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Take A Breath

SasuNaruSasu
von

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Kapitel 1

Das erste Mal sah er ihn in einem überfüllten U-Bahnwagon der Tozai-Linie Richtung Nakano in einer großen Menschenmenge. Ein junger Mann mit schwarzen Haaren und bleichen Gesicht hielt sich mit einer Hand an einer Eisenstange fest und starrte auf den Boden. Er schien seine Umgebung zu ignorieren und seine Mundwinkel waren leicht nach unten gezogen, als wäre im die gegenwärtige Situation sehr unangenehm.
 

Obwohl er so unscheinbar und blass wirkte, stach er aus einem bestimmten Grund aus der Menge der vielen Menschen heraus. Der Blick von Naruto blieb auf dem jungen Mann haften, der alle Farben im Raum zu verteilen schien, obwohl er keinen Finger rührte und ein unglückliches Gesicht zog. Naruto spürte wie langsam wieder die vielfältigen Farbtöne in seiner schwarz-weißen Welt auftauchten und er aus seinen depressiven Geisteszustand gerissen wurde.
 

Naruto war nun nicht mehr in seiner negativen Gedankenwelt versunken, sondern sah eine bessere Welt vor seinen Augen. Endlich registrierte er, dass er sich in einem U-Bahnwagon befand und auf dem Weg nach Hause war. Er konnte sich nicht einmal mehr erinnern, wo er gewesen war und wieso er sich nun an diesem Ort befand.
 

In diesem Moment wurde das Atmen plötzlich leichter, das ihm so viele Jahre so schwer gefallen ist. Sein Brustkorb hob und senkte sich ohne Probleme und seine Nase empfing die stickige, stinkende Luft der U-Bahn. Es entstand ein Drang in ihm, der sofort die frische Luft und den Sonnenstrahl des Frühlings herbeiwünschte, die den kalten, bewölkten Winter endlich beendeten.
 

Mit einem Rumpeln wurde er aus seinen Gedanken gerissen und Naruto befand sich wieder im überfüllten Wagon der U-Bahn. Mehrere Leute versuchten sich in den engen Raum zu zwängen, sodass er den jungen Mann mit den schwarzen Haaren aus seinen Augen verlor. Unter den vielen Menschen war es unmöglich das leicht gesenkte Gesicht mit der blassen Haut zu erkennen oder vielleicht hatte er die Linie schon verlassen.
 

„Nächste Station: Waseda“, ertönte es kaum verständlich aus einem Lautsprecher. Naruto folgte den Massen der Menschen aus dem stickigen Raum, um auf einen weiteren zu treffen. Schnell lief er die Treppen hinauf an Menschen vorbei, um die frische Luft des Abends begrüßen zu können und den jungen Mann, der nun genau hinter ihm stand, für einen kurzen Moment in seinem Leben aus den Augen zu verlieren.
 

Zum ersten Mal nach vielen Jahren atmete er tief durch, doch sein Köper verkrampfte sich wieder, als die gesamte Welt auf ihn einprasselte. Naruto setzte sich erschöpft auf eine Bank und starrte auf den dreckigen Boden der Stadt. Er fühlte sich wieder unfähig und alleine auf dieser zu großen Welt, die ihm so viel Angst bereitete. Der Lärm um ihn herum schien immer lauter zu werden und die wiedergekehrten Farben verschwanden so schnell, wie sie aufgetaucht waren.
 

Naruto saß noch eine Weile auf dieser kleinen Bank und versuchte die schreckliche Welt vor seinen Augen zu vergessen. Der Winter hatte Tokyo bereits getroffen und schien die allgemeine Stimmung von Naruto noch zu verschlechtern. Er stand auf, steckte seine tauben, kalten Hände in die Jackentaschen und marschierte zur Wohnung seiner besten Freundin.
 

Seit ungefähr schon zwei Jahren lebten sie gemeinsam in dem kleinen Apartment, das sich recht günstig in der Nähe einer Universität befand, die Naruto in den meisten Fällen ignorierte. Die kleine Wohnung war nicht für zwei Leute geeignet, doch beide schienen keine andere Wahl zu haben. Naruto war glücklich, dass er eine Unterkunft bei Sakura gefunden hatte und Sakura wollte nicht, dass ihr bester Freund auf der Straße schlafen musste. Außerdem war eine dunkle Wohnung im großen Tokyo für eine Person ziemlich einsam, denn wie in vielen großen Städten waren Nachbarn keine Freunde mehr.
 

Langsam schlenderte er die Stufen hinauf bis zur Wohnung, die im vierten Stock lag und eine wunderschöne Aussicht bot, wenn man aus dem Badezimmerfenster blickte. Kurz rüttelte Naruto am Türhenkel und holte dann seinen Zweitschlüssel aus seiner Hosentasche. Es war ein Wunder, das er diesen bis jetzt noch nicht verloren hatte. Vor lauter Kälte stolperte er schnell in die dunkle Wohnung. Sakura war anscheinend noch nicht zu Hause.
 

Naruto zog seine Schuhe aus und stellte sie sorgfältig in den kleinen Kasten, der hauptsächlich Sakuras Schuhe beinhaltete. Seine Jacke hängte er auf, sodass sich seine beste Freundin nicht über sein schlampiges Verhalten aufregen konnte.
 

Seine nackten Füße trugen ihn sofort in den nächsten dunklen Raum der kleinen Wohnung. Er schaltete das Licht an und betrat den kleinen Raum, der als Küche und Esszimmer diente. Er nahm sich einen Becher Ramen aus dem Kühlschrank und stellte diesen in die Mikrowelle. Ein kurzes Kling-Geräusch ertönte und ließ Naruto wissen, dass sein Essen nun bereit zum Verzehr war.
 

In diesem Moment wurde die Haustür geöffnet und die laute Stimme seiner besten Freundin verbreitete sich in der ganzen Wohnung. „Naruto, bist du da?“, rief Sakura, während sie ihre Schuhe neben die von Naruto stellte und ihre pinke Jacke neben der Orangen von Naruto hängte.
 

„In der Küche“, antwortete er genauso laut wie seine beste Freundin. Ein pinker Schopf mit breiten Lächeln tauchte in seinem Blickfeld auf. „Wie war die Arbeit?“, fragte Naruto, nahm den heißen Becher Ramen aus der Mikrowelle und setzte sich zum kleinen Esstisch.
 

„Anstrengend“, seufzte Sakura und setzte sich gegenüber von Naruto, der eilig sein Lieblingsessen hinunter schlang, „Und was hast du heute so angestellt?“
 

„Ich habs vergessen“, erwiderte er ohne von seinem Essen aufzublicken.
 

„Wie meinst du das, du hast es vergessen?“, fragte seine beste Freundin verwirrt nach. Sie hatte erst vor kurzem ihre Ausbildung als Krankenschwester beendet, doch wollte nun wieder studieren, um eine Ausbildung als Ärztin zu beginnen. Den Gesundheitszustand von Naruto fand sie schon immer besorgend, doch leider konnte sie ihm nicht wirklich helfen.
 

„Ich habe wirklich keine Ahnung mehr, was ich gemacht habe. Auf einmal war ich in der Tozai-Linie auf den Weg hierher“, meinte Naruto und hob nun seinen Kopf, um in die besorgten Augen seiner besten Freundin zu sehen.
 

„Ist das schon einmal passiert?“, bohrte Sakura nach und sah den Kopf von Naruto genau an, als würde sie nach Verletzungen suchen. „Hast du dich am Kopf verletzt?“
 

„Nein, das ist das erste Mal und wenn ich mich verletzte hätte, würde ich mich nicht daran erinnern können“, gab er zurück und musste Seufzen. Naruto war diese ganze Situation recht egal, denn sein Leben war schon verwirrend oder schrecklich genug, das brauchte er keine weiteren Sorgen.
 

Sakura stand auf, ging um den Tisch und inspizierte den Kopf von ihrem besten Freund. Sie konnte keinerlei Verletzungen feststellen. „Hast du Kopfschmerzen?“, fragte sie ihn.
 

„Nein, aber eine kurze Zeit habe ich mich gefühlt, als könnte ich endlich wieder atmen“, erwiderte Naruto und nun sah Sakura in ein bisschen verwirrt an. „Hast du Schmerzen in der Lunge?“, Sakura schaute ihn mit großen, entsetzten Augen an.
 

„Nein, Sakura, es ist eher so auf psychischer Ebene. Ich habe keine körperlichen Leiden“, erklärte er ihr, nahm ihre zarte Hand in seine und drückte sie sanft. Ein Zeichen dafür, dass sie sich keinerlei Sorgen machen müsste.
 

Durch ihren Beruf war jeder kleinste Schmerz ein großliegendes Problem, wegen dem man sofort ins Krankenhaus musste. Manchmal kam es vor, dass sie den Puls von Naruto überprüfte und ihn jeden zweiten Monat zum Blutspenden schickte. Das war die einzige Bezahlung dafür, dass er gratis in ihrem kleinen Apartment wohnen durfte.
 

„Naruto, ich mache mir Sorgen um dich“, begann sie, biss sich auf die Lippe und setzte sich wieder auf den Stuhl gegenüber von ihrem besten Freund. „Du wohnst seit zwei Jahren bei mir, du bist 22 Jahre alt und arbeitslos, außerdem hast du die Schule abgebrochen und keine Ausbil-“
 

„Ich weiß, Sakura“, unterbrach er sie, stand auf und schmiss den leeren Becher Ramen in den Mülleimer, der neben dem Kühlschrank stand. „Du musst es mir nicht immer unter die Nase reiben, dass ich nutzlos und ein Versager bin“, meinte Naruto und sah Sakura mit traurigen Augen an. Obwohl er wusste, dass seine Arbeitslosigkeit ein riesiges Problem war, sprach er nicht gerne darüber. Schon gar nicht mit Sakura, denn dann schämte er sich immer für sein bescheuertes Leben.
 

„Möchtest du dir keinen Job suchen und mich wenigstens in der Miete unterstützen?“, Sakuras Stimme wurde nun lauter. Nach diesen zwei Jahren hatte sie langsam die Nase voll von ihrem besten Freund, der sich in ihrer Wohnung eingenistet hatte. „Du besitzt überhaupt kein Geld und lebst von meinem Gehalt!“
 

Narutos Fingernägel bohrten sich in seine Handfläche, als er seine Hand zu einer Faust ballte. „Ich weiß“, wiederholte er seine Worte. Dieses Mal ein bisschen leiser als zuvor. „Ich werde versuchen, da-“
 

„Nein! Du wirst nicht nur versuchen. Hör auf alles nur zu versuchen! Du musst beginnen etwas zu machen und nicht nur versuchen!“, schrie sie ihn an. Sakura stand nun auch auf und ging ein paar Schritte auf Naruto zu. „Ich möchte endlich, dass du etwas machst und kämpfst, denn ich kann nicht mehr mit ansehen, wie du langsam in deinem eigenen Elend ertrinkst“, sagte sie nun ein bisschen leiser.
 

Sanft legte sie ihre Arme um Naruto und drückte ihn leicht an sich. „Ich bin immer für dich da, aber leider kann ich dir nicht helfen den Weg ins Leben wiederzufinden. Ich habe gelernt, dass nur du das kannst“, flüsterte sie ihrem besten Freund ins Ohr. Auch Naruto legte nun seine Arme um ihre Taille und umarmte sie.
 

„Danke“, wisperte er zurück.
 

Sie standen noch eine Weile in der Küche und umarmten sich. Sakura löste sich von Naruto und sah ihn mit einem leichten Lächeln an. „Du kannst es schaffen“, meinte sie und gab ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Auch auf seinen Lippen bildete sich ein Lächeln und er nickte. Er würde es schon irgendwie schaffen, nicht für sich selbst, sondern für Sakura.
 

„Ich bin müde“, erklärte Sakura und gähnte. „Ich gehe schnell duschen und dann schlafen. Bleib nicht zu lange auf“, sie verschwand aus der Küche und ließ Naruto zurück.
 

„Mach ich nicht, Mama“, rief er ihr mit einem Lachen nach.
 

„Manchmal denke ich wirklich, ich wäre deine Mutter“, hörte er die Stimme von Sakura aus dem Badezimmer rufen.
 

Das Lächeln verschwand wieder von seinen Lippen. Mit einem Seufzen verließ er die Küche, schaltete das Licht ab und ging in das kleine Wohnzimmer, wo ein kleiner Altar zur Erinnerungen an seine Eltern und seinen Patenonkel aufgestellt waren. Er betrat das dunkle Zimmer und setzte sich vor den Altar. In der Dunkelheit konnte er die Bilder nicht wirklich erkennen, denn der Raum wurde nur ganz leicht vom Mondlicht erhellt.
 

„Manchmal bin ich echt wütend auf euch“, flüsterte Naruto. Die Worte waren an seine Eltern gerichtet. „Ihr habt mich verlassen, als ich euch am meisten brauchte, aber ich kann euch echt nicht böse sein“, sein Atem stockte. Die Gedanken, die in seinem Kopf herumschwirrten, konnte er nicht durch Worte zum Ausdruck bringen. Tränen bildeten sich in den Augen von Naruto, als er an den Vorfall vor vier Jahren dachte.
 

Langsam stand er vom Boden auf und setzte sich auf die Couch. Ein Polster und eine Bettdecke lagen bereits darauf. Als sich herausstellte, dass Naruto länger als ein paar Wochen bei Sakura wohnen würde, hatten sich die besten Freunde nicht mehr darum gekümmert, die Bettwäsche wegzuräumen.
 

Er kuschelte sich unter die weiche Decke und starrte aus dem Fenster. Von diesem aus konnte er den Mond und die unzähligen Sterne beobachten, die aber nur schwach zu erkennen waren. Naruto wünschte sich ein Mal in die Berge zu fahren und von dort aus die Sterne zu beobachten. Dieses Szenario stellte er sich wunderschön vor.
 

Plötzlich musste er wieder an den jungen Mann denken, den er in der U-Bahn gesehen hatte. Er wirkte ein bisschen älter als Naruto, doch an seinem Outfit konnte er erkennen, dass er noch nicht arbeitete. Der Mann musste ein Student sein.
 

In diesem Moment versprach sich Naruto, wenn er einen Job fand und sein Leben langsam wieder auf die Beine stellte, hatte er einen Freund wie diesen Jungen verdient. Es bestand eine überaus große Möglichkeit, dass er den Jungen nie wieder sehen würde, doch früher hatte er auch nicht so einfach aufgegeben. Wann hatte ihn diese Kämpfernatur eigentlich verlassen?

Kapitel 2

Als Naruto am Morgen die Augen aufschlug, blendete ihn die strahlende Sonne. Sofort zog er die Decke über sein Gesicht. Anscheinend musste man in Tokyo heute mit viel Sonnenlicht und einem überaus wolkenlosen Himmel rechnen, der alle Bewohner ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Nur Naruto fühlte sich, als würde ihm dieser Tag nur zeigen, wie miserabel er durch sein ganzes Leben ging. Während fröhliche Menschen zu ihrer Arbeit gingen, auf die Universität oder in die Schule, verbrachte er seine besten Tage in einem verdunkelten Raum, der seine Stimmung widerspiegelte.
 

Er blieb noch eine Weile liegen, aber zog die Decke von seinem Gesicht. Naruto lauschte den Geräuschen der Wohnung. Den Sonnenstrahlen zu urteilen, müsste Sakura schon längst wach sein. Wahrscheinlich war sie bereits aufgebrochen, um nicht zu spät zur Arbeit zu kommen. Obwohl sie jeden Tag ziemlich erschöpft nach Hause kam, bereitet ihr der Beruf einer Krankenschwester Spaß und beschwerte sich fast nie.
 

Bevor sich Naruto von der ungemütlichen Couch erhob, vergewisserte er sich noch einmal, ob wirklich keine Geräusche zu hören waren. Er verließ nicht gerne das Bett, wenn ihn jemand sehen konnte. Nach einer Nacht fühlte er sich immer schrecklich.
 

Er schlug die Decke weg und presste die Augen zusammen. Das Sonnenlicht schien in den wenigen Minuten sogar noch intensiver geworden zu sein. Schnell tappte er in das kleine Badezimmer und verschloss die Tür hinter sich. Den Blick in den Spiegel mied er. Jedes Mal wenn Naruto sein eigenes Gesicht sah, erschreckte er sich ein bisschen. In den meisten Fällen fragte er sich, ob andere ihn auch in diesem Licht sehen. Seine Augen wirkten leer und wässrig, seine Haare waren chaotisch und erschienen dreckig und seine dicken Augenringe ließen ihn wie eine Leiche wirken. Es war kein Wunder, dass Sakura sich Sorgen um ihren besten Freund machte.
 

Naruto ging sofort zum Fenster und schloss die Jalousien. Obwohl niemand ihn beobachten konnte, hatte er trotzdem Angst davor. Manchmal fühlte er sich rund um die Uhr beobachtet, als würde ihm ein Schatten folgen, den er nicht sehen konnte.
 

Ohne zu zögern, stellte er sich in die enge Dusche und machte das Wasser an. Beim Kontakt mit der kalten Flüssigkeit zuckte er zusammen und bekam eine Gänsehaut. Die Kälte war nicht wirklich angenehm, aber Naruto bevorzugte das betäubende Gefühl auf seiner nackten Haut.
 

Als das Wasser langsam wärmer wurde, drehte er es ab und nahm das Duschgel in die Hand. Er ließ einen großen Patzen auf seine Handfläche fließen. Um das fettige Gefühl auf seiner Haut loszuwerden, schmierte Naruto es überall auf seinen Körper. Sofort fühlte er sich frischer und sogar ein bisschen lebendiger. Naruto wusch das Gel von seiner Haut und ließ das wärmere Wasser auch über seine Haare und sein Gesicht fließen.
 

Nachdem er sich gewaschen hatte, lief er mit einem Handtuch um den Hüften durch die kleine Wohnung. Sein Bauch fühlte sich durch den vielen Hunger leer und taub an. Durch die mangelnden Nahrungsaufnahmen war Naruto diesen Zustand bereits gewohnt und ignorierte ihn in den meisten Fällen. Auch an diesem Tag schien ein Frühstück keine Option darzustellen. Einfach weil er keine Lust dazu hatte. Manchmal vergaß er auch. Das passierte jedoch nur an wirklich dreckigen Tagen.
 

Eine heiße Tasse Kaffee würde ihm heute reichen. Obwohl Naruto den Geschmack von der braunen Brühe nicht wirklich mochte, trank er trotzdem fast jeden Morgen dieses widerliche Getränk. Es war besser als nichts. Naruto setzte sich zum kleinen Tisch und starrte aus dem Fenster. Von diese Position aus schien das grelle Sonnenlicht nicht direkt in sein Gesicht, sodass er gemütlich da sitzen konnte und den blauen Himmel betrachten konnte.
 

Noch immer hatte er keine Ahnung, wieso er sich gestern plötzlich in der U-Bahn befunden hatte. Seine Erinnerungen schienen wir ausradiert zu sein. Bis zur Unkenntlichkeit durchgestrichen.
 

Naruto bekam durch diese Unwissenheit ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Was wenn er etwas Furchtbares angestellt hatte? Bestimmt würde bald die Polizei vor dieser Tür stehen und ihn festnehmen. In diesem Fall wäre Sakura ihn los, aber ein Leben im Gefängnis wollte er auch nicht verbringen. Nein, das war doch alles kompletter Schwachsinn. Nie im Leben würde er solche schlimmen Dinge tun.
 

Doch was hatte er wirklich gemacht? War er nur zum Spaß in der Stadt herumgefahren? Naruto gab ein tiefes Seufzen von sich und nahm einen großen Schluck von der braunen Brühe. Kurz verzog er das Gesicht. Eigentlich sollte er den Geschmack von Kaffee schon gewohnt sein. Sakura hingegen liebte Kaffee. Sie konnte dieses Getränk ohne Probleme Tag und Nacht trinken.
 

Nun schweiften seine Gedanken wieder zu seiner besten Freundin ab und zum gestrigen Gespräch. Es war nicht das erste Mal, dass sie über den Zustand von Narutos Leben gestritten hatten. Natürlich wollte er Sakura nicht im Stich lassen, doch er wusste nicht wirklich, wie er aus diesem Zustand entkommen konnte. Der Fakt, das Sakura ihre ganzen Rechnungen bezahlte und das Leben von ihrem besten Freund finanzierte, bereitete Naruto öfters heftige Schuldgefühle, die ihn in den meisten Fällen noch tiefer sinken ließen.
 

An vielen Tagen fühlte er sich wie ein Stein, der am tiefsten Punkt des Ozeans angekommen ist und keine Luft mehr bekam. Der Druck des Wassers presste ihn so stark zusammen, sodass er bald nur mehr Staub war. Ein schwerer Stein kann das tiefe Meer nicht überwinden und wieder an die sauerstoffreiche Oberfläche gelangen. Nur mit Hilfe. Doch die meisten hilfsbereiten Personen in Narutos Leben waren zu schwach den klitschnassen Brocken aufzuheben.
 

Naruto wusste, dass er in diesem Zustand Sakura nicht mehr in die Augen sehen konnte. Er starrte mit seinen leeren Augen in die halb-volle, ungenießbare Tasse. Sein Magen begann zu Schmerzen und rief mit einem lauten Knurren nach Nahrung. Langsam erhob sich Naruto vom quietschenden Stuhl und schüttete den übergebliebenen Kaffee in den Abguss.
 

Das Handtuch, das vor wenigen Sekunden noch um seine Hüfte gewickelt gewesen war, liegt nun am Boden und Naruto ist aus der bescheidenen Küche verschwunden. Im Wohnzimmer kramt er in einer großen Tasche, indem sich fast alle seine Sachen befanden und suchte nach gewaschenen Klamotten. Schnell zog er eine einfache, ausgewaschene Jeans über seine Beine und ein normales, weißes Shirt, das ziemlich akzeptabel aussah.
 

Zögern ergriff er seinen mickrigen Geldbeutel und öffnete die grüne Kröte. Ein paar Münzen winkten im entgegen, doch reichten nicht für eine Mahlzeit. Das Geld reichte nicht einmal für eine kleine Süßigkeit, die man immer so billig im Supermarkt bekam.
 

Naruto seufzte. Er hatte überhaupt kein Geld. Wieder einmal musste er auf das Geld seiner besten Freundin zurückgreifen, die selbst kein Vermögen besaß. Mit einem besiegten Gesichtsausdruck lief er in das Zimmer von Sakura und holte den kleinen Safe hervor. Wie im Schlaf tippte er die 6-stellige Nummer ein und öffnete den hässlichen, grauen Kasten. Naruto nahm ein paar Scheine aus einer noch kleineren Box und schrieb den Betrag auf einen kleinen Zettel. Naruto’s Schulden an Sakura.
 

Er sperrte die Wohnungstür hinter sich zu, nachdem er das kleine Apartment verlassen hatte. Kurz erhob er seine Hand, um seine Augen vor dem strahlenden Sonnenlicht zu schützen. Mit schnellen Schritten ging er die Treppe hinunter und atmete die staubreiche Luft der großen Stadt ein. Irgendwann würde er an dieser schlechten Luft ersticken.
 

Sein Weg führte Naruto zu seinem Lieblingsrestaurant. Dort bekam er den besten Ramen, um einen gigantisch guten Preis. Er setzte sich an seinem Stammplatz und bestellte eine große Schüssel. Nach einigen Minuten kam der Besitzer des Ichiraku an seinen Tisch und stellte die heiße Schüssel vor die Nase von Naruto.
 

„Guten Appetit!“, wünschte er seinen Stammkunden und setzte sie zu Naruto an den kleinen Tisch. „Was verschlägt dich heute in meinen kleinen Laden?“
 

Mit einem Lächeln nahm er die Stäbchen und attackierte die Nudeln in seiner Suppenschüssel. „Ich bin hungrig“, erwiderte er. „Außerdem habe ich eine sehr wichtige Frage an dich“, fügte er hinzu.
 

Narutos Hände begannen vor Nervosität zu zittern. „Schieß los!“, meinte Teuchi mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Die Aufregung seines Gegenübers schien er nicht zu bemerken.
 

„Hättest du vielleicht“, ein Seufzen. „Gäbe es hier einen Platz für mich zum Arbeiten?“, fragte er und senkte seinen Kopf vor Scham. Er hätte nie gedacht, dass solche Momente echt peinlich sein konnten.
 

Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner. „Naruto, ich würde dir echt gerne hier einen Platz zum Arbeiten geben, aber das kann ich mir nicht leisten. Ich weiß, dass du ein schweres Leben hast und dringend einen Job brauchst, aber leider kann ich dir dabei nicht helfen. Es tut mir leid“, antworte Teuchi mit einem traurigen Ton in seiner Stimme.
 

„Das ist ok“, belog Naruto sich selbst. „Danke für alles, Teuchi.“
 

Naruto blieb nicht mehr lange im Ichiraku. Nach dieser Schüssel verließ er das bescheidene Restaurant wieder und stolperte durch die dreckigen Straßen von Tokyo. Vielleicht konnte er nur das schlechte an dieser Stadt sehen, weil er selbst nur aus schlechten Dingen bestand. Tokyo passte zu ihm, obwohl er sich hier überhaupt nicht mehr wohl fühlte. Früher hatte er diese riesige Stadt geliebt, doch jetzt wollte er eigentlich nur mehr alleine sein und in dieser Stadt waren dafür zu viele Menschen.
 

Irgendwann möchte einen kleinen Trip in die Berge machen und wandern gehen. In seinem Kopf hat er diesen auch schon lange geplant, doch in der Wirklichkeit war er zu müde für solche Abenteuer. In der realen Welt schienen diese Tage in der Natur pure Fantasie zu sein.
 

Die große Universität in Waseda kam in sein Blickfeld. Studenten saßen auf Bänken mit großen Büchern vor ihnen. Ein paar andere lachten in einer kleinen Gruppe. Nichts wirklich interessanten spielte sich auf diesem Grundstück ab, doch eine Person erregte die Aufmerksamkeit von Naruto.
 

Eine Person in schwarzer Kleidung mit einem hochnäsigen Grinsen im Gesicht verließ das große Gebäude mit einem zarten Mädchen an seiner Seite. Sie hatte lange schwarze Haare und ein liebliches Lächeln auf ihrem Gesicht. Die beiden schienen ein interessantes Gespräch mit wenigen Worten zu führen.
 

Dort war der junge Mann aus der U-Bahn. Dort ging er neben einem süßen Mädchen, das ihm ziemlich nahe zu sein schien. Zusammen verließen sie das Grundstück der Waseda Universität und gingen an Naruto vorbei.
 

In diesem Moment fühlte sich Narutos Lunge von jeglicher Last befreit. Tief atmete er die Luft der Stadt ein, die nicht mehr so erstickend wirkte. Der Stein im Wasser schien von dem Strom ein bisschen weiter in die Nähe eines Strandes befördert zu werden.
 

Atmen.
 

Atmen.
 

Die Luft war trocken und stank. Die Abgase der Autos erstreckten sich auf den gesamten Luftraum von Tokyo, doch niemand außer Naruto schien es zu bemerken.
 

Die beiden schwarzhaarigen Studenten verschwanden in der großen Menschenmenge. Naruto betrachtete die Bewohner von Tokyo. Alle liefen mit einer enormen Geschwindigkeit an ihm vorbei, als würde im nächsten Moment die Sonne in tausend Teile zerspringen und das Ende der Erde einleiten. Als würde die Zeit vor ihnen weglaufen und sie mussten sie erwischen. Als würde es nicht wichtigeres mehr geben, als ihre unwichtigen Besorgungen und unwichtigen Gedanken.
 

Diese Welt war falsch. Naruto verstand diese Welt nicht mehr. Jeden Tag starben Menschen, doch jeder lebte weiter. Jeden Tag passierten furchtbare Dinge, doch alle taten so, als wäre nichts geschehen. Seine Eltern waren nicht mehr hier. Wie konnte er ohne sie nur leben? Sein Patenonkel war nicht mehr hier. Wie konnte er denn nur ohne seine ganze Familie weiterleben. Er verstand den Sinn dahinter nicht.
 

„Ich kann so nicht weitermachen“, flüsterte er und wischte sich die Tränen aus den Augen. Obwohl er keinen Sinn im Leben und dieser Welt sag, musste er dennoch nach diesem Spielregeln leben. Ohne eine Arbeit konnte er nicht überleben.
 

„Ich muss meine Schulabschluss fertig machen und dann …“, sein Blick traf wieder das große Gebäude der Universität. „...dann sollte ich studieren!“


Nachwort zu diesem Kapitel:
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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  solty004
2015-04-20T10:46:01+00:00 20.04.2015 12:46
Hey,
Spät aber doch ein Kommentar. Hatte leider sehr viel die letzten Wochen oder besser Monate um die Ohren. Das ich nicht richtig zum lesen oder gar zu schreiben bin gekommen und das wird leider noch eine Weile anhalten. Bis ich wider regelmäßig zu Kommentare schreiben kommen.

Es waren echt spitzen Kapiteln!
Leider sehr kurz doch ehrlich gemeint. Das nächste mall versuche ich wie viel es gewohnt sind von mir ein ausführlicherer mein Kommentar zu schreiben.

Bis dahin, bin schon gespannt wie es weiter geht, Neugier halt durch bis zum nächsten Kapitel.
Freu mich schon auf das nächste Kapitel von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty

Von: abgemeldet
2015-03-12T20:01:01+00:00 12.03.2015 21:01
Heey :)

Dein schreibstil ist echt klasse, super flüssig zum lesen ;)
Sehr interessante Geschichte, bin sehr gespannt wies weiter geht :D


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