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Paraplegia

querschnittsgelähmter Held
von

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Das Angebot

Seit zwei Wochen lag Katsuya nun im Krankenhaus. Morgen würde er theoretisch entlassen werden können. Doch, wo sollte er hin?

Seine Freunde hatte er schon am ersten Tag nach der Diagnose des Chirurgen davongejagt, er ertrug ihre mitleidigen Blicke nicht. Seinen Vater hatte er zu einer Alkoholentziehungskur verdonnert, wenn der sich darauf einließ, war er mit Sicherheit selbst irgendwo in einer Klinik. Seine Mutter hatte er am Telefon angefaucht, dass sie sich gefälligst um ihren eigenen Scheiß kümmern soll, er könne sehr gut auf ihr geheucheltes Mitleid verzichten. Seine Schwester hatte er vor einer Woche zurück zu ihrer Mutter geschickt, er wollte ihr keine Belastung sein, sie war einfach noch zu jung für so eine Verantwortung, er wollte nicht, dass sie sich um ihn kümmerte. Und seine eigene Wohnung war alles andere als behindertengerecht.

Wohin also sollte er gehen? Wobei gehen wohl das falsche Wort war, denn das würde er nie wieder tun.
 

Mit leerem Blick schaute er wieder aus dem Fenster, wie jeden Tag, seit sie ihn in dieses Zimmer gerollt hatten. Es war zwar ein 2-Personen-Zimmer, aber er war die ganzen zwei Wochen alleine hier gewesen, wofür er überaus dankbar war. Auf diese Weise wurde ihm kein Gespräch aufgezwungen und er konnte ungestört seinen Gedanken nachhängen.

Immer wieder liefen dieselben Szenen wie eine Endlosschleife vor seinen Augen ab und immer wieder stellte er sich dieselbe Frage:
 

‚Was hätte ich sonst tun sollen?‘
 

Es war nicht so, als ob er bereuen würde, das kleine Mädchen gerettet zu haben, aber jedes Mal tauchten Fragen auf, ob er vielleicht zu langsam war beim Hinabsteigen der Treppe oder zu schnell beim Hinaufsteigen oder einfach nur zu schwer. Hatte er die Treppe mit Vibrationen oder seinem Gewicht zum Einsturz gebracht? Hatte es wohlmöglich noch einen anderen Ausweg aus dem brennenden Haus gegeben? Hätte er auf das Dach flüchten und von dort aus auf ein anderes Haus springen sollen? Es wäre machbar gewesen. Für ihn selbst auf jeden Fall. Mit dem Mädchen im Arm vermutlich auch. Vielleicht aber auch nicht.

Katsuya wusste es nicht. Und es brachte auch nichts, wenn er nun darüber nachdachte. Das war ihm klar. Aber, das änderte nichts daran, dass ihm trotzdem immer wieder diese Fragen durch den Kopf gingen.
 

Es klopfte an der Tür, Katsuya hörte es, reagierte jedoch nicht. Er erwartete niemanden. Sicher war es nur wieder eine Krankenschwester, die sich ankündigte und ohnehin nur aus reiner Höflichkeit vorher anklopfte, da sie sowieso gar keine Reaktion mehr erwartete. Sie würde einfach eintreten, sagen was sie wollte und wieder verschwinden. So wie jedes Mal.
 

Die Tür wurde geöffnet, Katsuya starrte weiterhin mit leerem Blick in den strahlendblauen Himmel. Als nach etwa fünf Minuten jedoch noch niemand zu ihm kam, um ihn anzusprechen, runzelte er leicht die Stirn und fixierte das Spiegelbild im Fenster. Er erkannte deutlich die offene Tür und die großgewachsene, schlanke Gestalt mit diesem typischen Mantel.
 

„Kaiba.“, sprach er völlig monoton und ohne jegliche Gefühlsregung den Namen aus.
 

„Jonouchi.“, kam es ebenso monoton und kalt zurück. „Mehr tot als lebendig, wie ich sehe.“
 

„Was willst Du?“, stellte Katsuya die Frage, ohne wirklich eine Antwort zu wollen.
 

„Was willst Du?”, kam die emotionslose Gegenfrage.
 

Katsuya lächelte.
 

„Laufen.“, sagte er, Kaiba schüttelte den Kopf.
 

„Kein Wunsch, den ich im Moment erfüllen kann.“, kam seine Erwiderung.
 

„Dann geh und komm nicht wieder.“, meinte Katsuya und sein Blick wurde wieder leer.
 

„Du solltest wirklich lernen, besser zuzuhören, Jonouchi. Ich sagte: im Moment.“, entgegnete Kaiba arrogant, schloss hinter sich die Tür, trat hinter Katsuya ans Fenster und verschränkte die Arme.
 

Katsuya fixierte überrascht Kaibas Spiegelbild und seine Augen wurden weit aufgerissen.
 

„Was soll das heißen?“, hauchte er leise.
 

Kaiba schaute sekundenlang nachdenklich aus dem Fenster, sein Blick war leer.
 

„Soll heißen, dass ich noch keine Lösung für das Problem gefunden habe, allerdings schon eine Weile daran arbeite. Und bevor Du nach dem Grund fragst, ich habe schon damit begonnen, bevor ich von Deinem Unfall erfuhr, genau genommen bereits vor zwei Jahren ungefähr. Der Grund dafür war damals Noah.“, meinte er nach einer Weile relativ sachlich, Katsuya legte überrascht den Kopf schief.
 

„Noah? Kam der nicht mit Gozaburo in der virtuellen Welt ums Leben?“, fragte er, Kaiba nickte.
 

„Der Noah, den wir kennenlernten, kam in der Tat um. Allerdings hatte Gozaburo noch ein Backup in den alten Archiven des Kaiba Satelliten und zwar von dem damals 10 Jahre alten Noah, kurz nach dessen Unfall und bevor er die Daten von Noahs Gehirn in die virtuelle Welt übertrug.“, erwiderte er.
 

„Und?“, fragte Katsuya.
 

„Und ich habe mit Hilfe von Pegasus in Amerika, in einem mir bisher unbekannten Labor der Kaiba Corporation, Noahs ziemlich mitgenommenen Körper gefunden, all die Jahre künstlich am Leben erhalten. Die meisten Verletzungen sind bereits verheilt, allerdings liegt eine eindeutige Querschnittslähmung vor, von der Hüfte abwärts.“, gab Kaiba emotionslos Auskunft, Katsuya runzelte die Stirn.
 

„Was hat das mit mir zu tun?“, fragte er, nicht sicher, ob er die Antwort hören wollte oder mögen würde.
 

„Ich kann mit Noahs Körper keine Experimente machen, solange er ohne eigenes Bewusstsein ist und selbst wenn er es hätte, wäre er nur 10 Jahre alt und ich könnte es alleine schon deshalb nicht.“, meinte Kaiba und Katsuya nickte verstehend.
 

„Ich bin 18, bei vollem Bewusstsein, ab der Hüfte gelähmt, vermutlich auch noch aus fast demselben Grund wie er…“, Kaiba nickte, Katsuya seufzte. „…und ich bin verzweifelt genug, um nach jedem kleinen Strohhalm zu greifen, nur um wieder laufen zu können.“
 

„Korrekt.“, stellte Kaiba fest.
 

Katsuya starrte kurz hinauf in den Himmel, schloss die Augen und lächelte melancholisch.
 

„Wann und wo sollen die Experimente stattfinden?“, fragte er, ohne die Augen zu öffnen.
 

„Wir reisen morgen nach New York. Mokuba und Noah sind bereits dort.“, erwiderte Kaiba geschäftsmäßig. „Nimm Abschied von Deinem alten Leben, ich kümmere mich um die Entlassungspapiere.“
 

Dann drehte er sich um und verließ ohne weitere Worte Katsuyas Krankenzimmer.
 

„Abschied nehmen von meinem alten Leben?“, fragte Katsuya in die entstandene Stille hinein. „Das habe ich doch schon längst getan, Kaiba.“
 

Sekunden später sah er wieder mit leerem Blick aus dem Fenster, als hätte er nie Besuch gehabt von Kaiba und als ob er nie von diesem ein Angebot bekommen hätte, vielleicht irgendwann doch wieder laufen zu können, wenn er sich dafür als Versuchskaninchen für Kaibas Experimente zu Verfügung stellte, damit irgendwann Noah wieder ins Leben zurückgeholt werden konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  fragile
2015-04-03T21:35:53+00:00 03.04.2015 23:35
ich finde dieses kapitel erste sahne. das zeigt nochmal sowas von die charakter, die die beiden eben sind und immer sein werden.
joey ist niemand, der einfach so aufgibt. er kann mal auf den boden fallen, aber immer ist da noch das kleine fünkchen, dass nicht aufgibt. das ist joey. er ist ein stehaufmännchen.
die situation ist hart. aber... er ist nun mal joey.
und kaiba will natürlich immer mokubas wünsche an erster stelle haben. und mokuba ist es nun mal wichtig, dass noah in der familie einen festen platz hat.
und geht es kaiba um mokuba, seine familie, gibt es keine grenzen.

gut... es sind experimente... ich würde nicht mal sagen, dass jetzt gerade in diesem moment... auch nur ansatzweise das interesse bei kaiba vorhanden ist, dass er mit einem erfolgreichen gelingen des experimentes zwei fliegen mit einer klappe schlägt (joey kann laufen und noah is gerettet).... das lässt mich natürlich etwas schweren herzens auf das kapitel zurück blicken.
aber: ich denke, dass du es schaffst, dass im verlaufe der story auch joey relevant ist (was kaibas gefühlswelt angeht)

und ... joa... was soll ich jetzt noch sagen =D

dir ist es immer wichtig, realistisch zu sein.
es war realistisch =)

bis bald, fragile
Von:  Kemet
2015-04-02T21:28:18+00:00 02.04.2015 23:28
Eine Art Exoskellet? Nein daran denke ich nicht. Die Idee ansich aber ist sehr interessant. Auch ich warte auf eine Fortsetzung. Das mit dem Chip, beide Male von Lunata erwähnt, würde ich auch bevorzugen. Deswegen freue auch ich mich auf weitere Chaper dieser wirklich guten Idee.
Von:  Onlyknow3
2015-04-02T20:40:43+00:00 02.04.2015 22:40
Wahnsinn, die Geschichte ist jetzt schon genial, zu Seto passt das und das er hier sogar zusammen mit Pegasus abreitet ist noch besser. Bin ehrlich gesagt schon neugierig wie sich die Geschichte weiter entwickelt, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von: abgemeldet
2015-04-02T15:49:32+00:00 02.04.2015 17:49
Ich bin begeistert<3
Die Geschichte verspricht noch sehr interessant zu werden~
ich freu mich schon auf die nächsten kapis^^
Von:  Lunata79
2015-04-02T14:09:16+00:00 02.04.2015 16:09
Interessant.
Du hast mich neugierig gemacht, was Kaiba vorhat, oder wie er gegen die Querschnittslähmung zu arbeiten gedenkt.
Ich kann mir da direkt jetzt nur eine Art Schiene vorstellen, die elektronisch gesteuert wird, oder so. Vielleicht wird Kats ja auch ein Chip ins Gehirn implantiert, damit die Steuerung, wie eine normale Bewegung funktioniert. Man weiß ja schließlich, wie komplex so ein Gehirn arbeiten kann. XD
Bin schon gespannt, was alles so auf Katsuya zukommt.

Lg
Lunata79
Von:  kuschelmietz
2015-04-02T08:12:16+00:00 02.04.2015 10:12
na da bin ich ja mal gespannt was sich kaiba so alles hat einfallen lassen. ^^
die begegnung zwischen kaiba und joey, nach joeys unfall, fand ich toll und vorallem ( und das wichtigste) sehr realistisch geschrieben. :)
ich bin schon sehr gespannt wie es weiter geht. ;)
lg
mietze
Antwort von:  Nightprincess
02.04.2015 10:29
Vielen Dank.

Ich hab versucht, das wirklich realistisch hinzubekommen. Katsuya ist Katsuya, der hier gerade nach einem Strohhalm greift und trotz seiner Lähmung wenigstens noch einen Funken Hoffnung hat, auch wenn dieser Funken Hoffnung Kaibas Namen trägt. Und Kaiba ist Kaiba, der alles daran setzt, den Wunsch seines kleinen Bruders Mokuba zu erfüllen, der eigentlich nur Noah retten will, auch wenn Kaiba nun auf die Kooperation von Katsuya angewiesen ist und an diesem eigentlich moralisch verwerfliche Experimente durchführen lassen muss, um sein Ziel zu erreichen.
Mokuba wird im übrigen vorerst nicht erfahren, warum Katsuya tatsächlich in New York ist. Von den eigentlichen Experimenten erfährt er erst sehr spät.


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