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Zeitlose Zerstörung

von

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Zwischen zwei Stühlen

Apathisch blickte Ran auf den Leichnam ihres Vaters. Sie schluckte. Ihre Tränen flossen wie ein Wasserfall an ihrer Wange herunter zum Kinn und anschließend zum Boden. „Paps“, wisperte sie leise, während man den Besagten auf die Trage legte und aus dem Raum brachte.

„Paps.“ Immer wieder ertönte das eine Wort. Zuerst mäßig laut, dann wurde es zu einem Flüstern, bis es schließlich versiegte.

Ran versuchte aufzustehen. Ihre Beine zitterten und sie sackte direkt wieder zusammen. Mit besorgtem Blick lief Conan zu seiner Freundin. Auch ihm stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben. „Ran.“

Sie sah ihn an. Ihr Blick war glasig, als wäre nur ihr Körper anwesend, aber nicht ihre Seele. „Pa…pas…er…er…ist…tot.“ Dann schrie sie. Ran schrie so lau wie sie nur konnte, schrie sich die Seele aus dem Leib…doch es brachte nichts. Es war zu spät. Ihr Vater war tot, hatte diese Welt verlassen und was ihr blieb, war die Erinnerung. Erneut versuchte Ran aufzustehen, aber ihr Körper bewegte sich keinen Millimeter.

„Ran“, murmelte Conan leise.

Das Mädchen sah ihn kurz an. Für einen Moment wollte sie lächeln, ihm sagen, dass alles gut werden würde, dass es nur ein Albtraum war und morgen der Tag ganz anders aussah. Sie konnte nicht.
 

***
 

Skeptisch beobachtete Shuichi Akai die Grundschülerin Ai Haibara. Bereits vor längerer Zeit fand er ihre wahre Identität heraus und erschlich sich als Subaru Okiya teilweise ihr Vertrauen. Aber das brauchte er nicht, um weiterhin auf sie aufpassen zu können.

Obwohl er schon lange nicht mehr unter seiner falschen Identität lebte, blieb er im Haus der Kudos wohnen. Vor allem Yukiko erfreute die Anwesenheit des FBI-Agenten. Sie hatte einen Narren an ihm gefressen und immer, wenn es ging, ärgerte sie ihren Mann mit der scheinbaren Schwärmerei.

Shuichi trat vom Fenster weg, als sich Ais Kopf zu diesem bewegte. Das Mädchen ahnte nicht, dass er in der Villa, besonders im Verborgenen agierte. Noch sollte sie es nicht wissen. Offiziell zog Subaru Okiya vor einigen Wochen fort. Man sah Ai die Erleichterung an. Ihr jetzt den nächsten Mitbewohner vorzustellen war kein Schritt, den er gehen wollte.

Shuichi war immer darauf bedacht die Villa nur in der tiefen Dunkelheit zu verlassen oder anzukommen, gelegentlich reichte auch die Schulzeit des Mädchens.

Shuichi hörte, wie die Haustür zugeschlagen wurde und die Schritte immer hastiger wurden und näher kamen. Der FBI-Agent war auf alles vorbereitet. Er bewegte sich an die Zimmertür und zog seine Waffe. Sein Körper spannte sich an.

„Herr Akai“, rief Conan, der kurz darauf in den Lauf seiner Waffe blickte. Conan schluckte. „Eh…“

Shuichi steckte die Waffe weg. Er verengte die Augen zu schlitzen. Irgendwas war passiert. Das erkannte er an der Körperhaltung des geschrumpften Oberschülers. Er wirkte angespannt, panisch und zittrig. Außerdem wäre Conan unter keinen Umständen so hastig in die Villa gekommen oder hätte seinen Namen gerufen.

„Was ist passiert?“, wollte der Agent wissen.

Automatisch ballte sich die Hand von Conan zu einer Faust, merkend, dass der Brief, den er in dieser hielt, seine Form änderte. „Hier“, antwortete der Junge und reichte Akai den Umschlag. „Die Organisation will Kogoro.“

„Wieso?“ Shuichi hob die Augenbraue.

„Ich weiß es nicht.“ Conans Stimme klang verzweifelt. „Es ist meine Schuld“, wisperte er leise. „Ich hab sie in Gefahr gebracht.“

Shuichi blieb einen Moment ruhig und las den Brief. „Mhmm…“

„Sie sehen es auch…nicht wahr?“

Akai nickte. „Ormond Sacker“, murmelte er. „Ein Name, der kaum einem Menschen bekannt ist. Der erste Schatten einer falschen Identität“, fügte er hinzu.

„Aber…das…ich…“, schluckte Conan.

„Ich weiß. Schaut man sich die Anfangsbuchstaben jedes Wortes an, ergibt das den Namen. K. Mori. Die Wölfe wollen also wirklich zuschlagen.“ Shuichi leckte sich über die Lippen. Seit New York war er ihnen nicht mehr so nah. Und diesmal durfte nichts schief gehen.

Conan musste schlucken. Er war bleich geworden und konnte die Reaktion des FBI-Agenten nicht verstehen. Es war einfacher, wenn fremde Menschen in Gefahr waren. Aber nun waren es die, die ihm am meisten bedeuteten. „Es ist in drei Tagen. Wir müssen was unternehmen.“
 

***
 

Mit gemischten Gefühlen begab sich Kogoro Mori in die Villa der Familie Kudo. Jodie Starling, die FBI-Agentin, die er als Rans Englischlehrerin kennen lernte, bestellte ihn dorthin. Bereits seit ihrer Begegnung im Beika-Einkaufszentrum, als sie wegen einer Mütze in Rage geriet, wurde er skeptisch.

Kogoro stand vor der Villa. Schon früher mochte er sie nicht. Sie zeigte alles, was er nicht hatte. Geld. Familie. Bekanntheit. Wobei letzteres immer weiter anstieg. Zielstrebig klingelte der Detektiv. Und wartete. Und wartete. Und wartete weiter.

„Da bestellen die mich extra hierher und dann ist keiner da“, schimpfte er. Erneut betätigte er die Klingel. „Dann halt nicht“, schnaubte er.

Wie aufs Wort öffnete sich die Tür.

„Frau Sainte…sainte…saintemillion äh…Starling? Saintemillion?“, fragte er verwirrt.

„Starling, bitte“, entgegnete die Agentin.“ Kommen Sie rein.“ Jodie ging sogleich in das Wohnzimmer, während Kogoro ihr einfach nur hinterher stolperte.

„Sie machen es aber auch spannend“, meinte er. „Was macht denn der Knirps hier?“

Conan saß ruhig auf dem Sofa. Vor ihm lag die Einladung von Ormond Sacker, eine Akte sowie ein grüner Textmarker. „Ich…“

„Schon gut, Conan, ich mach das schon“, nickte Jodie dem Grundschüler zu, ehe sie die Akte nahm. „Herr Mori, vor über einer Woche wurden Sie in einen Mordfall hineingezogen, bei dem Sie den folgenden Mann für den Täter hielten.“ Jodie schob ihm das Bild eines Mannes hin.

Wodka.

Kogoro runzelte die Stirn. „Ah, ich erinnere mich“, nickte er.

„Können Sie mir erzählen, warum Sie ausgerechnet diesen Mann für den Täter hielten?“, wollte sie wissen.

„Natürlich. Sehen Sie es denn nicht? Sein gesamtes Aussehen und seine Statur passen auf einen Mörder. Und meine Schlussfolgerungen hätten sehr gut auf ihn zutreffen können.“

Jodie räusperte sich. „Herr Mori, Sie können doch keine Person ihres Aussehens wegen für einen Mörder halten.“ Sie seufzte. „Damit haben Sie sich in große Gefahr gebracht.“ Dieser Teil der Unterhaltung gefiel ihr nicht. Aber welche andere Wahl hatten Sie schon? „Wie Sie bereits schlussfolgerten, auch wenn es nur wegen seinem Aussehen ist, hat der Mann Dreck am Stecken. Und genau für diesen Dreck interessiert sich das FBI.“

Kogoro setzte zum Sprechen an.

„Ich bin noch nicht fertig, Herr Mori.“ Nun kam die ehrgeizige FBI-Agentin zum Vorschein. „Wahrscheinlich werden Sie nun anmerken, dass ich hier im Urlaub bin. Das war gelogen.“ Jodie atmete tief durch. „Da die Leute, für die der Mann auf dem Foto arbeitet, auch in den Vereinigten Staaten agieren, wurde ich hergeschickt und arbeite daran die Hintermänner zu enttarnen. Natürlich erzähle ich Ihnen das nicht ohne Grund. Aber ehe ich gleich weiter spreche, muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie niemanden von meiner wahren Tätigkeit hier erzählen dürfen.“

Kogoro lehnte sich nach hinten. Selbstsicher verschränkte er die Arme, schloss die Augen und tat, als würde er nachdenken. „Ich verstehe. Das FBI kommt nun nicht weiter und ich, der große Kogoro Mori, soll helfen.“

„Nein.“

Verwirrt blinzelte er Jodie an.

„Diese Gruppierung agiert im Verborgenen. Ihre Pläne sind oftmals nicht durchschaubar. Dieses Mal kennen wir ihr nächstes Opfer.“

„Ach? Und wer soll das sein?“

„Sie.“

„Eh?“ Kogoro schüttelte den Kopf. „Das ist das Blödeste, was ich je gehört habe.“

„Es ist aber wahr“, kam es dann von Conan.

„Was mischt du dich da überhaupt ein? Und wenn dieser Mann angeblich so gefährlich sein soll, werden Sie sicherlich kein Kind miteinbeziehen.“ Kogoro wirkte siegessicher, doch das Lachen sollte ihm schnell vergehen.

„Normalerweise nicht. Allerdings kam Conan bereits mehrfach mit ihnen in Berührung. Glücklicherweise haben sie bislang keine Kenntnis von ihm. Das FBI vertraut ihm.“ Jodie lächelte dem Jungen zu. „Und zum Schluss war er es, der erkannte, dass Sie das nächste Ziel sind.“

„Natürlich.“ Kogoro schlug sich lachend aufs Knie und stand anschließend auf. „Das FBI hört auf einen Grundschüler. Das sollten Sie verfilmen.“

In Jodies Gesicht war keine Regung zu erkennen. „Sie wurden zu einem Maskenball eingeladen von einem gewissen Ormond Sacker. Haben Sie schon einmal im Internet nach der Person gesucht?“

„Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“

„Ormond Sacker existiert nicht. Weder in Japan noch in den Staaten. Meine Leute haben das überprüft. Aber ich kann Ihnen sagen, wer Ormond Sacker in Wirklichkeit ist. Kennen Sie Dr. John Watson?“

„Natürlich.“

„Ormond Sacker war der eigentliche Name von Watson, ehe er von Doyle umgeändert wurde.“ Jodie ließ die Information einige Sekunden sacken. „Diese Organisation verwendet nie richtige Namen. Und wenn Sie sich die Nachricht ansehen, die Sie zusammen mit der Einladung erhalten haben, können Sie einen weiteren Hinweis finden.“

Mori verdrehte die Augen. „Wenn es Sie glücklich macht.“ Er nahm die Einladung und las sie sich durch. „Kein Hinweis. Bedaure, Sie haben sich vertan.“

„Du musst die Anfangsbuchstaben nehmen. Hier.“ Conan reichte ihm den Textmarker.

Langsam ließ sich Mori wieder nieder und begann die einzelnen Buchstaben zu markieren. „T-A-R-G-E-T-K-M-O-R-I“, las er vor.

„Wie ich bereits erwähnte, sind sie auch in den Staaten tätig. Target bedeutet übersetzt Ziel. Den Rest können Sie sich selbst zusammen reimen“, entgegnete Jodie ruhig. „Glauben Sie mir jetzt?“

„Das kann nicht sein.“ Kogoro schüttelte den Kopf. „Zufall. Und warum sollte jemand jedem Gast mitteilen, dass ich das Ziel bin?“

„Das wurde es nicht. Wir konnten weitere Personen ausfindig machen, die ebenfalls eine Einladung erhielten. Sie sind der Einzige, der einen Brief dazu bekam.“ Wie Shuichi diese Personen ausfindig machte, wollte sie lieber nicht wissen. Sie wusste, dass er in Japan verschiedene Informanten hatte. „Ich sehe, dass Sie hin- und hergerissen sind. Aber Sie müssen dem FBI vertrauen. Wir können für Ihre und für die Sicherheit Ihrer Tochter garantieren.“

Kogoro überlegte und sah den Brief an. Unweigerlich zitterte seine Hand. „Und wie wollen Sie das machen?“

„Wir werden Sie auf dem Maskenball nicht aus den Augen lassen. Da man Sie tot sehen will, müssen wir Ihren Tod vortäuschen. Aus diesem Grund werden Sie einen Herzinfarkt erleiden.“

„Ich soll was?“, schrie der Detektiv.

„Ich weiß, das ist nicht einfach, aber wir geben Ihnen unser Wort, dass nichts schief gehen wird. Unsere Männer werden Sie als Sanitätspersonal in Sicherheit bringen und ein Gerichtsmediziner wird Ihren Tod bestätigen. Damit keine Leiche gefunden wird, werden Sie, zumindest offiziell…“ Jodie schluckte schwer. „…verbrannt.“ Alter Erinnerungen kamen hoch. Das Feuer und James, der das achtjährige Mädchen davon abhielt, in das Haus und zu ihrem Vater zu laufen.

„Sie spinnen doch. Das nimmt mir keiner ab. Und selbst wenn, wo soll ich denn hin? Und was wird aus Ran?“

„Um Ihre Tochter werde ich mich kümmern. Als Ihre ehemalige Englischlehrerin dürfte das kein Problem sein. Ihre Tochter hat nichts zu befürchten.“

„Und du wirst in der Villa bleiben“, fügte Conan an.

„Und was sagt der Möchtegern Detektiv dazu?“

„Shinichi hat nichts dagegen“, antwortete Conan sofort. „Außerdem hofft er, dass du auf das Angebot des FBIs eingehst.“

„Mhmm…ich besprech das erstmal mit Ran.“

„Nein.“

Kogoro drehte sich zur Tür. Er erschrak beim Anblick des FBI-Agenten. Shuichis Gesichtsausdruck wirkte finster als er den Detektiv fixierte.

„D…da…da ist einer von Ihnen. Sie wollen mich gar nicht retten. Sie liefern sich aus.“

„Hören Sie sich eigentlich selber zu?“, kam es von Akai.

„Das ist mein Kollege. Er wird sich hier und während des Maskenballs um sie kümmern.“

„Haben Sie sich ihn mal angesehen?“, wollte Mori wissen.

„Ich bin mir über seine…“ Jodie sah zu Shuichi. „…einschüchternde Art bewusst.“

„Hmm…wenn ich mir das ganze so ansehe, dann habe ich fast keine Wahl, nicht wahr?

Jodie nickte.

„Sie hatten bereits keine Wahl, nachdem der Brief abgeschickt wurde“, gab Akai von sich. „Nachher kommt einer unserer Agenten vorbei und über mit Ihnen den Herzinfarkt. Wir wollen doch, dass Sie glaubwürdig dabei aussehen.“ Akai musterte Kogoro. Erneut stellte er fest, dass Übung dem Detektiv nicht schaden würde.

„Erst muss ich mit Ran…“

„Nein“, zischte Shuichi.

„Das können Sie nicht einfach so bestimmen.“ Kogoro stand auf und ballte die Faust. „Wenn ich mit meiner Tochter reden will, rede ich auch mit ihr.“

„Und was denken Sie passiert dann“, wollte Akai wissen. „Glauben Sie, dass sie eine gute Schauspielerin ist, die auf Knopfdruck alle Emotionen freiläst und um sie trauern kann, wenn sie die Wahrheit kennt? Glauben Sie mir, ich habe genügend Erfahrung damit gemacht. Personen, die uns nahe stehen, zeigen einen anderen Gesichtsausdruck, wenn sie die Wahrheit kennen.“

„Aber…Ran…“, wisperte der Detektiv. Er ließ sich zurück fallen und saß wie ein Häufchen Elend auf seinem Platz. Der Zwiespalt war einem Gesicht anzusehen. Sollte er Ran anlügen um sein und ihr Leben zu retten? Würde sie ihm das überhaupt verzeihen? Kogoro schluckte. „Ran..“

Jodie wandte den Blick ab. Shuichi traf ins Schwarze.

Wieder wählte er einen drastischen Weg, einen Weg, der ihr Herz damals schon umbrachte. Und das nur für die Authentizität. Ohne zu wollen, kamen ihr die Tränen. Auch sie musste den Schmerz ertragen.

„Ich kann doch nicht…“, murmelte Kogoro.

„Wenn Sie Ihre Tochter in Sicherheit wissen wollen, können Sie.“ Shuichi sah zu Jodie und erhoffte sich Unterstützung. Doch ihr trauriger Blick, wiedergespiegelt durch das Fensterglas, ließ das Blut in seinen Adern gefrieren.
 

***
 

Ran weinte immer noch. Sie weinte so bitterlich, dass Conan keinen Weg fand um sie zu trösten. Der Grundschüler war, obgleich die Idee auch von ihm stammte, überfordert mit ihrer Reaktion. Wie gern hätte er ihr die Wahrheit gesagt. Hier und Jetzt. Egal wer zuhörte. Er durfte nicht.

„Ran…“, gab er leise von sich. Die Verzweiflung machte sich bemerkbar. Kurz schielte er zu Akai, der die Situation von weiter weg beobachtete. Shuichi schüttelte den Kopf.

„Ran…“, erneut sprach er ihren Namen. „Ich…dein Vater…“ Conan schluckte. Er musste es sagen. Er musste einfach. Doch seine Stimme zitterte und er brach den Satz ab. Nein…es war besser, wenn sie es nicht wusste. Noch nicht. Auch wenn sie ihn dafür hasste, er durfte ihren Tränen nicht nach geben. Das war er ihnen allen schuldig.



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