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Kid zieht nach Osaka

von

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Abschied

Ihr donnernder Herzschlag ließ sich überhaupt nicht mehr beruhigen. Das flaue Gefühl, welches sie seit geraumer Zeit in ihrem Bauch hatte, schwellte nicht ab. Fassungslos, erschüttert, tieftraurig zog sich ihr Herz zusammen, wobei ihr Puls raste, als hätte sie soeben einen Marathonlauf bewältigt. Ihr Kopf dröhnte und die Worte hallten in den Ohren nach. Sie wich innerlich einen Schritt zurück, aber ihr Körper blieb wie festgefroren an Ort und Stelle stehen. Ihre Finger umfassten das Blatt Papier fester, knickten dabei das dünne, weiße Blatt. Ihre Augen starrten auf die schwarze Schrift, die ordentlich geschriebenen Buchstaben, die sich zu Sätzen reihten. Sie fühlte sich wie in einem schlechten Film, der auf Standbild angehalten wurde. Keinen einzigen der vielen wirren Gedanken konnte sie fassen. Die Informationen schlugen wie eine große, mächtige Welle auf sie ein und überrannten sie förmlich.
 

"Es tut mir leid, Aoko."
 

Diese Stimme so bekannt, vertraut und doch so fremdartig. Noch nie hatte sie ihn in diesem Tonfall sprechen hören. So lange kannte sie ihn, fast so lange wie sie sich selbst kannte. Sie waren zusammen aufgewachsen, hatten vieles gemeinsam erlebt, zogen durch die Stadt... Das alles würde nun der Vergangenheit angehören. Erinnerungen an diese wundervolle Zeit voller inniger Freundschaft und nicht ernstzunehmender Neckereien. Alles was ihr bleiben würde war dieser Brief und die Erinnerungen.
 

"Weine nicht, Aoko."
 

Sie spürte eine angenehme Wärme an ihrer Wange und eine hauchzarte Bewegung. In diesem Moment durchbrach sie die Starre. Erst jetzt spürte sie, dass ihr Körper von der Anspannung zitterte. Sie spürte die Tränen in ihren Augen, die eine nach der anderen über ihre Wangen kullerten. Plötzlich blickte sie auf. Ihre großen, blauen Augen betrachteten das Gesicht ihres besten Freunde. Er sah aus wie immer. Die braunen Haare waren durcheinander und nicht einmal ein Kamm konnte Ordnung in das wirre Haar bringen. Einige vorwitzige Strähnen hingen ihm in die Stirn. Seine blauen Augen blickten sie unergründlich an. Sein Mund zu einem leichten Lächeln geformt. Wie konnte er nur Lächeln, während für sie eine Welt unterging. Endlich kam Regung in ihren Körper. Ihre Atmung ging schneller, während ihre blaue Augen aufblitzten. "Ich weine nicht, Kaito!" Sie spürte die Bewegung seines Daumens auf ihrer Wange, seine Hand an ihrer Wange ruhen und wollte sie wegschlagen, als er diese schon von ihr löste.
 

"Natürlich nicht", lachte er leise auf.
 

Seine Stimme jagte ihr in diesem Moment kleine Schauer über ihren Rücken. Wie paralysiert stand sie ihm gegenüber, starrte ihn an, fühlte ihren rasenden Herzschlag und ein stetig ansteigendes Kribbeln in ihrem Bauch. Sie sah, wie er sich leicht abwandte, seine Hände in die Hosentasche steckte und in den blauen Himmel hinauf sah, an dem keine einzige weiße Wolke zu sehen war. Unfähig sich zu rühren, hingen ihre Augen auf den Bewegungen ihres besten Freundes. Kurz blickte er sie an, lächelte und nickte ihr zu.
 

"Ich werde dich vermissen, Aoko."
 

Sie schluckte. Sie blickten sich in die Augen, hielten einander gefangen und waren jeder in eigene Gedanken versunken. Unfähig etwas zu sagen, stand sie an Ort und Stelle. Sie konnte sich nicht bewegen, öffnete ihren Mund, aber kein Ton kam heraus. Sie schloss ihn wieder, schluckte. Dabei wäre es so einfach gewesen. So einfach zu sagen, dass er nicht gehen darf, dass er bei ihr bleiben sollte, dass sie ihn mochte, mehr wie einen besten Freund und dass sie ihn schmerzlich vermissen würde. Aber sie brachte es nicht zustande.
 

Ein letzter Blick, dann wandte er sich ab. Er drehte ihr den Rücken zu und ging wenige Schritte davon. Doch dann blieb er nochmals stehen. Den Kopf senkte er, während seine Hände nach wie vor in den Hosentaschen versteckt waren. Sie konnte nicht sehen, wie er seine Hände zu Fäusten ballte. Sie ahnte nicht, wie schwer es ihm fiel von ihr Abschied zu nehmen. Sie wusste nicht, was sie ihm bedeutete. Dass sie stumm und lautlos weinte, zeigte ihm, wie nah ihr diese Nachricht ging und dass er ihr nicht gleichgültig war. Dennoch sagte sie nichts zu ihm. Würde sie ihn denn gar nicht vermissen? War sie so froh ihn endlich los zu sein? Hatte er es mit seinen Neckereien und Späßen zu weit getrieben und sie über die Jahre hinweg vergrault? "Auf Wiedersehen, Aoko." Es sollte kein Abschied für immer werden, er würde alles daran setzen sie noch einmal zu sehen, daher weigerte er sich Lebewohl zu sagen. Auch wenn sie es nicht sehen konnte, er blickte über die Schulter zurück und hatte unbewusst die Position eingenommen, die er sonst immer als Kaito Kid einnahm. Nur dieses Mal war keine Spur von seiner sonst so üblichen Arroganz und Selbstsicherheit zu sehen. Er wartete auf eine Reaktion ihrerseits und sei es nur ein Wort des Abschieds, aber sie starrte ihn stumm an. Er sah ihre wunderschönen blauen Augen, die ihn traurig ansahen und das auszusprechen schienen, was er erhoffte von ihr zu hören, aber kein einziger Laut verließ diese zarten Lippen. Ein leichtes Lächeln trat auf seine Lippen. Was hatte er denn auch erwartet? So lange wusste er es schon und hatte nie etwas zu ihr gesagt. Nicht gewusst, wie er Aoko diese Neuigkeit hätte sagen sollen. Stattdessen stellte er sie vor vollendete Tatsachen. Auch jetzt sagte er nichts über die Gründe. Es stand alles in dem Brief, den sie in ihren Händen hielt.

Über sich selbst den Kopf schüttelnd setzte er sich in Bewegung und ging davon. Aokos Blicke spürte er im Rücken, aber er könnte sie nicht noch einmal ansehen. Wenn er zu ihr zurückblickte, fiel ihm der Abschied nur noch schwerer. Er kannte sie schon so lange und sie würde immer einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen haben. Und mit diesem Wissen konnte er gehen. Sich von ihr und dieser Stadt verabschieden, auch wenn es ihn schmerzte. Aber er würde zurück kommen. "Ich liebe dich, Aoko."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  horo_koi
2013-09-15T19:49:14+00:00 15.09.2013 21:49
so schön und traurig zugleich...~



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