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24 Farben der Liebe

Adventskalender 2015
von

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7. Türchen: Bootsfahrt

Montagnachmittag. Pascal saß noch im Büro. Nur noch eine Stunde durchhalten. Dann war Feierabend und er hätte ein paar Stunden Ruhe vor der Arbeit und vor seinem Chef. Der seinen Kaffee aus jener Tasse zu trinken pflegte, auf der stand: Ich BOSS, du NIX! Das einzig schöne an seiner Arbeit war die Aussicht auf die Innenstadt vom Fenster aus.
 

„Fink!“, zerriss ein Brüllen die arbeitstüchtige Stille, die nur von Tastaturgeklapper und gelegentlichem Kaffeeschlürfen untermalt wurde. Pascal zuckte zusammen, als er seinen Namen hörte. Wenn man vom Teufel sprach…

Im Türrahmen stand sein Chef und machte eine eindeutige Handbewegung, die soviel wie „Mitkommen, und zwar sofort!“, bedeutete.

Pascal schluckte die Angst hinab und bemühte sich, seine schlotternden Knie zu verbergen. Das hier hörte sich absolut nicht gut an. Ihm wurde fast schlecht, als er sich in den Sessel niederlies, auf den sein fast kahlköpfiger Chef zeigte.
 

„Fink, heute habe ich bei einem Telefongespräch mit meinem guten alten Freund Patrick Schickl herausgefunden, dass er ein gemeinsamer Bekannter von uns beiden ist.“

Pascal rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum, als Patricks Name fiel. Das war das Ende! Gleich würde er ihm die Kündigung überreichen!

„Ich habe Patrick viel zu verdanken. Wir sind schon ein halbes Leben gute Freunde. Deswegen will ich auch, dass er glücklich ist! Also. Ist es wahr, dass Sie eine Affäre miteinander haben?“

Pascals Gesicht lief knallrot an. „Das…“ Er schluckte und suchte nach den richtigen Worten, „ist vorbei.“ Nahm er zumindest an. Patrick hatte sich schon seit Wochen nicht mehr gemeldet. Was sollte das sonst zu bedeuten haben?
 

„Da irren Sie sich, Fink. Nun, Patrick soll es Ihnen selbst sagen. Sie haben jetzt Feierabend. Die Lohnabrechnungen sollen die anderen fertig machen! Sie sind sowieso mein fleißigster Mitarbeiter in dieser Horde von Banausen.“ Er schaute auf seine Armbanduhr. „In zwanzig Minuten treffen Sie Patrick im Gasthaus am See. Oder Sie sind gefeuert!“

Pascal starrte ihn an wie das aus dem Nest gefallene Küken, das einer Katze gegenüberstand.

Jetzt lachte sein Chef. „Meine Güte, Fink, verstehen Sie keinen Spaß? Das war ironisch gemeint! Seien Sie doch nicht so ein ängstliches Karnickel, mit dem man alles machen kann!“

„Das mit Patrick und mir ist kein Problem für Sie?“

„Herrgott, Fink. Das ist doch wohl Ihre Sache. Sie sind erwachsen. Weder könnte ich Ihnen den Umgang verbieten, noch ihn erzwingen. Also fragen Sie doch nicht sowas! Und jetzt fort mit Ihnen. Hoffentlich färbt von Patrick was auf Sie ab.“ Damit drehte er sich in seinem Schreibtischstuhl um.
 

~
 

Pascal flitzte also mit seinem Corsa an den Stadtrand hinaus, und hoffte, nicht geblitzt zu werden. Sich in eine enge Parklücke gequetscht, stieg er aus und rannte auf das Lokal zu. Irgendwie war es ihm unangenehm, dass Patrick ihn jetzt in seinem verschwitzten Hemd sah, ausgerechnet Patrick, der erfolgreiche Modedesigner! Aber war das nicht das Geringste seiner Probleme? Vielleicht hatte er ihn nur hergebeten, um endgültig mit ihm Schluss zu machen.
 

Der Kellner führte ihn an seinen Tisch. Sein Geliebter saß in der Ecke bei der Glasfront, bei Kerzenschein in eine Modezeitschrift vertieft und die Stirn in Falten gezogen. Er trug einen weißen Anzug, der wie Seide glänzte. Und hatte seine mittellangen Haare mit den silbernen Strähnen zum Zopf gebunden. So einen schönen Anblick bot er, dass er es gar nicht wagte, ihn zu stören. Als er den Kopf hob und Pascal ansah, glättete sich seine Stirn und er lächelte.
 

„Grüß dich, mein Teuerster“, hauchte Patrick und packte die Zeitschrift weg. „Wie geht es dir? Hungrig? Möchtest du wieder die Jakobsmuscheln mit Sauce Hollandaise?“ Beim Kellner bestellte er auf sein Nicken eben dieses Gericht mit einem Sauvignon blanc.
 

„Ich hab mir Sorgen gemacht! Du hast auf keine einzige meine Nachrichten reagiert.“

Patrick seufzte. „Ja. Die Modenschau hat mich auf Trab gehalten. Aber ich habe auch Abstand und Zeit zum Nachdenken gebraucht.“

„Von mir? Wieso?“ Er runzelte die Stirn und wartete, dass Patrick weitersprach.

„Weil ich mir wie ein alter geiler Bock vorkomme, wenn ich mit dir zusammen bin. Der Altersunterschied...“ Er brach ab, legte die Hand auf seine, wo Pascals die Kühle seines klobigen Goldringes fühlte. „Willst du wirklich mit mir zusammen sein?“

„Ja!“

„Meinst du nicht, dass du etwas verpasst, wenn du deine Zeit mit mir vergeudest? Du bist erst Mitte Zwanzig, während ich bald…“ Er senkte die Stimme. „Während ich bald meinen Fünfzigsten feiern darf.“

„Was heißt denn hier vergeuden? Diese Bootsfahrt hätte ich mit niemand anderem als dir unternommen!“
 

Beide schauten sie durch die Glasfront nach draußen. Dort hatte man Ausblick auf den kleinen See, der dem Lokal seinen Namen gab. Heute spiegelten sich darin nur die grauen Wolken des Dezemberhimmels.

Doch als sie im Sommer hier zu Abend gegessen hatten, waren die Leuchtröhren der kleinen Paddelboote in der Spiegelung des Wassers zerflossen, und nach dem Essen hatte Pascal unbedingt eines mieten wollen. Im Sonnenuntergang an Patrick geschmiegt, mit Enten, Schwänen und dem Grillenzirpen war es der romantischste Abend und die die kürzeste Stunde geworden, die er je erlebt hatte.
 

„Mit keinem anderen wäre sie so schön gewesen wie mit dir“, stimmte ihm Patrick zu. „Und ich hatte schon gehofft, du würdest jemanden in deinem Alter finden.“

„Was – deswegen lässt du mich wochenlang sitzen?! DAS ist ja wohl Zeitverschwendung! Ich hätte viele Gründe erwartet. Dass ich dir zu langweilig und 0815 bin und du mich deswegen nicht mehr sehen willst. Oder dass du meinst, ich wäre auf dein Geld scharf. Weil wir uns in ganz unterschiedlichen Schichten bewegen. Das alles hätte ich verstanden. Aber nicht, dass du dir einredest, du wärst zu alt! Und dass du dich bei meinem Chef ausheulst... und er mich dann gleich her zitiert um mich zu dir zu schicken…“

„Du hast mir nie erzählt, dass du in Jürgens Firma arbeitest. Sonst hätte ich dir längst erzählt, dass ich ihn seit Ewigkeiten kenne.“

Nein, das hatte Pascal nicht, er hatte nur angedeutet, dass er kaufmännischer Angestellter war. Seine Branche hatte einen noch schlechteren Ruf als die Versicherungsbranche, und deswegen erzählte er nicht gern davon.
 

Angenehmes Schweigen lag zwischen ihnen. Er konnte so ungezwungen bei ihm sitzen, seine Finger in seine verkeilt haben, während er in seinen Augen versank, und sich dabei wohlfühlen.

„Bin ich froh, dass wir das jetzt geklärt haben.“



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