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Irina

Ein Kommentar wäre mal wieder ziemlich cool, by the way.

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Er wusste es. Er wusste es. Er wusste es. Er wusste es. Die drei Worte hämmerten mehr und mehr in mein Gehirn. Er wusste,wer ich war. Obwohl er mir schlagartig fremd geworden war, war er noch immer Simon, mein Freund Simon, der fuhr, gelassen und schnell wie immer. Er war sogar so freundlich, zu erklären, woher er es wusste.

„Dir hätte bewusst sein sollen, dass es ein Fehler war, auf die Beerdigung zu gehen... aber du konntest Jakob nicht fern bleiben, richtig? Nun, es war seltsam, und es klang abstrakt, aber Irina hat mir ihr Geheimnis anvertraut... seit dem suchen wir nach dir, Julia.“

Mein fragender Blick unterbrach ihn.

„Oh, Irina, das Mädchen, dass den Transporter gefahren hat, als wir im Wald waren.“

Er schwieg für einige Zeit, wir fuhren weiter, das Radio war aus. Gerade, als ich fragen wollte, ob ich es einschalten dürfte, fuhr er fort.

„Nun... es war seltsam. Aber ich dachte, vielleicht warst du wirklich mit Julia befreundet, also nahm ich dich mit. Du wirktest nicht wie eine Person, die ihre Abende außerhalb des Hauses verbringt, was du natürlich nicht getan hast, wie ich weiß... also wollte ich dich besser kennen lernen. Du hast mir auch gefallen, das will ich nicht verneinen- Irina will sich darüber noch mit dir unterhalten. Also, du hast gleich Drogen genommen- und du wirktest generell, als wärst du verloren. Also habe ich mit Jarov und Marie gesprochen, mehrfach- ja, ich habe mich mit ihnen unterhalten.“

Erst jetzt wurde mir die Tragweite der Ereignisse bewusst, er war in mein Leben eingedrungen, er hatte mit Marie, mit meinem Bruder gesprochen.

„Sie meinten, du hast dich stark verändert, Julia... ich wusste es, als du scheinbar ohne Zusammenhang über die Straße gehen wolltest... so, als würdest du dein altes Leben vermissen.“

Ich sagte nichts. Er hatte keinen Beweis. Irgendwann musste er anhalten, und ich würde laufen. Ja, das würde ich tun.

Aber er hielt nicht an. Wir fuhren lange, und ich war froh, dass mein Ortsgedächnis mir immer wieder sagte, wo wir waren. Gegen Mittag erreichten wir Salzburg, wo wir von der Autobahn abfuhren und uns durch die Täler schlängelten. Ich versuchte, mir den Weg einzuprägen, aber es ging nicht. Wir bogen zu oft ab, manchmal hatte ich das Gefühl, Simon fuhr absichtlich falsch, nur um dann umzudrehen und mich zu verwirren.

Später rief meine Mutter an, und weil ich nichts besseres wusste, sagte ich ihr, ich wäre auf einem Schulausflug, auch wenn ich sicher war, dass ich nicht zurück kommen würde. Aber den Teil ließ ich weg.

Irgendwann schlängelten wir uns die Serpentinen hinauf, die zu einer Hütte führten. Obwohl Sommer war, war es angenehm kühl. Ich wagte es nicht, zu fragen, wo wir waren. Weit weg von allem, das war mir bewusst. Durch das letzte Dorf waren wir vor über einer Stunde gefahren.

Simon entsperrte die Tür, stieg aus, holte eine Tasche aus dem Kofferraum, die er offenbar schon vorbereitet hatte, und öffnete mir die Tür.

„Wir sind hier.“

Mein Plan, zu flüchten, würde scheitern. Es gab nur eine Straße, die sich über den Berg wandte. Ich hatte keine festen Schuhe. Kein Geld. Keinen Ausweis. Aber was sollte schon passieren? Realistisch gesehen?

Während ich mir das immer wieder sagte, ging ich in die Hütte.
 

Irina erwartete uns bereits, und ich fragte mich, ob sie aus dramatischen Gründen mit dem Rücken zur Tür saß, oder ob sie uns schlicht nicht sehen wollte.

Simon versperrte die Tür sorgsam, als könnte ich weglaufen, und reichte ihr den Schlüssel. Sie erhob sich, und küsste ihn kühl auf die linke Wange, er sie auf den Mund. Sie ließ es geschehen.

Erst jetzt erkannte ich sie wieder, und war überrascht, wie unwirklich sie schien. Es hätte mich nicht überrascht, wenn sie nach Simons Berührung verschwunden wäre. Aber sie blieb, und lächelte mich an.

Da war wieder dieses komische Gefühl, dass ich sie kannte. Ein Ziehen in der Magengegend.

„Julia. Wie schön, dich endlich wirklich zu treffen!“, rief sie, und ich wollte ihr schon glauben, dass sie sich freute. Aber irgendetwas in mir blieb misstrauisch.

„Setz dich doch! Sei mein Gast...“ Sie wies auf einen alten Sessel, ich nahm Platz, während sie wohl wieder nach ihrer Stimme suchte.

Irina ging zu Simon, strich ihm sanft über die Wange, flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dann drehte sie sich unverwandt um, ging rasch auf mich zu, und zog mich schon fast unsanft am Haar, betastete mein Gesicht, musterte meinen Körper.

„Du hättest wirklich besser darauf aufpassen können.“, lautete ihr Urteil, und sie ging wieder zu Simon, der mittlerweile Platz genommen hatte. Wie eine Katze nahm sie auf der Armlehne Platz.

Das erste Mal, seit wir hier waren, sprach Simon.

„Liebling... ich glaube, du solltest ihr erklären, wieso sie hier ist.“

Irinas Gesicht erhellte sich.

„Natürlich, Liebling...“

Sie wandte sich mir zu, blieb aber bei Simon.

„Sag mir, Julia: Warum bist du in meinem Körper?“

Ich hatte Hannah gefunden. Nur schien es, als wäre sie verrückt geworden.

„Sag es mir!“

Sie schien wütend. Natürlich, ich hatte ihr Leben gestohlen. Auch wenn sie ein neues hatte. Mit Simon. Ich verspürte leichte Eifersucht. Sie hatte sich besser angepasst.

Ich stotterte, als ich die nächsten Worte hervor brachte.

„Ich... ich weiß es nicht. Ich wollte es nicht. Ich wollte nur gehen... ich...“

Irina lachte, und belehrte mich, als wäre ich ein kleines Kind.

„Ich will mein Leben nicht zurück, dummes Ding. Sieh mich jetzt an. Und dann dich. Du hast niemanden. Niemanden in dieser Welt. Ich habe alles. Deine Freunde. Meine Familie. Irinas Leben ist so schön, ich bin froh, dass ich hier bin. Auch wenn es etwas seltsam war, auf einmal in ihrem Körper aufzuwachen.

Weißt du, wir alle werden sterben, früher oder später. Nun, was dich betrifft, und was mich betrifft... ich kann es nicht riskieren, dass du noch länger meinen Namen in den Schmutz ziehst. Drogen, Alkohol, und untrainiert bist du auch geworden... So leid es mir tut, Julia, du musst gehen.“

Da war er also wieder. Der Tod. Doch diesmal war ich klar im Kopf, auch wenn sich der Nebel, den das Hasch zurück gelassen hatte, sich noch nicht ganz gelichtet hatte.

Ich würde sterben. Hier. Jetzt. Einfach so. Weil ich nicht vorsichtiger gewesen war.

Simon griff nach der Pistole, die neben ihm auf dem Tisch lag, weit weg. Ich war starr vor Angst, sah abwechselnd zu Simon und Irina.

Letztere lachte glockenhell.

„Hast du letzte Worte?“, fragte sie, und hob eine feine Augenbraue.

Ich konnte mich noch immer nicht bewegen.

Simon hob die Pistole, und drückte ab.



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