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Zeitlose Zerstörung

von

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Aus der Tiefe

Shuichi blickte Bourbon an. Er ließ sich dessen Worte noch einmal durch den Kopf gehen. Es war zu einfach. Viel zu einfach. Akai fixierte seinen Gegenüber mit seinem Blick. Er wusste, etwas war im Busch. Und er wusste auch, dass die Information, die Bourbon versprach, wohl mit einer Gegenleistung zu tun hatte. Nichtsdestotrotz hatte der Agent keine Wahl. Sie mussten Ran finden und zwar so schnell wie möglich. „Gut. Sag mir, was du weißt.“

Ein Grinsen umspielte Bourbons Lippen, ehe er zum Reden ansetzte. „Sie ist…“
 

Die Schwärze umhüllte sie. Dunkelheit. Schatten. Es war alles weg. Kam plötzlich. Ohne Vorankündigung. Alles war vorbei. Die Tiefe verschlang sie. Es kam von allen Seiten. Oben. Unten. Rechts. Links. Aus der Tiefe.

Nichts war mehr da. Es war vorbei.

Jodie wackelte mit der Nase während sie langsam aus ihrem langen Schlaf erwachte. Die FBI Agentin schmatzte leise. Dann, mit einem Ruck schreckte sie hoch. Verwirrt sah sie sich um. Hell. Ein weißes Zimmer. Das Bett und ein EKG, welches immer mal wieder einen leisen Piepton von sich gab.

Jodie fühlte sich gerädert, fertig und schuldig. Ihr Blick ging zu Shuichi. Sie schluckte. Der Geruch von Krankenhaus füllte ihre Nase. Es war etwas Anderes, wenn sie im Krankenhaus lag und Besuch bekam. Nun aber war es anders.
 

Shuichi hasste Niederlagen wie diese. Schlimm genug, dass die Organisation ihnen oft einen Schritt voraus war und sie keinen von ihnen festsetzen konnten. Nun hatte Gin ihm direkt ins Gesicht gelacht. Akai konnte rein gar nichts tun. Jede Handlung hatte seine Folgen. Handlungen, die sich gegen eine Person richteten, die nun Verdächtiger eines Verbrechens war, konnte ein schlimmeres Nachbeben nach sich ziehen. Auch wenn Akai seinem Gegenüber ins Gesicht schlagen wollte, er musste seine eigenen Wünsche zurück nehmen und sich auf das Rechtssystem verlassen. Dass genau dieses versagte, machte die Situation nicht besser. Das Gegenteil war der Fall. Nachdenklich fuhr Shu an die Stelle wo das Taxi von Gin geortet wurde. Nach Angabe der Telefonzentrale bewegte es sich eine ganze Weile nicht mehr fort. Ein ungewöhnlicher Stillstand für ein New Yorker Taxi. Es musste was bedeuten, das spürte er. In seinem Inneren regte sich alles. Er würde Hinweise finden. Egal wie klein sie waren. Akai stellte seinen Wagen ab, als er das andere Auto im Sichtfeld hatte. Vorsorglich zog er seine Waffe und trat langsam auf das Taxi zu. Bereits von Weitem konnte er den leblosen Körper des Fahrers sehen. Auch wenn die Zeit eilte, bewegte er sich nicht schneller. Am Taxi angekommen, öffnete Akai die Tür und fühlte den Puls. Die Kalte Haut verriet ihm allerdings bereits die Wahrheit. „Verdammt“, kam es aus seinem Mund. Ohne zu Zögern rief er beim NYPD an.

„Akai hier. Verbinden Sie mich mit Robinson.“

„Mr. Akai, das kann ich nicht so einfach machen. Sagen Sie mir, um was es geht und ich sehe, was ich für Sie tun kann“, kam es von der Frau am anderen Ende der Leitung.

„Ich bin vom FBI. Leiten Sie mich weiter.“

„Äh…ja, Sir.“

„Robinson hier“, sprach dieser in den Hörer.

„Hier Akai. Ich brauche genaue Informationen über den Verdächtigen, den Sie vorhin wieder laufen lassen mussten“, sprach Shu.

„Ja, natürlich. Sein Name lautet Ichiro Tanaka. Er ist 38 Jahre alt…“, fing Robinson an.

„Halt, halt, halt. Das will ich nicht wissen“, entgegnete der FBI Agent. „Hat er irgendwas gesagt, als Sie ihn verhaftet haben?“

„Nein…also nicht direkt…ich mein…als ich ihn verhaftet hab, hat er nichts gesagt. Er hat mich nur angestarrt.“ Wie bereits Stunden zuvor lief ihm erneut ein kalter Schauer über den Rücken. „Im Taxi fragte er ob er seinen Anwalt anrufen darf.“

„Hmm…verstehe“, murmelte Akai. „Sagte er noch was? Ich brauch den genauen Wortlaut“, fügte der Agent hinzu.

„Äh ja…lassen Sie mich kurz überlegen“, murmelte Robinson. „Ich möchte meinen Anwalt anrufen.“

Akai überkam das Gefühl seinen Kopf gegen die Wand zuschlagen. Warum musste ihm ein – laut seiner Information – erfahrener Polizist nur solche Kopfschmerzen machen. „Was hat er mit seinem Anwalt besprochen?“

„Er sagte: Ich wurde verhaftet, hol mich raus.“

„Mehr nicht?“

„Hoshi.“

„Hoshi?“

„Ja, mehr auch nicht. Danach hat er aufgelegt und schwieg bis wir beim NYPD waren“, antwortete der Polizist.

„Verstehe. Danke. Ich hab hier einen toten Taxifahrer gefunden. Lassen Sie Ihre Männer so schnell wie möglich kommen und sichern Sie die Spuren.“ Ehe der FBI Agent auflegte, gab er den derzeitigen Standort durch.

„Gefunden…“, murmelte Robinson. So konnte man es auch ausdrücken. Manchmal fand das FBI zu viele Leichen. Und natürlich fielen Sie den Agenten einfach so vor die Füße.
 

Shuichi ging zurück zu seinem Auto, stieg ein und fuhr los. „Hoshi…hoshi…“, das Wort ließ ihn nicht los.

Hoshi bedeutete übersetzt der Stern. Während der Fahrt überlegte der FBI Agent. „Stern“, gab er leise von sich. „Stern…Sternenhimmel…Planetarium…“ Ein Grinsen umspielte sein Gesicht. Schnell holte er das Handy aus seiner Jackentasche und rief bei seinem Vorgesetzten an. Der Anruf danach galt Jodie.

Wieder einmal machte Sie ihm Sorgen. Obwohl Jodie eigentlich in Japan bleiben sollte, machte sie sich auf den Weg in die Staaten. Er solle sich nicht so viele Sorgen machen, hatte sie ihm erzählt, gekichert und aufgelegt. Mittlerweile musste sie bereits gelandet sein.

„Starling.“

„Wo bist du?“

Jodie schmunzelte leicht. Wie immer gab es keine normalen Fragen. Stattdessen kümmerte er sich um das Wesentliche. „Was denkst du denn?“, wollte die Agentin wissen.

„Sag du es mir.“

Flirtete er mit ihr? Oder bildete sie es sich nur ein? Egal. Es war schön seine Stimme zu hören. „Holst du mich ab?“

„Da du bereits gelandet bist, eher unwahrscheinlich. Von hier brauch ich über eine Stunde. Komm ins Büro, wenn du soweit fertig bist.“

Jodie seufzte. „Manchmal bist du echt ein Spielverderber…naja…ich weiß ja, dass du das nicht so meinst.“

„Jodie…“

„Jaja, ich weiß.“

Shuichi sah etwas Aufblinzeln. Er blickte zur Seite und sah kurz darauf in den Lauf einer Waffe.

„Shu?“

Jodie wartete.

„Shu?“

Wieder bekam sie keine Antwort. Wollte er ihre gute Laune zerstören?

„S…“
 

Noch immer hörte sie den ohrenbetäubenden Schuss. Obwohl sie nicht dabei war, waren die Bilder, die sich in ihrem Kopf abspielten wenn sie wach war, mehr als real. Sie waren verängstigend. Wenn Shu angeschossen wurde, dann hatte es nie etwas Gutes zu bedeuten. Er, der Agent, den man nur schwer zu fassen bekam, wurde von einem wütenden Taxifahrer, der seinen Kollegen fand, angeschossen.

„Endlich wach?“

Jodie nickte. „Wie…wie geht es dir?“

„Wie immer.“ Er hatte Glück. Die Kugel trat in die Schulter ein und auf der Rückseite wieder aus. Es war ein glatter Durchschuss, keine lebensgefährlichen Venen oder Arterien erwischt. Wenn es so weiter ging, würde er sich bald erholen.

„Das ist gut.“ Sie lächelte. Zwanghaft. „Kann ich dir etwas bringen?“

„Ich brauch nichts.“

Jodie aber stand schon auf. „Ich hol dir einen Kaffee.“

„Jo…die…“ Ehe er ihren Namen aussprechen konnte, war sie aus seinem Zimmer verschwunden.
 

Jodie lehnte sich im Flur gegen die Wand. Sie verbarg ihre Tränen ihre Trauer und ihren Kummer.

„Jodie?“

Sie wischte sich die Tränen weg und drehte sich um. „James…“, murmelte sie leise. „Was gibt es?“

„Wie geht es dir?“, wollte er wissen.

Jodie zuckte mit den Schultern. „Gut…würde ich sagen…“

„Du siehst nicht so aus.“

Die Agentin seufzte leise. „Ist das verwunderlich? Shu wurde angeschossen.“

„Es ist nicht deine Schuld.“

„Ich weiß…“

„Nein, du sagst es nur, aber du gibst dir trotzdem die Schuld“, sprach James ruhig.

„Wenn wir nicht telefoniert hätten…wäre er nicht mehr dort gewesen.“

„Ach, Jodie.“ James ging auf sie zu.

„Ich weiß…es ist nicht meine Schuld…Shu hat mich angerufen…und…“

James sah sie mitleidig an. „Wie kann ich dir nur helfen?“

„Das kannst du nicht…nicht wirklich…“, murmelte sie leise. „Aber…du kannst mir sagen, wie es in Japan ausschaut.“

„In Japan?“

„Ich…ich hab…geträumt. Die Organisation…sie war hinter Mori und Ran her. Wir mussten Moris Tod vortäuschen und dann wurde Ran entführt…wir haben sie gesucht…dann kam Bourbon und wollte Shu sagen, wo sich Ran befindet…aber dann…“

James runzelte die Stirn. „Was ist dann passiert?“

„Nichts. Ich bin aufgewacht. Aber war das alles wirklich nur ein Traum?“

„Ich denke schon“, gab James von sich.

„Aber warum träum ich so was?“

„Das weiß ich nicht.“ Er beobachtete sie. „Vielleicht hat dein Unterbewusstsein einen Weg gesucht, damit du dir verzeihen kannst. Und vielleicht sah dieser Weg so aus, dass Ran entführt wurde, damit du und Akai sie retten könnt.“

„Hmm…“

„Du musst dir verzeihen.“

„Werd ich wohl müssen“, murmelte Jodie. „Ich hab Shu gesagt, dass ich ihm einen Kaffee hole…“
 

Jodie saß unten in der Kantine. Sie blickte in die Tasse Kaffee und dachte nach. James hatte recht. Allerdings war es nicht so einfach. Natürlich gab sie sich die Mitschuld. Shuichi machte normalerweise nie einen Fehler. Normalerweise behielt er seien Umgebung in Blick, wusste, wo der Feind stand und ließ sich nicht von einer Kugel erwischen.

Nun aber war der Tag gekommen. Nun…

Sie seufzte und stand mit der Tasse auf. Mit einer solchen Miene konnte sie unmöglich zu ihm und an Konzentration bei der Arbeit war auch nicht zu denken. Nur langsam und widerwillig ging Jodie durch die Kantine und dem Krankenhausflur. Sie blieb stehen, als sie an dem kleinen Verkaufsstand im Krankenhaus ankam. Blumen. Genesungswünsche. Kuscheltiere. Bücher. Luftballons. Alles was das Herz begehrte…meistens für Kinder.

Ein kleines Lächeln legte sich auf Jodies Gesicht als sie einen Luftballon und Teddybären anvisierte. Wie Shu wohl gucken würde, wenn sie damit ankäme?

Aber dann wurde Jodies Blick auf ein Buch gezogen. Es gab ihr neue Hoffnung. Und es war ein Zeichen. Aus der Tiefe des Herzens. Verzeih dir.



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