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Curse of the Nue

Byakuya x Renji
von

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Free of the Kenseikan

Der Hausverwalter führte Renji in die Räumlichkeiten des Hausherrn. Die Fusuma-Türen waren zum Balkon hin geöffnet und man konnte den Kirschbaumgarten überblicken. Spatzen zwitscherten in der Sommersonne. Trotz der schönen Einrichtung überkam einem das beklommene Gefühl, das für ein Krankenhaus so typisch war. Dankbar nickte er Eishirō zu, der ihn mit einer Verbeugung an der Tür zurückließ. Renji ging ein paar Schritte nach vorne und kam neben Rukia zum Stehen. Sie trug einen einfachen, blauen Kimono mit einem gestickten Kuchiki-Wappen auf den Ärmeln. Sie kniete vor dem Bett und hatte eine blasse, schlaffe Hand fest umschlossen.
 

Byakuya war bewusstlos. Seine Haare waren vom Kenseikan befreit und schlafend sah er besonders jung und verletzbar aus. Er atmete ruhig, doch hatte er einen aschfahlen Farbton in seinem Gesicht, der Renji ganz und gar nicht gefiel. Byakuya war locker in einem violetten Kimono gekleidet, der nicht dazu beitrug, dass er gesünder wirkte. Wenn überhaupt brachte es die dunklen Augenringe besorgniserregend zur Geltung.
 

Doch mehr als alles andere störte Renji jedoch, dass wer auch immer Byakuya ins Bett gelegt hatte, die falsche Seite genommen hatte. Byakuya lag da, wo Renji liegen sollte.
 

„Hey“, sagte Renji ruhig, da er Rukia, die offensichtlich in Gedanken war, nicht erschrecken wollte. Ihre dünnen Augenbrauen waren zusammengezogen und sie hatte sich vollständig auf Byakuya konzentriert. „Wie macht er sich?“
 

Rukia blinzelte einige Male, um ihre Gedanken zur Seite zu schieben. „Er kommt immer mal wieder zu sich“, sagte sie. „Doch wenn er wach ist, ist er wohl im Delirium. Dann murmelt er jede Menge Nonsens. Doch die Schwester meinte, dass es nichts ist, worum wir uns sorgen sollten. Es sei nur ein Nebeneffekt von dem Gift.“
 

„Wussten wir, dass Shinsō vom Typ Gift war?“, murmelte Renji. „Das kommt mir wie eine Neuigkeit vor.“
 

Rukia zuckte die Achseln. Sie starrte immer noch auf Byakuyas blasses Gesicht. „Bist du wirklich überrascht?“
 

„Nein, vermutlich nicht, wenn man Ichimaru kennt“, gab Renji zu und machte sich eine gedankliche Notiz, nach Kira zu schauen. Der Rothaarige schüttelte den Kopf. Er wusste, dass da etwas in der Beziehung falsch war. Er hätte sofort einschreiten sollen, als er zum ersten Mal vermutet hat, dass irgendetwas falsch lief. Und arme Momo. Himmel, all seine Freunde von der Akademie wurden von ihren Kommandanten verraten. Sogar Hisagi.
 

Scheiße.
 

Sie waren für eine Weile still. Renji war immer noch nicht sicher, was passiert war, nachdem Aizen ihn ausgeschaltet hatte. Er wollte Rukia fragen, was zum Teufel veranlasst hatte, dass Byakuya seine Meinung so drastisch geändert hatte, dass er sich tatsächlich zwischen Rukia und Ichimaru gestellt hatte. Doch Renjis Augen wurden von Byakuyas Haaren angezogen. Eine tintenschwarze Strähne war über die Nase gefallen und sah… unordentlich aus. Renji griff nach vorne, um sie ihm hinter das Ohr zu streichen, doch hielt inne, als er bemerkte, dass Rukia ihn anschaute.
 

„Mach das richtig, ja?“, sagte er und richtete sich schnell etwas auf, um seine Hand in die Tasche seines Hakamas zu stecken. Er fühlte sich ertappt. „Es macht mich wahnsinnig.“
 

Sie tat, wonach er gebeten hatte, blickte ihn dabei aber seltsam an. „Gewöhn dich daran. Ichigo hat sein Kenseikan zerstört.“
 

Renjis Augenbrauen schossen in die Höhe und er pfiff leise. „Verdammt. Ich bin froh, dass ich es nicht war. Ich würde meinen Sold niemals wiedersehen.“
 

„Und was ist mit all deinem Blut, das du auf ginpaku kazahana no uzugin vergoßen hast?“
 

Renji stieß mit den Daumen gegen seine Brust. „Ich? Hey, das ist nicht meine Schuld! Ich konnte nichts anderes als bluten. Er war derjenige, der mich verwundet hat und es dann über mich geworfen hat.“
 

„Himmel, Renji. Hör auf rumzuheulen. Er wird dich dafür nicht bezahlen lassen“, grinste Rukia neckend.
 

„Möchtest du wetten?“, Renji zog eine Grimasse. „Ich kann froh sein, wenn ich mich nicht nach einer neuen Stelle umgucken muss, sobald er wieder wach ist.“
 

Rukia blinzelte. „Glaubst du wirklich?“
 

Renji zuckte mit den Achseln. Da gab es den Beerdigungskimono mit dem Nue über seinem Herzen, aber damit ging er immerhin von einem anderen Ergebnis der ganzen Situation aus, richtig?
 

„Bei ihm ist das schwierig zu wissen“, sagte er ehrlich. Er setzte sich im Schneidersitz auf den Boden, direkt neben sie. Doch er hatte seinen Rücken zum Bett gewandt, damit er sich daran anlehnen konnte. Er ließ seinen Blick über den Kirschbaumgarten wandern und legte den Kopf gedankenverloren nach hinten. „Ich meine, es hat sich alles zu unseren Gunsten gewendet, aber nun ja, er hat mich immer noch für Desertion vom Rang enthoben“, begann Renji mit der Aufzählung seiner Fehltritte und hob dabei seine Finger, um die Anzahl aufzuzeigen. „Für das er, im Übrigen, sich geweigert hatte, zurückzunehmen, obwohl der Krieg zu diesem Zeitpunkt noch nicht erklärt wurde, als ich damit beschäftigt war, in den Arsch getreten zu bekommen. Tatsächlich bin ich mir ziemlich sicher, dass es eine offizielle Beschwerde vom Generalkommandanten gab, der meine Wiedereinstellung gefordert hatte. Und das war noch bevor ich mir mit Gewalt meinen Weg durch das Wachhaus gebahnt habe. Wusstest du, dass der Punkt ein eigener Punkt in den Regularien hat? ‚Flucht aus Gewahrsam‘. Alleine dafür kann ich schon vor dem Gericht enden. Aber ich hab zudem noch ein paar meiner Leute ausgeknockt. Die Kirsche auf dem Sahnehäubchen ist, dass ich meinen Kommandanten mit einer echten Waffe angegriffen habe, mit der Absicht, ihn zu töten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass all das, außer der Flucht, ein Kapitelverbrechen ist. Und wenn er dabei noch ein Korinthenkacker sein möchte, ist noch die Tatsache, dass ich dir und Ichigo geholfen habe. Also gewöhn dich nicht daran, mich hier zu sehen. Ich könnte immer noch wegen Hochverrat im Madennest enden.“
 

„Hochverrat?“, Rukia schüttelte den Kopf. Sie lehnte sich etwas zurück und faltete sorgsam ihre Hände im Schoß. „Aizen hat das schon für sich beansprucht.“
 

„Sicher, für die meisten Leute. Doch wir reden hier über deinen Bruder. Es würde mich nicht überraschen, wenn…“, Renji war gerade dabei anzudeuten, dass Byakuya ihn vermutlich für jeden Fehltritt töten würde, doch sein Atem stockte. Byakuya hatte die Hand ausgestreckt und seine Finger fuhren abwesend durch Renjis Haare.“
 

Renji blickte zu Rukia hinüber, ihre Augen waren so groß wie Unterteller.
 

„Bruder?“, fragte sie irritiert und blickte zwischen den beiden Männern hin und her.
 

Renji wagte sich nicht, sich zu rühren. Byakuyas Finger begannen langsam und zärtlich den Zopf zu lösen. Der Rothaarige konnte nicht sehen, ob Byakuyas Augen geöffnet waren, doch er schien zumindest nicht vollständig bei Bewusstsein zu sein. Mit einem tiefen Seufzer ließ Byakuya seine Hand fallen. „Renji“, murmelte er und schien wieder eingeschlafen zu sein.
 

Renji risikierte einen Blick über seine Schulter. Byakuya lächelte sanft zu sich selbst.
 

„Oder… vielleicht hat er dir verziehen“, vermutete Rukia und klang dabei geschockt.
 

„Uh… ja“, stimmte Renji zu. Er war sich nicht sicher, ob alle Farbe aus seinem Gesicht gewichen oder ob er hochrot angelaufen war. „Sieht vielleicht so aus, huh?“
 

Rukia lehnte sich wieder zurück. Ihre großen, violetten Augen bebten leicht. „Weißt du, ich kann es immer noch nicht glauben, dass er das für mich getan hat. Hat sich für mich verletzen lassen. Ich dachte… Ich meine, ich dachte wirklich, dass er mich eigenhändig töten würde“, sagte sie mit einem ungläubigen Kopfschütteln. „Und dann… dann entschuldigt er sich, Renji. Mein Bruder hat mir in die Augen geschaut und um Vergebung gebeten.“
 

Renji nickte. Es sah vielleicht für die meisten Personen nicht nach viel aus, doch sie beide wussten, dass die Veränderungen von Byakuyas Herzen ziemlich irritierend waren. Fast schon schockierend, als würde jemand seine Näherin darum bitten, einen Nue über seinen Herzen auf der Beerdigungsrobe zu sticken. Renji griff nach oben und ließ seine Finger durch die Haare gleiten, dort wo Byakuyas vor kurzem noch waren. „Er steckt in letzter Zeit voller Überraschungen. Hey, vielleicht, wenn es so bleibt, kannst du ihn bald Bruderherz nennen, huh?“
 

„Ja, richtig“, lachte sie. Sie kaute auf ihrer Unterlippe und runzelte die Stirn, als würde sie versuchen, etwas aus ihrem Kopf zu bekommen. Doch dann seufzte sie. „Das wäre viel zu seltsam.“
 

Renji nickte und streckte seine Beine aus. Er fuhr mit seinen Fingern wieder durch die Haare. Während er seine Frisur wieder richtete, erhaschte er einen weiteren Blick auf Byakuya. Verdammt, wenn das mal nicht unangenehm intim gewesen war! Hatte es Rukia bemerkt? Oder dachte sie, dass es nur Teil von Byakuyas Fieberträume war?
 

Als er sich zu ihr umdrehte, sah die Schwarzhaarige ihn aufmerksam an. „Wusstest du, dass er mich im Gefängnis besucht hat?“, fragte sie.
 

„Nein“, sagte Renji. Er erinnerte sich an die Zeit zurück und überlegte, wann das gewesen sein konnte. Die einzige Nacht, die sie nicht gemeinsam verbracht hatten war der Abend, an dem er sich an Isane rangemacht hatte. Die Geburtstagsparty von Kommandant Kyōraku in der 11. Division. Es war die Nacht vor Rukias Transfer gewesen. „Oh? Wie war das?“
 

„Byakuya hat mir mitgeteilt, dass er einen Liebhaber hat.“
 

„Oh, ein Lieb- oh, ok“, sagte Renji und fühlte sich unwohl und nervös unter ihrem Blick. Außerdem war er sich absolut sicher, dass er gerade errötete, wie ein Schuljunge. „Warum erzählst du mir das?“
 

„Weil ich ihn nicht gesehen hab, Renji. Dieser Junge, dieser Wakashū, wo ist er?“
 

„Vielleicht… ist… er beschäftigt?“ Oh Gott, er hatte sich so lahm und unüberzeugend angehört. Selbst zu sich selbst. „Oder sie haben sich getrennt…?“
 

„Du trennst dich nicht von einem Wakashū, du Idiot. Es ist eine lebenslange Bindung. Aber mein Bruder sagte, dass sein Liebhaber nicht sein Schüler sei. Dass du diesen Teil falsch verstanden hast und, nun ja… So wie er über ihn geredet hat, habe ich mich darauf gefreut, ihn kennenzulernen. Oder, wohl eher, habe ich gedacht, dass es schade war, dass wir dazu niemals die Chance bekommen, da ich hingerichtet werden würde.“
 

Renji tätschelte ihr Knie. „Oh hey, sag so etwas nicht.“
 

Rukias Augen verengten sich. „Lenk mich nicht ab“, sie stieß ihren Finger in Renjis Brust. „Du weißt ganz genau, worauf ich hinaus will.“
 

Renji wusste es.
 

Sie versuchte, dass Renji zugab der Liebhaber ihres Bruders zu sein. Byakuya musste irgendetwas gesagt haben, was Rukia einen Hinweis darauf gegeben hatte. Doch Renji hatte nicht wirklich das Bedürfnis, ihre Vermutungen zu bestätigen. Renji hob die Hände, um die ganze Diskussion abzublocken. „Lass es einfach, Rukia. Du möchtest nicht so weit gehen. Also wie wäre es mit einem Pakt? Jetzt und hier! Wir werden niemals über das Sexleben deines Bruders reden. In Ordnung?“
 

Sie blickte den Rothaarigen lange und fest an, doch als ihr Blick an seinen Nackentattoos hängen blieb, schien ihr ein Gedanke gekommen zu sein. Irgendein Bild muss ihr durch den Kopf gegangen sein, denn sie wurde sofort blass und machte ein erstickendes Geräusch.
 

Renji bereute es plötzlich, dass Wort ‚Sex‘ verwendet zu haben, denn es hatte wohl etwas in ihrem Kopf hervorgekramt. Er versuchte gerade, einen Rückzieher zu machen, als sie energisch nickte.
 

„Ok“, sagte Rukia und ihr Blick wandte sich von Renji ab, als ein Rotschimmer ihre Ohren färbte. „Deal.“
 

Natürlich hatte Byakuya diesen Moment gewählt, um in seinem ruhelosen Schlaf zu murmeln. „Renji?“
 

„Ich bin hier“, sagte Renji und drehte sich um. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Byakuyas Augen sich kurz flatternd öffneten.
 

Byakuya schien sich auf Renjis Gesicht zu fokussieren. Seine Augen suchten Renjis, als er sprach. „Wenn wir beide tot sind, sind wir denn zumindest jetzt zusammen?“
 

„Ja, Kommandant“, sagte Renji und ergriff die Hand, die sich nach ihm ausgestreckt hatte. „Egal wo du hingehst, ich bin immer ein Schritt hinter dir. Immer.“
 

Sie hielten noch für einen Moment den Blickkontakt, doch dann verloren Byakuyas den Fokus und er driftete wieder ab. Vorsichtig legte Renji Byakuyas Hand zurück auf dessen Brust. Dann drehte er sich um, um etwas zu Rukia zu sagen, auch wenn er sich nicht sicher war, was.
 

Doch sie war gegangen.
 


 

Eishirō ließ Renji versprechen, dass er so schnell wie möglich zurückkommen würde. „Dem Herrn ergeht es um so vieles besser, wenn sie an seiner Seite sind.“
 

Renji nickte. Es schien wahr zu sein. Ein bisschen Farbe war in Byakuyas Gesicht zurückgekehrt. Selbst in der kurzen Zeit, in der Renji dort war. „Ich muss kurz eine Runde drehen und mir etwas zu essen besorgen“, sagte Renji und fuhr fort, bevor Eishirō ihm anbieten konnte, im Anwesen zu essen. „Und noch ein paar Sachen überprüfen. Die Division ist das reinste Chaos, auch wenn das nicht lange so sein wird. Ich weiß, dass ihr hier gut auf ihn aufpasst, aber…“
 

„Ja“, stimmte Eishirō zu. „Er sollte… Freunde hier haben. Vielleicht könnten sie Frau Kuchiki zurückschicken, um bei ihm zu sein?“
 

„Uh, ja. Ich hoffe, sie zu sehen“, sagte Renji. „Du hast nicht zufällig gesehen, wohin sie gegangen ist?“
 


 

Als Renji in der Kantine der 6. Division erschien, erhielt er einen langen Applaus, welcher ihm ziemlich peinlich war. Nachdem er ihren Enthusiasmus bremsen konnte, berichtete Renji über die ernüchternde Tatsache, dass Byakuya immer noch außer Gefecht gesetzt war, doch dass er, sollte sich nicht etwas ändern, sich vollständig erholen würde. Er ermunterte alle, ihre Genesungswünsche an das Anwesen zu senden. Auch wenn er unbedingt Rukia finden wollte, damit sie zurück zu Byakuya ging, blieb Renji noch lang genug, sodass jeder seiner Soldaten noch etwas mit ihm reden konnte.
 

Der 3. Offizier versuchte zu kündigen, doch Renji unterbrach ihn. „Warte einfach ein paar Tage, in Ordnung?“, sagte Renji und platzierte eine Hand auf die schmale Schulter des Offiziers. „Wenn du das immer noch möchtest, wenn der Kommandant wieder bei Kräften ist, rede mit ihm. Doch jetzt brauche ich dich. Die Division benötigt Stabilität. Du bist der Einzige, der das sicherstellen kann.“
 

„Aber sie sind zu…“
 

„Nein, im Moment noch nicht wirklich“, Renji schüttelte mit dem Kopf. „Es sind immer noch ein paar unserer Leute in der 4., die ich ziemlich böse zugerichtet habe. Ein Haufen dieser Leute und ihre Freunde haben berechtigten Grund, sauer auf mich zu sein. „Ok, Aizens Verrat lässt mein Handeln wesentlich besser aussehen, aber ich hab es dennoch vergeigt. Es benötigt Zeit und… Arbeit von meiner Seite aus. Du jedoch hast bewundernswert die Stellung gehalten. Du warst für diese Soldaten da, als der Kommandant und ich es nicht waren. Deine Aufgabe ist es, hier zu bleiben und dadurch zu gehen. Du verdankst diesen Leuten so viel. Besonders jetzt.“
 

„Ich…“
 

Renji hob seine Stimme in die ‚Widersprech-mir-gefälligst-nicht‘-Tonlage. „Niemand wird weggehen. Nicht heute, verstanden? Wir hatten genug Mist von Aizen, Ichimaru und diesem gottverdammten Tōsen. Kapiert?“
 

Das schien den 3. Offizier einen Schritt zurücktreten zu lassen. „Ja, Vizekommandant.“
 

„Gut“, sagte Renji und wandte sich zum Gehen um. „Und übrigens: Es ist nicht so, als würde dir der Kommandant nicht sagen, wenn du einen neuen Karriereweg ausprobieren sollst. Geh und frage meinen Vorgänger.“
 

Rukia war genau da, wo Eishirō sie vermutet hatte. Mit Kommandant Ukitake in der 13. Division. Bedauerlicherweise war auch Ichigo da. So viel zu einem privaten Gespräch, dennoch steckte Renji seinen Kopf durch die offene Tür des Kommandantenbüros.
 

„Uh, entschuldigt die Störung“, sagte er. „Aber könnte ich vielleicht einen Moment mit Rukia…“
 

„Nein, nein, komm rein“, winkte ihn Ukitake freundlich hinein. „Wir haben Süßigkeiten!“
 

Die 3 hatten sich um einen niedrigen Text versammelt. Sie hatten Schalen mit gekühltem Anmitsu, eine transparente Götterspeisenart aus roten Algen, welcher mit Pfirsichen und gekochten Bohnen serviert wurde. Renji konnte selbst von der Tür aus den nussigen Duft von dem hochwertigen Tee riechen. Es war verführerisch. Das Essen sah gut aus und Ukitake lächelte breit. Doch Renji lungerte an der Tür herum und versuchte Blickkontakt mit Rukia herzustellen. Sie saß mit dem Rücken zu ihm und schien mehr damit beschäftigt zu sein, Ichigo anzuschauen, anstatt ihn zu bemerken. Sie verhielt sich wie eine Kuchiki und das machte Renji wahnsinnig.
 

Sie hatte keine Ahnung, wie gut er mittlerweile mit der Kühle der Kuchikis auskam. Falls sie dieses Spiel spielen wollte, wusste Renji, wie er sich zwingen konnte. „Entschuldigen sie. Wie hart es auch für mich ist, kostenloses Essen abzulehnen, Kommandant, ich muss zurück“, sagte er zu Ukitake. „Ich habe mich nur gefragt, ob sie Rukia am späteren Abend entbehren können. Ich möchte sie gerne auf ein Bier ausführen, sie wissen schon, wegen den alten Zeiten.“
 

Sie wandte sich zu ihm um und zum ersten Mal in seinem Leben musste Renji feststellen, dass er ihren Gesichtsausdruck nicht lesen konnte. Doch er wusste auch, dass es viel zu unhöflich gewesen wäre, in Anwesenheit ihres Kommandanten – vor allem, weil Ukitake so großzügig und freundlich war. Es hätte Rukia das Gefühl gegeben, ein schlechter Mensch zu sein, wenn sie abgelehnt hätte. „Sicher, Renji“, sagte sie nach einer Sekunde Zögern, als wüsste sie, dass er sie in die Ecke gedrängt hatte. „Für die guten alten Zeiten. Ich werde mein Abendessen im Anwesen zu mir nehmen. Danach können wir gehen.“
 

Ichigo beobachtete den Austausch mit irritiertem Blick. „Was ist das für eine Spannung? Streitet ihr beide euch etwa?“
 

Zu intelligent für sein eigenes Wohl, der Junge. „Nein“, beharrte Renji. „Ich brauche nur einen Trinkkumpanen.“
 

„Das ist nicht fair, ich wäre absolut dein Trinkkumpane“, grummelte Ichigo und schob sich ein Teegebäck in den Mund. „Aber ich darf in keine Bar.“
 

„Du kannst die Nacht hier blieben“, bot Ukitake Ichigo an. „Wir können Spiele spielen. Ich habe Go.“
 

Ichigo sah aufgrund dieses Vorschlags gekränkt aus. „Uh, danke. Brettspiele. Denn das lässt mich viel erwachsener fühlen.“
 

Renji konnte ein kleines Grinsen über Ichigos Unbehagen nicht verkneifen und winkte zum Abschied. „Bis später dann, Rukia.“
 

Es stellte sich heraus, dass die Dinge, die Byakuya im Delirium murmelte, keineswegs Nonsens waren.
 

Renji hatte das realisiert, als er auf dem Bett lag, die Arme vorsichtig, aber kuschelnd um Byakuyas Rücken geschlungen. Sofort nach dem er sich auf der Matratze niedergelassen hatte, hatte der Schwarzhaarige die Kraft gefunden, sich zu ihm zu rollen und seinen Kopf unter Renjis Kinn zu stecken. Byakuyas Kopf war heiß vom Fieber und zum ersten Mal war Renjis Körper der Kühlere von ihnen.
 

Byakuya sprach fast unentwegt, was für so einen ruhigen und stoischen Kerl beunruhigend war. Ein klares Zeichen dafür, dass Byakuya krank und nicht er selbst war. Schlimmer noch, es war ein Durcheinander an privaten Gedanken, ein Strom an Wörtern und vieles davon unmöglich zu entschlüsseln, wenn man den Kontext nicht kannte. Vermutlich war vieles was Byakuya sagte nichts, was Rukia hören wollte.
 

Offensichtlich hätten Hisana und Rukia trotz des Altersunterschieds Zwillinge sein können. Es war hart für Byakuya gewesen, seine Frau so oft in der Erscheinung von Rukia gesehen zu haben. Byakuya hatte auch gestanden, dass er lange der Auffassung gewesen war, dass Hisanas Versessenheit, ihre Schwester zu finden, ihre Gesundheit weiter geschädigt hatte. All dies hatte dazu geführt, dass er es Rukia verübelte. Dieses Geheimnis hatte es ihm etwas leichter gemacht, seinem Versprechen gegenüber Hisana, Rukia zu beschützen, zu entsagen. Und er hasste sich selbst dafür.
 

„Es ist in Ordnung“, sagte ihm Renji, und streichelte Byakuyas schweißnasse Stirn. „Am Ende hast du das Richtige getan. Das ist, was zählt.“
 

Ebenso offensichtlich bereute er auch die Allee.
 

Byakuya murmelte Wortfetzen, die es beschämend klar machten, dass er Renjis gefesselte Leidenschaft unwiderstehlich fand und dass er es immer genoss, Renji zu beobachten. In jeder Situation. Wörter wie ‚rohe Kraft unter meinem Kommando‘ ließen Renji erröten und er versuchte, nicht von Byakuyas Halluzinationen erregt und geplagt zu sein. Wie unfair es doch war, dass Byakuya das beste und schmutzigste Gespräch ihrer Beziehung zuteil haben ließ und sich an kein einziges Wort erinnern würde.
 

Oder, dachte Renji als Byakuya eine weitere skandalöse Entdeckung murmelte, vielleicht war es auch gut so.
 

„Shh“, machte Renji endlich, als er dachte, dass Byakuya niemals mehr ein anderes Thema anschlug. „Du kannst all das mit mir machen, wenn du wieder zu Kräften gekommen bist. Ich werde dich lassen, Kommandant. Du weißt, dass ich das werde. Aber bitte, sag jetzt nichts mehr, denn du machst mich viel zu sehr an.“
 

Danach folgten noch einige seltsame und unzusammenhängende Beobachtungen. Danach kehrten Byakuyas Gedanken zurück zur Allee und er wisperte, dass er gewusst hatte, dass er zu weit gegangen war. Doch er hatte nach einem Weg gesucht, den erwachenden Dämonen in Renji zu kontrollieren. Einen Dämon, von dem er nun wusste, dass er ihn hätte niemals erfragen sollen, sich zwischen ihn und seiner eigenen Feigheit zu stellen.
 

„Niemand denkt, dass du ein Feigling bist, Byakuya“, sagte Renji.
 

„Doch ich bin es“, antwortete Byakuya in einer Klarheit, die Renji überraschte. War er wach? Renji versuchte Byakuyas Kopf unter seinem Kinn zu ziehen, doch der Kommandant presste sich tiefer gegen Renjis nackter Brust. „Ich hätte dich niemals nach etwas fragen dürfen, was ich selbst nicht tun konnte“, murmelte er gegen die gebräunte Haut.
 

„Ja, aber schau… Du hast gefragt oder nicht? Es war kein Befehl. Ich hatte eine Wahl und das bedeutet, dass es meine Entscheidung war und ich damit leben muss.“
 

Byakuya schien für einen langen Moment die Luft anzuhalten, doch seufzte dann leise. Renji wartete, dass der Schwarzhaarige noch etwas sagte, doch es schien, als sei er wieder bewusstlos.
 

Warm und zufrieden in ihrer Umarmung, schloss auch Renji die Augen und driftete in den Schlaf ab. Etwas später weckte ihn ein leichtes Rütteln an der Tür.
 

Eishirō Stimme war leise durch die Reispapiertür. „Frau Kuchiki ist zum Anwesen zurückgekehrt. Sie möchten sich vielleicht etwas vorzeigbarer kleiden.“
 

Du meinst, dich anziehen, schnaubte Renji still. „Ja, ok. Danke.“
 

Doch bevor er das Bett verließ, legte Renji Byakuya auf seine bevorzugte Seite. Er verließ ihn nach einem sanften Kuss auf die Wange und dem Versprechen, später in der Nacht zurückzukommen. Dann zog er sich wieder an und ging hinunter, um Rukia zu treffen.
 


 

Die Izakaya war gefüllt mit leisen, traurigen Betrunkenen. Doch das Bier war günstig und die Bedienung brachte Schalen mit gegrillten Hähnchenspießen und murmelte „Geht aufs Haus“.
 

Renji hatte Rukia überredet, direkt zu gehen, denn er war sich nicht sicher, ob einer von ihnen sprach ohne ein wenig flüssiger Courage. Rukias Körpersprache sagte alles. Sie hatte ihre Knie hochgezogen und ihre Arme darum geschlungen, umfasste das Bier und hielt es sich direkt unter die Nase, als sei es Tee oder heiße Schokolade.
 

Renji schaute sie an. Sie war für ihn immer noch genauso schön wie immer, aber auch genauso außer Reichweite.
 

Noch mehr.
 

Renji hatte bereits einige Biere getrunken, was nicht zuletzt an dem zusätzlichen Shoju lag, also konnte er nun das Wort ergreifen. „Ich möchte nicht, dass es unangenehm zwischen uns ist. Du weißt, wie sehr ich dich liebe, richtig? Das werde ich immer. Es hat sich nicht geändert.“
 

„Es hat sich eine Menge geändert, Renji.“
 

„Aber nicht das“, sagte er. „Ich werde immer für dich da sein. Ich stehe immer hinter dir.“
 

Rukia starrte in die Tiefen ihres Glases, bevor sie es auf dem Tisch abstellte. Dann nahm sie ihren Schnaps, legte den Hals in den Nacken und kippte die Flüssigkeit weg. Ihr Blick fixierte weiterhin den Tisch. „Ich wünschte, du hättest früher etwas gesagt. Du weißt, wie du darüber fühl…“
 

„Nein, das wünschst du dir nicht“, unterbrach Renji sie sanft mit einem kleinen, traurigen Lächeln auf den Lippen. „Hätte ich gefragt, dann hättest du ‚ja‘ gesagt. Und es wäre nur aus falschen Gründen gewesen.“
 

Und ich wäre derjenige gewesen, der dich zurückgehalten hätte, fügte er in Gedanken hinzu. Das könnte ich nicht. Dafür liebe ich dich zu sehr.
 

Ihre Augen fokussierten immer noch den Tisch und er konnte ihre Worte kaum hören. „Es tut mir leid.“
 

Warum taten die einfachen Dinge, die sie sagte, immer so sehr weh? Sie hatte ihm gedankt, als er sie ziehen gelassen hatte und nun…
 

„Halt die Klappe, ja? Bedauere mich nicht, dass nervt mich“, sagte Renji und nahm einen tiefen Zug aus seinem Glas. „Ich bereue es nicht, dich zu lieben. Sei so nett und akzeptiere es einfach.“
 

Ihre Augen glitten bei den Worten endlich nach oben. „Aber, ich kann nicht…“
 

„Ich weiß“, unterbrach Renji sie, da er nicht wollte, dass sie aussprach, dass sie ihn nicht liebte. Zumindest nicht im gleichen Ausmaß. „Ich frage nach gar nichts, oder? Außerdem ist es nicht so, als sei es nicht offensichtlich, was du für Ichigo fühlst.“
 

Sie schnalzte mit der Zunge. „Er ist 15, Renji. Und ein Mensch.“
 

„Und der Letzte war verheiratet und es hat dich auch nicht aufgehalten.“ Als sie so aussah, als würde sie Renji gleich eine verpassen, fügte er schnell noch was hinzu. „Die Liebe ist halt eben so verrückt. Es ist nicht so, als würdest du dir aussuchen, in wen du dich verliebst. Schau mich doch nur an.“
 

Rukias Mund hing für eine Weile offen, als versuche sie zu entscheiden, was sie nun sagen könnte. „Also ist es nicht nur… Du bist verliebt?“, fragte sie endlich.
 

Renji leerte sein Glas und nachdem er abgestellt hatte, rieb er sich den Nacken. „Ja, bin ich. Ich habe es herausgefunden, als ich angefangen habe, Gedichte für ihn zu schreiben.“
 

Sie verschluckte sich beinahe an dem Bier, das sie gerade trank. „Gedichte? Du, Renji? Es ist also ernst!“
 

„Ich weiß, erinnerst du dich?“, lachte er.
 

Rukia schaute in ihr Bier, antwortete dann aber doch. „Aber… was ist mit ihm?“
 

Renji schüttelte den Kopf, kippte das Glas und war enttäuscht, dass sein Bier schon wieder leer war. „Tja, wer weiß? Da ist deine Vermutung genauso gut wie meine. Aber ich vermute, wir werden sehen, was passiert, wenn er wieder er selbst ist“, sagte Renji achselzuckend und trank den Bodensatz, „Aber wie auch immer, ich bin voll drin.“ Außerdem[/style], dachte er, während er in das herzförmige Gesicht blickte, ist es nicht so, als hätte ich nicht jede Menge Übung darin, Leute zu lieben, die meine Gefühle nicht erwidern.
 

Rukia blickte ihn seltsam an und ihre Finger fuhren am Rand ihres Glases entlang. „Ich hoffe, er ist dazu bereit“, sagte sie plötzlich. „Denn er könnte jemanden wie dich brauchen.“
 

„Denkst du?“
 

Sie lächelte schelmisch und verschwörerisch. „Du wirst dir nicht allen Mist meines Bruders gefallen lassen und er kann es brauchen, ab und an mal in den Hintern getreten zu bekommen.“
 

„Ich war es nicht, der das schlussendlich getan hat.“
 

„Ich weiß“, sagte sie. „Aber du versuchst es weiterhin.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
[style type="bold"]Schlusswort junko:[/style]
Das ist nun der letzte offizielle Teil zu „Curse of the Nue“. Ich werde natürlich meine niemals endende Seifenoper fortführen, denn ich habe einige Gedanken zur nachfolgenden Zeit, die ich angehen möchte (zum Beispiel: Was tun sie mit Aizens Habseligkeiten?), aber das werde ich unter einem anderen Titel machen.

Außerdem, fürs Protokoll, bin ich persönlich der Meinung, dass Rukia auch Renji liebt, das ist auch der Grund, warum sie verschwand, als die beiden ihren großen Augenblick hatten. Sie war eifersüchtig. Ich denke, sie hatte immer gewusst, wie Renji für sie fühlt und war vielleicht ein wenig egoistisch und ihn vielleicht in der Hinterhand gehalten. Der Typ, mit dem du vielleicht endest, aber mehr, weil du dir die Optionen ausgingen, weißt du? Aber ich glaube auch nicht, dass sie ihm jemals wehtun wollte. Es ist einfach nur kompliziert. Aber da es aus Renjis Sicht ist, findet er es einfacher, zu glauben, dass er schon immer in der ‚nur-Freunde‘-Kategorie war. Ich habe seltsamerweise schon immer Renji/Rukia geshipped, auch wenn Renji/Byakuya mein OTP ist. Vielleicht, weil ich glaube, dass Renji der beste Liebhaber aller Zeiten für jeden wäre :-)


[style type="bold"]Schlusswort yezz[/style]
Und schon wieder ist eines meiner "Babies groß geworden". Ich sehe mich jetzt noch vor Freude durch die Küche hüpfen, als junko mir die Erlaubnis zum Übersetzen gegeben hat. Das ist jetzt schon wieder ein 3/4 Jahr her.
Dank dieser Geschichte habe ich auch einen Haufen netter Leute kennengelernt. Schon alleine das macht es die Mühe wert, das Ganze zu übersetzen.
An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an: meine Beta-Lese-Fee BlackLily, meine seelisch und moralische Unterstützungen, allen voran AnubisBride, Azumi und Kuraiko.
Dann natürlich an alle, die mir per Kommentar oder Nachricht ein Feedback gegeben haben und natürlich die Empfehlungen.
Selbstverständlich auch ein herzliches Dankeschön an alle, die die Geschichte gelesen haben und ein besonderes Dankeschön an diejenigen, die bei [style type="bold"]Chasing Demons[/style] wieder mit am Start sein werden!
Und nun folgt noch wie angekündigt, die [style type="bold"]Bonuskapitel"frage":[/style]
Ich brenne auf eurer Feedback. Was hat euch an "Curse of the Nue" besonders gefallen und was nicht?
Und da ich mir sicher bin, dass mindestens einer seinen Senf dazugeben wird *schielt zu AnubisBride*, gibt es dann Samstag den Start von der neuen Reihe. 58 Kapitel stark, nur so zur Info xD

*Kuchen da lass*

Bis Samstag!
Eure yezz Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Whateverx3
2015-12-02T10:49:47+00:00 02.12.2015 11:49
Ich habe auch deine FD davor totsl verschlungen und mitgefiebert *__*
Ich mag auch das paaring renruki, aber auch mittlerweile renbya *__*
Ich hoffe ich lese bald wieder was von dir
Antwort von:  yezz
02.12.2015 11:57
Das freut mich sehr :)
RenRuki finde ich persönlich sogar gar nicht so toll. Klar, von der gemeinsamen Geschichte her passen sie gut zusammen, aber in meinem kleinen, verschrobenen und verrückten Kopf gibt es nur einen logischen Partner: Byakuya xD

Natürlich gibt es bald wieder was von mir. Genau genommen am Samstag. Da startet die Fortsetzung namens Chasing Demons und ist 58 Kapitel lang xD

LG


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