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Kill this Killing Man II

Höhen und Tiefen
von

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"Lass Dir nie wieder ..."

258 ) „Lass dich nie wieder ...“
 

Sams Magen grummelte.

„Dann mal los“, murmelte er, denn wenn er hier noch lange stand, würde auch noch lange nichts auf den Tisch kommen! Doch zuerst wollte er duschen.

Er ging nach oben und kam eine halbe Stunde später mit seinem Schlafshirt und Shorts bekleidet wieder nach unten.

Nach kurzer Überlegung entschied er sich für den Hackbraten mit Kartoffelpüree.

Jody hatte alles in Tupperdosen verpackt, die er jetzt in den Backofen schob.

Er schnippelte Salat, Gurken, Paprika und Tomaten und bereitete ein Dressing zu. Dann machte er sich so leise wie möglich daran den Tisch zu decken.

‚Eigentlich ist das Blödsinn‘, überlegte er, denn jetzt musste er seinen Bruder ja doch wecken. Er hockte sich neben die Couch und legte seine Hand auf Deans Schulter.

„Dean?“

„Hm“, brummelte der und versuchte sich aus der Berührung zu winden.

„Dean, komm schon!“, wurde Sam etwas energischer.

„Hmm“, grummelte der Ältere und blinzelte. Sofort setzte er sich auf „Sam!“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor er sich die Augen rieb und entschuldigend zu seinem Bruder aufschaute. „Ich wollte doch Essen machen. Mist. Tut mir leid! Ich war so fertig, dass ich ...“

„Es ist okay, Dean. Du musst dich nicht entschuldigen! Ich kann auch Essen für uns machen! Das ist nicht nur deine Aufgabe.“

„Aber ich … Du arbeitest viel länger!“

„Länger heißt nicht härter“, erklärte Sam. „Ich digitalisiere Bücher, Dokumente und alte Blaupausen. Das ist geistig anstrengend. Du arbeitest körperlich und bist es nicht mehr gewohnt. Da ist es ganz normal, dass du müde bist. Hat es denn wenigstens Spaß gemacht, oder willst du das nie wieder tun?“

„Doch es war toll.“ Deans Augen strahlten.

„Was habt ihr gemacht?“ Sam freute sich, dass sich sein Bruder so für etwas Anderes als Lernen aus Büchern begeistern konnte.

„Wir haben das Grundgerüst aufgestellt und das Dach angefangen. Morgen machen wir weiter.“

„Und was hast du gemacht?“ So mussten sich Eltern fühlen, wenn ihre Kinder aus der Schule nach Hause kamen, überlegte sich Sam.

„Ich habe bei Allem mitgeholfen. Mr. Harris hat es mir gezeigt und dann hab ich weitergemacht. Und Mr. Harris hat gefragt, ob ich nächste Woche auch für ihn arbeiten möchte.“

„Möchtest du denn?“

„Gerne!“

„Und was sollst du dann tun?“

„Er sagt, dass er sich Freitag eine neue Baustelle anschaut und dass ich ab Montag bei ihm arbeiten könnte.“

„Du eroberst dir dein Leben wirklich im Eiltempo“, staunte Sam. „Ich hätte nie gedacht, dass du dieses Jahr noch anfängst zu arbeiten.“

„Zu schnell? Muss ich noch warten?“, ,fragte Dean betrübt.

„Nein, Dean. Wenn du da arbeiten möchtest, dann tu es. Ich finde es wirklich gut, dass es dir so viel Spaß macht!“ Sam legte ihm die Hand auf den Arm und freute sich über das Lächeln, das sich wieder auf Deans Gesicht ausbreitete. „Aber jetzt lass uns essen.“

Nickend stemmte sich Dean in die Höhe und schlurfte zum Tisch. Er wollte eigentlich lieber ins Bett als essen. Aber dann würde sich Sam nur wieder Sorgen machen und das sollte er nicht. Also aßen sie schweigend.

„Ich mach hier fertig“, erklärte Sam, kaum dass sie das Besteck weggelegt hatten.

„Ich kann helfen!“

„Ich weiß.“ Sam grinste seinen Bruder breit an. „Trotzdem solltest du besser ins Bett gehen, bevor du mir hier im Stehen einschläfst und umkippst.“

„Okay.“ Widerspruchslos verschwand Dean in seinem Zimmer.

Während Sam den Tisch abräumte, huschte sein Blick immer wieder zum Zimmer seines Bruders. Ihm wurde fast schwindelig, wie schnell es bei Dean plötzlich ging. Noch vor zwei Wochen traute er sich kaum aus dem Haus und jetzt hatte er schon eine Arbeitsstelle in Aussicht, bei der er vielleicht sogar sein Leben lang bleiben könnte.

‚Abwarten, Sam. Du solltest keine Pläne schmieden, schon gar nicht für andere!‘, rügte er sich im Stillen. ‚Es bringt nichts!‘
 

Am Mittwochabend duftete es wieder nach Essen, als Sam nach Hause kam. Schnuppernd hob er die Nase und sofort meldete sich sein Magen. Er entledigte sich seiner Jacke und ging zum Tisch.

Auf seinem Teller lag ein dicker brauner Umschlag.

Er warf einen kurzen Blick auf den Absender und legte ihn dann auf die Anrichte, um sich zuerst den Burgern widmen zu können, die Dean gerade jetzt auf den Tisch stellte.

„Mr. Harris braucht mich ab Montag“, informierte Dean seinen Bruder beim Essen. „Selbst wenn er den Auftrag für die neue Baustelle nicht bekommt oder noch nicht anfangen kann, soll ich kommen. Er hätte genug zu tun, sagt er.“

„Ich wusste, dass du gut bist“, antwortet Sam voller Stolz und nahm einen Bissen. „Weiß es Bobby schon?“

„Nein, warum?“, wunderte sich Dean. Doch dann sah er die Enttäuschung in Sams Augen. „Ich sag es ihm Sonntag.“

„Okay“, stimmte Sam dem zu und versuchte die Stiche in der Magengrube zu ignorieren. Mit Bobby war Dean immer noch nicht warm geworden. Er seufzte.

„Die Burger sind super“, ließ er das Thema Arbeit fallen.

„Die hab ich alleine gemacht!“, erklärte Dean stolz.

„Du wirst immer besser! Lass dir von niemandem je etwas anderes einreden!“

„Wer sollte mir sowas einreden wollen?“

„Es wird immer Menschen geben, die dir deinen Erfolg missgönnen oder dich runtermachen wollen. Glaube ihnen bloß nicht, hörst du? Du bist gut, mehr als gut!“

Dean musterte seinen Bruder, der wohl mal wieder mehr wusste, als er selbst. Blieb die Frage: Würde er dieses Wissen mit ihm teilen? Einen Versuch war es wert, entschied er.

„Wer hat mich runtergemacht?“, fragte er, den Blick auf Sam gerichtet.

Der schluckte. War ja klar, dass diese Frage jetzt kommen musste, bei seiner Formulierung. Dean nahm immer weniger von dem, was er sagte, einfach so hin. Er hinterfragte viel mehr, als noch vor ein paar Wochen. Was sollte er antworten? Wollte er lügen? Nein! Er hatte sich mal geschworen seinen Bruder nie wieder anzulügen!

„Dad. Er hat Moms Tod nie verkraftet. Wir sind von Ort zu Ort gezogen, ein mieses Motel nach dem anderen. Dad hat keinen Job lange behalten, auch weil er seine Probleme im Alkohol ersäufte. Die Verantwortung für uns hat er auf deine Schultern abgewälzt. Ihm war egal wie du dich gefühlt hast, du musstest funktionieren. Du hast dich um mich gekümmert und um ihn, wenn er sich mal wieder verletzt hatte. Du hast dafür gesorgt, dass genug Essen für uns da war, wenn er wieder tagelang weg war. Du musstest dich einfach kümmern. Du warst schuld, dass ich zu viel geweint habe und … keine Ahnung. Er hat dich nie gelobt. Er hat immer nur kritisiert, wenn etwas nicht lief. Dein Selbstbewusstsein war deshalb nicht wirklich ausgeprägt. Du hast dich nur darüber definiert, wie es mir ging und Dad, wenn er da war.

Tu das nie wieder, Dean! Du bist wichtig! Dein Wohlbefinden ist wichtig! Vergiss das nie. Wenn du mit etwas Probleme hast, wenn du dich bei etwas nicht wohlfühlst, rede mit mir. Wir finden eine Lösung. Bitte versuche nichts zu machen, was gegen deine Überzeugung ist.“

„Und wenn ich keine Überzeugung habe? Wie soll ich wissen, was gut ist und was nicht?“

„Bobby zum Beispiel. Ich weiß nicht warum, aber du wirst mit ihm einfach nicht warm und dann kamen auch noch diese Albträume. Sie waren das krasseste Beispiel, dass es dir nicht gut ging. Wenn du schlecht schläfst, Kopfschmerzen hast. Wenn dein Bauch, dein Gefühl, dagegen spricht. Wenn du dich einfach nicht wohlfühlst, dann ist es falsch!

Manche Dinge muss man tun, auch wenn sie einem nicht behagen, aber um das herauszufinden bitte ich dich mit mir zu reden, bevor du etwas anfängst, was du noch nie gemacht hast. Ich werde versuchen dir nichts zu verbieten, außer es ist ungesetzlich, aber ich werde dir meine Meinung dazu sagen und auch ob ich es gut finde oder nicht. Entscheiden musst dann letztendlich aber du.“

„Und du hörst dann auf mich? So wie du auf mich gehört hast, als ich nicht zu Mr. Singer wollte?“

„Bobby ist Familie! Wir waren so oft bei ihm und du hast dich bei ihm immer wohl gefühlt. Du hast den Umbau des Hauses geplant und du hast ihn durchgeführt. Gerade für dich war Bobby so viel mehr Vater als unserer es jemals war und … naja, ich war froh deiner Amnesie nicht mehr alleine ausgeliefert zu sein. Bobby und Jody konnten deine Lehrer sein, wenn ich mal nicht die Kraft hatte. Ich konnte mit dir umgehen, wenn du im Krankenhaus lagst und raus wollest. Ich konnte mit dir umgehen, wenn du verletzt warst es aber nicht zugeben wollest. Ich konnre deine Wut ertragen, deinen Frust, deine Ungeduld. Alles, solange du du warst.

Jetzt bist du du und doch jemand ganz anderer. Da ist kein blindes Verstehen mehr. Ich weiß nicht mehr was du gerne isst. Mir fehlen deine, teils platten, Witze, deine Ruhe wenn ich fast durchdrehe, deine Lebensfreude, wenn ich in Melancholie versinke.

Du kannst nichts dafür! Aber ich mache mir Vorwürfe! Du hast mein Leben gerettet und bist verschüttet worden! Wegen mir, Dean! Wegen mir hast du diese Amnesie.“ Sam schüttelte den Kopf. Er versuchte den Klumpen in seinem Hals herunterzuschlucken. Ihm war zum Heulen!

„Wegen mir musst du dein ganzes Leben neu lernen und ich komme nicht damit klar, einen neuen Bruder zu haben!“, wisperte er leise.

Er hob den Kopf und schaute seinem Bruder in die Augen. „Ja! Ich mache Fehler. Ich will, dass du glücklich bist und ein glückliches Leben führen kannst. Du hast wahrlich genug Mist erlebt.“ Sam atmete tief durch und wartete auf eine Antwort.

Dean schaute seinen Bruder an. Er kaute auf seiner Unterlippe. Was sollte er jetzt antworten? Was erwartete Sam von ihm? Hilflos zuckte er mit den Schultern und wandte sich seinem Essen zu.

Auch Sam begann nach einem Augenblick wieder zu essen. Er wusste nicht, ob dieser Ausbruch seinerseits etwas bewirkte, ob er damit überhaupt etwas bewirken wollte? Oder war es einfach nur ein Frustabbau? Wenn dann wohl wieder an die falsche Adresse! Er schüttelte den Kopf. Sie würden wohl noch einige solcher Szenen haben, bis sie sich wieder zusammengerauft hätten. Aber vielleicht würde es auch viel ruhiger abgehen. Dean würde nächste Woche arbeiten gehen und er hoffte insgeheim, dass er so viel mehr lernte als durch seine Bücher.

Langsam und methodisch leerte Dean seinen Teller. Gut, dass er darüber nicht nachdenken musste, denn dann würde er wohl noch immer ratlos auf seinen Teller starren.

Sams Worte hatte etwas in ihm ausgelöst. Etwas, von dem er nicht wusste ob es gut oder schlecht war. Es fühlte sich komisch an, so, als würde etwas seine Lunge zusammenpressen, so als würde etwas seinen Hals zuschnüren und egal wie viele Bissen er hinunterwürgte, es ging nicht weg.

Verstohlen musterte er Sam durch seine langen Ponyfransen. Sam. Bei ihm fühlte er sich wohl. Sam war da und im Gegensatz zu seiner Zeit im Krankenhaus war er inzwischen wirklich froh, dass er immer da war. Sam lernte mit ihm! Sam gab ihm Sicherheit.



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