Volleyball
„Hinata, du feiges Hühnchen!“, zischte Ino und schlug den Ball mit Schmackes in Richtung Sakura.
Hinata antwortete nicht, sah nur verlegen zu Boden. Sie schämte sich zwar weggelaufen zu sein, aber es war ganz klar eine Frage des Überlebens gewesen. Wenn Ino einmal in Fahrt war, machte sie vor nichts Halt.
Sakura parierte den Ball und sendete ihn mit mörderischer Geschwindigkeit auf Inos Kopf zu.
„Friss Gummi, Ino-Ferkel!“, schrie sie enthusiastisch.
Ino konnte gerade noch ausweichen, doch der Ball schlug auf den Boden auf und bescherte der gegnerischen Mannschaft einen Punkt. Sie ballte wütend die Faust.
„Das war ein Foul!“, schrie sie erbost. „Wolltest du mich umbringen, Kaugummi-Haar?“
„Ha, du träumst wohl schon wieder, Ino-Fettkuh! Genau wie vorhin bei Sasuke-Kun!“, sie lachte gehässig. „Als würde der jemals mit dir ausgehn. Dazu hat er einen viel zu guten Geschmack.“
Ino lief rot an. Sie sah aus wie ein Dampfkessel kurz vor der Explosion.
„Du musst grad reden, Sakura-….“, sie holte tief Luft und ließ jede Silbe genüßlich auf der Zunge zergehen, „…-Geschmacksverirrung!“
Sakura sah aus als habe sie gerade eine Glasscherbe in den Magen getroffen. Sie stürmte zum Netz.
„Was hast du gesagt, Blond-Hirn?“ Sie ballte ihre Faust und machte sich bereit, die gegnerische Seite zu invasieren. Ino stand ihr trotzig entgegen.
„Ho ho ho, was ist denn hier los?“ Anko-Sensei war plötzlich zwischen den Opponentinnen aufgetaucht. „Zurück auf eure Plätze, aber schnell!“
Murrend zog sich Sakura zurück. Ino blieb triumphierend an in ihrem Platz und streckte Sakura die Zunge heraus, als Anko-Sensei nicht hinsah.
„Duuuu…“, wütend stürmte Sakura wieder auf Ino zu.
Diesmal wurde Anko-Sensei rabiat, sprang zwischen die beiden und packte sie am Arm.
„Jetzt ist aber Schluss, ihr Zwei!“ Sie schüttelte sie energisch und redete weiter auf sie ein: „Was habe ich euch beigebracht? Eine Kontroverse muss man vernünftig führen und dabei nie den Kopf verlieren. Das Wichtigste ist, nie das Maß der Dinge außer Acht zu lassen. Keine Beschimpfungen, keine Handgreiflichkeiten, habt ihr das nicht von mir gelernt?“
Ehrlich gesagt war Anko-Sensei nicht gerade ein Vorbild für diese Inhalte. Wann immer Genma-Sensei, der Trainer der Jungens-Mannschaft, zugegen war und ihre Spieltaktik kritisierte, flogen die Fetzen nicht nur verbal. Dagegen waren Sakura und Ino vergleichsweise friedfertig zu nennen. Einmal hatte Anko-Sensei sogar einen Baseballschläger ergriffen und war im Begriff, Genma-Sensei ernsthaften Schaden zuzufügen. Glücklicherweise kamen Kakashi-Sensei und Iruka-Sensei hinzu und konnten gerade noch verhindern, dass Blut floss.
Aber ihr das jetzt zu sagen, wäre für die Situation wohl ziemlich kontraproduktiv gewesen. Also ließen Ino und Sakura stattdessen beschämt ihre Köpfe hängen und entschuldigten sich demütig. Anko-Sensei ließ nicht locker, bis die beiden sich die Hand gaben, ein eher widerwilliger, im Grunde bedeutungsloser Akt, aber er glättete die Wogen zumindest oberflächlich.
„So, und jetzt geht wieder auf eure Plätze und spielt Volleyball, aber fair, habt ihr verstanden?“
„Ja, Anko-Sensei.“, gaben beide kleinlaut von sich und trotteten auf ihre Plätze zurück. Irgendwie war ab da die Luft raus aus dem Spiel und Anko-Sensei brach das Ganze frühzeitig ab. Sie verdonnerte alle zu Konditionstraining, was allgemein mit Stöhnen aufgenommen wurde. Giftige Blicke wurden in Richtung Sakura und Ino geworfen, doch die ignorierten das.
„Hast du mal darüber nachgedacht“, keuchte Ino beim Laufen, „was passieren könnte, uh… wenn dieses Kaugummi-Haar… ah…es sich doch anders überlegt und Naruto…pfh… erhört?“
„Ich, ….puff… glaube nicht…urgh…dass, das passiert, Ino-Chan.“, keuchte Hinata zurück. „Sakura-Chan….hah… ist viel zu sehr….uhh… auf Sasuke-Kun fixiert ….uff… und sie ist… ah… entschlossen, ihn… uhh… zu erobern.“
Ino warf ihr einen mörderischen Blick zu.
„Äh… natürlich nicht…uh… so entschlossen, wie du…, Ino-Chan. Und… natürlich hat… Sakura-Chan….ahh… keine Chance.“, fügte Hinata sicherheitshalber hinzu und Inos Blick klärte sich wieder.
„Natürlich nicht.“, keuchte sie zufrieden.
„Was ist denn das hier?“ brüllte Anko-Sensei. „Wenn ihr beiden noch genug Luft habt um zu quatschen, dann gebt ihr nicht alles beim Laufen. Schneller, meine Damen, hopp, hopp, hopp!“ Sie lief neben den beiden her und trieb sie an bis ihnen das Wasser in die Augen stieg und sie nach Luft schnappten wie Fische an Land.
„Das war mit Abstand die unangenehmste Sport-Stunde, die ich jemals hatte.“, japste Ino auf der harten Bank des Umkleideraums auf dem Rücken liegend. Nach einer quälenden halben Stunde voll martialischer Übungen hatte endlich die Glocke geläutet und Anko-Sensei musste widerwillig von ihnen ablassen.
„Das ist wahr, Ino-Chan.“, entgegnete Hinata und wischte sich mit einem Handtuch den Schweiß vom Körper.
„Ugh, ich bin sogar zu fertig zum Duschen.“, jammerte Ino und blieb weiterhin halbtot auf dem Rücken liegen. „Ich glaube, ich werde stinken wie ein Schwein, wenn ich nach Hause komme. Hoffentlich ist Dad noch auf der Arbeit, sonst kann ich mich auf ein paar ‚lustige’ Kommentare gefasst machen.“
Hinata bot ihr ein frisches Handtuch an. „Du solltest dich wenigstens abtrocknen und die Sachen wechseln, sonst bekommst Du noch eine Erkältung, Ino-Chan.“
„Ich kann nicht, mit tut jeder Knochen weh!“ Ino vergrub ihr Gesicht in dem flauschigen Handtuch.
„Uhm… du willst doch nicht krank werden so kurz vor dem Ball und gegen Sakura-Chan verlieren?“, wendete Hinata ein. „Du… du weißt ja, wie entschlossen sie ist, Sasuke-Kun für sich zu gewinnen. Und wenn du nicht da bist….“
Mit einem Grunzen richtete sich Ino auf. „Niemals!“, fauchte sie. „Niemals wird diese Tafel-Stirn mir meinen Sasuke-Kun streitig machen!“ Sie streifte energisch ihre Sachen ab, wickelte sich in ein großes Handtuch und stand schwankend auf. „Ich gehe jetzt duschen.“ Unsicheren Schrittes taumelte sie in Richtung Waschraum. Hinata eilte ihr hinterher um sie zu stützen. Zusammen schafften sie es unter die schon verlassenen Duschen. Sie waren beide als einzige noch da. Anko-Sensei schaute kurz nach ihnen und gab ihnen exakt 10 Minuten, dann würde sie abschließen und sie könnten in der Turnhalle übernachten. Sie war immer noch pissig.
„Oahh!“, stöhnte Ino als das heiße Wasser auf ihren Körper prasselte. „Ich glaube, ich lebe doch noch, ich habe zu viele Schmerzen um tot zu sein.“
„Hab Geduld, Ino-Chan, gleich wird es besser. Das heiße Wasser entspannt deine Muskeln und wäscht den Schmerz weg.“
Ino seufzte. „Wenn es doch auch die seelischen Schmerzen wegwaschen würde!“
„Sei nicht traurig, Ino-Chan. Sasuke-Kun meint es nicht so. Er steht nur unter hohem Stress und möchte sich auf nichts einlassen. Immerhin… Sakura-Chan hat er auch nicht erhört.“
„Hah! Das wäre es nun noch!“ Ino erwachte zu neuem Leben. „Wenn ich ihn je mit dieser Breitstirn-Zicke sehe, ich schwöre dir, ich werde….“ Sie ballte wütend ihre Fäuste. Hinata mochte sich lieber nicht ausdenken wozu ihre Freundin dann fähig wäre.
„Ähm… mit wem gehst du nun zum Ball, Ino-Chan? Ich meine, da Sasuke-Kun jetzt außer Frage steht…“
„Wie, außer Frage steht?“ Ino funkelte sie wütend an. „Denkst du etwa ich gebe schon auf? Es sind noch 10 Tage bis zum Ball und ich werde meine Zeit nicht mit Ersatzspielern vergeuden.“
Hinata schluckte. „Ino-Chan…“ Ein Kloß schien ihr im Hals zu stecken. Der Mut ihrer Freundin machte sie sprachlos. Wenn sie selbst auch nur ein Zehntel dieser Zuversicht hätte, dann würde sie Naruto sofort ihre Liebe gestehen, ungeachtet aller möglichen Folgen. Sie starrte Ino bewundernd an, bis diese verlegen wurde.
„Ahh, mach dir mal um mich keine Sorgen, Hinata-Chan. Viel wichtiger ist: Mit wem gehst du jetzt zum Ball? Naruto-Kun wird dich nicht fragen und du wirst ihn nicht fragen, bliebe noch Kiba-Kun. Ich finde, er ist ganz süß auf seine Art. Nicht ganz mein Fall, aber süß.“
„Um ehrlich zu sein, Shino-Kun hat mich auch schon gefragt, sogar noch vor Kiba-Kun.“
„Aburame Shino? Der Sohn des Insektenforschers?“
„Mhm.“
„Ich habe gehört, er soll einen ganzen Krabbel-Zoo zu Hause haben, sogar Spinnen und uhh Skorpione.“ Ino schauderte. „Ihh, diese vielen Beine! Am Ende bleibt noch irgendso ein Krabbelvieh an ihm haften und er bringt es mit zum Ball. Ugh, da wäre mir Kiba lieber.“
„Ach Ino-Chan, was du dir wieder ausdenkst! Nein, Shino-Kun ist sehr nett… und Kiba-Kun auch… aber… ich… ich möchte lieber noch etwas warten, vielleicht…“
„Vergiss es, Naruto-Kun hat nur Augen für Sakura-Blödkuh, der bemerkt dich nie. Außerdem will er immer nur das haben, was Sasuke-Kun hat.“
„Eh?“
Ino schloß die Augen und grinste.
„Ist dir das noch nie aufgefallen? Hat Sasuke-Kun ein Tor geschossen, schießt Naruto-Kun auch eins. Hat Sasuke-Kun neue Marken-Schuhe, schuftet Naruto-Kun Doppelschichten im Supermarkt bis er sich die gleichen leisten kann. Hat Sasuke-Kun Interesse an jemandem, sucht auch Naruto-Kun dessen Freundschaft. Und wenn er ihm etwas nicht gleich tun kann, wie zum Beispiel gute Noten in Lernfächern, dann macht er es schlecht und verhöhnt ihn. Im Grunde ist Naruto-Kun erbärmlich. Er ist ein kleines Kopier-Äffchen, mehr nicht.
Er interessierte sich erst richtig für Sakura-Breitstirn, als die dauernd um Sasuke-Kun herum scharwenzelte.“
Hinata schwieg und starrte vor sich hin. Wenn das so war…
„Heh, die 10 Minuten sind um, ich schließe jetzt ab!“, schrie Anko-Sensei und rasselte mit den Schlüsseln.
„Nein, bitte nicht, Anko-Sama, nur noch 2 Minuten, dann sind wir fertig!“, bettelte Ino und trocknete sich eilig ab.
„2 Minuten, nicht mehr! 120, 119, 118, 117….“, Anko-Sensei zählte unbarmherzig die Sekunden runter und die Mädchen beeilten sich wie sie nur konnten. Anko-Sensei pflegte zu tun was sie sagte. Mit der war nicht zu spaßen.
„ …10, 9, 8, 7, 6….“
„Moment, Moment, da sind wir doch schon!“ Noch vom Wasser leicht dampfend und nach Atem ringend standen die Mädchen angezogen und mit all ihrem hastig zusammengerafftem Zeug vor ihr.
„Na schön.“, schnaubte Anko-Sensei. „Na, auf was wartet ihr noch? Raus mit euch, hopp, hopp! Ich hab meine Zeit nicht gestohlen und jünger werde ich auch nicht.“
Die Mädchen machten, dass sie aus der Turnhalle rauskamen und rannten ein ganzes Stück, um möglichst schnell außer Reichweite der übellaunigen Lehrerin zu gelangen.
„So ein Miststück!“, schimpfte Ino, als sie endlich außer Hörweite waren.
„A… aber Ino-Chan!“
„Ist doch wahr, sie ist eine richtige Sadistin!“
„Psst, wenn sie dich hört!“
„Ach was, wir sind viel zu weit weg.“
„A… aber sie soll sehr feine Ohren haben, fast wie ein Hund… erzählt man sich. Wenn… wenn sie dich nun doch gehört hat?“
Ino riss erschrocken die Augen auf und schaute sich ängstlich um. „Ich… ich glaube wir gehen jetzt besser sofort nach Hause, bevor wir’s noch rausfinden.“
Hinata nickte eifrig. „Ja, das ist sicher eine gute Idee.“
„Dann mach’s gut, Hinata-Chan, wir telefonieren!“ Ino rannte davon, drehte sich dann aber noch mal um und rief ihr zu: „Und denk dran, was ich dir gesagt habe!“
„Das werde ich!“ rief Hinata zurück und knüllte in ihrer Jackentasche ganz fest das Taschentuch mit Narutos getrocknetem Blut zusammen. Sie fühlte sich ihm plötzlich so nah wie nie zuvor.
„Ich werde dein Herz für mich gewinnen, Naruto-Kun." dachte sie. "Ganz gleich wie. Ich werde tun was immer dafür nötig ist.“ Dann wandte sie sich um und ging nach Hause.
Worterklärung diverser japanischer Begriffe:
Chan = Namensanhang, Verniedlichungsform, wird oft bei Mädchen oder Kindern gebraucht, aber auch wenn man jemanden mag
Kun = Namensanhang, gewöhnlich für Jungen, wird aber im modernen Japan jetzt auch bei Mädchen gebraucht
San = Namensanhang, respektvolle Anrede für Erwachsene
Sensei = Namensanhang, respektvolle Anrede für Lehrer
Sama = Namensanhang, sehr respektvolle Anrede für bedeutenden Persönlichkeiten, bedeutet soviel wie Hochverehrte/r
