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-22-

 

 

Ich legte meinen Kopf in den Nacken und schluckte.

 

 

„Nummer drei“, verkündete ich voller Elan.

 

 

Ein heißes brennendes Gefühl breitete sich zuerst in meinem Hals und anschließend dann in meinem Magen aus. An sich war es ein angenehmes Gefühl und gleichzeitig spürte ich, wie sich allmählich eine behagliche Schwere über meine Glieder und meinen Verstand legte. Allzu gerne hätte ich mich ihr einfach hingegeben, doch ich wusste, dass das in meiner Situation fatal wäre.

 

 

„Du warst gerade eben schon bei drei“, korrigierte mich Sasuke in einem herablassenden Tonfall.

 

 

Obwohl er schon genauso viele Shots getrunken hatte wie ich, sah man ihm bisher noch nicht wirklich etwas an. Entweder er vertrug den Alkohol besser als ich oder aber er hatte sich einfach nur sehr gut unter Kontrolle. Beides würde sich definitiv nicht zu meinem Vorteil auswirken.

 

 

„Umso besser“, meinte ich nur grinsend.

 

 

Noch standen ein paar kleine Schnapsgläser auf dem Tablett auf dem kleinen Tisch in der Ecke des Raumes. Hinata hatte es vorsorglich nicht zu nah am Mischpult platziert, da davon auszugehen war, dass Sasukes und meine Koordinationsfähigkeit im Laufe der Zeit drastisch nachlassen würde. Die Technik war zum einen wahnsinnig empfindlich und zum anderen wahnsinnig teuer. Selbst Konoha Kiku konnte es sich nicht leisten, mal eben ein komplett neues Mischpult zu kaufen, ganz abgesehen von den Sendeausfällen, die sich daraufhin ergeben würden.

 

 

Da ich mich selbst im betrunkenen Zustand nur allzu gut kannte, hatte ich das auch zunächst kommentarlos so hingenommen. Als uns Kakashi dann allerdings angewiesen hatte, statt wie üblicherweise auf den Barhockern, auf dem kleinen roten Sofa an der hinteren Wand Platz zu nehmen, hatte ich zunächst protestiert. Zum einen hatte ich nicht mehr das Gefühl, Teil des Moderationsteams zu sein, wenn wir einfach so ausgelagert wurden, zum anderen war das kleine rote Sofa wirklich klein. So klein, dass es unmöglich sein würde, Sasuke aus dem Weg zu gehen und einen gewissen Mindestabstand zu ihm einzuhalten.

 

 

Nach seiner Aktion gestern im Aufzug hatte sich mein Entschluss, ihn so gut es ging zu meiden, immer weiter verfestigt. Allerdings konnte ich noch nicht einschätzen, ob ich im betrunkenen Zustand noch genauso entschlossen dazu in der Lage sein würde, ihm zu widerstehen. Das musste ich aber, wenn ich mich nicht so wie gestern von ihm vorführen lassen wollte, und deshalb war es nicht gerade von Vorteil, wenn wir uns gegenseitig so auf die Pelle rückten.

 

 

„Ihr könnt euch schon mal den nächsten holen“, verkündete Kakashi mit Blick auf die Uhr über der Tür.

 

 

Immer abwechselnd gingen Sasuke und ich zu dem kleinen Tischchen, um von dort Nachschub zu holen. Diesmal war ich dran. Als ich mich von dem Sofa erhob, spürte ich bereits, dass mein Gleichgewichtssinn nicht mehr ganz auf der Höhe war und versuchte mir angestrengt nichts anmerken zu lassen. Ganz deutlich spürte ich bei jedem meiner Schritte Sasukes Blick auf mir und auch Kakashi ließ mich keine Sekunde lang aus den Augen. Es war ungewohnt, dass er sich mit im Studio befand, insbesondere weil er normalerweise um diese Uhrzeit noch gar nicht im Sender war. Allerdings wollte er Sakura unter keinen Umständen mit zwei betrunkenen Kerlen alleine in einem Raum lassen, während sie sich auch noch um die Moderation der Sendung kümmern musste.

 

 

„Du schwankst“, merkte Sasuke selbstgerecht an.

 

 

Er hatte sich entspannt in die Polster des Sofas zurückgelehnt und eine Hand lässig auf der Armlehne abgelegt. Seine Haltung wirkte lockerer als sonst und drückte nur noch zu einem kleinen Teil diese Unnahbarkeit und Distanz aus, durch die er sich normalerweise auszeichnete. Es war ein ungewohntes Bild, ihn so gelöst zu erleben. Der Alkohol tat auch bei ihm seine Wirkung – wenn auch noch lange nicht in dem Maß, wie von mir erhofft.

 

 

„Ich schwanke gar nicht. Das bildest du dir bloß ein, weil du betrunken bist“, konterte ich wenig kreativ.

 

 

Sasuke hatte auch nur ein müdes Lächeln für mich übrig und nahm mir ohne weiteren Kommentar das Schnapsglas aus der Hand. Ungemein erleichtert ließ ich mich wieder neben ihn auf das Sofa fallen. Im Sitzen ließ das Pulsieren in meinem Kopf zum Glück deutlich nach.

 

 

„Prost“, murmelte ich.

 

 

Ein Klirren ertönte und wieder legten wir beide zeitgleich den Kopf in den Nacken. Wieder spürte ich das Brennen in meiner Kehle und das angenehm warme Gefühl, das sich kurz darauf in meinem Magen ausbreitete.

 

 

„Nummer vier“, stellte ich erleichtert fest.

 

 

So langsam wurde es doch ein wenig brenzlig. Ich spürte die Wirkung des Alkohols immer deutlicher und auch auf Sasukes Wangen hatte sich ein leichter Rotschimmer gelegt, der aufgrund seiner blassen Haut besonders gut zu sehen war.

 

 

„Fünf“, korrigierte er.

 

 

Zählen konnte er scheinbar immer noch besser als ich.

 

 

„Ist doch egal“, murrte ich und machte eine wegwerfende Handbewegung, wobei sich ein paar Tropfen Alkohol auf dem Boden verbreiteten.

 

 

Sofort warf Kakashi mir einen mahnenden Blick zu und ich entschuldigte mich hastig. Wie bereits erwähnt waren meine Koordinationsfähigkeiten nicht gerade die besten, wenn ich getrunken hatte. Dass es gerade mal kurz nach acht Uhr morgens war, machte es nicht unbedingt besser. Wenigstens hatte ich heute ein ordentliches Frühstück zu mir genommen, sonst würde ich den Morgen wahrscheinlich nicht so einfach durchstehen.

 

 

„Wie lange noch?“, fragte ich ungeduldig.

 

 

Wieder warf Kakashi einen Blick auf die Uhr.

 

 

„Zwanzig Minuten bis wir auf Sendung gehen.“

 

 

Ungeduldig rutschte ich auf dem Sofa hin und her, stets bemüht nicht aus Versehen Sasukes Bein zu berühren. Nach seiner Kampfansage gestern wollte ich ihm möglichst keine Angriffsfläche bieten und ihm klarmachen, dass er mich als Gegner keinesfalls unterschätzen sollte. Bisher war es ihm immer irgendwie gelungen, mich gegen meinen Willen auszutricksen und seine eigenen Absichten durchzusetzen. So würde es ab jetzt allerdings nicht mehr weitergehen.

 

 

Heute war ich in der besseren Position. Immerhin hatte ich noch immer einen Punkt Vorsprung auf ihn und das hier war die letzte Aufgabe. Wenn Sasuke mir nicht einen Wunsch gewähren wollte, musste er diese Aufgabe gewinnen, während ich im schlimmsten Fall mit einem Unentschieden zu rechnen hatte. Der Gedanke an ein Unentschieden reichte jedoch schon aus, um mich zu motivieren, mein Bestes zu geben. Ich wollte mich unter keinen Umständen mit einem Gleichstand zufrieden geben, wenn der Sieg drin war. Wenn ich die Möglichkeit hatte, Sasuke Uchiha einmal in seine verdammten Schranken zu weisen.

 

 

Dass ich mich gestern ohne weiteres in einem Aufzug von ihm hatte berühren lassen, zeigte, wie sehr er seine tückischen Fäden bereits um mich gesponnen und meinen Widerstand unterwandert hatte. Er hatte Erwartungen in mir aufgebaut, die ich so nie haben wollte, nur um sie im Anschluss daran wieder zu zerstören. Er spielte mit mir, weil er spürte, dass es mich verunsicherte. Also durfte ich mich einfach nicht mehr von ihm verunsichern lassen. Nicht von seiner unnahbaren Art. Nicht von seiner Pseudo-Perfektion. Nicht von seinen spitzen Kommentaren. Und vor allen Dingen nicht von seinen fatalen Stimmungswechseln, wenn er statt abweisend plötzlich fast schon aufdringlich wurde.

 

 

Egal, was im Endeffekt bei diesem Wettbewerb rauskam und egal, wer von uns beiden die Stelle antreten durfte, spätestens morgen würde ich ihn sowieso zum letzten Mal sehen. Damit hätten sich dann auf einen Schlag alle Probleme in Luft aufgelöst und ich musste nicht mehr meine Zeit damit verschwenden, mir effektive Strategien gegen seine Annäherungsversuche zu überlegen. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, waren meine Strategien bisher sowieso nie von Erfolg gekrönt gewesen. Aber das war ein anderes Thema. Ich musste nur noch zwei Tage durchhalten und genau dieser Gedanke war es, an den ich mich klammerte, als ich den nächsten Shot runterkippte.

 

 

„Nummer sechs“, zählte ich diesmal richtig.

 

 

Das Tablett, auf dem die Schnapsgläser gestanden hatten, hatte sich mittlerweile deutlich gelichtet und die zwei übrig gebliebenen Gläser wirkten fast ein wenig einsam. Als Sasuke aufgestanden war, hatte ich auch bei ihm ein leichtes Schwanken festgestellt und grinste seitdem zufrieden vor mich hin, was er mit einem streitsüchtigen Blick quittierte. Es passte ihm nicht, dass ich seine Schwäche gesehen hatte.

 

 

„So Jungs, ihr bekommt jetzt die Texte“, verkündete Kakashi plötzlich.

 

 

Erst jetzt fiel mir auf, dass ich den zweiten Teil der Aufgabe bisher völlig verdrängt hatte. Das hing vermutlich damit zusammen, dass der erste Teil der Aufgabe darin bestand, sich innerhalb einer vorgegebenen Zeit in regelmäßigen Abständen insgesamt sieben Shots einzuverleiben. Das hatte den Zweck, dass wir innerhalb kürzester Zeit betrunken werden sollten, um uns dann Teil zwei der Aufgabe zu stellen, der darin bestand, einen von der Redaktion präparierten Nachrichtentext live und möglichst fehlerfrei vorzutragen. Je mehr Zeit jedoch verstrich und je mehr wir beide intus hatten, desto schwieriger würde das werden.

 

 

Wenn ich das Level meiner Konzentration auf einer Skala von eins bis zehn hätte einschätzen sollen, würde ich mir vermutlich gerade mal eine drei geben, mit viel gutem Willen eine vier. Ich war einfach nicht der Mensch, der sich in Selbstdisziplin übte und stets unter Kontrolle hatte. Schon im nüchternen Zustand fiel es mir manchmal schwer, mich ernsthaft zu konzentrieren und im Moment machte mich der Alkohol vor allen Dingen eines – fahrig und unaufmerksam.

 

 

„Ihr dürft euch gerne Markierungen machen“, Kakashi reichte jedem von uns ein Blatt und einen Bleistift.

 

 

Sasukes Lippen bewegten sich tonlos, als er begann zu lesen. Er hatte die Augen konzentriert zu Schlitzen verengt, während sie rastlos über die Textzeilen huschten und notierte sich tatsächlich immer mal wieder etwas über einzelne Wörter. Meistens waren es nur Striche oder Punkte, die ihm vermutlich bei der Betonung helfen sollten, doch als er bemerkte, dass ich ihn dabei beobachtete, schirmte er seinen Zettel vor mir ab als wäre es die Geheimzahl für seine Bankkarte.

 

 

„Ich mach dich sowieso fertig“, prophezeite ich überzeugt.

 

 

Ich hatte bewusst diese Worte gewählt, um ihm unmissverständlich klar zu machen, dass ich seine Kampfansage nicht so einfach hinnehmen würde. Zu meiner Enttäuschung reagierte er jedoch nicht auf meine kleine Provokation und vertiefte sich stattdessen weiter in den Zeilen des Nachrichtentextes. Erst jetzt kam auch ich langsam auf den Gedanken, dass es eine gute Idee sein könnte, sich den Text wenigstens einmal durchzulesen.  Insbesondere weil die Zeit erbarmungslos weiter fortschritt.

 

 

Das Voting für den neuen Moderator bei Akatsuki geht in die letzte Runde. Seit Beginn der Woche war es den Zuhörern der Radiosendung möglich, im Internet für ihren Favoriten abzustimmen. Bisher machte der Sender Konoha Kiku keinerlei Angaben zum bisherigen Stand der Votingergebnisse. Allerdings soll heute Abend um 23 Uhr und somit eine Stunde vor Ende der Wahl ein Zwischenstand veröffentlicht werden. Es ist davon auszugehen, dass die letzte Stunde nochmal zu einer heißen Phase im Wettkampf um die Moderatorenstelle zwischen Naruto Uzumaki und Sasuke Uchiha wird. Alle Hörer sind herzlich dazu eingeladen, ihre Stimme abzugeben. Die Abstimmung läuft noch bis Mitternacht.

 

 

Fragend sah ich Kakashi an.

 

 

„Stimmt das?“

 

 

Mein leicht vernebeltes Gehirn war nicht mehr in der Lage einzuschätzen, welchen Wahrheitsgehalt diese Nachricht tatsächlich hatte. Vielleicht hatte sich die Redaktion auch einfach irgendeinen Text überlegt, dessen Inhalt völlig beliebig war. Schließlich ging es lediglich darum, die Zeilen möglichst fehlerfrei vorzutragen.

 

 

„Ja, es gibt heute Abend einen offiziellen Zwischenstand“, bestätigte Kakashi. „Wir konnten keine echte Nachrichtenmeldung auswählen, weil das sonst eventuell einen falschen Eindruck hinterlassen würde. Gerade bei ernsten Themen, käme unsere Aktion respektlos rüber. Wir wollten aber auch nichts nehmen, was völlig aus der Luft gegriffen ist, weil das die Leute am Ende sonst noch glauben würden.“

 

 

Das erschien mir sogar in meinem angetrunkenen Zustand irgendwie logisch. Wieder linste ich aus den Augenwinkeln zu Sasuke rüber, der sich noch immer kleine Notizen machte und dabei stumm etwas vor sich hin murmelte. Vermutlich ging er den Text durch. Hatte er überhaupt realisiert, was dort stand oder war er vollkommen darauf konzentriert, die richtige Betonungstechnik anzuwenden?

 

 

„Hey Sasuke, es gibt heute Abend einen Zwischenstand“, wiederholte ich noch einmal das, was Kakashi eben gesagt hatte. „Das heißt, du hast noch die Möglichkeit aufzugeben, wenn du siehst, dass ich dir haushoch überlegen bin.“

 

 

Wieder ging er nicht auf meine Provokation ein und gab nur einen abfälligen Zischlaut von sich. Heute wollte es mir einfach nicht gelingen, ihn aus der Reserve zu locken und das, obwohl seine Hemmschwelle normalerweise durch den Alkohol niedriger sein müsste als sonst. Vielleicht versuchte er sich aber auch nur so sehr zusammenzureißen, weil diese Challenge für ihn entscheidend war, und verschwendete deswegen keine überflüssige Energie an unsere kleinen Streitereien. Wenn dem so war, tarnte er es sehr gut durch seine gespielte Überlegenheit.

 

 

„Es ist Zeit für den letzten Shot“, machte Kakashi uns grinsend darauf aufmerksam und reichte uns die beiden Gläser.

 

 

Ich war ziemlich froh, dass ich nicht nochmal aufstehen musste, denn mittlerweile konnte ich den Einfluss des Alkohols tatsächlich nicht mehr leugnen. Überhaupt war ich sehr überrascht, dass ich noch halbwegs vernünftige Gedanken zustande gebracht hatte, doch das lag vermutlich daran, dass es einfach noch ein paar Minuten brauchte, bis sich die Wirkung vollends entfalten würde.

 

 

Diesmal verzichteten wir auf das Anstoßen und kippten das Zeug einfach runter. Mit jedem Glas war der Geschmack weniger bitter und weniger sauer. Trotzdem spürte ich, wie mein Magen bereits ein wenig rebellierte. Ein prüfender Blick auf Sasuke zeigte mir, dass es ihm ähnlich ging. Er verzog keine Miene, doch seine Augen erschienen mir deutlich glasiger als noch vor ein paar Minuten. Ein wenig erinnerte es mich an den Ausdruck in seinem Gesicht, als wir damals auf der Party im Shippuden gewesen waren. Damals hatten wir auch beide einen über den Durst getrunken.

 

 

Ich nahm mir ein Beispiel an Sasuke und versuchte mich auf den Text in meiner Hand zu konzentrieren. Doch anstatt auf die richtige Aneinanderreihung und Betonung der Wörter zu achten, stellte ich immer wieder fest, dass meine Gedanken abschweiften und ich stattdessen über den Inhalt der Nachrichtenmeldung nachdachte. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, erst morgen vor der Sendung zu erfahren, wer letztendlich die Nase vorn hatte. Es war extra eine Besprechung für fünf Uhr angesetzt worden, um anschließend den Gewinner pünktlich um sieben Uhr bei Akatsuki verkünden zu können. Je nachdem wie das Ergebnis ausfallen würde, gäbe es vielleicht schon heute Abend eine eindeutige Tendenz, wer das Rennen machen würde.

 

 

„Naruto, du hast die letzte Challenge gewonnen, deswegen darfst du jetzt auch als Titelverteidiger den Anfang machen“, eröffnete mir Sakura lächelnd.

 

 

Schon die ganze Zeit über beobachtete sie uns immer wieder skeptisch und schien dabei unseren Alkoholpegel nicht ganz einschätzen zu können. Ich nickte heftig und bereute es im nächsten Moment sofort wieder, da sich augenblicklich alles drehte. Ihrer unausgesprochenen Aufforderung Folge leistend, erhob ich mich schwerfällig von der Couch und versuchte mich auf meinem Weg zum Barhocker möglichst unauffällig am Studiopult abzustützen. In der anderen Hand hielt ich noch immer fest den Zettel mit der Nachrichtenmeldung. Immer wieder hatte ich sie mir durchgelesen und doch war gefühlt nichts hängen geblieben. Allerdings war ich noch immer Naruto Uzumaki und Spontanität war eine meiner absoluten Stärken.

 

 

Zumindest hatte ich das immer gedacht. Als Sakura schließlich die Mikrofone anschaltete und mich nach einer kurzen Einführungsmoderation dazu aufforderte zu beginnen, wurde ich schlagartig eines besseren belehrt. Die Worte laut auszusprechen, war im Vergleich dazu sie einfach nur im Kopf durchzugehen, eine ganz andere Schwierigkeitsstufe. Mein Kopf hatte bereits Probleme damit, die Worte in einem angemessenen Tempo zu erfassen, doch wenn ich versuchte sie laut auszusprechen, verhaspelte ich mich wieder und wieder. Meine Zunge fühlte sich so unglaublich schwer an und fast so als würde sie sich permanent in meinem eigenen Mund verheddern. Es war als würde ich Befehle an meine Muskeln erteilen, die sie dann jedoch nicht oder nur verzögert ausführten.

 

 

Mühsam hangelte ich mich von Satz zu Satz. Die Buchstaben begannen vor meinen Augen zu tanzen und mich zu verspotten. Hinter mir ertönte ein leises Kichern und erst da wurde mir bewusst, dass ich sogar vergessen hatte, mir die Kopfhörer aufzusetzen. Für einen kurzen Moment unterbrach ich meinen Versuch, die Meldung halbwegs verständlich vorzulesen, um Sasuke einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. Ich hatte nicht einmal realisiert, dass er gerade tatsächlich gekichert hatte. Scheinbar entfaltete sich auch bei ihm zunehmend die Wirkung der Shots.

 

„… läuft noch bis Mitternacht.“

 

 

Erleichtert seufzte ich, als ich endlich die letzten Worte hinter mich gebracht hatte. Insgesamt war ich mit meiner Leistung nicht gerade zufrieden, doch mein Kopf dröhnte von der Anstrengung, mich auf die vielen Buchstaben zu konzentrieren und mir wurde zunehmend schwindliger, was nicht gerade von Vorteil war, wenn man auf einem Barhocker ohne Lehne saß. Wie vorhin stützte ich mich am Studiopult ab, wobei ich mir nun nicht mehr die Mühe machte, meinen Zustand vor Sasuke zu verbergen. Er hatte es sowieso bemerkt.

 

 

Auch er schwankte leicht als er sich vom Sofa erhob und auf den Hocker zusteuerte, auf dem ich gerade noch gesessen hatte. Zwischendrin wurde nur ein einzelner Song gespielt, sodass wir genug Zeit hatten, die Plätze zu tauschen. Ich tastete mich vor zur Kante des Sofas und ließ mich dann fallen. Das Drehen hatte sich zu meinem Bedauern nur noch verstärkt und ich überlegte einen Moment, ob es besser war zu sitzen oder zu stehen, entschied mich dann jedoch für Sitzen, aus dem einfachen Grund, dass ich so schon mal nicht umfallen konnte.

 

 

Als Sasuke schließlich ansetzte zu sprechen, verzog ich grimmig das Gesicht. Genau wie bei mir, merkte man ihm anhand seiner Sprechgeschwindigkeit an, dass er Schwierigkeiten hatte, die Zeilen in einem normalen Tempo zu lesen. Insbesondere bei Nachrichten sollte man sich normalerweise keine allzu langen Pausen zwischen den Sätzen leisten. Allerdings passte Sasuke sein Tempo so an, dass es zumindest einigermaßen regelmäßig war und setzte seine Sprechpausen sehr gezielt. Er hatte im Voraus präzise abgeschätzt, wozu er in der Lage sein würde und sich dementsprechend darauf vorbereitet, Schwachpunkte auszugleichen. Dieser Bastard.

 

 

Ich spürte, wie ich mich vor Wut immer mehr anspannte und auch nachdem Sakura den nächsten Song gestartet hatte, gelang es mir nicht meine Anspannung zu lösen. Warum bekam Sasuke immer alles so verdammt gut hin?

 

 

„Das war echt gut, Sasuke“, lobte Sakura ihn zu allem Überfluss auch noch. „Wie hast du das hingekriegt?“

 

 

Sasuke rutschte vom Hocker und hatte seinen Blick dabei fest auf den Boden geheftet, als würde er Angst haben sonst umzukippen. Er schwankte bedenklich und auch wenn er bis eben noch so gewirkt hatte, als hätte er sich perfekt unter Kontrolle, war ihm die Anstrengung nun deutlich vom Gesicht abzulesen. Ich bewunderte ihn unwillkürlich dafür, dass er es trotz der Alkoholmenge noch geschafft hatte, so souverän zu lesen.

 

 

„Sprecherausbildung“, antwortete er knapp.

 

 

Bis eben hatte ich vergessen, dass Sasuke ja schon eine professionelle Ausbildung hinter sich hatte und schon erschien mir seine Souveränität nicht mehr ansatzweise so beeindruckend. Wahrscheinlich war es nicht das erste Mal gewesen, dass er einen Text unter erschwerten Bedingungen vortragen musste. Unter diesen Umständen betrachtet empfand ich die heutige Aufgabe mehr als unfair, doch bevor ich mich deswegen lautstark beschweren konnte, ergriff Kakashi wieder das Wort.

 

 

„Sasuke, Naruto, ihr könnt heute früher gehen, Sakura macht die restliche Sendung alleine. Hinata fährt euch nach Hause und wir sehen uns dann morgen früh pünktlich um fünf.“

 

 

Das Wort pünktlich klang aus Kakashis Mund wie eine Parodie, doch auch hier verkniff ich mir jeglichen spöttischen Kommentar, da der Anlass für das Treffen einfach viel zu ernst war. Stattdessen grummelte ich irgendetwas vor mich hin und überlegte, wie ich am besten vom Sofa aufstehen sollte, ohne dabei das Schwindelgefühl unnötig zu verstärken. Außerdem gab es da noch eine Sache zu klären und auch wenn ich mir fast sicher war, die Antwort zu kennen, musste ich die Frage trotzdem stellen.

 

 

„Wer hat denn jetzt gewonnen?“

 

 

Meine Stimme klang wenig hoffnungsvoll und das letzte bisschen Hoffnung wurde mir dann auch direkt genommen, als ich Sakuras entschuldigendem Blick begegnete.

 

 

„Sasuke“, sagte sie leise.

 

 

Obwohl er bis eben noch den Boden fixiert hatte, schlich sich nun ein zufriedenes Grinsen auf seine Lippen und er hob den Kopf, um mir direkt in die Augen zu sehen. Seine eigenen Augen funkelten herausfordernd, als wollten sie sagen Ich habs dir doch gesagt.

 

 

„Also unentschieden“, seufzte ich frustriert.

 

Dabei war ich dem Sieg so nahe gewesen. Eigentlich sollte ich in diesem Moment wütend sein, doch ich war es nicht. Stattdessen war ich einfach nur erleichtert, dass es vorbei war und dass ich mich endlich nicht mehr so zusammenreißen musste. Es fühlte sich an, als würde sich in meinem Kopf ein dicker Knoten lösen, als ich schließlich meine letzten Versuche der Selbstkontrolle aufgab und mich bereitwillig der verschwommenen Dumpfheit des Alkohols hingab. Jetzt war es auch schon egal.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Einen wunderschönen guten Tag ihr Lieben,

das war also die letzte Aufgabe des Wettbewerbs und es gibt keinen eindeutigen Gewinner. Damit hat auch niemand einen Wunsch frei. Ob die beiden das so stehenlassen können? ;) Bleibt auch noch die Entscheidung, wer am Ende den Job bekommt. Es geht jedenfalls aufs Finale zu.
Vielen Dank an alle fürs Lesen und Kommentieren des letzten Kapitels. Ich freu mich immer sehr von euch zu hören und würde mich auch diesmal wieder sehr freuen. :)

Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-


Nächste Woche:

„Ach Hinata, ich mag dich“, sprach ich dann auch direkt laut aus, was ich eben gedacht hatte.

Auf ihre Wangen legte sich ein leichter Rotschimmer und auch Sasuke lief zunehmend rot an, was aber vermutlich andere Gründe hatte.

„Naruto es reicht, halt jetzt endlich die Klappe und sag Hinata, wo sie dich hinfahren soll“, schimpfte er.

Er hatte seine Hand fest um eine Wasserflasche gekrallt, die er bereits zur Hälfte geleert hatte und die jetzt ein verzweifeltes Knacksen von sich gab.

„Sasuke, vielleicht ist es besser, wenn ich dich erstmal nach Hause bringe“, schlug Hinata versöhnlich vor. „Vielleicht geht’s ihm ja bis dahin besser.“
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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2015-10-18T11:10:47+00:00 18.10.2015 13:10
Hallo!

Ach, so schade. Ich hätte gern nich zwanzig weitere Wettstreite gelesen. Ich war mir gerade bei der Shot-Aufgabe bis zum Ende nicht einig, ob Naruto nicht doch noch mit Spontaneität punkten könnte. Der dargestellte Alkoholeffekt war überzeugend, vor allem das stützende Studiopult hat das bildlich untermauert. Die Schwermütigkeit, das halbe Lallen ... sehr, sehr glaubhaft eingeflochten. Ich habe selten so sehr über die Rolle einer Couch innerhalb eines Kapitels schmunzeln können. :)

Da ich immer noch glaube, dass der Sender beide Moderatoren einstellen wird - die dürften doch eigentlich im Trio genug Unterhaltung geboten haben, um es sofort als 'Kopf an Kopf'-Rennen enden zu lassen -, könnte der Fokus nun auf das gelegt werden, was bei der Heimfahrt passiert. Kakashis Pünktlichkeitsvortrag war köstlich, obwohl ich mich frage, weshalb der wohl so zeitig da war. Also wirklich ... jedenfalls, Hinata hat in der Vorschau kein leichtes Brot. Ich vermute, Naruto wird bei Sasuke unterschlüpfen und dann kommen beide sehr verkatert zu spät. Einer in Vortagsklamotten. :P
Freu mich schon sehr auf den nächsten Streich! Die beiden haben eine tolle Dynamik entwickelt, gerade was das Reizen und dke (mangelnde) Selbstbeherrschung angeht. Bis jetzt ist für mich unklar, wie tief Sasukes Interesse geht ... gibt für alles Tendenzen.

Viele Grüße, Morgi
Antwort von:  -Zerschmetterling-
19.10.2015 14:33
Vielen vielen Dank für deinen Kommentar :)
Auch wenn es der letzte Wettstreit war (zumindest offiziell),
habe ich mir überlegt vielleicht noch ein paar kleine Specials zu schreiben.
Also falls du eine Idee für eine gute Aufgabe hast - immer her damit. ;)

Zu dem Alkoholeffekt: Danke für dein Lob.
Nachdem ich selber noch nie so betrunken war,
musste ich da auf die Erfahrungen von anderen zurückgreifen
und war dementsprechend nicht ganz sicher was die Authentizität betrifft. ;)

Hinata wird es definitiv nicht leicht haben, aber da ist sie nicht die Einzige. ;)
Freut mich auf jeden Fall, dass dir die Dynamik gefällt.
Das ist das Schöne an einer längeren FF, man kann sowas wunderbar mit der Zeit aufbauen.

Ich wünsche auch dir einen schönen Start in die Woche!
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  Tenshirei
2015-10-15T21:18:43+00:00 15.10.2015 23:18
Hmm..sich zu betrinken und dann moderieren ist schwer..xD
wenn es auf's finale zu geht frag ich mich immer: wo ist das Geständnis? :D
ich hoffe es wird noch kommen , aber nicht besoffen das wäre..naja keine Ahnung xD
bald ist die Entscheidung.beide haben viel zu gewinnen und viel zu verlieren.
aber irgendwas sagt mir das es im nächsten kappi noch nichtso weit kommt..xD
mehr fällt mir grad nicht ein und ich bemerk wie schlecht mein kommi doch ist aber egal. Ich kann es einfach nicht, Hoffnung stirbt aber zuletzt nicht wahr? :3
Ich glaub so geht auch naruto ran.
Auch wenn er eigentlich keine Chance hätte gibt er alles.typisch naruto halt xD
nun gut, ich wünsche dir noch einen schönen tag,
Liebe grüße,Tenshi :)

Antwort von:  -Zerschmetterling-
19.10.2015 11:48
Vielen lieben Dank für dein Feedback :)
Um dich zu beruhigen (?), es wird kein betrunkenes Geständnis geben.
Das würde bei den beiden in der Situation nicht passen,
insbesondere weil Naruto ja noch etwas Probleme mit der Einsicht hat
und Sasuke... ja, da muss ich wohl nichts zu sagen. ;)
Und mit der Entscheidung hast du auch Recht - die dauert noch etwas.
Ich hab das einfach nicht so drauf, mit dem Kurzfassen. :D
Also ich hab ja noch sehr viel Hoffnung,
mindestens so viel wie Naruto.
Und ich freu mich immer, über deine Kommentare. :)
Vielen Dank und einen guten Start in die Woche.
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von: abgemeldet
2015-10-15T20:36:27+00:00 15.10.2015 22:36
Nein!! Deine FF ist zu toll! Sie soll nicht zu Ende gehen xD

Sehr schönes Kapitel
Antwort von:  -Zerschmetterling-
19.10.2015 11:43
Dankeschön :)
Irgendwann würde es auch anfangen, sich zu ziehen,
aber es gibt ja noch viele andere tolle Fanfictions. ;)
Außerdem dauert das schon noch etwas,
musst dir also noch keine Sorgen machen. :D
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-
Von:  Luna143
2015-10-15T20:31:50+00:00 15.10.2015 22:31
Also zu diesen Kapitel habe ich jetzt wirklich nicht viel zu sagen.
Für mich ist es so als würdest du jetzt zu vorletzten großen Schlag aushohlen. Ja du hast richtig gelesen den vorletzten.
Sasuke so wohl Naruto sind an bzw betrunken.
Hinata wird beide Heimfahren [Vorschau] Naruto mag Hinata und ich kenne doch deinen Sasuke das war wieder etwas was ihn nicht gepasst hat.
Weil mir kam es in diesen Kapitel vor, das Sasuke durch seine art Naruto dazu treiben wollte sich zu betrinken. Ich weiß es war die Aufgabe. Aber wenn man sich verkrampft wenn man betrunken ist... und normal wirken will... wie soll ich das sagen wird das nichts. Also so sehe ich das.
Ich hoffe einfach mal das Sasuke zu Hinata sagt er solle Naruto bei ihm ablegen... Weil, Naruto ist betrunken und gibt sich nun den Alkohol hin. Und er hat zu Hinata gesagt das er sie mag. Wenn du wirklich weiter so Sasuke spielt, wird er kein Risiko eingehen das zwischen Hinata und Naruto sich etwas entwickelt. Denn Sasuke will Naruto haben. Auch wenn er es selber nie mal zugeben würde. Und jetzt wenn Naruto alleine bei Sasuke ist, wird Sasuke seine ganze Macht ausspielen. Und Naruto vielleicht am nächsten tag damit aufwachen lassen. Was war davon wahr und was hat ihm sein Alkohol dazu gedichtet.... wenn du verstehst was ich meine ...
Antwort von:  -Zerschmetterling-
19.10.2015 11:42
Vielen Dank für deinen Kommentar :)
Langsam muss ich mir doch überlegen,
ob das mit der Vorschau so eine gute Idee ist,
wenn du dadurch schon das ganze nächste Kapitel voraussagen kannst. ;D
Ich sehe schon, du hast dich intensiv mit Sasuke befasst
und er kann jetzt nichts mehr vor dir geheim halten. :D
Wir werden ja sehen, was davon alles eintrifft,
aber ich bin sehr verblüfft wie präzise deine Analysen sind.
Nochmal ganz lieben Dank und einen guten Start in die Woche.
Herzliche Grüße
-Zerschmetterling-


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