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Broken Genius

von

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Eingeständnis

Drei elend lange Tage musste ich warten, bis ich ihn wiedersehen konnte. Mir kam es vor, als würde die Zeit gar nicht vergehen wollen.

Warum nur? Warum hatte ich immer mehr das Gefühl, ihn in meinem Leben haben zu müssen? Zugegeben, er faszinierte mich mehr als jeder andere es jemals könnte und ich empfand ein Gefühl tiefer Zuneigung, wenn ich ihn sah. Er war interessant, faszinierend, liebenswert… und so unbeschreiblich genial.

In gewisser Weise war er perfekt. Jeder kleine Makel, jede Schwäche fügte sich so gut in dieses Bild ein, machte ihn noch wesentlich sympathischer und interessanter. Er hatte so viele kleine Eigenheiten und Macken, die ihn erst richtig ausmachten und ich konnte es kaum erwarten, noch mehr davon zu entdecken.

Ungeduldig wartete ich darauf, dass mir die Tür zur Villa geöffnet wurde. Ich wollte ihn endlich wiedersehen, meinen kleinen Sturkopf.

Ein Bediensteter öffnete endlich nach einer gefühlten Ewigkeit und teilte mir mit, dass die Therapie bereits angefangen hatte. Also beeilte ich mich lieber.

Ich wollte gerade eintreten, als ich durch die Tür laute Stimmen hörte. Eine gehörte definitiv Kaiba, die andere war weiblich. Vielleicht Lauren. Ein Streit? Na das war doch mal interessant.

Auch wenn es unhöflich war, trat ich einfach mal ein. Tatsächlich Lauren. Sie stand dicht vor Kaiba, die Arme vor der Brust verschränkt und starrte ihn wütend an. Er erwiderte ihren Blick ebenso sauer.

„Das akzeptiere ich nicht!“, zischte sie erbost.

„Ist mir egal! Und ich diskutiere darüber auch nicht mehr mit dir!“, knurrte er. „Also kannst du jetzt entweder gehen oder deinen Job machen.“

Sie spießte ihn noch einen Moment lang mit ihrem Blick auf, ehe sie die Hände in die Luft warf und „Schön!“ fauchte. Trotzig ging sie um den Behandlungstisch herum und nahm ihre Position ein. Sie war sichtlich erzürnt. Wollte Kaiba sich wirklich jetzt von hier behandeln lassen? Das könnte ziemlich schmerzhaft für ihn werden. Trotzdem zog er brav Shirt und Hose aus und setzte sich auf die Liege.

Diesmal war die Behandlung wirklich wesentlich schneller und schmerzhafter für Kaiba. Ich sah ihm das deutlich an, aber er brachte keinen Mucks über seine Lippen. Wer wusste schon, was das für ein merkwürdiger Zwist zwischen den beiden war. Ich hielt diesmal lieber Abstand, um nicht zwischen die Fronten zu geraten.

Als die Behandlung vorbei war, ging Lauren, ohne sich von mir oder Kaiba zu verabschieden. Hinter ihr fiel die Tür geräuschvoll ins Schloss.

„Sie wirkt ziemlich ungehalten.“, merkte ich an.

„Soll sie nur.“ Kaibas Bewegungen waren steif und zögerlich, als er sich wieder anzog. Anscheinend hatte ihre Behandlung wirklich wehgetan.

„Sie hat ihren Frust an dir offensichtlich ungehemmt ausgelassen.“

„Verständlich, wenn ich die Ursache dafür bin, oder?“ Er massierte sich ein wenig gequält den Nacken. Also hatte er ihr absichtlich seinen Körper überlassen, damit sie ihren Ärger über ihn daran zum Ausdruck bringen konnte? Das klang masochistisch. Oder selbstlos, wenn er ihr damit half, es besser zu ertragen.

„Ich hab zwar nicht so viel Erfahrung, aber wenn du willst, kann ich mal schauen, ob ich da was retten kann.“ War ja nicht mit anzusehen, wie er sich die Schultern rieb. Ich wartete seine Antwort gar nicht erst ab, sondern positionierte mich entschlossen hinter ihm. Wenn es ihm nicht passte, würde er mich das schon wissen lassen.

Ich nutzte, dass er noch auf der Liege saß und legte meine Hände auf seine Schultern, strich vorsichtig über seinen Nacken. Die Verspannungen waren deutlich spürbar und ich hatte auch genau gesehen, dass Lauren mit ihren Händen in dem Bereich zugange gewesen war. Aber sie musste eindeutig sauer sein, denn anscheinend hatte sie diesen Fakt wirklich nur genutzt, um ihm damit Schmerzen zuzufügen, die Verspannungen aber nicht beseitigt.

Vorsichtig kreiste ich mit den Handflächen über den Verhärtungen, massierte anschließend die harten Muskeln. Zuerst hatte ich bedenken, dass ich ihm bei einer falschen Behandlung nur noch mehr Schmerzen zufügen könnte, aber er ließ kein Unwohlsein verlauten. Und tatsächlich bekam ich die Muskeln locker.

„Vielleicht wäre der Beruf wirklich was für dich.“, murmelte er leise. Darüber konnte ich nur grinsen, denn das hieß, es gefiel ihm.

„Wahrscheinlich wäre es effektiver, wenn du das Shirt ausziehen würdest.“ War es vermessen, das zu fordern? Ich konnte es zumindest versuchen und die Frage war ja unverfänglich, wenn er sie auf die Massage bezog. Anders schien er es auch nicht zu verstehen, denn anstandslos zog er das Oberteil aus und ließ es achtlos auf den Boden fallen.

Gut, dass er mit dem Rücken zu mir saß, sonst hätte er jetzt mein breites Grinsen gesehen. Ich genoss diese Situation voll und ganz. Auch wenn ich ihn schon das letzte Mal in der Praxis massiert hatte, war das hier ganz anders. Wir waren ungestört und die Massage eine recht intime Angelegenheit. Unter meinen Fingern fühlte sich seine Haut so weich und warm an wie ich es mir immer vorgestellt hatte und ich musste dieses Gefühl mit niemandem teilen.

„Du hattest recht mit Lauren.“, murmelte er plötzlich.

„Inwiefern?“ Ich war überrascht, dass er mir tatsächlich vom Grund des Streits erzählen wollte. Das kam einem absoluten Vertrauensbeweis gleich.

Er ließ den Kopf auf die Brust sinken, damit ich leichter die Muskeln auflockern konnte. „Sie will wieder eine Beziehung.“

Angespannt knirschte ich mit den Zähnen. Dieses elende Weib versuchte es also wirklich. Ich musste mich konzentrieren, um ihn meine innere Unruhe nicht merken zu lassen und die Massage sanft zu halten. „Ich nehme an, sie war deswegen so erzürnt, weil du sie abgewiesen hast.“

Er nickte nur.

Sehr gut! Er hatte sie in ihre Schranken verwiesen und in Zukunft würde sie hoffentlich ihre Finger von ihm lassen. Naja, ganz würde das wohl nicht gehen, wenn sie seine Physiotherapeutin war. Vorsichtig glitt ich von seinem Nacken weiter über seinen Rücken, ertastete weitere Verspannungen im unteren Drittel.

„Warum hast du sie für deine Therapie ausgesucht?“, fragte ich leise. Das ergab sich mir nicht, wenn sie doch getrennt waren?

Er zuckte nur mit den Schultern. „Sie ist gut ihn ihrem Job.“

„Nur deswegen?“

Irritiert sah er mich über die Schulter hinweg an. Er verstand nicht, worauf hinauswollte. Ich selbst auch nicht. Vielleicht lag es daran, dass ich am Ende meiner Beziehungen nie den Wunsch verspürt hatte, noch weiter in Kontakt mit meiner Exfreundin zu bleiben. Und Kaiba war nicht unbedingt der sentimentale Typ. Ihm musste aber doch klar gewesen sein, dass die Therapie auch mit viel körperlicher Nähe verbunden war.

Mir kam gerade eine Vermutung. Hatte er vielleicht selbst gehofft, ihre Liebe hätte noch eine Chance? Das würde erklären, warum er zu ihr gegangen war. Wenn ich überdachte, was ich über die Beziehung wusste, musste Kaiba sie wirklich geliebt und ihre Abweisung wegen seinem Erfinderwahn ihn zutiefst getroffen haben. Nur ihretwegen hatte er das Vertrauen in jede Beziehung verloren.

Es ergab Sinn. Ja, vielleicht hatte er wirklich gedacht, sie könnten einen Neuanfang starten, aber als sie ihn mit seiner Erfindung erneut abwies, schien sich dieser Gedanke zerschlagen zu haben. Wahrscheinlich war er deswegen gerade emotional angegriffen und vertraute sich mir nur aus einem schwachen Moment heraus an.

Mir fielen keine tröstenden Worte ein, die angemessen erschienen. Wie auch, wenn ich innerlich froh darüber war, dass die beiden nicht mehr zueinander fanden? Er konnte mit ihr nie glücklich werden, das war doch offensichtlich. Also strich ich nur stumm über seinen Rücken und massierte die weiche Haut.

Aber irgendwann schien es ihm zu reichen und er sprang vom Behandlungstisch. Er war ein unruhiger Geist, lief wie von der Tarantel gestochen aus dem Raum. Ich wusste nicht genau, was ihn dazu bewegt hatte, allerdings war es ja auch nicht das erste Mal, dass ich Kaiba nicht verstand.

Seufzend umrundete ich den Behandlungstisch und angelte sein Shirt vom Boden. Was auch immer ihm in den Sinn gekommen war, es musste ja verdammt wichtig sein, wenn er sich nicht mal mehr davor anziehen konnte.

Verstohlen schnupperte ich an dem Shirt. Es roch ganz nach ihm, so vertraut und angenehm. Ja, ich mochte seinen Duft. Eigentlich ungewöhnlich, denn er war durchaus männlich und eine wenig herb, keineswegs süß und lieblich wie bei einer Frau. Und trotzdem sprach er mich ungemein an. Innerlich könnte ich mich dafür ohrfeigen. In letzter Zeit liefen meine Gedanken viel zu oft in die falsche Richtung und ich sollte sie durch solch dumme Aktionen wie mit dem T-Shirt nicht auch noch fördern.

Ich folgte Kaiba lieber schnell, um zu sehen, was er trieb. Wie nicht anders zu erwarten fand ich ihn in seinem Zimmer. Er stand vor seinem Schreibtisch und hielt den konstruierten Fuß in der Hand – oder das, was davon übrig war. Anscheinend hatte Lauren ihre Wut daran ausgelassen.

Oh nein, das musste Kaiba wirklich treffen. Dieser Angriff ging unter die Gürtellinie.

Vorsichtig trat ich neben ihn. „Tut mir leid.“, murmelte ich. „Das ist echt mies!“

„Ich hätte damit rechnen müssen.“ Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Wenn man bedenkt, dass ihre Wut ihre Ursache in meinen Erfindungen hat, ist es logisch, dass sie sie daran ausgelassen hat.“ Vorsichtig stellte er das lädierte Konstrukt zurück auf den Tisch. „Die Beschädigungen sind nicht so massiv, dass ich es nicht reparieren könnte und selbst wenn, wäre es letztendlich egal. Es ist ja nur ein Modell, das keinerlei Funktion erfüllen kann.“

„Im Gegensatz zu den Händen?“

„Ja, das wäre in der Tat ärgerlicher gewesen.“ Sein Blick fiel auf das T-Shirt in meiner Hand. Ohne ein weiteres Wort griff er danach und zog es über.

Er war gar nicht sauer? Wirklich merkwürdig.

„Liebst du sie noch?“

Ups, die Frage kam schneller über meine Lippen als ich nachdenken konnte. Wahrscheinlich war das mehr als unpassend.

Er hielt mitten in der Bewegung, sein T-Shirt zu richten, inne, und schwieg. Lange schwieg er einfach nur, wirkte gedankenverloren. „Sie hat mich gerettet, als ich dachte, die Finsternis verschlingt mich.“, murmelte er. Sein Blick wurde abwesend, regelrecht entrückt, als erinnere er sich an etwas zurück. „Sie war mein Licht...“

Was sollte das heißen? Wovor sollte sie ihn denn gerettet haben? Ich sah, wie er ins Nichts starrte, als wäre er mit den Gedanken ganz weit weg. Vielleicht erinnerte er sich an ihre erste Begegnung. Was auch immer es war, es machte den Eindruck, als wäre er noch nicht gewillt sich davon zu lösen. Lauren musste ihm wahnsinnig viel bedeutet haben und obwohl er ihr beim letzen Treffen eine Abfuhr erteilt hatte, konnte er wohl einfach nicht mir ihr abschließen.

„Gerettet? Wie denn?“ Vielleicht war es unpassend, reinzugrätschen, aber ich musste es wissen. Was hatte sie für ihn getan, dass er so sehr an ihr hing?

Aber er antwortete darauf nicht. „Ich muss zu Dr. Hikawe.“, meinte er stattdessen. Er richtete sein Shirt und ging an mir vorbei zum Schrank. Damit war das Thema wohl beendet.

Heute war also die Kontrolluntersuchung? Waren schon wieder drei Wochen vergangen? Na gut, dann hatte das erst mal Priorität. Wenn er auf meine Frage nicht antworten wollte, könnte ich ihn schlecht dazu zwingen. Es machte auch keinen Sinn, nochmal nachzuhaken, denn Kaiba würde einfach dicht machen.

„Soll ich dich fahren?“

„Du denkst ernsthaft, ich gebe dir nach dem letzten Mal nochmal einen Schlüssel?“, fragte er spöttisch.

Mist!

„Ich muss mich noch umziehen und dann können wir los.“

Jaja, er für den Arzt machte er sich wieder fein. Eitler Pfau! Allerdings sagte ich nichts dagegen sondern sah ihm lieber zu, als er sich in eine schwarze Hose und ein weißes Hemd kleidete. Als er fertig war, folgte ich ihm in die Garage. Diesmal fuhr er, natürlich brav nach Navi. Scheinbar konnte er sich wirklich keine Strecken merken, aber ich nahm es nur mit einem leichten Schmunzeln zur Kenntnis.

Wie beim letzten Mal auch kam Kaiba gleich an die Reihe, kaum dass wir das Krankenhaus betreten hatten. Wieder wurden Röntgenaufnahmen gemacht. Kaiba saß auf dem Behandlungstisch, baumelte mit den Füßen, während der Arzt die Aufnahmen eingehend studierte. Äußerlich wirkte er ruhig, aber inzwischen kannte ich gut genug, um zu bemerken, dass er das ganz und gar nicht war. Sein Blick glitt unstet über die zahlreichen Instrumente und aus dem Fenster. Außerdem kratzte er schon wieder über den Daumenrücken. Wahrscheinlich war er nervös wegen der Diagnose. Nachdem die erste Woche so ein herber Rückschlag gewesen war, fürchtete er wohl auch bei dieser Untersuchung, nicht überzeugen zu können. Immerhin hatte er sich die letzten Wochen kaum bewegt.

„Soweit ganz gut.“ Der Arzt nickte zufrieden. „Der Bruch ist gemessen an den Erwartungen wirklich hervorragend verheilt.“

Das schien Kaiba schon mal zu beruhigen, denn er atmete erleichtert aus.

Während er einen neuen Gips anlegte, tastete Dr. Hikawe mit den Händen Kaibas Wade ab. Schließlich wanderten seine Hände auch zum unversehrten Bein und untersuchten es. „Der Muskelabbau ist doch stärker vorangeschritten als er sollte.“

Kaiba zuckte vage mit den Schultern. Was sollte er dazu auch groß sagen?

„Sie sollten die Bewegungsmöglichkeit, die sie haben, auch nutzen. Das soll ja nicht nur verhindern, dass die Muskeln zu stark verkümmern, sondern auch einer Thrombose entgegenwirken.“

„Ich werde besser darauf achten.“, murmelte Kaiba.

„Gut.“ Dr. Hikawe nickte. „Und bis dahin gebe ich Ihnen eine Spritze zur Sicherheit.“

„A-aber die Tabletten sind doch schon dagegen.“

„Trotzdem.“ Er ging zu einem Medizinschrank und holte eine Spritze und eine Ampulle hervor. „Wir wollen ja nur sicher gehen. Stellen sie sich hin.“, meinte er, während er die Spritze aufzog.

Widerwillig kam Kaiba dem nach.

„Öffnen Sie schon mal die Hose.“

Ruckartig wirbelte er zum Arzt herum. „Wieso?“

Aber der grinste nur. „Was glauben Sie denn, wo die Spritze hinkommt?“

Da schien Kaiba ein Licht aufzugehen, aber er sah alles andere als begeistert aus. Er fletschte leicht die Zähne, während er sich auf dem Behandlungstisch stützte und der Arzt zu Werke ging. Als ihn die Nadel in den Hintern piekte, knurrte er leise.

Auch wenn ich nur einen Blick auf den Poansatz erhaschen konnte, war das wirklich ein verdammt netter Anblick. Was für ein formidables Hinterteil. Langsam aber unausweichlich gestand ich mir selbst ein, dass ich seinen Körper wesentlich attraktiver und anziehender fand als ich sollte. Aber inzwischen konnte ich mich ganz gut damit arrangieren. Es war nichts Falsches daran, jemanden schön zu finden, egal welches Geschlecht er hatte. Dass der Anblick zum Teil auch meinen Unterleib ansprach, ignorierte ich geflissentlich.

„Gehen wir!“

Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, dass Kaiba bereits an mir vorbeigegangen war. Schnell folgte ich ihm aus der Praxis und kletterte ins Auto, bevor er ohne mich losfuhr.

„Was willst du jetzt machen?“, fragte ich neugierig. Wenn alles gut ging, müsste er den Gips in zwei Wochen los sein. Aber wie wollte er sich bis dahin beschäftigen?

„Ich muss mir irgendwas suchen, bei dem ich mich mehr bewege.“ Er sagte es, als wäre das doch logisch.

„Und was?“

„Keine Ahnung.“

Durchdacht wie immer. Aber Kaiba hatte schon vor seinem Erfinderwahn nicht gewusst, was er mit sich anfangen sollte. „Es ist schönes Wetter. Wie wäre es, wenn du in deinem Garten spazieren gehst?“

Er zog nur wortlos eine Augenbraue hoch.

„Ist doch genial. Dort kann dich keiner sehen und es ist nicht so weit, wenn du erschöpft bist.“

„Es ist wirklich schönes Wetter.“, murmelte er. Plötzlich fuhr er rechts ran. Was sollte das denn werden? „Es ist ziemlich warm, perfektes Badewetter also.“ Er sah mich unverwandt an. Sein Blick wirkte sehr mild, das Blau richtig weich. „Ich komme schon zurecht, also geh lieber mit deinen Freunden schwimmen als mit mir in der Hitze zu schmoren.“

Edel von ihm gedacht, aber lieber würde ich bei 40 °C mit Wintermantel bei ihm sein, als ihn schon wieder ziehen lassen zu müssen. Auch wenn er mich nicht rauswarf, hatte ich Angst, dass er vielleicht doch irgendwann genug von meiner Nähe haben könnte. „D-das macht mir nichts, ehrlich.“, meinte ich hastig.

Aber er schüttelte nur den Kopf. Für ihn ergab es keinen Sinn, dass ich seine Gegenwart einer angenehmen Abkühlung vorziehen sollte und ich wusste nicht so recht, wie ich ihm das unverfänglich erklären sollte.

„Ich bin dir dankbar dafür, dass du mir so viel deiner Zeit gewidmet hast.“, meinte er. Es klang ziemlich sachlich, sehr nach Firmenchef. Als würde er es sagen, weil es sich so gehörte. „Aber du musst mir nicht rund um die Uhr Gesellschaft leisten, bis ich den Gips losgeworden bin. Du solltest lieber den Sommer genießen.“ Als er das sagte, schimmerte in seinen Augen etwas, das ich mit viel Interpretation als leichtes Bedauern auslegen könnte. Aber was bedauerte er? Dass er mich wegschickte oder dass er den Sommer wegen dem Gips nicht nutzen konnte?

Ich murrte leise. Wenn er das so sah, brachte es nichts, sich ihm aufzudrängen. Noch stand er gut zu mir, aber wenn ich ihn zu sehr nervte, würde er mich vermutlich doch wieder verjagen. „In Ordnung.“, murmelte ich. „Aber wenn du erlaubst, würde ich trotzdem weiter gern der Physiotherapie beiwohnen.“

„Hast du denn noch nicht genug Einblick in den Beruf?“

„Er fasziniert mich halt.“

„Wie du meinst.“ Er zuckte vage mit den Schultern. „Ich werde dich nicht davon abhalten.“

Wenigstens etwas. Und er klang auch nicht abgeneigt. Vielleicht genoss er meine Nähe irgendwo doch. Das machte mir wenigstens ein bisschen Hoffnung.

Ich verabschiedete mich von Kaiba und kam seiner Idee nach, mit Yugi und Tea schwimmen zu gehen. An sich freute ich mich ja, die beiden mal wieder zu sehen, aber diese Turteltauben klebten fast immer aneinander, da fiel nicht besonders viel Aufmerksamkeit für mich ab.

Während ich die beiden dabei beobachtete, wie sie im Schwimmbecken miteinander tobten, fragte ich mich, wie es wohl wäre, mit Kaiba im Wasser zu planschen. Er hatte selbst gesagt, dass er Schwimmen liebte, also müsste er doch leicht in einen Pool zu locken sein, zumindest wenn er den Gips endlich mal los war. Und eine Wasserschlacht wäre ein guter Vorwand für viel Körperkontakt. In seinem Element mit ein bisschen Spaß könnten wir vielleicht ein ganz neues Level in unserer Beziehung erreichen.

Es erschien mir selbst widersinnig, aber ich hatte mir ein neues Ziel in den Kopf gesetzt: die höchstmögliche Ebene der Vertrautheit mit Kaiba erreichen, egal was das hieß. Ich wusste nicht, wohin genau das führen sollte, aber es war mein innigster Wunsch. Ich wollte, dass er mir vertraute, in mir seinen engsten Verbündeten sah.

Selbst in meinen eigenen Ohren klang das ein bisschen schwul, aber inzwischen war mir das egal. Ich konnte meine Gefühle für Kaiba nicht klar definieren, ich wusste nur, dass ich ihm tiefe Zuneigung entgegenbrachte, die mich an ihn fesselte.

Auch wenn es mir ein bisschen Angst machte, solche Gefühle für einen Mann zu hegen, wollte ich einfach sehen, wohin uns das führte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2014-12-29T01:19:14+00:00 29.12.2014 02:19
Wenn man es so sieht, ist Joey mehr bi als schwul. Aber das scheint ihm noch nicht klar zu sein. Aber wenigstens hat Seto ihm Recht gegeben, was Lauren anbetrifft. Aber trotzdem schade für Setos Erfindung.
Von:  Onlyknow3
2014-09-16T06:06:24+00:00 16.09.2014 08:06
Seto ist sich wohl noch nicht ganz so sicher was von der ständigen Anwesenheit von Joey halten soll, ob er sich genervt, oder geschmeichelt fühlen soll. Er wird wohl noch etwas brauchen bis er sich dessen Bewusst wird was da zwischen ihm und Wheeler anbahnt. Mach weiter so freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Niua-chan
2014-09-14T21:12:40+00:00 14.09.2014 23:12
Huch da habe ich gerade die FF durch und überlege was ich schreiben soll, da kommt schon ein neues Kapitel^^
Ich finde deine FF echt toll, vor allem ist es sehr interessant die Entwicklung der beiden zu sehen.
Es macht auf jeden Fall Spaß sie zu lesen.
LG
Niua
Von:  Lunata79
2014-09-14T20:18:27+00:00 14.09.2014 22:18
Schön, dass Joey langsam seine Gefühle begreift.
Nur, weiß man im Grunde gar nicht, wies bei Seto aussieht. Heute musste er ja auch wieder viel wegstecken. Da würde mich schon interessieren, was er nun eigentlich bedauert hat, mit dem Schimmern in seinen Augen. Will er nun Joey bei sich wissen, oder nicht? Was sieht er überhaupt derzeit in Joey? Manche Gesten sprechen für ihn und manche gegen ihn. Ahnt vielleicht Kaiba bereits etwas, was Joeys Gefühle angeht? Warum lässt Kaiba ihn eigentlich so nah an sich ran? Ist das ein neues Spiel von Kaiba, oder bahnt sich da wirklich sowas wie Freundschaft an?
Ein Kapitel aus Kaibas Sicht wär nicht schlecht.
Freu mich aufs nächste Kapitel.

Lg
Lunata79
Von:  JK_Kaiba
2014-09-14T18:44:16+00:00 14.09.2014 20:44
Uhhi ein neues Kapitel^^*freu*
Argh! Diese Lauren würde ich am liebsten schlagen! Zum einen akzeptiert sie seinen Erfinderwahn und stellt es als etwas schlechtes hin, während es absolut genial ist und dann auch noch das. Ich mein klar ist man nach einer Abfuhr sauer, aber ihm dann so körperlich weh zu tun und dann auch noch den Fuß kaputt zu machen...Miststück... Armer Seto, das hat er nicht verdient, vor allem wo er sie aufrichtig geliebt hat...Das hat er nicht verdient.
Hoffentlich schafft es Joey sein Vertrauen zu gewinnen und wieder an die Liebe zu glauben.
Aber bei Joey scheint es ja langsam Klick zu machen xDD
Bin schon so gespannt wie es weitergeht :-D



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