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Kill this Killing Man II

Höhen und Tiefen
von

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Hiobsbotschaften

227) Hiobsbotschaften
 

Jetzt rutschte Sam der Becher doch aus der Hand und fiel zu Boden. Nur gut, dass er fast leer und außerdem mit einem Deckel verschlossen war. Die Sauerei hätte er nicht erklären können und er wollte der netten Schwester keinen Ärger machen. Sie würde ihn sonst nie wieder so hier herein lassen.

Er schluckte als er Deans Blick noch immer auf sie fühlte.

„Das ist ... ich ... du?“ Sam bekam keinen klaren Satz heraus. Ungläubig starrte er seinen Bruder an und versuchte zu verstehen, was hier gerade passierte.

Dean bekam von den Gefühlschaos, das er in seinem kleinen Bruder ausgelöst hatte nicht mehr viel mit. Er schaffte es nicht mehr die Augen noch länger offen zu halten. Noch bevor Sams Gehirn die ganze Tragweite der Frage seines Bruders begriffen hatte, fielen Deans Augen zu und er tauchte wieder in die Dunkelheit ab, in der nichts wirklich von Bedeutung war.

Sam taumelte gegen seinen Stuhl und plumpste auf die Sitzfläche. ‚Oh mein Gott! Nein, bitte nicht. Was jetzt? Was bedeutete das?’
 

Als der Arzt kurze Zeit später den kleinen Raum betrat, war Sam noch immer von der Rolle. Dr. Brewster musterte den Winchester irritiert, kontrollierte aber zuerst Deans Werte, bevor er ihn darauf ansprach.

„Die Schwester sagte, dass Ihr Bruder wach war“, stellte er in ruhigem Ton fest und blickte zu Sam.

„Ich weiß“, antwortete der etwas heiser. „Und dazu hab ich eine Frage, Doktor.“

Der Arzt trat näher zu Sam.

„Kann es sein, dass ... ich meine“, Sam schluckte unbehaglich. Übertrieb er vielleicht? Nahm er das alles zu ernst? „Er wollte wissen, wer ich bin.“ Jetzt war es raus und er atmete erleichtert auf.

Dr. Brewster musterte erst Sam dann Dean. „Es könnte durchaus möglich sein, dass er unter Amnesie leidet. Die schlimmste Verletzung seines Gehirns war im dem Bereich, in dem die Erinnerungen gespeichert werden. Aber ich würde dem jetzt noch keine so große Bedeutung beimessen. Er hatte eine schwere Hirnverletzung und lag im Koma. Die meisten Patienten sind nach dem Aufwachen erst einmal verwirrt. Lassen Sie ihm Zeit richtig wach zu werden, dann hat sich das Problem vielleicht ja schon geklärt.“ Freundlich lächelte der Arzt Sam an.

„Und wenn es Amnesie ist, wie lange dauert die?“ So schnell wollte Sams Angst einfach nicht vergehen.

„Wenn er wirklich darunter leiden sollte, kann Ihnen das kein Arzt sagen. Vielleicht für immer. Vielleicht kommen die Erinnerungen wieder. Vielleicht auch nur ein Teil. Manchmal geschieht das von allein. Doch dass ist selten. Er hat Sie gefragt wer Sie sind?“, hakte er noch einmal nach.

Sam nickte, den Blick nicht von seinem Bruder nehmend.

„Sollte er wirklich unter einer Amnesie leiden, würde das bedeuten, dass ihm sämtliche Erinnerungen fehlen.“

„Gott, nein!“, keuchte Sam.

„Noch ist nichts bewiesen“, versuchte Dr. Brewster Sam zu beruhigen. „ Lassen Sie ihm Zeit.

Die sollten Sie sich übrigens auch für sich nehmen. Wie lange sind Sie jetzt hier? Seit gestern?“

„Seit gestern“, bestätigte Sam leise.

„Dann fahren sie jetzt in Ihr Motel und schlafen ein paar Stunden. Ich werde den Schwestern die Anweisung geben, Sie frühestens in sechs oder sieben Stunden wieder hier herein zu lassen!“

„Das können Sie doch nicht machen! Ich meine, ich ...“ Sam war entsetzt.

„Sam, ich bin Arzt und habe einen Eid geleistet Leben zu schützen und Gesundheit zu erhalten. Ihre ist zur Zeit ernsthaft gefährdet.“

„Ich kann doch nicht einfach ...“ Sam verschlug es die Sprache. „Er braucht mich!“ Tränen der Enttäuschung und Wut drängten sich in seine Augen.

„Genau, er wird Sie brauchen. Ausgeschlafen! Er wird Ihnen alles abverlangen. Sie werden ihn bremsen müssen und sie werden ihn antreiben müssen. Sie werden der Prellbock für seine Launen sein, bis er wieder selbstständig agieren kann, und das Normalfall. Sollte er jedoch auch noch unter Amnesie leiden, wird es sie noch viel mehr Kraft kosten. So schaffen Sie nicht mal einen Bruchteil dessen, bevor sie neben ihm im Bett landen! Bitte Sam. Noch schläft er viel. Noch können Sie sich diese Auszeit bedenkenlos nehmen. Tun Sie es!“

Sam drehte sich zum Fenster und unterdrückte ein Gähnen. Vielleicht, aber nur vielleicht hatte Dr. Brewster ja Recht. Sein Blick glitt über das blasse Gesicht seines schlafenden Bruders. Er nickte leicht.

„Okay“, sagte er leise und ließ die Schultern hängen. „Ich fahre. Nachher!“

Dr. Brwester nickte kurz: „Bleiben Sie nicht mehr zu lange“, forderte er leise und verließ das kleine Zimmer.

Sam wischte die Kaffeepfütze auf und blickte dann wieder zu Dean. Dr. Brewsters Aussagen wollte er einfach nicht glauben. Er kannte seinen Bruder und er wusste, dass der nervig bis unausstehlich sein konnte. Aber er würde doch nie ...! Nein, das wollte er einfach nicht glauben.

Trotzdem hatte der Arzt Recht. Er war müde und Deans Frage hatte ihn mehr geschockt als er zugeben wollte.

Er seufzte. „Schlaf dich aus und ärgere die Schwester nicht“, sagte er leise und wandte sich dann zur Tür. Nur raus hier, bevor sein Herz über seinen Verstand siegte.
 

Auf dem Parkplatz warf er seinen leeren Kaffeebecher in einen Papierkorb. Er ging zum Impala und ließ seine Hand über das schwarze Blech gleiten, während er um sie herum zur Fahrerseite ging und rutschte gleich darauf auf den Sitz.

Das Knarren der Tür klang in seinen Ohren genauso traurig, wie er sich fühlte.

Während der Fahrt haderte er mit sich, dass er sich so leicht hatte vertreiben lassen. Ja er war müde und ja er könnte im Stehen einschlafen, aber er hätte sich trotzdem wehren sollen! Es fühlte sich an, als hätte er Dean in seiner schwersten Stunde alleine gelassen!
 

Wütend auf sich und die Welt fuhr er auf den Parkplatz vor ihrem Motelzimmer, stieg aus und schlug die Wagentür mit aller Kraft zu. Es war nicht richtig Deans Baby für sein Versagen büßen zu lassen, aber sie hätte ihn ja unterstützen können! Sie hätte ja einfach nicht anzuspringen brauchen!

Im Zimmer ließ er sich auf sein Bett fallen. Er leerte den Inhalt der Tüte, die er sich bei einem Diner geholt hatte, lieblos auf dem Nachttisch aus. Er öffnete die beiden Boxen, riss die Ketchupbeutelchen auf und verteilte das rote Zeug über den Pommes und den Hähnchennuggets. Abechselnd schob er sich Pommes und Nuggets in den Mund, ohne wirklich etwas zu schmecken. Aber das war egal. Er wollte nur so schnell wie möglich seinen Magen beruhigen, um gleich schlafen zu können.
 

Unruhig wippte Sam von einem Fuß auf den anderen, während er darauf wartete, dass ihm endlich jemand die Tür zur Intensivstation öffnete. So lange hatte er Dean, seit dem Unfall nicht alleine gelassen. Er fühlte sich zwar so ausgeruht wie seit Bobbys Besuch nicht mehr, hatte aber auch ein ungutes Gefühl im Bauch, dass einfach nicht verschwinden wollte.

Endlich hörte er das Klicken des Schlosses und dann ging die Tür auf.

„Mr. Winchester“, begrüßte in die Schwester lächelnd. „Ich freue mich ja Sie zu sehen, aber ich glaube, Sie kommen nicht wegen mir, oder?“

„Nein?“ Sams Augen weiteten sich erschrocken.

„Ihr Bruder liegt nicht mehr hier.“

Sofort rutschte Sam das Herz einen halben Meter tiefer. „Nicht?“, japste er tonlos.

„Nein, da Ihr Bruder stabil ist, hat Dr. Brewster eine Verlegung auf die neurologische Station angeordnet.“

„Danke“, keuchte Sam erleichtert. Ein Gebirge polterte von seinem Herzen. Er wandte sich ab. ‚Wo war denn jetzt diese Station?‛ Gerade als er sich umdrehen und fragen wollte rief ihn die Schwester zurück: „Mr. Winchester?“

Fragend schaute Sam zu ihr.

„Dr. Brewster möchte erst noch mit Ihnen sprechen. Er ist gerade hier. Wenn Sie noch einen Augenblick warten, bringt er Sie gleich runter.“

„Okay.“ Sam klang ein klein wenig frustriert, nickte aber. Was sollte er auch sonst tun? Er lehnte sich neben der Tür gegen die Wand und begann die Linoleumfliesen zu zählen.

Nach dem vierten Mal verlegte er sich darauf, die Fugen zu zählen, das dauerte länger.

Endlich öffnete sich die Tür.

Dr. Brewster verließ die Intensivstation. „Sam!“, begrüßte er den Wartenden freundlich. „Sie sehen besser aus, ausgeruhter!“

„Dr. Brewster“, antwortete Sam mit einem Nicken. „Sie habe Dean verlegen lassen?“

„Ja, ich bringe Sie gleich hin, aber vorher gehen wir in mein Büro. Wir haben einige Tests mit ihm gemacht und die Ergebnisse möchte ich mit Ihnen besprechen.“

„Okay?“ Schon wieder rutschte Sams Herz nach unten.
 

Der Weg durch die Flure des Krankenhauses schien endlos zu sein, doch endlich waren sie im Büro des Arztes und nahmen Platz.

„Was ich Ihnen zu sagen habe, wird in Ihren Augen wohl einer Hiobsbotschaft gleichkommen“, begann der Arzt ernst. Er nahm eine Akte vom Stapel und schlug sie auf. „Wie schon gesagt, haben wir einige Test mit ihm gemacht.“

Sam seufzte leise. Jetzt kamen also die Tiefschläge. Aber warum musste der Arzt erst ewig um den heißen Brei herumreden?

Dr. Brewster konnte sich denken, wie das Alles für einen Angehörigen klingen musste und er hoffte, dass er so ein Gespräch nie auf der anderen Seite des Schreibtisches führen musste. „Es ist nichts, was sich nicht beheben lässt und es ist nichts, womit er nicht leben könnte“, versuchte er Sams Ängste schon von vornherein etwas zu beruhigen machte es aber wohl nur noch schlimmer.

„Spucken Sie es aus, Doc. Diese homöopathischen Dosen machen es auch nicht besser“, grummelte der Winchester. Er wollte endlich wissen woran er war.

„Gut! Also: Sie haben Recht. Ihr Bruder leidet unter einer retrograden Amnesie. Er hat keinerlei Erinnerungen an sein Leben. Er ist ... stellen Sie sich ein Vorschulkind vor. Sein Wortschatz ist auch ungefähr auf dem Niveau. Schreiben und lesen wird er wohl neu lernen müssen. Vielleicht kommt es aber auch wieder, wenn er den ersten Versuch gemacht hat, das können wir in der Kürze der Zeit noch nicht sagen. Außerdem ist die Motorik seiner rechten Körperseite etwas eingeschränkt. Aber das lässt sich mit einer Therapie schnell beheben.“

Sam schluckte. Er versuchte die Tränen zu unterdrücken, die in seinen Augen brannten. „Das heißt, ich hab statt meines großen Bruders ein behindertes Kind?“ Da wäre ja Kyle besser!

„NEIN! Sam!“, unterbrach der Arzt seine Gedankengänge wütend. „Nein Sam! Dean ist kein behindertes Kind. Ja, er kann derzeit seine rechte Hand und das Bein nicht so gut steuern, aber die Motorik lässt sich trainieren. Seine linke Hand kann er zur Zeit nicht benutzen und wenn er auch noch Schreiben übt, ist das schneller erledigt, als Sie glauben wollen. Außerdem ist sein rechtes Bein eh noch geschient. Er kann noch nicht aufstehen. Wenn er wieder zu laufen beginnt ist in vier bis sechs Wochen nichts mehr davon zu spüren. Und die Amnesie? Er lernt schnell und …“

„Woher wollen Sie das denn wissen?“, fuhr Sam den Arzt wütend an. Er wusste, dass er ungerecht reagierte, doch er war gerade nicht in der Lage rational zu denken, geschweige denn zu handeln.

„Ich habe ihm ein paar Farbkarten gezeigt, die er am Anfang nicht benennen konnte. Ich habe ihm die Farben genannt. Am Ende der Untersuchung habe ich ihm die Farbkarten erneut gezeigt. Er wusste jede Farbe.“ Dr. Brwester legte Sam eine Hand auf den Arm. „Er lernt ...“

„Farben“, schnaubte Sam. „Er hat sein Leben vergessen und Sie kommen mir mit Farben?!?“

„Ja, ich komme Ihnen mit Farben. Irgendwo müssen wir ja anfangen. Es ist ein schneller Test, der uns zeigt, wo wir stehen und damit auch, wie wir dem Patienten am schnellsten und am effektivsten helfen können.“

„Aber er ist ein Kind! Ich ... Er ist derjenige, der gut mit Kindern kann! Ich kann das nicht!“ Hatte er nicht schon genug Fehler bei Kyle gemacht? Musste sich das wiederholen?

„Sie sollen ihn ja auch nicht wie ein Kind behandeln!“

„Aber Sie sagten doch ...“ Sam war noch immer unfähig zu denken. Ein Kind. Dean war ein Kind. Das ...

„Er hat JETZT in etwa den Wissensstand eines Vier- bis Sechsjährigen. Und doch sollten Sie ihn ganz normal behandeln, so wie Sie mit Ihrem Bruder umgehen. Erklären Sie ihm, was er nicht weiß. Zeigen Sie ihm die Welt, Ihre Welt. Aber achten Sie auf ihn. Sie dürfen ihn weder über- noch unterfordern.“

„Na super“ Sam holte tief Luft, doch es half ihm nicht. Seine Selbstbeherrschung brach zusammen. Tränen liefen ihm über die Wangen.

Wie sollte es denn jetzt weitergehen? Er barg sein Gesicht in den Händen.



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