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Last Desire 9.5 Teil 2

Uncertain Desire
von

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Ernüchterung am Abend

Die Limousine fuhr bis vor das Haus von Nastasja und sogleich stieg Ezra aus, verabschiedete sich von seiner Mutter und bekam noch die ganzen Taschen in die Hand gedrückt. Sie gab ihm noch einen Kuss auf die Wange und sagte „Ich bin noch ein paar Tage hier in Boston, solange können wir ja die Zeit nutzen und uns weiter kennen lernen.“ Als er mit den Sachen ausgestiegen war, fuhr die Limousine weiter und er stieg die Eingangsstufen hoch, als sich auch schon die Tür öffnete und Sheol breit grinsend aufmachte. „Hey Julia Roberts, ist dein Richard Gere schon abgehauen?“ „Lass die dummen Witze und hilf mir mal.“ Sogleich drückte er dem Rothaarigen ein paar der Tüten in die Hand und ging ins Haus. Er war echt erschöpft und war froh, sich endlich ausruhen zu können. Seine Mutter hatte ihn wirklich durch sämtliche Geschäfte geschleift und so langsam festigte sich bei ihm die Ansicht, dass Shoppen reinster Ausdauersport war. Etwas anderes war doch glatt gelogen und es war ihm ein Rätsel, wie die ganzen Frauen das alles überhaupt durchhielten. Sogleich bemerkte Sheol auch „Hey, warst du beim Friseur? Sieht ja stark aus.“ „Ja, meine Mutter meinte, ich bräuchte ein komplett neues Styling. Und sie hat mich komplett, aber auch wirklich komplett neu eingekleidet. Jacken, Hosen, Shirts, Schuhe. Ich war ja schon froh, dass sie nicht auch noch auf den Trichter kam, mir meine Unterwäsche auszusuchen. Ich bin echt erledigt und der Magen hängt mir auch in den Kniekehlen. Wo ist Nastasja?“

„Mum kommt gleich zurück. Sie bringt was vom Chinesen mit und Elion müsste wahrscheinlich noch unterwegs sein. Er geht gerade mit Akira Gassi.“ Nachdem sie alle Taschen in Ezras Zimmer verstaut hatten, ließ sich der 16-jährige müde auf sein Bett fallen und spürte, dass ihm die Füße wehtaten. Oh Mann, dieses Neueinkleiden war bei weitem anstrengender und zeitaufwendiger gewesen, als er gedacht hatte. Und irgendwie war das alles nicht ganz so abgelaufen, wie er sich gedacht hatte. Nun, was hatte er denn überhaupt erwartet? Seine Mutter hatte sich doch Mühe gegeben und sich um ihn gekümmert. Sie hatten den ganzen Tag zusammen verbracht und doch war er nicht ganz so euphorisch, wie er vielleicht erwartet hatte. Eigentlich hätte er sich doch wahnsinnig freuen müssen, dass seine Mutter sich so für ihn bemühte, aber dennoch… es schien irgendetwas quer zu liegen und er konnte nicht genau bestimmen, was es war. Und das beschäftigte ihn wirklich. Schließlich setzte er sich auf, holte sein Smartphone und die Kopfhörer heraus, suchte sich von Queen etwas raus und drehte die Musik auf. Rockmusik war jetzt genau das, was er jetzt brauchte. Die passende Musik, um einfach die Gedanken loszulassen und zu chillen. Nachdem er eine Weile der Musik gelauscht hatte, öffnete sich seine Zimmertür und Elion kam zusammen mit Akira herein. Sofort nahm Ezra die Kopfhörer ab und bemerkte „Oh, da bist du ja. Ist Nastasja auch schon wieder zurück?“ „Ja, du kannst gleich zum Essen runterkommen. Dann kannst du auch erzählen, wie der Tag mit deiner Mutter so war. Ich sehe auch, du trägst die Haare ganz anders. Steht dir wirklich sehr gut.“

„Danke.“ Sie gingen zusammen runter in die Küche, wo Nastasja gerade dabei war, den Tisch zu decken. Sheol saß bereits und wartete ungeduldig. Die Russin schien guter Laune zu sein und summte ein Lied vor sich hin. Ezra und Elion nahmen ebenfalls Platz und sogleich bemerkte auch Nastasja „Oh, du warst ja beim Friseur.“ „Jaha…“, sagte Ezra und versuchte, nicht ganz so genervt zu klingen. Trotzdem war es ätzend, diese Bemerkung gleich drei Mal zu hören. „Du siehst ganz schön geschafft aus, Ezra. Hattest du einen schönen Tag mit deiner Mutter?“ Sie gab ihm sein Essen, was sich als gebratene vegetarische Nudeln mit scharfer Soße herausstellte. Auch Elion bekam Vegetarisches, während Sheol Pekingente und sie Reis mit Erdnusssoße und Krabbenchips nahm. Fast Food vom Chinesen war jetzt genau das, was Ezra jetzt am liebsten wollte und erst jetzt bemerkte er auch, wie ausgehungert er war. „Wir waren den ganzen Tag shoppen. Sie meinte, ich bräuchte ein neues Styling und hat mich komplett neu eingekleidet.“

„Wo seid ihr gewesen?“

„Im Bonzenviertel.“ Nastasja entging nicht, dass ihr Pflegesohn deutlich wortkarg war. Normalerweise, wenn der Tag gut gelaufen war, dann hörte man doch nicht auf zu erzählen. Also erkundigte sie sich gleich, ob es denn überhaupt gut gelaufen war. Unsicher zuckte der 16-jährige mit den Achseln und begann zu essen. „Eigentlich war es ganz nett, dass wir den Tag zusammen verbracht haben. Sie hat sich ja auch Mühe gegeben, aber trotzdem bin ich irgendwie nicht so ganz zufrieden. Weiß nicht, vielleicht habe ich ja auch zu viel erwartet oder es ist einfach nur deshalb, weil wir uns beide nicht kennen.“

„Was ist es denn? Sag es einfach.“ Einen Moment lang zögerte er noch und erklärte „Irgendwie hab ich das Gefühl, sie lebt in ihrer eigenen Welt und zu der gehöre ich nicht dazu. Sie ist dieses ganze Schickimicki gewöhnt und redet auch die ganze Zeit über sich selbst und irgendwie fühle ich mich, als würde ich in diese Welt nicht hineingehören und als hätte ich dort nichts verloren.“

„Was is’n mit dir los?“ rief Sheol und hatte noch nicht mal sein Essen heruntergeschluckt. „Die bietet dir den ganzen Luxus und das gefällt dir nicht? What the fuck?!“ „Sheol, man spricht nicht mit vollem Mund, also benimm dich am Tisch“, tadelte Nastasja und warf ihm einen strengen Blick zu. „Und außerdem ist Ezra sicherlich nicht fertig mit reden. Also Ezra, du hast das Gefühl, du und deine Mutter wären nicht auf einer Wellenlänge.“ Der 16-jährige nickte und trank noch einen Schluck Wasser, bevor er weitererzählte. „Sie scheint irgendwie in einer ganz anderen Realität zu leben als ich. Ich meine, ich weiß wie hart das Leben ist und habe Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin. Zum Leben brauch ich nicht viel und ich kann auf diesen ganzen Luxus verzichten. Aber meine Mutter lebt das schon seit Jahren aus und hält überhaupt nichts von einem gewöhnlichen Leben. Und genauso redet sie auch über andere. Ich fand es echt heftig, dass sie einfach so über andere urteilt, ohne sie zu kennen.“ Verständnisvoll nickte die Russin und dachte einen Moment nach, um sich die richtigen Worte zurechtzulegen. Dann aber erklärte sie „Natürlich ist es nicht leicht, weder für dich, noch für deine Mutter. Wie du schon richtig erkannt hast, lebt ihr in verschiedenen Welten. Ihre Welt ist die des Geldes und des Luxus und du hast andere Prioritäten, weil du nie das Geld hattest. Das alles braucht seine Zeit und ich glaube, auch deine Mutter muss sich erst einmal an diese neue Situation gewöhnen.“

„Mag sein… aber sie erwartet von mir, dass ich zusammen mit ihr nach Frankreich abreise und ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Auf der einen Seite würde ich schon gerne bei euch bleiben, aber auf der anderen Seite ist sie meine Mutter. Ich kann mich einfach nicht entscheiden.“ Nastasja stand auf, ging zu ihm herüber und tauschte kurzerhand mit Sheol die Plätze. „Du musst dich ja nicht sofort entscheiden, Ezra. Das kann niemand von dir verlangen. Mensch, du hast gerade erst deine Mutter nach 16 Jahren kennen gelernt und solange das Jugendamt das Sorgerecht für dich hat, können weder ich noch deine Mutter dich zu irgendetwas zwingen. Ich kann verstehen, dass das nicht einfach für dich ist. Es ist schön zu hören, dass du dich hier bei uns wohl fühlst und du gerne bei uns bleiben willst. Wenn es nach mir ginge, könntest du für immer bei uns bleiben. Aber ich verstehe auch, wenn du sagst, dass du lieber bei deiner Mutter bleiben willst. Verbringe doch erst einmal ein paar Tage mit ihr und wenn sie das Sorgerecht für dich beantragen sollte, wird sich das Jugendamt ja auch noch mit uns in Verbindung setzen. Und selbst wenn du dich am Tag ihrer Abreise immer noch nicht entscheiden kannst, so hast du auch die Möglichkeit, sie während der Schulferien besuchen zu gehen. Dann verbringst du die Zeit eben in Montmartre. Zwar bist du noch minderjährig, aber da du bereits 16 Jahre alt bist, hast du das Recht, dich zu entscheiden, bei wem du bleiben willst. Und ich bin mir sicher, es wird sich eine Lösung finden. Ich werde gleich morgen beim Jugendamt nachfragen, welche Möglichkeiten wir haben und was für Rechte deine Mutter momentan hat. Jetzt lass mal nicht den Kopf hängen. Wir finden schon gemeinsam eine Lösung, da mach dir mal keine Sorgen.“ Etwas niedergeschlagen nickte der 16-jährige und fühlte sich in diesem Moment, als würde ein ganzer Berg auf seinen Schultern lasten. Aber er war froh, dass Nastasja ihm helfen wollte und sein Problem verstand. Schließlich sah er zu Elion, der ein wenig nachdenklich und ernst wirkte. Was ihm wohl gerade durch den Kopf ging? Schließlich seufzte er und legte den Kopf in den Nacken. „Warum gibt es das Leben nicht mit Komplettlösung? Dann wäre alles viel einfacher.“

„Dann wäre es aber recht langweilig, oder?“

„Mag sein. Was mich nur so stört ist, das war die Tatsache, dass sie so abfällig über dich und Rumiko gesprochen hat, nur weil ihr euch nicht wie diese High Society Bonzen kleidet. Dann hatte sie ein Problem damit, dass du Ausländerin bist und sie meinte, dass die schlechte Erziehung meines Vaters schuld ist, dass ich schwul bin.“ Hier aber blieb Sheol der Mund offen stehen, als er das hörte und sogleich rief er auch „Wie bitte?“ Wenn er eines überhaupt nicht ausstehen konnte, dann war es, wenn man abfällig über Nastasja oder seine Familie sprach. „Was bildet sich diese Puderquaste bloß ein? Die hat sie doch nicht mehr alle, so über uns abzulästern!“

„Sheol, jetzt beruhige dich doch erst mal“, rief Nastasja und drückte ihn wieder auf seinen Stuhl. „Natürlich ist das nicht gerade prickelnd. Aber du sagtest, sie hätte nicht gerade begeistert über dein Outing reagiert.“

„Nicht begeistert ist gar kein Ausdruck“, erwiderte Ezra mit einem bitteren Lächeln. „Der sind fast die Augen rausgefallen und sie meinte, sie würde das schon irgendwie wieder hinkriegen. Als wäre ich irgendwie krank! Natürlich weiß ich, dass ich nicht von jedem Menschen erwarten kann, dass er so locker reagiert wie du. Ich bin ja nicht dein Sohn und selbst du freust dich für deine beiden Söhne. Aber… ich hätte mir zumindest gewünscht, dass sie es wenigstens akzeptiert und nicht gleich so tut, als wäre das eine Krankheit oder als wäre ich gestört.“ Nastasja ergriff seine Hand und sah ihn mit ihren himmelblauen Augen an. „Natürlich tut das weh. Aber es wird immer Menschen geben, die so etwas verurteilen. Und es gibt viele Homosexuelle, deren Eltern sehr ablehnend reagieren. Manchmal kann man sie umstimmen, wenn man lange genug kämpft, aber manchmal werden sie ihre Meinung nie ändern. Du kannst gern versuchen, zu kämpfen und deiner Mutter klar zu zeigen, was Sache ist. Ich unterstütze dich dabei gerne und ich bin mir sicher, Elion würde das auch tun. Aber eines ist wichtig und das darfst du niemals vergessen, Ezra: du darfst dich nicht verstellen. Weder für deine Mutter, noch für sonst irgendjemanden auf der Welt. Dass du schwul bist, ist etwas ganz Natürliches und dafür kann niemand etwas. Es ist einfach so, genauso wie es nun mal Menschen gibt, die im falschen Körper geboren wurden.“

„Genau, ich wollte eigentlich im Körper von Orlando Bloom geboren werden.“

„Sheol, du hast jetzt Sendepause!“ Und dieses Mal klang die Russin noch strenger, woraufhin der Rothaarige doch lieber die Klappe hielt. „Also wo war ich? Ach ja, solche Dinge sind genauso normal wie heterosexuelle Beziehungen. Lass dir von niemandem einreden, dass es eine Störung oder Krankheit ist, die man heilen könnte. Das ist totaler Schwachsinn und führt nur dazu, dass du dich selbst verleugnest. Du kannst stolz darauf sein, dass du den Mut hast, offen dazu zu stehen. Und wenn irgendjemand meint, so etwas wäre unnatürlich oder so, dann ist er einfach nur ein intoleranter Dreckskerl und dann hast du es auch nicht nötig, dich länger mit ihm abzugeben.“ Es war wirklich unglaublich, wie Nastasja zu den Dingen stand. Vor allem sie, da ihre beiden Söhne schwul waren und sie wohl niemals Enkelkinder haben würde. „Wie kommst du überhaupt damit klar, dass L und Jeremiel schwul sind?“ Die Russin lächelte und erklärte „Ich bin dem Herrn dankbar genug, dass er mir gesunde Kinder geschenkt hat. Die Hauptsache ist doch, dass die beiden gesund und glücklich sind. Das ist doch das Wichtigste, was zählt. Beyond ist zwar manchmal etwas seltsam, aber er würde für L jederzeit einem Löwen an den Hals springen und Jeremiel ist bei Liam auch gut aufgehoben. Was würde es denn bringen, wenn ich mich darüber aufrege? Es würde an der Entscheidung nichts ändern und ich würde meine Kinder verlieren. Man liebt, wen man liebt. Zugegeben, ich bin nicht so wie Rumiko, die völlig verrückt nach schwulen Beziehungen ist. Bei ihr dreht sich neben ihrer Familie fast alles darum und das wäre mir persönlich zu viel. Ich würde jetzt auch keine Schwulenromane lesen oder so. Aber ich stehe hinter meiner Meinung, dass Homosexualität, Bisexualität und Transsexualität genauso normal ist wie Heterosexualität. Und wenn der Herr das als falsch erachtet hätte, dann hätte er sie allesamt schon längst mit dem Blitz erschlagen. Und da er das nicht getan hat, kann es doch wohl nicht so falsch sein, wie mancher Priester das sagen will. Liebe ist in Ordnung, solange es einvernehmlich zwischen zwei Menschen ist und der Partner voll zurechnungsfähig ist und weiß, worauf er sich einlässt.“ Damit hatte sie ihren Standpunkt klar gemacht und erhob sich nun. Sie begann alles aufzuräumen und trug nebenbei Sheol auf, den Müll rauszubringen und endlich mal sein Zimmer aufzuräumen. Er sagte nur genervt „Ja Mum…“, aber so wie man ihn kannte, würde Nastasja ihn noch mindestens zehn Mal daran erinnern müssen, bevor er es endlich machte. Ezra ging rauf in sein Zimmer und Elion begleitete ihn. Man sah dem Proxy an, dass er sich Sorgen machte und gleich schon, als sie alleine waren, fragte Elion „Soll ich vielleicht mit deiner Mutter reden?“ „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Ich meine, offiziell bist du mein Pflegevater und wenn meine Mutter das erfährt, wird das sicherlich nicht viel dazu beitragen, dass sie mein Outing akzeptiert. Ach Mensch, das ist alles totaler Bullshit.“ Ezra begann nun damit, seine neuen Klamotten in den Schrank einzuräumen und sortierte zugleich noch ein paar alte aus, die er noch aus seiner alten Bleibe hatte. „Irgendwie ist das alles ganz schön viel auf einmal und mir brummt der Schädel. Bin ja mal gespannt, wie es die nächsten Tage laufen wird. Und? Wie schaut’s bei dir aus?“

„Bei mir? Nun, Mum hatte die Idee, dass ich während der Wartezeit als ihr Assistent arbeiten könnte. Ich werde die Termine machen, die Arbeiten korrigieren und andere Tätigkeiten übernehmen. So habe ich zumindest etwas zu tun und kann Mum unterstützen.“ „Aha“, murmelte Ezra tonlos und klang nicht sonderlich begeistert. Natürlich freute er sich, dass Elion eine solch verantwortungsvolle Aufgabe bekam, aber im Moment fehlte ihm irgendwie die Kraft dazu, oder aber es drehte sich einfach zu viel in seinem Kopf. „Elion, was denkst du über die ganze Sache? Du hast rein gar nichts dazu gesagt.“ Der Proxy setzte sich und nahm Akira auf seinen Schoß, woraufhin er ihm den Hals zu kraulen begann. Dem Welpen gefiel das sichtlich und sogleich begann er mit Elion zu spielen. „Nun, was soll ich dazu sagen? Ich finde es natürlich nicht schön, dass du dich nicht ganz so gut mit deiner Mutter verstehst. Aber ich kenne das ja auch. Meine leibliche Mutter hat in mir nur ein Teil eines Projektes gesehen, aber sie sah mich nie als ihr Kind. Das muss ja nicht heißen, dass es bei dir genauso sein wird wie bei mir. Vielleicht hast du ja Glück und es wird sich klären und du verstehst dich dann besser mit ihr. Ich für meinen Teil finde, dass sie nicht gerade eine sympathische Person ist und sie sich sehr vorschnell ein Urteil über andere Menschen bildet. Aber Mum hat Recht. Vielleicht taut sie ja noch auf, wenn sie dich erst mal näher kennen lernt. Doch selbst wenn es zwischen euch nicht klappen sollte, so hast du immer noch uns. Und egal wie du dich entscheiden solltest, ich werde dir folgen. Ich habe auch schon mit Mum darüber gesprochen und sie hat nichts dagegen. Ich habe dir versprochen, dich niemals allein zu lassen und da zu sein, wenn du mich brauchst und dieses Versprechen werde ich halten.“ Der 16-jährige schwieg und fühlte sich trotz Elions Versprechen irgendwie einsam in diesem Moment. Er konnte nicht sagen, warum er sich so einsam fühlte. Er hatte doch jetzt eine Familie, einen Freund und außerdem seine leibliche Mutter. Warum also fühlte er sich so verloren? „Elion, hast du dich noch nie gefragt, wieso deine Mutter dich nicht liebt?“ „Natürlich habe ich das. Jeden einzelnen Tag, wo ich diesen schmerzhaften Experimenten ausgesetzt wurde und allein in meiner Zelle lag. Aber irgendwann habe ich aufgegeben, nach der Antwort zu suchen. Denn ich habe einsehen müssen, dass es nun mal Eltern auf der Welt gibt, die nicht in der Lage sind, ihre Kinder zu lieben. Sie wachsen ohne Liebe und Zuwendung auf, werden allein gelassen und werden zu verlorenen Kindern. Und im Grunde ist Mum, also Nastasja jemand, der diese verlorenen Kinder aufnimmt und ihnen ein Zuhause gibt. Im Grunde sind wir alle verlorene Kinder. Alleine, ohne Familie… im Stich gelassen und gehasst, mit dem Verlust der Liebsten konfrontiert und auf uns allein gestellt. Alles was wir haben, sind wir selbst und das, was uns miteinander verbindet. Und das ist der Wunsch, eine Familie zu haben. Ich habe es irgendwann einfach akzeptiert, dass meine Mutter mich nicht liebt und in mir nichts anderes als ein Werkzeug sieht. Hätte ich es nicht akzeptiert, dann wäre ich daran noch zerbrochen. Und indem ich es akzeptiert habe, tut es wenigstens nicht mehr so sehr weh. Aber ich bin auch froh und dankbar, dass Nastasja da ist.“ Warum muss es nur so etwas geben, fragte sich Ezra und fühlte sich in diesem Moment furchtbar elend. Warum gibt es Eltern, die ihre Kinder nicht lieben? Wieso setzen sie dann überhaupt erst Kinder in die Welt? Ich verstehe das einfach nicht. Meine Mutter sagte zwar, dass sie mich mitnehmen wollte und mein Vater das verhindert hat, aber trotzdem hat sie nicht um mich gekämpft. Sie hat einfach aufgegeben und ist gegangen. Wenn sie mich wirklich geliebt hätte, dann hätte sie doch alles versucht, um das Sorgerecht zu bekommen. Stattdessen ist sie gegangen, weil ihr damals ihre Träume wichtiger waren als ich. Im Grunde kann ich ihr damals doch nicht so wichtig gewesen sein, oder? Wieso hat sie mich dann überhaupt erst zur Welt gebracht, wenn sie mich nicht wollte? Elion, der spürte, was Ezra gerade durch den Kopf ging, erhob sich und ging zu ihm hin, dann nahm er ihn in den Arm. „So etwas darfst du nicht denken, Ezra. Mum würde jetzt sagen, dass jedes Leben ein Geschenk ist. Und wärst du nicht geboren worden, dann hätten wir beide uns jetzt nicht. Dafür sollten wir dankbar sein und uns nicht länger mit dem Gedanken aufhalten, wieso wir überhaupt geboren worden sind, wenn wir von unseren Eltern nicht geliebt werden. Es wird immer jemanden geben, der uns liebt. Und es gibt genügend Menschen, die dich sehr lieben.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2014-12-17T16:09:05+00:00 17.12.2014 17:09
Ein wundervolles Kapital. Die zwei Jungs sind ja zusammen so süß *-*

LG^^Alien^^
Von:  pri_fairy
2014-12-17T14:41:43+00:00 17.12.2014 15:41
Schönes Kapitel :) Elion ist so süß zu Ezra richtig schön ^^


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