht. Er fluchte. Das war ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.

 

„Geht alle in Deckung!“, rief Taneo.

Das war einfacher gesagt als getan. Es gab in der Schlucht keine Sträucher oder Ähnliches, hinter dem man Schutz suchen könnte, und irgendwie widerstrebte es ihnen, sich hinter dem Lichtsamen zu verstecken. Letztendlich kauerten sie sich alle hinter irgendwelche Felsbrocken, die sich an den Steilwänden gesammelt hatten, oder versteckten sich in Felsnischen.

Während Taneo sich mit dem Rücken gegen den kantigen Brocken lehnte, Kokuwamon fest im Arm, dachte er fieberhaft darüber nach, wer es diesmal auf sie abgesehen hatte. Ein Verbündeter Nanimons? Gar ein Asura? Oder ein Untergebener von ihnen?

Seine Gedanken wurden unterbrochen, als Renji sich keuchend wie nach einem Marathonlauf mit Candlemon im Schlepptau über den Felsen schwang und neben Taneo hockte. Kurz starrte er seinen Mitflüchtling an, und Taneo konnte an seinem Mienenspiel sehen, dass ein Schwall verschiedenster Gedanken durch sein Gehirn raste. Schließlich verzog er das Gesicht, sprang wieder auf und lief weiter, wieder aus der Deckung heraus. Candlemon hopste ihm verwirrt hinterher.

War das zu fassen? „Bleib hier, du Idiot!“, brüllte Taneo ihm nach. War Renjis Abneigung ihm gegenüber so groß, dass er lieber ins Verderben rannte, als sich hinter dem gleichen Felsen zu verstecken?

 

Tageko blieb fast das Herz stehen, als sie, nachdem sie all ihre Schützlinge schon in Sicherheit geglaubt hatte, Renji plötzlich wieder ohne Deckung durch die Schlucht rennen sah. Hatte er den Verstand verloren?

Das Digimon auf der Klippe nahm ihn natürlich sofort ins Visier. Die ersten Blitze schlugen direkt neben Renji ein, bald würde es sich geeicht haben … In hellem Licht digitierte Candlemon zu Meramon und warf sich schützend über seinen Partner.

Gerade rechtzeitig. Der nächste Blitz hätte Renji direkt getroffen. Nun fuhr er in Meramons flammenden Rücken und wurde absorbiert, doch das Digimon ließ dennoch ein schmerzerfülltes Stöhnen hören.

Tageko hörte Renji mit geweiteten Augen irgendetwas rufen, dann wandte sich Meramon knurrend um, holte aus und schleuderte einen Feuerball himmelwärts. Er traf die Steilwand über dem Scharfschützen und zerplatzte daran, aber mehr als kleine Steinchen riss er nicht los.

Plötzlich sprang Mushroomon neben Tageko auf und warf einen seiner Pilze nach dem Angreifer. Auch dieser traf nicht, sondern war etwas zu tief gezielt – dafür nahm der Schütze nun Tagekos Partner aufs Korn und sandte ein Stakkato aus Blitzen in seine Richtung. Mushroomon duckte sich hastig wieder, aber  es entging dem Angriff nur um Haaresbreite.

„Hast du sie noch alle?“, fuhr Tageko es an. Ihr Herz pochte so sehr, dass es wohl zum baldigen Zerspringen bereit war. „Wie kannst du in so einem Moment nur aus der Deckung gehen? Willst du, dass es dich erwischt?“

Mushroomon zuckte ob der Schelte zusammen. „Ich wollte doch nur …“

„Dich leichtsinnig in Gefahr begeben? Bleib verdammt nochmal unten, hast du verstanden?“

Das Digimon senkte betreten den Kopf, aber Tageko hakte noch einmal nach. „Hast du verstanden?

„Ja“, murmelte es kleinlaut.

 

Von seinem Versteck in einer Felsnische aus sah Jagari, wo Nanimon abgeblieben war. Es schien sich noch mit Gatomon zu duellieren, im Schatten der Steilwand, die von dem Pfad oben aus schwierig einzusehen war. Eben liefen die beiden wieder aufeinander zu, als wären sie Ritter, die einander vom Pferd stoßen wollten.

Kurz bevor sie sich erreichten, machte Gatomon einen Satz, landete auf der Glatze des völlig überrumpelten Nanimon, sprang von dort aus weiter und drehte sich in der Luft herum. „Katzenauge!

„Ha! Was soll das sein?“ Was Jagari befürchtete, trat ein. Nanimons Sonnenbrille schien es vor Gatomons Augen zu schützen. Das Boxerdigimon holte aus und fegte Koukis Partner direkt aus der Luft wie eine Fliege.

„Das sieht schlecht aus, Elecmon“, sagte er. Er lugte über die Schulter und versuchte, die anderen zu finden. Das Dauerfeuer von oben hatte aufgehört. Ganz in der Nähe sah er Taneos Haarschopf über einen Geröllbrocken ragen. Von Kokuwamon sah er nur, dass es plötzlich in hellem Licht zu Thunderboltmon digitierte – und dann quasi verschwand. Hatten die beiden einen Plan?

Sofort wurde Jagaris Aufmerksamkeit wieder von Nanimon angezogen, das sich mit entschlossen verzogenem Mund auf Kouki stürzen wollte. Dieser drängte sich mit dem Rücken gegen die Felswand und sah der laufenden Kugel mit zusammengebissenen Zähnen entgegen, die mit erhobenen Fäusten auf ihn zustürmte – so lange, bis Meramon sich vor ihm aufbaute und sich drohend die Hände rieb. Jagari registrierte beiläufig, dass Renji irgendwo abgetaucht war.

Man hörte sogar seine Stiefel quietschen, als Nanimon abbremste. „Du hältst du wohl für sehr wichtig, weil du so groß bist!“, blaffte es Meramon an. „Wo kommst du überhaupt her, verdammt?“

„Das würde dich wohl brennend interessieren, was?“, entgegnete Meramon grinsend. In seiner Hand flammte eine Feuerkugel auf, der Nanimon nur durch einen gewagten und wenig anmutigen Sprung entging. Jagari atmete erleichtert auf, als er Kouki wieder in Sicherheit sah … jedenfalls bis das Digimon oben auf dem Pfad seine Position gewechselt hatte und sie alle erneut ins Visier nahm.

So weit sollte es nicht kommen. Plötzlich hörte man von oben einen dumpfen Schlag, und ein Blitzen wurde sichtbar – nicht grün, sondern blau. Thunderboltmon war unbemerkt zu dem Scharfschützen hinaufgeflogen – und es dauerte keine Sekunde, als man auch schon einen dunklen, menschenähnlichen Körper von der Klippe stürzen sah. Taneos Digimon schoss kreuz und quer durch seine Flugbahn und attackierte es noch im Fallen wieder und wieder mit seinem kugelförmigen Körper. Schließlich richtete das fremde Digimon seine Waffe auf den Boden der Schlucht und feuerte einen durchgängigen Blitz, so stark wie noch nie zuvor. Es benutzte ihn als umgekehrten Schubantrieb und dämpfte somit seinen eigenen Aufprall. Trotzdem knallte es so hart auf den Felsenboden, dass Erde und Staub aufwirbelte. „Gut gemacht, Thunderboltmon!“, rief Taneo. Sein Digimon schraubte sich blitzschnell wieder in den Himmel, um mit seinem nächsten Angriff zu warten, bis sein Feind wieder sichtbar wurde.

Jagari sah seine Zeit gekommen. „Jetzt sind wir dran, Elecmon“, sagte er und sein DigiVice leuchtete auf. Es war gut, dass sein Partner nun augenscheinlich willkürlich digitieren konnte.

Der Boden erzitterte unter Tyrannomons schweren Krallen. Der riesige, rote Dinosaurier warf brüllend ein Maul voll Flammen auf den Schatten, der sich aus der Staubwolke erhob.

„Jagari, Tyrannomon! Ihr stehlt uns die Show, verdammt!“ Renji war wieder aus seiner Felsnische aufgetaucht, aber Jagari kümmerte sich ausnahmsweise nicht um seine Worte – zumal das fremde Digimon keine Sekunde später aus dem Wirbel aus Flammen und Staub hervorrannte.

Genauer gesagt watschelte es auf seinen krummen, kurzen Beinen, aber so schnell, dass Tyrannomons Flammenwerfer es nicht erwischte. Erstmals konnte Jagari es genau erkennen. Es sah aus, als trüge es einen militärischen ABC-Anzug, dazu hatte es eine passende Waffe in der Hand. Es rutschte gekonnt zwischen Tyrannomons Beinen hindurch und deckte den Riesen dabei mit einem Schwall grüner Blitze aus deren Mündung ein. Jagaris Partner knurrte auf und zuckte zusammen.

 

Als das Digimon wieder aus der Feuerwolke herausbrach, die es eigentlich hätte erledigen sollen, mussten die DigiRitter hektisch neue Verstecke suchen. Taneo fluchte. Ein Schweißtropfen lief ihm über die Wange. Er wollte es nicht zugeben, aber er hatte vor einem Digimon mit einer Schusswaffe mehr Angst als vor solchen Giganten wie dem schwarzen Tyrannomon, das sie bei ihrem letzten Besuch in der DigiWelt gesehen hatten. Selbst die Schwerter der Ninjamon waren ihm tausendmal lieber. Ein einziger Schuss aus der Ferne konnte sie verletzen, oder gar töten … Seine Narbe brannte wieder.

Fieberhaft überlegte er, was nun zu tun wäre. Immerhin konnten sie das Digimon jetzt, da es direkt vor ihrer Nase war, bekämpfen. Taneos Blick wanderte zu dem Lichtsamen mit seinem unansehnlichen Fleckenmuster. Und wenn das Digimon ein Asura war? Dann war es vermutlich nicht so einfach kleinzukriegen … Es sah, nüchtern betrachtet, zwar nicht bedrohlich aus, aber das hatte Pumpkinmon auch nicht getan. Wenn es ihm gelang, den Lichtsamen zu reinigen, konnte er es vielleicht ablenken oder seine Motivation brechen … besser als untätig herumzusitzen war es allemal. „Gebt mir Deckung!“ Er lief los.

Sofort wandte sich das finstere Digimon ihm zu – und sofort stieß Thunderboltmon wie ein Raubvogel vom Himmel herab und deckte es mit neuen Stößen ein. Nahe der Steilwand sah Taneo, wie Nanimon ächzend Gatomons und Meramons Attacken auswich. Gut, es war also auch beschäftigt.

Keuchend, die Narbe in seinem Gesicht ein Mund, der Schmerzen spie, blieb er hinter dem Lichtsamen stehen, wo er vielleicht nicht so gut gesehen wurde. Er griff nach seinem DigiVice und richtete es auf das befleckte Licht. Das kleine Display glühte auf, und ein einzelner, weißer Lichtstrahl verband es plötzlich mit dem Samen. Taneo meinte zu sehen, wie die schwarzen Flecken etwas ausblichen.

Doch das war nicht alles, was passierte. Auch goldenes Licht erfüllte die Schlucht. Zuerst dachte Taneo, ein weiteres Digimon seiner Freunde wäre digitiert, doch als er am  Lichtsamen vorbei lugte, sah er mit Entsetzen, dass sich Thunderboltmon mitten in seinem Kampf zurückverwandelte. Plötzlich viel langsamer und weniger gefährlich, wurde es von einem grünen Schuss seines Feindes erwischt und quer durch die Schlucht geschleudert.

„Kokuwamon!“ Taneos Blick flackerte zu dem DigiVice, das er immer noch erhoben hatte. Digitierten ihre Digimon etwa zurück, sobald sie damit den Lichtsamen reinigen wollten?

 

„Tageko, wir müssen ihnen helfen!“, sagte Mushroomon mit Nachdruck, wagte aber nicht, seine Partnerin anzusehen. Sie hatten nur kurz das Versteck gewechselt und waren wieder hinter einem Felsen in Deckung gegangen. Seither hatte Tageko das Geschehen mit wachsendem Unwohlsein verfolgt. Erst war Renji losgerannt, nun Taneo – war sie denn hier die einzig Vernünftige?

„Tageko!“, drängte Mushroomon.

„Sei ruhig! Wir werden gar nichts tun!“, fuhr Tageko ihr Digimon etwas zu scharf an. „Ich laufe los und versuche, Taneo irgendwie in Sicherheit zu bringen. Du wartest hier.“

Sie wollte schon loslaufen, aber der Handschuh des Pilzdigimons schloss sich um ihr Handgelenk. „Aber ich kann dir helfen! Allein ist es zu gefährlich!“

„Lass mich los! Die anderen brauchen mich!“

„Sie brauchen uns!“

„Du kannst nicht so schnell laufen wie ich. Ich bin Staffelläuferin. Du würdest mich nur aufhalten“, erklärte Tageko kühl und nüchtern. „Und ich werde nicht kämpfen. Ich suche mir drüben bei Taneo eine neue Deckung, dann warten wir ab. Lass mich los!“

„Das kann ich aber nicht zulassen!“ Mushroomon lief rot an, was bei einem Pilz seltsam aussah, aber es schien all seinen Mut aufzubringen, Tageko die Stirn zu bieten. „Ich komme mit und beschütze dich!“

„Und das kann ich nicht zulassen“, beharrte sie. „Ich kann auf mich selbst aufpassen. Wenn du auch noch da draußen bist, muss ich mich um euch alle kümmern – dazu bin ich im Moment nicht entspannt genug, okay?“

Mushroomon machte zögerlich den Mund auf, ohne sie indes loszulassen. „A-aber … wenn ich digitieren könnte …“

„Das wirst du nicht.“

„Die anderen haben es auch geschafft!“

„Nein – hör zu, ich will nicht, dass du digitierst, hast du verstanden?“ Tageko sah ihrem Partner fest in die Augen. „Du wirst nicht digitieren, und damit basta! Ich dachte, das hätten wir besprochen.“

„Aber wieso nicht?“, jammerte Mushroomon. Sein Widerstand schien dahinzuschwinden. Der Griff um Tagekos Handgelenk wurde lockerer. „Warum darf ich nicht digitieren? Warum darf ich nicht kämpfen, Tageko?“

Sie biss sich auf die Lippen. Nun war sie es, die dem Blick ihres Partners auswich. „Darum“, murmelte sie.

 

„Ich löse dich ab.“

Taneo warf Fumiko einen überraschten Blick zu. Sie hatte sich an der Steilwand vorgetastet und war zu ihm hinter den Samen geschlichen.

Als er nicht reagierte, hob sie kurzerhand ihr eigenes DigiVice und richtete es auf den Lichtsamen. Die schwarzen Flecken zogen sich unter dem neuen Licht zurück, das war zu sehen, aber sie taten es langsam, sehr langsam. Es würde noch eine Ewigkeit dauern.

„Na los“, drängte sie ihn. „Ich übernehme. Lass Kokuwamon wieder digitieren. Hast du gesehen, wie flink dieses Biest ist? Thunderboltmon kann als Einziges den Lockvogel spielen, damit es nicht auf uns Menschen schießt. Ich übernehme den Samen.“ Sie senkte bitter die Stimme. „Wenigstens hat es was Gutes, dass mein Ei nicht geschlüpft ist. Nun geh schon!“

Taneo nickte dankbar und senkte sein DigiVice. Fumiko hoffte nur, dass Kokuwamon eine zweite Digitation gelang – doch kaum eine Sekunde später leuchtete das Käferdigimon, das am Fuß der Klippe gelandet war, wieder golden auf. Vielleicht konnten sie etwas Zeit gewinnen … Etwas Zeit, bis dieser blöde Lichtfunken endlich sauber war! Die schwarzen Flecken wehrten sich sichtlich mit aller Macht. Es war, als versuchte man mit Wasser alleine eine seit Jahren verdreckte, schimmlige Wand zu waschen.

„Ihr steht da ja komplett ungeschützt rum!“, tönte eine hämische Stimme hinter ihnen. Fumiko und Taneo wirbelten herum. Nanimon kam angelaufen – wie zum Kuckuck war es an Gatomon und Meramon vorbeigekommen? Waren sie nun auch mit dem unbekannten Digimon beschäftigt?

Taneo wich vorsichtig ein wenig zurück, sein Blick huschte immer wieder zu Fumiko, die stur vor dem Lichtsamen stehen blieb. „Fumiko, wir …“

Nanimon holte vorfreudig mit seinen Boxhandschuhen aus, als es sie erreichte – und in einer blitzartigen Judo-Bewegung packte Fumiko seinen Arm, schleuderte das Digimon über ihre Schulter und ließ es hart auf dem Boden aufschlagen. Das Mädchen richtete sofort wieder das DigiVice auf den Samen, das nicht aufgehört hatte zu leuchten, so als wäre Nanimon nur eine lästige Fliege gewesen, die es zu verscheuchen galt.

Einen Moment lang glotzten alle Fumiko an, sowohl Taneo als auch Renji und Meramon, die eben angelaufen kamen, und versuchten zu verstehen, was gerade geschehen war – und am verwirrtesten war sicherlich Nanimon selbst, das nicht begriff, warum es plötzlich auf dem Boden lag, immer noch von Fumiko am Arm gepackt.

 

Tagekos und Mushroomons Streit war immer lauter geworden. Sie spürte schon rote Flecken in ihrem Gesicht brennen. Warum konnte nicht wenigstens ihr Digimon mit ein wenig Hirn gesegnet sein? „Zum letzten Mal, du wirst nicht digitieren, und du wirst nicht kämpfen! Hör auf, mit mir darüber zu diskutieren!“

„Aber wenn ich digitieren würde, könnte ich dich beschützen und nicht umgekehrt!“

„Das ist es ja eben! Glaubst du, du könntest mich und die anderen beschützen, wenn du so unvernünftig bist?

„Aber ich … Ich …“ Aus Mushroomons Augen liefen bereits Tränen. „Tageko, lass es mich wenigstens versuchen …“

Nein! Wie oft denn noch? Überleg mal logisch – wie soll ich auf dich aufpassen, wenn du dich in so ein monströses Etwas wie Tyrannomon verwandelst? Du bleibst hier in Sicherheit, das ist mein letztes Wort!“

„Du bist nicht meine Mutter!“, schrie Mushroomon aufgelöst. Offenbar hatte es die Verhältnisse bei ihr zuhause studiert. Das war ein Satz, den Tagekos jüngere Geschwister ihr gern entgegenwarfen.

„Biologisch gesehen vielleicht nicht, aber ich bin dein Partner, und ich bin die Älteste in diesem Haufen von Verrückten. Irgendjemand muss einen kühlen Kopf bewahren und dafür sorgen, dass wir alle wieder heil nach Hause kommen.“ Tageko strich sich energisch eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Und das bin nun mal ich. Sonst kann das niemand übernehmen, verstehst du? Wenn schon die anderen nicht auf mich hören, dann sei wenigstens du folgsam!“

„Aber ich kann dir doch helfen! Ich helfe dir, alle nachhause zu bringen! Du kannst nicht immer versuchen, mich aus jedem Kampf rauszuhalten – du bist ja auch nicht mehr auf deine Mutter angewiesen!“

„Habe ich denn eine andere Wahl?“, rief Tageko. Wer sollte den Laden schmeißen, wenn nicht sie? So war es daheim, weil ihre Mutter kaum zuhause war, und so war es hier mit den DigiRittern. Sie hatte nicht darum gebeten, alle Verantwortung zu schultern, aber wenn es niemand sonst tat … Oder sollte sie die Last mit Musrhoomon teilen?

Plötzlich zögerte sie und sah ihrem Digimon tief in die Augen. Es meinte es ehrlich, es wollte ihr helfen. Aber wenn sie wirklich so etwas wie eine Mutter für es darstellen wollte, wie sie es für ihre Geschwister sein musste – konnte sie dann guten Gewissens zulassen, dass Mushroomon sich in Gefahr begab? Sie mochte das Digimon, in der kurzen Zeit, die sie einander kannten, war es ihr ans Herz gewachsen. Wäre es nicht unverantwortlich, es an die Front zu schicken, selbst wenn sie mit ihm ging?

„Du hast einmal gesagt, dass du es anstrengend findest, dich um deine Geschwister zu kümmern“, sagte Mushroomon leise. Hatte sie? Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, aber vielleicht war es ihr eines Abends herausgerutscht. „Du hast gesagt, die wären so unreif und könnten nicht auf sich selbst aufpassen, und deswegen wäre es deine Plicht, dich um sie zu kümmern. Aber was, wenn sie einmal nicht mehr unreif sind? Wenn sie irgendwann genug gelernt haben, um nicht mehr von dir oder deiner Mutter abhängig zu sein? Willst du sie dann immer noch zurückhalten? Ich könnte über mich hinauswachsen, jetzt, wenn du mich nur lässt. Bitte, Tageko. Lass mich reifer werden. Dann kann ich mich dafür revanchieren, dass du bisher auf mich aufgepasst hast.“

Ich könnte über mich hinauswachsen. Tageko starrte es an. Was, wenn es genau andersherum war? Wenn sie einfach nur nicht gewollt hatte, dass Mushroomon über sie hinauswuchs? Hatte sie sich zu sehr an ihre Rolle als Ersatzmutter gewöhnt, dass sie diesen Zustand um jeden Preis erhalten wollte? Plötzlich zweifelte sie an sich selbst. Was bisher selbstverständlich war, begann zu bröckeln. Ihre Knie wurden weich, und sie sank zu Boden. Konnte es tatsächlich sein, dass sie ihr Digimon daran hinderte, reifer zu werden? Aus den Augenwinkeln sah sie ihr DigiVice leuchten.

Mushroomon tat einen Schritt an ihr vorbei und senkte den Blick. „Ich werde jetzt kämpfen“, sagte es leise. „Tut mir leid.“

„Nein.“ Tageko nahm seine Hand. „Mir tut es leid, Mushroomon.“ Sie schluckte und suchte den Blick ihres Digimons, und ihm ihre Entschlossenheit zu vermitteln. „Kämpfen wir Seite an Seite. Und zeigen wir es diesem Ding.“

Mushroomon lächelte sie strahlend an – und glühte in goldenem Licht auf. Seine Umrisse wuchsen, und Tagekos Herz pochte heftig. Sie hatte es zugelassen … Ihr Schützling begab sich auf eine Stufe, auf der er selbst zurecht kommen musste.

 

Meramon und Renji stapften zu dem am Boden liegenden Nanimon. „Hey“, knurrte er. „Hände weg von Fumiko-chan!“

Nanimon brach beim Anblick des Flammendigimons in kalten Schweiß aus. „Das ist ein Missverständnis!“, rief es und deutete hektisch auf seinen Arm. Fumiko hielt es immer noch fest.

In dem Moment sahen sie das Licht hinter dem Felsen, hinter dem sich Tageko und Mushroomon versteckt hatten. „Sieh an“, bemerkte Renji lässig. „Die Frau Lehrerin hat es also auch geschafft. Jetzt sind all unsere Digimon digitiert, das heißt, ihr seid ziemlich im Arsch, oder?“

Nanimon sah sich hektisch um, wagte aber nicht, aufzustehen. „Moment mal, ich gehöre gar nicht zu ihm!“, rief es angsterfüllt. „Wie gesagt, das ist alles ein Riesenmissverständnis! Ich habe nur gehört, dass es euch hier irgendwo suchen wird, das ist alles! Ich bin nur wegen dem braunhaarigen Jungen hier … Wenn ich es mir recht überlege, bin ich eigentlich rein zufällig vorbeigekommen, ja, rein zufällig!“

Renji gähnte. „Ja, sicher. Zu dir kommen wir schon noch. Meramon, das andere scheint mir gefährlicher zu sein.“ Er warf einen Seitenblick zu Fumiko. Sie würdigte weder ihn noch das Digimon, das sie über die Schulter geworfen hatte, eines Blickes, sondern konzentrierte sich rein auf den Lichtsamen. Renji fand sie im Moment so bewundernswert, dass er nicht mal ein Wort an sie richten konnte.

 

Seite an Seite traten Tageko und ihr Partner in die offene Schlucht. Woodmon sah aus wie ein Holzstamm, in den jemand ein Gesicht geschnitzt hatte. Seine Beine waren stachelige Wurzeln, seine Arme hohle, dicke Äste. Es war größer als ein Van.

Das Digimon im Kampfanzug, dessen Namen sie immer noch nicht kannten, schien wenig beeindruckt.

Kokuwamon hatte sein höheres Level dieses Mal nicht lange durchgehalten und ruhte sich erschöpft bei Taneo aus, der sich wieder dem Lichtsamen gewidmet hatte. Mit blitzenden Kontakten bedrohte es nebenbei Nanimon, das Fumiko schließlich losgelassen hatte und das nun stumm dem Spektakel in der Mitte der Schlucht zusah. Die anderen Digimon hatten ihren bewaffneten Feind  eingekreist. „Passt auf“, sagte Gatomon. „Es ist ziemlich schnell.“

Woodmon holte mit den Astarmen aus. „Zweigpeitsche!“ Die Äste schossen in die Länge, und es schlug von oben zu. Das Digimon wich mit ein paar trippelnden Schritten aus, und die Äste krachten laut auf den blanken Schluchtboden. In der gleichen Bewegung legte ihr Feind an und sandte einen Hagel aus Blitzen gegen Woodmons Stamm. Kleine Stückchen sprangen aus seiner Borke.

Tageko zuckte zusammen. „Woodmon, bist du okay?“

„Alles in Ordnung“, sagte ihr Digimon. Die hellen Augen, die in dunklen Höhlen steckten, suchten die Schlucht ab. „Aber ich habe eine Idee.“

„Glaubt ihr, ihr könntet mir irgendwie beikommen?“, richtete das fremde Digimon zum ersten Mal das Wort an sie. Vielleicht war es ein Fortschritt, wenn es sie für ein paar Worte wert hielt. Seine Stimme klang sehr heiser und gedämpft hinter der Maske. „Ich habe schon das Kopfgeld für Digimon kassiert, die doppelt so groß waren wie du.“

„Tyrannomon, Gatomon, springt!“, rief Woodmon und ließ den beiden keine Zeit, den Befehl zu hinterfragen. Es holte weit aus, streckte die Arme bis zum linken Rand der Schlucht, und schlug in einem weit ausholenden Bogen erneut zu. Seine Arme schrammten über die Felswand, wurden noch länger und füllten die gesamte Breite der Schlucht aus. Der Halbkreis, den sie beschrieben, reichte fast bis zum Lichtsamen. Tyrannomon und Gatomon gelang es gerade noch, über die baumdicken Äste zu springen, die wie eine kleine Mauer durch die Schlucht schnellten.

Tageko verstand, als es das feindliche Digimon davonlaufen und dabei wirkungslos auf die herannahende Äste schießen sah. Es mochte auf seinen kleinen Beinen erstaunlich schnell sein, aber es konnte nicht besonders hoch springen. Die Zweigpeitsche erwischte es seitlich an der Hüfte und schleuderte es gegen die rechte Felswand, wo Woodmon es eisern festhielt. „Jetzt!“, rief Woodmon.

Gatomon schoss los wie ein Pfeil von der Sehne. Seine Blitzpfote schlug dem Digimon die Waffe aus der Hand. Dann kamen Meramon und Tyrannomon an die Reihe und tauchten es, mitsamt den Ästen, die es festhielten, in ein zuckendes, brodelndes Flammenmeer. Diesmal sahen sie die Datensplitter, die davonstoben. Sie hatten es geschafft. Woodmon zog die angekokelten Äste zurück, und Tageko fiel ein Stein vom Herzen. Sie hoffte inständig, dass sie ihren Entschluss nicht bereuen würde – aber Woodmon wirkte wirklich zuverlässig.

Jagari und Kouki kamen aus ihrer Deckung hervor und beglückwünschten Tageko und Woodmon herzlich, und das war ihr fast schon wieder peinlich.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wieder ein bisschen Action :) Das nächste Kapitel heißt dann "Rabenschwingen"! Bis dann! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Fuchspinsel
2017-02-07T22:19:21+00:00 07.02.2017 23:19
Ich mag Meramon „Das würde dich wohl brennend interessieren, was?“ ... Sparwitzalarm... xD
Troopmon musst ich erstmal googln... kannte den Namen bis jetzt nicht xD (und ehrlich gesagt bin ich nich so der Fan von diesen ganzen bewaffneten Militärs-Digimon...) aber auch interessant mal nicht so bekannte Digimon zu treffen ^^
Das nächste Kapitel heiß also "Rabenschwingen"... Na wenn wir da mal nich unser meditierendes Karantenmon treffen werden :D
Bin schon ganz gespannt auf das Kapitel ;) und va darauf, wer wohl als erstes auf das Ultralevel kommt :)
Antwort von:  UrrSharrador
15.02.2017 19:54
Danke für deinen Kommi! Ich mag es auch xD Sollte so etwas wie der Kindskopf unter den Digimon werden^^
Ich weiß nicht mehr, warum ich Troopmon genommen habe. War eher ein Wegwerfdigimon xD Aber eigentlich mag ich es auch nicht.
lg
Von:  EL-CK
2017-02-06T15:13:54+00:00 06.02.2017 16:13
"....das war ihr fast schon wieder peinlich." So sind die "Kindergärtner" nunmal XD
Antwort von:  UrrSharrador
15.02.2017 19:23
Danke für deinen Kommi^^ Hast du damit etwa Erfahrung? ;)
Antwort von:  EL-CK
15.02.2017 19:24
wer weiß wer weiß XD
Antwort von:  UrrSharrador
15.02.2017 19:58
^^ gibt übrigens jz ein neues ;)


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