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Life sounds like Booyakasha!

Einer für alle und alle auf einen!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
nach langer zeit mal wieder ein special von mir. diesmal kam die idee von lloyd008, die sich gewünscht hat, dass mikey doch mal eifersüchtig auf raph´s weibergeschichten sein soll. und ich muss schon sagen, der gedanke gefiel mir, nur die umsetzung war schwieriger, als gedacht. es war nicht leicht, etwas zu finden, dass mikey eifersüchtig macht und raph dabei noch unschuldig rüberkommt. schließlich ist mir aber doch etwas eingefallen und ich hoffe, dass es lloyd008 und euch anderen gefällt ^^
an dieser stelle möchte ich mich auch mal bei all meinen lesern bedanken! ohne euch wäre diese ff niemals so lang geworden und es hat mir viel spaß gemacht, euch eure wünsche zu erfüllen. doch es ist noch längst nicht vorbei! ihr könnt mir auch weiterhin wünsche und vorschläge senden, die ich umsetzen soll - also her damit ^^
so jetzt aber genug gequatscht und los gehts XD

mikey 17 und raph 19 Komplett anzeigen

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Special 14: Jealousy...?

Mit einem schnurrenden Laut dreht sich Mikey in den schützenden Armen seines älteren Bruders herum. Blinzelnd öffnet er die Augen und blickt dabei in das schlafende Gesicht vor sich. Die Morgensonne schickt ihre sanften Strahlen durch das angeklappte Fenster und zaubert damit ein wirres Spiel aus Licht und Schatten auf die Züge des Saikämpfers. Dessen Augen sind fast schon angestrengt zusammengepresst und er gibt ein leises Schnarchen von sich. Bei diesem Anblick schleicht sich ein kleines Lächeln auf Mikey´s Lippen. Es gibt doch nichts Schöneres, als morgens neben der Person aufzuwachen, die man am meisten liebt! Vorsichtig windet sich der Blonde aus den starken Armen und setzt sich auf. Doch er kommt nicht um hin, seinen schlafenden Bruder weiterhin lächelnd zu betrachten. Da der Rothaarige seinen Liebsten nicht mehr umarmen kann, tasten seine Finger nun suchend nach etwas anderem. Schließlich ergreifen sie Mikey´s Kissen und ziehen es statt des Jungen an sich heran. Mit einem leisen Murmeln vergräbt Raph sein Gesicht in dem Kissen und versinkt wieder tiefer in seinen Schlaf.
 

Der Anblick ist einfach herrlich und der Nunchakuträger muss sich wirklich zusammenreißen, um nicht laut zu Kichern. Stattdessen streicht er dem Älteren ein paar wirre Strähnen aus der Stirn und platziert dort einen kleinen Kuss. Von Raphael kommt daraufhin ein halbherziges Brummen, als wolle er sagen, dass er es selbst im Schlaf nicht leiden kann geküsst zu werden. Anschließend dreht er sich murrend auf die andere Seite und drückt weiterhin das Kissen an seine Brust. Diesmal muss sich der Jüngere wirklich schon auf die Unterlippe beißen, damit sich das Lachen wieder verzieht, doch es gelingt ihm gerade noch. Er wirft einen flüchtigen Blick auf den Wecker neben sich und stellt fest, dass Raph noch zwei Stunden liegen bleiben kann. Er selbst jedoch fühlt sich frisch und ausgeruht genug, um aufzustehen. Immerhin ist noch einiges vorzubereiten, damit sie beide diesen Arbeitstag hinter sich bringen können. Ehe er jedoch wirklich aus den Laken krabbelt, beugt er sich noch einmal zu Raph hinüber. Mikey drückt ihm einen weiteren Kuss auf, diesmal hinters Ohr. Wieder gibt der andere ein Grummeln von sich.
 

„Schlaf noch ein bisschen, alter Brummbär! Ich geh jetzt duschen.“, haucht er dem Roten ins Ohr, schnappt sich frische Sachen und macht sich dann auf ins Bad. Unter großer Anstrengung öffnet der Saikämpfer kurz darauf die Augen und zieht sich auch gleich die Decke über den Kopf, weil ihn das Sonnenlicht blendet. Mit einem schmerzlichen Laut dreht er sich wieder auf die andere Seite und realisiert dabei, dass er allein im Futon liegt und statt seines Lovers ein Kissen in den Armen hält. Als sich seine Augen an das viel zu grelle Licht gewöhnt haben, schielt er auf den Wecker. Eigentlich könnte er noch fast zwei Stunden schlafen, doch für seinen hyperaktiven Bruder ist schon längst Zeit zum Aufstehen. Langsam beginnt es in seinem Kopf zu arbeiten. Ihm ist so, als hätte Mikey etwas zu ihm gesagt, bevor er verschwunden ist. Was war das bloß? Er meint sich zu entsinnen, dass es sich wie ‚Duschen‘ angehört hat. Er konzentriert sich und tatsächlich kann er Wasser rauschen hören. Eine Dusche wäre jetzt genau das Richtige zum Wachwerden und eigentlich könnte er Mikey auch gleich ein wenig ärgern, weil dieser ihn ja irgendwie geweckt hat.
 

Als er so darüber nachzudenken beginnt, erhält er unverhofft eine gierige Zustimmung aus seinem Lendenbereich und das ist auch die einzige Antwort die er braucht. Etwas ungelenk erhebt er sich aus dem Futon und streift sich auf dem Weg zur Tür schon mal seine Shorts ab. Seine Erregung dankt es ihm sichtlich und so machen sich die ‚zwei‘ dann auf den Weg zum Bad. Leise schleicht sich der Saikämpfer hinein und verriegelt die Tür. Sein Blick ist starr auf die Dusche gerichtet. Die durchsichtige Glasschiebe der Nasszelle ist zwar wegen dem warmen Wasser vollkommen beschlagen, doch das macht überhaupt nichts. Im Gegenteil, es sieht in seinen Augen so noch weit erotischer aus wie sich die Silhouette seines Bruders dahinter bewegt. Unweigerlich stellt er sich vor wie das warme Wasser und der Seifenschaum an der leicht gebräunten Haut hinab rinnen, jeden Muskel streifen und bis zu den intimsten Zonen vordringen. Ein wohliger Schauer gleitet seinen Rücken hinab und ein erwartungsvolles Ziehen unterhalb seiner Körpermitte erinnert ihn daran, dass Gucken jetzt einfach nicht mehr ausreicht.
 

Mit ein paar schnellen Schritten ist er bei der Dusche und zieht die Glastür zur Seite. Mikey bemerkt ihn noch nicht, da er mit dem Gesicht zur Wand steht und das Rauschen des Wassers jedes noch so kleine Geräusch verschlingt. Dies wäre zwar kaum nötig, da Raph als Ninja eh nicht viele Geräusche von sich gibt, aber so muss er sich immerhin nicht so viel Mühe dabei geben und kann sich ganz von seinem Verlangen leiten lassen. Geschickt stellt er sich hinter den ahnungslosen Jungen und schließt die Duschtür. Als Mikey sich herumdreht, um nach dem Shampoo zu greifen, steht Raph direkt vor ihm. Der überraschte Junge macht einen Satz nach hinten und legt sich theatralisch eine Hand auf die Brust, unter der sein Herz auf vollen Touren hämmert. „Gott, Raph! Du hast mich fast zu Tode erschreckt!“, schimpft er den anderen halbherzig. „Und du hast mich geweckt, also sind wir Quitt!“, entgegnet der Grünäugige und grinst frech. Mikey´s Stirn legt sich in Falten, immerhin hat Raph doch noch geschlafen, als er gegangen ist. „Ich hab dich nicht geweckt!“, gibt er daher zurück. „Oh doch und zwar, weil du mir erzählt hast, dass du duschen gehst!“
 

Langsam geht dem Blonden ein Licht auf und nun entdeckt er auch die Erregung seines Gegenübers. Mikey hat ihn zwar nicht absichtlich geweckt, doch mit seinen Worten wohl eine Reaktion in seinem Unterbewusstsein angestachelt und nun steht Raph hier vor ihm. „Oh…!“, kommt ihm die Erkenntnis und ein roter Schimmer breitet sich auf seinen Wangen aus. Sanft packt Raph ihn an den Handgelenken, dreht ihn mit dem Gesicht zur Wand zurück und drückt ihn gegen die kühlen Kacheln. „Jetzt will ich eine Entschädigung dafür, dass ich wegen dir zwei Stunden früher aufstehen musste…“, haucht er dem Blonden schwer ins Ohr und drückt sich verlangend gegen ihn. Die Röte auf Mikey´s Wangen nimmt noch zu, dennoch breitet sich wieder ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Na, wenn das so ist. Vielleicht hab ich dich dann ja doch mit Absicht geweckt!“, grinst der Blonde und streckt ihm die Zunge raus. Fies grinst Raphael zurück und presst sich noch fester gegen ihn. „Na, warte du kleiner…“
 

Eine dreiviertel Stunde später haben es die beiden dann doch geschafft, unter der Dusche tatsächlich sauber zu werden. In Arbeitsklamotten lässt sich Raph nun auf die Couch fallen und schaltet die Nachrichten ein. Ein paar Minuten später kommt Mikey, ebenfalls schon in seinen Arbeitssachen, mit einem großen Becher Kaffee aus der Küche. Dankend nimmt der Rothaarige ihn entgegen und Michelangelo verschwindet wieder. Hinter der Küchentür kann Raph ihn arbeiten hören. Geschirr klappert, der Kühlschrank wird geöffnet und schließlich kommt der Junge wieder ins Wohnzimmer. Demonstrativ stellt er Raph die Lunchbox auf den niedrigen Tisch, damit dieser sie auch ja nicht vergisst und setzt sich dann selbst mit einer Schale Cornflakes neben ihn auf die Couch. Die Nachrichten sind wie immer nicht sonderlich erfreulich, aber es ist immerhin nichts dabei, dass die Polizei nicht auch selbst lösen kann. Somit können sich die jungen Ninjas zumindest fürs Erste auf ihre eigentlichen Arbeitsplätze konzentrieren. Nach dem Wetterbericht schaltet Raph auf einen Sender, der morgens ausschließlich Zeichentrickfilme zeigt.
 

Dies freut Mikey sichtlich, da er die lustigen Kurzfilmchen über alles liebt, und Raph kann dabei auch etwas entspannen, da sie nicht sonderlich anspruchsvoll sind und er daher auch nicht unnötig viel denken muss, um der Handlung zu folgen. Bei der Arbeit muss er sein Hirn schon genug anstrengen. Eine Weile sitzen sie so weitgehend schweigend nebeneinander und starren auf den Bildschirm. Schließlich erhebt sich Raph und schlurft ins Badezimmer. Ein stummes Zeichen für Mikey, dass es nun Zeit wird. So steht der Blonde ebenfalls auf und sammelt das Geschirr ein. In der Küche beginnt er die wenigen benutzten Sachen zu reinigen, als der Saikämpfer in den Flur geht, um sich Schuhe und Jacke anzuziehen. Sich die feuchten Hände an einem Tuch abreibend, kommt Michelangelo zu ihm. Raph hat schon die Klinke in der Hand, als ihm jemand auf die Schulter tippt. Langsam wendet der Ältere den Blick nach hinten und sieht, dass der Blonde ihm lächelnd seine Lunchbox entgegenstreckt. Innerlich schlägt sich der Rote mit der Hand gegen die Stirn. Wahrscheinlich würde er manchmal sogar seinen Kopf vergessen, wenn dieser nicht angewachsen wäre.
 

„Was würde ich nur ohne dich machen…?“, entgegnet er dem Kleineren scherzhaft und nimmt ihm die Box ab. „Ich weiß nicht.“, grinst der Blonde ihn an und hält ihm dann demonstrativ seine Wange hin. Gespielt genervt rollt der temperamentvolle, junge Mann mit den Augen und haucht seinem Gegenüber dann einen leichten Kuss auf die Wange. Er kann das zwar überhaupt nicht leiden, da es ihm wie in einem billigen Film aus den 80ern vorkommt, doch Mikey würde ihn so lange weiter nerven, bis er dem Ganzen nachgibt. Da Raph das Küssen ohnehin nicht sonderlich leiden kann, genießt es der Blonde umso mehr, wenn er wenigstens ein bisschen davon ergattern kann. Zufrieden lächelt er seinem Bruder daher entgegen und folgt ihm bis auf die Schwelle. Dann dreht sich der Ältere jedoch noch einmal um und schlägt sich wirklich mit der Hand gegen die Stirn. „Fast hätte ich es vergessen. Ich hab heute um achtzehn Uhr noch ein Meeting, also warte nicht mit dem Essen auf mich.“ Schuldbewusst blicken die gelbgrünen Augen drein. Doch Mikey nimmt es gelassen. „Ist gut! Viel Spaß!“ Nun drückt Mikey ihm einen Kuss auf die Wange und Raphael verabschiedet sich endgültig.
 

Eine halbe Stunde kann sich Michelangelo noch zurücklehnen, dann bereitet auch er sich aufs Gehen vor. Als er sich gerade seine Jacke übergeworfen hat und nach der Türklinke greift, beginnt das Telefon zu läuten. Da der Blonde der Letzte ist, der das Haus verlässt, wird niemand den Anruf entgegennehmen, wenn er es nicht selbst macht. So wendet sich Mikey zur Seite und tritt zwei Schritte in die Diele zurück, wo das Telefon auf einem kleinen Beistelltisch steht. Unwissend nimmt er den Hörer ab und begrüßt seinen unbekannten Gesprächspartner in seiner gewohnten Herzlichkeit. „Hallo! Ist Raph da?“, entgegnet ihm die Person am anderen Ende. Irritiert legt Mikey die Stirn in Falten. Bei dem Anrufer handelt es sich offensichtlich um eine junge Frau, die von ihrer Sprechweise her wohl ziemlich vertraut mit seinem Bruder zu sein scheint, doch der Nunchakuträger kann sie beim besten Willen nicht einordnen. Ihre Stimme hat er noch nie gehört und normalerweise rufen hier auch keine Mädchen oder Frauen an, mal abgesehen von April. Und noch weniger rufen sie an, um ausgerechnet mit Raph zu sprechen.
 

Der Rote hat nie irgendwelchen Frauen seine Telefonnummer gegeben, da er die Damen immer viel zu anstrengend fand und auch keinerlei Kontakt mit ihnen haben wollte. Mehr als eine schnelle Nummer in einer dunklen Bar hat es nie wirklich gegeben und solche ‚Bekanntschaften‘ brauchen ganz sicher keine Telefonnummer, da man sie sowieso nicht wiedersehen möchte und Raph ganz besonders nicht. Seit Raphael und Mikey seit knapp einem Jahr mehr oder weniger ein Paar sind, gibt es so was schon gar nicht. Der Saikämpfer hatte nie wirklich viel Interesse an Frauen, sie waren nur Mittel zum Zweck, weswegen die Bindung mit seinem kleinen Bruder weit besser ist, als mit jeder Frau. Wieso also ruft eine ihm unbekannte Frau hier an und will mit Raphael sprechen? Mit leerem Blick starrt Mikey an die Wand vor sich und denkt nach. Was hat das zu bedeuten? Wäre sie eine Kollegin vom ihm, würde Mikey sie kennen und dann würde sie ihn auch ganz sicher nicht Raph nennen. Außerdem gibt es in Raphaels Firma nur eine einzige Frau und das ist die Sekretärin und die hätte der Blonde sofort an ihrer verrauchten Stimme erkannt.
 

Irgendeine Geschäftsbekanntschaft würde ihn wohl auch nicht so vertraut ansprechen und die hätte dann auch ganz sicher nicht seine Privatnummer. Also wer zum Teufel ist sie? Mikey kommt so sehr ins Grübeln, dass er ganz vergisst, dass die Dame ja noch am anderen Ende wartet. Erst ihre irritierte Stimme holt ihn wieder in die Wirklichkeit zurück. „Hallo? Mikey? Noch dran?“, fragt sie. Mikey schüttelt den Kopf, um seine Gedanken zu ordnen, kommt aber augenblicklich wieder ins Grübeln. Woher kennt diese Frau seinen Namen? Er hat ihn beim Abnehmen nicht gesagt! Jedoch ist er so durcheinander, dass er darauf erst mal gar nicht antworten kann. „Ja, ich bin noch dran und Raph ist schon bei der Arbeit.“, entgegnet er ihr. Ehe er jedoch fragen kann, wer sie eigentlich ist und woher sie seinen Bruder kennt, fällt sie ihm schon ins Wort. „Ach ja, sorry! Ich hab nicht auf die Zeit geachtet und dachte, ich erwische ihn noch. Aber egal, er kommt um achtzehn Uhr ja eh zu mir, solang kann ich meine Frage noch aufsparen! Also danke trotzdem und tschau!“ Ihr Geplapper stürzt wie eine Ziegelwand auf den jungen Ninja ein und er ist unfähig irgendetwas zu erwidern.
 

Erst nachdem das Freizeichen fast eine Minute lang in seinem Ohr gepiepst hat, kommt Mikey wieder zu sich. Langsam sinkt seine Hand mit dem Hörer herab und er starrt mit offenem Mund und großen Augen wieder auf die Wand vor sich. Jetzt versteht er überhaupt nichts mehr. Hat Raph nicht gesagt, dass er um achtzehn Uhr ein Meeting hätte? Wie kann er sich denn dann mit dieser Frau zur selben Zeit treffen? Soll das etwa bedeuten, dass sein eigener Bruder ihn angelogen hat und sich heimlich mit irgendwelchen Frauen trifft und dabei denkt, dass Mikey so treu doof ist und es nicht merkt? Doch warum sollte er so etwas tun? War alles, was Raph ihm in den letzten Monaten gesagt hat nur ein Spiel, damit er sich mit ihm vergnügen kann, während er eigentlich nach der richtigen Frau fürs Leben sucht? All die schönen Stunden, die sie zusammen verbracht haben und all die Heimlichtuerei vor Splinter, nur Mittel zum Zweck? Liebt Raph ihn in Wirklichkeit gar nicht, sondern sagt ihm so etwas nur, damit sich Mikey ihm ungezwungen vor die Füße wirft und Raph seine Triebe an ihm ausleben kann?
 

Der Blonde kann das nicht glauben, nein, er will es auch nicht glauben! So viel Mühe kann man sich doch nicht machen. Doch vielleicht ist das Ganze ja auch nur ein dummes Missverständnis und die Frau hat sich in der Zeit geirrt. Das würde aber immer noch nicht erklären, woher sie seinen Namen weiß und warum sie mit Raph so vertraut ist. Doch immerhin würde es Michelangelos Gewissen beruhigen zu wissen, dass sein heißgeliebter Bruder ihn mit dem Meeting nicht angelogen hat. Der Orange ist vielleicht manchmal nicht der Schlauste, doch auf den Kopf gefallen ist er ganz sicher nicht. Es ist nicht schwer herauszufinden, wann Raph wirklich ein Meeting hat und wo es stattfinden wird. Dennoch gefällt Mikey ihm überhaupt nicht, seinem Bruder so hinterher schnüffeln zu müssen, nur um sicher zu sein, dass Raph keine Affäre hat. Angesichts ihrer verbotenen Beziehung zueinander ist dieser Gedanke zwar irgendwie dämlich, dennoch wird er den Gedanken, betrogen zu werden, einfach nicht mehr los. Ziemlich steif hebt Michelangelo den Hörer wieder ans Ohr und wählt mit zitternden Fingern die Nummer von Raph´s Büro.
 

Es klingelt etliche Male, ehe der Anruf ins Sekretariat umgeleitet wird. Die gewohnt verrauchte Stimme der Dame hinter dem Hörer erklingt und Mikey holt tief Luft, ehe er zu sprechen beginnt. „Hey, Lisa. Hier ist Mikey. Kann ich wohl mit meinem Bruder sprechen?“ „Hey, Süßer! Tut mir leid, du hast ihn gerade verpasst!“ Lisa ist alt genug, um Mikey´s Mutter zu sein, wenn nicht sogar Splinters ältere Schwester, dennoch hat sie die Angewohnheit, alle in der Firma und auch Mikey mit ‚Süßer‘ anzusprechen. Normalerweise ist das auch ganz lustig, da die Jungs dann auch immer etwas Ähnliches zurücksagen, doch Mikey ist im Moment ganz und gar nicht danach. „Der Boss ist vor fünf Minuten mit Rick und Tommy zu einer Baustellenbesichtigung gefahren und wird wohl erst mittags wieder hier sein. Wenn es aber wichtig ist, kann ich versuchen ihn zu erreichen.“ „Nein, schon gut, das ist nicht nötig. Er hatte nur etwas von einem Meeting erzählt und ich hab die Uhrzeit vergessen und wollte ihn deshalb fragen. Nicht das ich das Abendessen vorbereite und er dann später kommt.“ „Einen Moment, Süßer, ich schau eben nach.“
 

Mit angehaltenem Atem wartet Mikey im schummrigen Flur. Am anderen Ende kann er hören wie Lisa etwas in den Computer eintippt und anschließend raschelt Papier. Der Blonde schließt die Augen und betet dafür, dass das Meeting stattfindet wie Raph es gesagt hat und dass das mit der komischen Frau am Telefon alles nur ein dummes Hirngespinst von ihm ist. Schließlich meldet sich Lisa wieder. „So, Süßer. Er hat morgen um sechszehn Uhr dreißig ein Meeting mit einem Statiker drüben in Harlem, doch für heute steht nur die Besichtigung an, von der ich dir eben erzählt hab. Also wird er wohl pünktlich Feierabend machen können. Und sollte er versuchen, Überstunden schieben zu wollen, dann werde ich ihn persönlich vor die Tür setzen und sagen, dass du auf ihn wartest! Na, wie klingt das?“ Bei ihren Worten zerbricht Mikey´s Herz, dennoch reißt er sich zusammen, um es sich nicht anmerken zu lassen. „Na, wenn das so ist, kann ich ja beruhigt sein. Dann hab ich mich wohl einfach im Tag geirrt. Vielen Dank, Lisa und einen schönen Tag noch.“ „Mach ja nichts. Dir auch einen schönen Tag, Küsschen!“
 

Wie ferngesteuert legt Michelangelo den Hörer zurück auf die Gabel und beißt sich fest auf die Unterlippe. Heiße Tränen brennen hinter seinen Augen. Raph hat ihn tatsächlich angelogen! Ihn, seinen eigenen Bruder und Liebhaber! Warum tut er nur so etwas? Was hat Mikey falsch gemacht, um das zu verdienen? Die Antwort liegt eigentlich klar auf der Hand. Michelangelo ist sein Gott verdammter Bruder, sein Fleisch und Blut; die Beziehung mit ihm hat keinen Sinn und auch keine Zukunft! Sie werden niemals heiraten können oder Kinder haben, sie können sich ja nicht einmal vor der Welt outen. Von daher ist es völlig verständlich, dass Raphael versucht eine Frau zu finden, mit der er sein Leben auf vollkommen normale Weise teilen kann. Doch musste er Mikey dafür wirklich so tief mit hineinziehen? Immerhin haben sie miteinander geschlafen und das nicht nur einmal. Verdammt noch mal, sie haben es vor nicht mal zwei Stunden unter der Dusche getrieben wie ein paar Karnickel! Er hat es genossen, es immer genossen, doch jetzt wünscht er sich, Raph hätte nie damit angefangen und ihm nur weiterhin von irgendwelchen, leichten Mädchen aus stinkenden Bars erzählt.
 

Die Tränen gewinnen die Oberhand und er ergibt sich ihnen hemmungslos. Weinend drückt er seine Stirn gegen die kühle Wand über dem Telefon und schluchzt in das leere Haus hinein. Er zittert am ganzen Körper und kann sich nicht erinnern, sich jemals zuvor so schrecklich gefühlt zu haben. Er liebt seinen Bruder über alles und kann einfach nicht begreifen, warum das passieren musste. Ihm ist klar, dass ihre Beziehung nichts Richtiges ist und dass es früher oder später sicher sowieso dazu gekommen wäre. Doch er dachte, dass er dafür noch ein paar Jahre Zeit hätte und das Raph es ihm dann wenigstens sagen würde, damit er nicht völlig am Boden zerstört ist. Stattdessen lügt er ihn an, um sich heimlich mit ihr treffen zu können. Das ist so was von gemein! Sein Herz schmerzt und fühlt sich an, als würde es jeden Moment zerspringen, doch da ist noch ein anderes Gefühl. Ein Gefühl, dass er nicht wirklich kennt, das sich aber immer heftiger in seinem Magen bemerkbar macht. Es sticht und brodelt und versucht sich an die Oberfläche zu kämpfen. Es übermannt ihn noch weit heftiger, als die Tränen.
 

Eifersucht! Ja, eindeutig. Er ist eifersüchtig auf diese unbekannte Frau. Er will unbedingt wissen, wer sie ist und was Raphael so an ihr fasziniert, dass er es sogar wagt, seinem eigenen Bruder schamlos ins Gesicht zu lügen! Wie lange geht das schon so und woher kennen sie sich? Und wieso weiß diese Person etwas über Mikey, er aber nichts über sie? Die Vorstellung, dass Raph dieser dämlichen Kuh etwas von seiner Familie erzählt hat, macht den Jüngsten vollkommen krank. Was weiß sie alles von ihm? Immerhin hat sie ihn ja mit seinem Spitznamen angesprochen und nicht mit Michelangelo. Also weiß sie wahrscheinlich bestens Bescheid, immerhin hätten ja auch Leo, Donnie oder Splinter am Telefon sein können! Hätte sie von denen auch gewusst? In seinem Kopf schwirren die Gedanken und sein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen, sodass es sich anfühlt, als müsste er sich jeden Moment übergeben. Wut macht sich allmehlig ebenfalls in ihm breit und er ballt sie Hände zu Fäusten. Wie kann diese Person es nur wagen, ihm seinen Raph wegnehmen zu wollen? Ohne es selbst zu merken, ist Mikey seinem temperamentvollen Bruder ein ganzes Stück ähnlicher geworden.
 

Raphaels ganzes Leben wurde von Eifersucht geprägt. Völlig egal, wer sich seinem kleinen Bruder genähert hat oder ihm auch nur einen flüchtigen Blick zuwarf, er konnte sicher sein, dass Raph ihn auf seine Liste gesetzt hat. Eine Liste, auf der alle Namen von Leuten stehen, die es wert wären, verprügelt zu werden, weil sie ihm Mikey wegnehmen könnten. Und das ist heute auch noch so, auch wenn sich Raph längst mit dem Gedanken angefreundet hat, dass sich Mikey irgendwann in einen anderen Mann verlieben könnte und er ihn dann gehen lassen muss. Doch er wäre bereit dazu, nur damit sein geliebter Bruder glücklich sein kann. Michelangelo ist es in seiner jetzigen Verfassung aber ganz und gar nicht! Er braucht einen Hinweis! Ja, er muss dringend rausfinden, wer diese Frau ist und wie ernst es Raph mit ihr meint. Trotzig wischt er sich die Tränen aus den Augen und denkt nach. Wie könnte er das schaffen? Raph wird wohl kaum irgendwo offen ihre Adresse rumliegen haben. Nein, so dumm kann er gar nicht sein, dann hätte er es ihm ja auch gleich sagen können. Aber immerhin weiß Mikey schon mal, dass er sie heute um achtzehn Uhr besuchen wird.
 

Der Nunchakuträger wirft einen flüchtigen Blick auf seine Armbanduhr. Noch hat er ein wenig Zeit. Wenn er statt mit dem Bus mit dem Skateboard zum Restaurant fährt, schafft er es auf jeden Fall pünktlich und erspart sich jede Menge Ärger. Zitternd nimmt er wieder den Hörer zur Hand und geht das Menu durch, bis er zum Punkt kommt, an dem die Nummern der eingehenden Anrufe hinterlegt sind. Laut der Vorwahl kam der Anruf immerhin aus Manhattan, mehr kann er davon aber nicht ablesen, das heißt er braucht Hilfe. Er kritzelt die Nummer auf den kleinen Block, der neben dem Telefon liegt und denkt nach. Donnie oder Leo will er damit auf keinen Fall belästigen, die haben genug eigene Probleme und vielleicht würde sie seine Sorgen auch gar nicht verstehen. Aber die Auskunft kann ihm sicher weiterhelfen, wenn er sich geschickt anstellt. Mikey überlegt sich kurz etwas, was er der Dame erzählen kann und wählt dann die Nummer der örtlichen Auskunft. Schon nach dem ersten Klingeln nimmt eine freundliche, junge Frau seinen Anruf entgegen und fragt, wie sie ihm denn helfen könne.
 

„Äh, ja. Ich bin Handwerker und hab leider die Adresse einer Kundin verlegt. Ihre Nummer hab ich noch in meinem Telefon, doch ich kann den Zettel mit ihrem Namen und der Anschrift nicht mehr finden. Leider erreiche ich sie auch nicht und soll aber in einer Stunde bei ihr sein. Vielleicht können sie mir freundlicher Weise weiterhelfen…?“ ‚Oh, hoffentlich kauft sie mir die Story ab…‘, betet Mikey stumm. Die Dame am anderen Ende gibt sich weiterhin freundlich, möchte aber seinen Namen und seine Anschrift wissen, damit sie sie mit der Nummer auf ihrem Display vergleichen kann. Der Blonde sagt ihr das Gewünschte und damit scheint sie zufrieden zu sein. „In Ordnung, dann nennen sie mir jetzt bitte die Nummer, die sie haben.“ Auch dies tut Mikey und versucht dabei gelassen zu klingen. Die nette Dame wiederholt die Nummer noch einmal, um sicher zu gehen, sie auch richtig verstanden zu haben und Mikey bestätigt auch das. Ein paar Sekunden später bekommt er auch schon eine Antwort. Sein Herz klopft wie ein Presslufthammer und er muss sich sichtlich anstrengen, den Stift lockerer zu halten, damit er schreiben kann.
 

„Ok, Mister Hamato, ich hab die Adresse gefunden. Die Nummer ist auf eine Miss Anna Hidefiled geschaltet. Prince Street 198, SoHo, Manhattan. Soll ich das Ganze noch einmal wiederholen?“ „Nein, danke. Ich hab´s schon mitgeschrieben. Aber vielen Dank, sie haben mir echt den Hintern gerettet!“ Michelangelo versucht überschwänglich erleichtert zu klingen und die Dame von der Auskunft lacht sogar herzlich über seinen Kommentar, bevor sie sich verabschiedet. Lange starrt der kleine Ninja die hastig dahin gekritzelte Adresse an. Soho ist ein kleines Szeneviertel, fast am nördlichsten Zipfel Manhattans, praktisch am ganz anderen Ende. Ein ganz schönes Stück. Doch der Straßenname kommt ihm irgendwie bekannt vor. Wieder blickt er auf seine Uhr. Immer noch ein bisschen Zeit, wenn er sich beeilt. Geschwind huscht er hinunter in Donnies Labor. Dort hängt an einer Wand ein riesiger Stadtplan von Manhattan. Und sein Instinkt hat ihn nicht im Stich gelassen. Die Prince Street führt direkt am Father Fagan Park vorbei und dort gibt es eine Bushaltestelle. Zwei Linien halten dort und der M21 fährt sogar nur drei Straßen vom Restaurant entfernt vorbei.
 

Das ist gut, sehr gut sogar. Mikey beschließt also, nach der Arbeit mit dem Bus dorthin zu fahren und zu sehen, was sein Bruder heimlich hinter seinem Rücken treibt und wenn möglich ihn deswegen auch gleich zur Rede zu stellen! Besonders wohl fühlt er sich deswegen aber immer noch nicht. Es mag sein, dass Raphael ihn betrügt, aber Mikey ist auch nicht viel besser, wenn er ihm hinterher spioniert. Andererseits hat Michelangelo immerhin einen Grund dafür, fragt sich nur ob Raph auch einen hat? Der Chaosninja hat jedoch keine Zeit mehr, um sich groß Gedanken darüber zu machen. Eilig hastet er die Treppe wieder nach oben, schnappt sich Rucksack und Skateboard und rollt auch schon los. Wie sich herausstellt, schafft er es gerade noch rechtzeitig ins ‚La Fleur‘. Der Sternekoch, bei dem Mikey hier ein Praktikum macht, ist zwar schon säuerlich geworden, da sein Schüler sonst immer überpünktlich ist, aber im Endeffekt kann er nichts sagen, da Mikey trotzdem noch zur passenden Zeit da ist. Er lässt es sich jedoch nicht nehmen, den Jungen zu mahnen, weil dieser völlig aus der Puste und dann auch noch mit dem Skateboard hier aufgetaucht ist.
 

Wahrscheinlich wird er Splinter davon berichten, doch im Moment ist Mikey das vollkommen egal. Er ignoriert den schweren, französischen Akzent des pummeligen, kleinen Mannes und schleicht sich in die Küche. Die Stunden vergehen irgendwie, doch so wirklich konzentrieren kann sich der Blonde heute nicht. Kein Wunder, seine Gedanken kreisen nur um diese Frau und was sie mit seinem Partner zu tun hat. Niedergeschlagen blickt er aus dem Fenster, während seine Finger mechanisch die Karotten schneiden. *Natürlich weiß er Bescheid über die erbärmliche Illusion – dass die Natur menschliche Gefühle wiederspiegelt -, sie ist nichts weiter als ein billiger Trick zweitrangiger Schriftsteller zum Erzeugen von Stimmungen, aber an diesem Tag scheint es tatsächlich zuzutreffen. Das helle Sonnenlicht des Morgens hatte sein Hochgefühl wiedergespiegelt und verstärkt, doch mittags war die Sonne nur noch eine trübe, runde Scheibe hinter einem Wolkenschleier, und jetzt um drei Uhr nachmittags, als sich seine Sorgen vervielfachen, wird es düster und beginnt zu nieseln. Er lässt sich völlig davon einnehmen und so passiert das Unvermeidbare.
 

Das äußerst scharfgeschliffene Messer, mit dem er die rohen Karotten in feine Scheiben schneiden soll, erwischt seinen Finger. Schmerzerfüllt zuckt der Nunchakuträger zusammen und starrt auf den tiefen Schnitt an seinem Daumen. Dünnes Blut quillt darauf hervor und tropft auf das Brett, auf dem der Rest der Karotte liegt. Mikey sieht es, er registriert es auch, doch er rührt sich nicht. Er starrt nur weiterhin seinen Finger an, als wäre er das Spannendste, das er je gesehen hat. Die Blutlache auf dem Schneidbrett wird immer größer und schließlich wendet der Chefkoch ihm den Blick zu und fällt fast aus allen Wolken. „Parbleu! Non!“, gibt der aufgebrachte, kleine Mann von sich. Mikey merkt es jedoch erst, als der Holzlöffel des Kochs hart auf seinem Hinterkopf landet. Mit schmerzlich verzogenem Gesicht blickt Michelangelo seinen Lehrer an. Dieser wirft ihm ein Handtuch mitten ins Gesicht. „Monsieur Hamato, sehen Sie sich diese Sauerei an! Was ist denn heute los mit Ihnen?“ Schuldbewusst senkt Mikey den Blick und wickelt seinen blutigen Finger in das Handtuch. „Es tut mir leid, ich war in Gedanken…“
 

„Das habe ich gesehen. So geht das aber nicht! Entweder Sie konzentrieren sich oder Sie verlassen mein Restaurant!“, mahnend verschränkt er die Arme über seinem runden Bauch. „Nein! Schon gut, ich werde mich ab jetzt zusammenreißen, ganz ehrlich!“, hilflos sieht der Blonde ihn an. „Diese Hundeaugennummer zieht bei mir nicht, Monsieur Hamato! Allerdings wäre es eine echte Verschwendung so ein Talent zu vernachlässigen. – Sie kriegen noch eine Chance. Verbinden Sie ihre Wunde und dann machen Sie weiter!“ „Jawohl, Sir!“ Eilig läuft Mikey zum Verbandskasten in der Ecke und versorgt seinen Daumen. Dabei blickt er auf die Uhr über der Tür. Nur noch eine Stunde bis Feierabend. Eine gewisse Erleichterung macht sich in ihm breit, allerdings wird sie getrübt von dem, was vor ihm liegt. Dennoch schafft es der Kleine, den Rest der Zeit ohne Zwischenfälle hinter sich zu bringen. Er kann es sich absolut nicht leisten, hier rausgeschmissen zu werden. Dieser Koch ist Weltklasse und er kann so viel von ihm lernen. Zudem hat sich Splinter fast ein Bein ausgerissen, um ihm diesen Praktikumsplatz zu besorgen, da der kleine Franzose so was normaler Weise nicht macht.
 

Und was soll er Splinter bitte sagen, wenn er die Stelle verliert? Dann wäre all die ganze Geheimhaltung wegen ihrer Beziehung für die Katz gewesen. Zudem würde er seinen Sensei damit gleich zwei Mal enttäuschen und das wäre noch schlimmer, als Raph mit dieser Frau zu sehen. Der Blonde gibt ein trauriges Seufzen von sich und versucht sich wieder auf seine Arbeit zu konzentrieren. Es fällt ihm sichtlich schwer, doch entweder merkt der Chefkoch es nicht oder er sieht ausnahmsweise mal großzügig darüber hinweg. Schließlich ist endlich Feierabend, doch auch dies merkt Mikey erst, als der kleine Franzose lautstark in die Hände klatscht und alle zum Aufräumen auffordert. Erneut macht sich ein Gefühl von Erleichterung in ihm breit. Er hat den Tag doch tatsächlich irgendwie hinter sich gebracht. Aber wie schon zuvor, wird auch diesmal sein gutes Gefühl von der Eifersucht und dem Gedanke an diese fremde Frau vertrieben. Es breitet sich schnell in seinem Magen aus und krampft ihn schmerzlich zusammen. Jedoch schluckt Mikey seine Befürchtungen lange genug runter, um alles aufzuräumen und sich dann nach draußen zu begeben.
 

Vor dem Restaurant verabschiedet er sich von den anderen Küchenhilfen und steigt dann auf sein Skateboard. Inzwischen ist aus dem Nieseln ein stetiger Regen geworden und der Himmel hängt so voll mit dunklen Wolken, dass der Anschein entsteht, als würden sie einem jeden Moment auf den Kopf fallen. Wieder kommt Mikey der Gedanke, dass das Wetter ganz hervorragend seinen Gemütszustand wiederspiegelt. Er schlägt den Kragen seiner Jacke hoch und beschleunigt das Board etwas mehr. Geschickt legt er sich in die Kurven und schwebt beinahe über die nassen Straßen hinweg. Als er die Bushaltestelle erreicht, ist er schon ziemlich durchnässt, doch er hat Glück und sieht den Bus gerade um die Ecke biegen. Mit einem immer unschöneren Gefühl besteigt er das Fahrzeug und setzt sich in die letzte Reihe. Dort stützt er seinen Kopf auf die Handfläche und blickt mit leeren Augen aus dem Fenster, an dessen Glas dicke Wassertropfen hinab rinnen wie Tränen. Die Fahrt nach SoHo dauert fast eine Stunde. Als der Bus schließlich an der Prince Street hält, ist Mikey so schlecht, dass die anderen Leute, die mit ihm aussteigen, schon komisch gucken. Eine ältere Dame fragt sogar, ob es ihm gut geht, weil er so schrecklich blass um die Nase sei.
 

Michelangelo braucht fast fünf Minuten, um ihr zu versichern, dass ihm nichts fehlt. Er blickt ihr einen Moment nach, als sie die Straße überquert, dann sieht er sich um. Trotz des düsteren Wetters kann er in einiger Entfernung den Eingang zum Park erkennen. Also muss er in die andere Richtung. Er wendet sich um, klemmt sich sein Skateboard unter den Arm und läuft los. Die Prince Street ist eine schmale, einspurige Straße, geschmückt mit alten Häusern und unzähligen kleinen Geschäften. Im Gegensatz zum Rest von SoHo gibt es hier jedoch keine Klamottenläden oder Szenediscos, sondern nur Bio- und Feinkostläden. Viele davon haben jetzt auch schon geschlossen oder machen gerade zu. Nach einigen hundert Metern erreicht Mikey das Gebäude mit der Nummer 198. Im Erdgeschoss befindet sich ein Kiosk, der schon geschlossen hat und darüber sind Wohnungen angebracht. Neben dem Eingang des Kiosks ist eine Tür für die Anwohner. Über dem Schaufenster des Ladens entspringen Balkone wie Geschwüre aus dem Mauerwerk. Das ist gut. Vielleicht kann Mikey so in die Wohnung hineinsehen?
 

Wieder überkommt ihn ein ungutes Gefühl. Er kommt sich vor wie ein Stalker oder ein Einbrecher. Splinter würde verrückt werden, wenn er wüsste, was sein Sohn hier versucht. Vorsichtig blickt sich der junge Ninja um, doch wegen dem miesen Wetter ist kaum jemand unterwegs. Schnell huscht er zur Eingangstür und sucht nach dem Namen auf dem Klingelschild. Beim ersten Lesen übersieht er den Namen und wird schon nervös, weil er denkt, dass die Frau von der Auskunft ihm etwas Falsches gesagt hat. Doch beim zweiten Blick entdeckt er ihn. Beim ersten Mal hat er ihn übersehen, weil auf der Klingel zwei verschiedene Namen stehen. Unweigerlich fragt sich Mikey, wem der zweite Name gehört. Vielleicht der eigentliche Freund des Mädchens oder einfach nur ein Mitbewohner? Es könnte alles sein, doch es schmälert seine Sorgen nicht. Immerhin könnte es ja sein, dass er nicht der einzige ist, der hier betrogen wird. Hastig schaut er in welchem Stockwerk sie wohnt und blickt dann auf seine Uhr. Bei zum Treffen mit Raph ist noch eine halbe Stunde Zeit. Also verzieht sich Mikey auf die andere Straßenseite in eine kleine Gasse und wartet.
 

Etwa zwanzig Minuten später sieht er, wie Raphael die Straße hinab schlendert und auf das Haus zusteuert. Alle Muskeln in Mikey´s Körper spannen sich schmerzhaft an und sein Magen überschlägt sich fast. Er ballt die Fäuste und kann sich gerade noch selbst davon abbringen, einfach rüber zu laufen und seinen Bruder zur Rede zu stellen. Ohne einen richtigen Beweis wird er Rothaarige ihn ganz sicher für bescheuert halten und alles abstreiten. Er atmet tief durch und beobachtet wie Raph auf die Klingel drückt. Ein paar Augenblicke später öffnet eine junge Frau die Tür. Sie ist die Art Mädchen, die Raph normalerweise absolut nicht ertragen kann, da sie ihm einfach zu anstrengend sind. Ein kleines, blondes Dummchen mit perfekter Figur und üppiger Oberweite, nur dazu gut, um ihr Gesicht währenddessen in ein Kissen zudrücken, damit man ihr Geplapper nicht hören muss und sich so die ganze Lust vermiest. Das Top, das sie trägt, ist so eng, dass Mikey schon keine Fantasie mehr braucht, um zu sehen, was sie zum Mittagessen hatte und ihr Minirock ist so kurz, das es schwer ist, zu sagen, ob er überhaupt irgendwas verdecken kann. Schon bei ihrem Anblick kann Mikey überhaupt nicht verstehen, was Raph an ihr findet.
 

Die Blondine strahlt übers ganze Gesicht, als sie Raph an der Tür begrüßt. Sie wirft sich ihm in die Arme und drückt ihm einen dicken Kuss auf die Lippen. Angewidert verzieht Mikey das Gesicht und greift sich an die schmerzende Brust. Raph scheint ihre Begeisterung nicht ganz zu teilen und schiebt sie daher sanft von sich weg. „Du sollst das doch lassen, Julia!“, entgegnet er ihr, während sie ihm den Lippenstift abwischt. „Ich weiß, aber du bist einfach so süß, Raphie!“, erwidert sie und hakt sich bei ihm ein. Während sie das Gebäude betreten, schmiegt sie sich an den Saikämpfer heran wie ein verliebter Teenager. Mikey verzeiht abermals das Gesicht. Julia? Das war aber nicht die Frau, die heute Morgen angerufen hat, besinnt sich der Orange. Ihre Stimme war eine andere. Also ist sie vielleicht wirklich die Mitbewohnerin. Allerdings scheint sie Raph noch weit näher zu sein, als Mikey schon bei Anna das Gefühl hatte. Immerhin hat sie ihn sogar Raphie genannt, was sonst niemand darf oder tut. Der Saikämpfer hasst diesen Spitznamen, da es sich so nach Kleinkind anhört. Doch er hat sie nicht zurechtgewiesen, also scheint sie ihn wohl so nennen zu dürfen.
 

Und dann dieser Kuss! Einfach furchtbar! Was soll Mikey denn jetzt bloß denken? Hat er vielleicht sogar mit beiden Frauen ein Verhältnis? Dem kann der Blonde einfach nichts entgegenbringen. Doch er schiebt die aufkommende Traurigkeit beiseite und überquert wieder die Straße. Geschickt klettert er die Feuerleiter an der Seite des Gebäudes hoch und stiehlt sich lautlos auf den Balkon. Vor hier aus kann er direkt ins Wohnzimmer sehen. Gerade kommt Julia mit Raph herein. Die Balkontür steht einen spaltbreit offen und so kann Mikey ihre Gespräche mithören. Glücklich wie ein dummer, kleiner Kanarienvogel setzt sich Julia auf das Sofa und lächelt Raph erwartungsvoll entgegen. Dieser macht jedoch erst mal keine Anstalten, sich hinzusetzen. Beruhigt ist Mikey deswegen aber noch lange nicht, da in diesem Moment Anna den Raum betritt. Überraschender Weise ist sie das komplette Gegenteil ihre knappbekleideten Freundin. Sie hat kurze, schwarze Harre, die sie schon fast wie einen Jungen wirken lassen und trägt einen schlabbrigen Jogginganzug, der ihre Figur ziemlich neutral wirken lässt.
 

Sie lächelt Raph knapp entgegen und bleibt dann einige Schritte von ihm entfernt stehen. „Wie lang, oh sagt mir, wie lang ist es hier, dass du mich hier besuchtest?“ Verwundert legt Mikey den Kopf schief. Warum spricht sie nur so seltsam? Raph überbrückt die kurze Distanz zu ihr und zieht sie stürmisch in seine Arme wie es jeder billige Liebhaber in jedem noch billigeren Film tun würde. „Verzage nicht, meine Schöne. Nun bin ich hier und werd´ so schnell nicht wieder von dir gehen!“ Nun versteht Michelangelo gar nichts mehr. Was ist so plötzlich mit Raph los, dass er nun auch so seltsam redet? Ehe er sich darüber Gedanken machen kann, sieht er wie sich die beiden leidenschaftlich küssen. Mikey entgleiten alle Gesichtszüge. Er hat noch nie gesehen, dass Raph jemandem so hemmungslos und leidenschaftlich küsst und Julia sitzt dort auf der Couch und applaudiert den beiden! Das reicht endgültig! Mikey hält es keine Minute länger aus. Er hat seinen Beweis und nun wird das Ganze ein Ende haben! Ungehemmt tritt er aus dem Schatten, reißt die Balkontür auf und stapft tropfnass ins Wohnzimmer. „Sofort aufhören!“, wirft er den sichtlich verwirrten Anwesenden entgegen, während heiße Tränen über seine Wangen laufen.
 

Angestrengt atmet er und versucht seine Wut und Enttäuschung irgendwie in Zaum zu halten. Julia zuckt auf der Couch erschrocken zusammen und gibt ein überraschtes Quicken von sich. Anna steht noch immer in Raph´s Umarmung und blickt den Jungen, der plötzlich in ihrem Wohnzimmer aufgetaucht ist, völlig perplex an. Raphael hingegen ist wie erstarrt. Er sieht so ertappt aus wie man in so einer Situation nur aussehen kann und scheint gar nicht in der Lage zu sein, auch nur irgendwie zu reagieren. „Wie kannst du so etwas nur tun?“, wirft Mikey seinem Bruder weinend an den Kopf. Dieser zuckt sichtlich zusammen. Anna löst sich von dem Rothaarigen und verschränkt die Arme vor der Brust. „So schlecht war er doch gar nicht.“, erwidert sie. „Also ich fand es ganz toll!“, mischt sich nun auch Julia ein. Die Schamröte steigt Raphael in die Wangen und er kratzt sich verlegen hinter dem Kopf. Dann wird ihm klar, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. „Mikey, ich kann das erklären!“, presst er hervor und hebt beschwichtigend die Hände. „Du brauchst mir nichts zu erklären! Ich weiß bestens Bescheid!“
 

Weinend rennt Michelangelo auf den Balkon zurück und verschwindet dann in der Dunkelheit. Irritiert blicken sich die beiden Frauen an. „Was hat er denn?“ „Das erklär ich euch später. Jetzt muss ich ihn erst mal finden und besänftigen!“, gibt Raph knapp von sich und springt dann ebenfalls vom Balkon. Schulterzuckend blicken sich die beiden Frauen wieder an. „Damit kann ich meine Probe für heute wohl vergessen…“, gibt Anna leicht schmollend von sich. Julia küsst sie sanft auf die Lippen. „Wir können inzwischen ja eine andere Szene üben…“, kichert sie und nimmt ihre Freundin dann bei der Hand. Während die zwei das Bühnenstück ins Schlafzimmer verlegen, steht Raph verzweifelt unten auf der Straße und ruft nach seinem Bruder. „Mikey, bitte komm raus und lass es mich erklären!“ Doch er bekommt keine Antwort. Hektisch blicken sich die gelbgrünen Augen um und suchen nach einem Anhaltspunkt. Panik macht sich in ihm breit, hätte er doch nie für möglich gehalten, dass Mikey davon etwas mitbekommt. ‚Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich bin so ein schlechter Lügner!‘, geht es dem Saikämpfer durch den Kopf, während er weitersucht.
 

Michelangelo könnte praktisch überall sein, schließlich ist er ein Ninja. Es könnte Stunden dauern, bis er ihn findet, wenn er ihn überhaupt findet. Plötzlich bleibt er ruckartig stehen. Was war das? Lauschend verharrt er vor der kleinen Gasse. Durch den immer noch anhaltenden Regen ist es nur gedämpft zu hören, doch da wimmert eindeutig jemand. „Mikey?“, fragt er vorsichtig, während er sich zwei Schritte in die Gasse vorwagt. „Geh weg!“, kommt es aus der Dunkelheit. Kein Zweifel, es ist Mikey! Eine gewisse Erleichterung macht sich in dem Älteren breit, die jedoch augenblicklich von Schuldgefühlen überschattet wird. „Bitte, Mikey, lass es mich doch erklären…“ Wütend springt der Kleine vom Boden auf. „Du brauchst mir nichts erklären. Ich weiß, wann ich überflüssig bin! Doch vielleicht sagt du mir nächstes Mal Bescheid, wenn du ein paar neue Flittchen an Land ziehst, dann spar ich es mir, mit dir in der Dusche rumzumachen!“ Wütend ballt der Kleine die Fäuste. Seine Stimme ist zornig, doch vor lauter Tränen ganz brüchig. Betroffen blickt Raph zu Boden. „Es ist nicht so wie du denkst…“, nuschelt er schon fast.
 

„Ach nein? Und warum küsst du die beiden dann und erzählst mir, du hättest ein verdammtes Meeting?“ Raph hat seinen Babybruder noch nie so aufgebracht erlebt, beinahe erschreckend. Es passt so gar nicht zu seiner freundlichen und immer fröhlichen Art. Stattdessen kommt er sich vor, als würde er in einen Spiegel blicken. Wiederrum hat sich Raphael nie schlechter gefühlt, in hilfloser Verzweiflung versunken, seinen Bruder vielleicht für immer zu verlieren, nur weil er einmal gelogen hat. „Das ich dir erzählt hab, dass ich ein Meeting hab, tut mir echt leid, doch ich wollte nicht, dass du irgendwas falsch verstehst, wenn ich dir sagen, dass ich zu den beiden gehe…“ „Du hättest mir auch einfach sagen können, was los ist, dass wäre weit leichter, als euch so zu erwischen…“, erwidert der Blonde und lässt sich wieder auf den Boden sinken. Dicke Tränen rinnen an seinen Wangen hinab. Es bricht Raph das Herz, ihn so zu sehen und zu wissen, dass er an alledem auch noch Schuld ist. „Da hast du vermutlich Recht, aber ich wusste nicht wie ich es dir sagen sollte, ohne dass du vielleicht böse auf mich wirst…“
 

Trotzig blickt der Blonde zu ihm auf. „Dann sag es mir doch einfach jetzt! Erklär mir, was ich angeblich falsch verstehen würde. Und sagt mir, warum und wieso und woher du die beiden kennst!“ Langsam versucht Raph ein paar Schritte näher zu kommen, doch Mikey sieht ihn so zornig an, dass er doch lieber da stehen bleibt, wo er gerade ist. „Ok, ich werde es versuchen. – Es fing vor über einem Jahr an, bevor das mit uns begonnen hat. Damals hab ich noch versucht, dich aus meinem Kopf zu bekommen, da ich dir nicht wehtun wollte. – Du weißt doch ganz sicher noch, dass ich damals ständig in irgendwelchen Bars rumgehangen und Frauen aufgerissen hab?“ Prüfend sieht er seinem Bruder in die Augen, doch Mikey erwidert nichts. „Jedenfalls hab ich versucht, mich damit abzulenken. Eines Abends kamen die beiden rein und haben sich zu mir gesetzt. Wir kamen ins Reden und dabei hab ich erfahren, dass sie einen Typen für einen Dreier suchen…“ Die Röte steigt Raph ins Gesicht und er kann sehen, wie sich Mikey´s Blick noch weiter verfinstert. „Na, meinen Glückwunsch…!“, kommt es sarkastisch von dem Blonden.
 

Abwehrend hebt Raphael die Hände. „Nein, soweit ist es gar nicht gekommen! – Ich geb zu, dass wir es versucht haben, aber letztendlich hat es nicht geklappt. - An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, dass Anna lesbisch ist und es vorher noch nie mit einem Kerl getan hat. Sie ist Schauspielerin und dachte, es würde ihr leichter fallen eine Liebesszene mit einem Mann zu spielen, wenn sie vorher mal mit einem geschlafen hätte. Wie sich gezeigt hat, war der Gedanke wohl doch nicht so gut und sie hat Angst bekommen. Also haben wir es dabei belassen.“ „Und was ist mir der anderen?“, hakt Michelangelo stur nach. „Julia steht sowohl auf Männer, als auch auf Frauen. Die beiden sind schon lange ein Paar. Sie hat sich aber schon damals ein bisschen in mich verguckt und denkt, dass ich ihren stürmischen Annäherungen irgendwann vielleicht nachgeben könnte, obwohl sie weiß, dass ich einen Freund hab, auch wenn sie nicht weiß, dass du das bist. Sie war ziemlich enttäuscht, dass das damals nicht geklappt hat. – Aber ich hab nicht mit ihr geschlafen, ganz ehrlich!“ Nachdenklich sieht Mikey zu Boden. „Und was ich da eben gesehen hab, wie soll ich das verstehen?“
 

„Wie gesagt, Anna ist Schauspielerin, doch es fällt ihr schwer mit Männern zu arbeiten. Nach dem gescheiterten Dreien hat sie mir davon erzählt und was ihr Problem ist. Nach einer Weile sind wir sozusagen Freunde geworden und ich hab den beiden beim Umzug hierher geholfen. Dann hab ich eine Weile nichts mehr von ihnen gehört und war auch zu sehr mit dir und meiner Arbeit beschäftigt. Vor ein paar Wochen hat mich Anna dann angerufen und gefragt, ob ich ihr nicht beim Proben helfen könnte. – Ich war mir nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Ich hab dann gefragt, warum sie nicht mit Julia übt, schließlich sind sich die beiden ja sehr nahe. Sie meinte, dass das gerade das Problem sei und dass Julia ja schließlich kein Mann ist. Wenn sie mit ihr übt, hat sie keine Hemmungen, aber sobald ein Mann vor ihr steht, blockiert alles. Ihr wurde eine Superrolle angeboten, die sie unbedingt spielen will. Doch dafür müsste sie halt einen Mann küssen und so. Da sie mich ja schon ein bisschen kennt, wäre es leichter es zu versuchen, bevor sie mit einem völlig Fremden auf der Bühne stehen muss. Also hab ich zugesagt, ihr dabei zu helfen und genau das hast du eben gesehen.“
 

Abschätzend mustert Mikey seinen älteren Bruder, der ziemlich verloren dasteht und ihn mit großen, glänzenden Augen ansieht. „Mehr war da wirklich nicht, bitte glaub mir. – Du hast recht, ich hätte es dir sagen sollen, dann wäre so ein Missverständnis sicher nicht passiert. Doch ich hatte Angst, dass du mich auslachen oder mir nicht glauben könntest und ich wollte dich nicht verlieren. Also hab ich geschwiegen. - Normalerweise haben wir uns auch nicht so spät abends getroffen, doch heute ging es leider nicht anders und ich musste die Lüge mit dem Meeting erzählen, weil ich wusste, dass du mir das auf jeden Fall glauben würdest. – Es tut mir so leid…“ Nun ist Raph selbst den Tränen nahe und beißt sich fest auf die Unterlippe. Langsam steht Michelangelo auf und kommt zu ihm hinüber. Tief sehen sie sich in die Augen. „Du bist ein ganz beschissener Lügner und ein ganz schlechter Schauspieler!“, verkündet Mikey aus heiterem Himmel und lächelt seinem Bruder zaghaft zu. Raphael ist sichtlich verdutzt. „Muss wohl stimmen, wenn du mir auf die Schliche gekommen bist.“, erwidert er und versucht selbst ein kleines Lächeln.
 

„Das war nun echt nicht schwer. Das nächste Mal wenn du ein Meeting vortäuschen willst, sollest du wenigstens deinen Kollegen davon erzählen, sonst verraten sie dich!“ „Ich wusste, ich hab was vergessen, aber Lisa ist so ein Tratschmaul!“ Plötzlich wird Mikey wieder ernst und mustert ihn eingehend. „Raph? Versprich mir, dass das nicht wieder vorkommt und das du mir alles sagen wirst, egal wie dämlich es auch sein mag!“ „Ich verspreche es dir hoch und heilig!“ Nachdenklich betrachtet Mikey ihn. „Sag mal, wie ist das so eine Lesbe zu küssen?“ Die Frage überrascht Raph nun wirklich. „Naja, ich glaub, es spielt dabei keine große Rolle, ob sie lesbisch ist oder nicht. Ich mag es so oder so nicht geküsst zu werden und ich glaub, ihr geht’s dabei genauso, wenn sie von einem Typen geküsst wird.“ „Und was ist mit mir?“, kommt es leicht schmollend von dem Nunchakuträger. „Bei dir ist das nicht so schlimm, aber auch nur, weil du etwas ganz Besonderes bist!“, verkündet der Rothaarige und zieht seinen Liebsten zu einem innigen Kuss heran – zum ersten Kuss, den er heute wirklich genießt und von dem sich beide wünschen, dass er niemals enden mag!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Zitat: *Natürlich weiß er Bescheid über die erbärmliche Illusion – dass die Natur menschliche Gefühle wiederspiegelt -, sie ist nichts weiter als ein billiger Trick zweitrangiger Schriftsteller zum Erzeugen von Stimmungen, aber an diesem Tag scheint es tatsächlich zuzutreffen. Das helle Sonnenlicht des Morgens hatte sein Hochgefühl wiedergespiegelt und verstärkt, doch mittags war die Sonne nur noch eine trübe, runde Scheibe hinter einem Wolkenschleier, und jetzt um drei Uhr nachmittags, als sich seine Sorgen vervielfachen, wird es düster und beginnt zu nieseln.
Stephen King – Finderlohn - 2015

La Fleur – französisch: die Blume / die Blüte
Parbleu – französisch: Um Himmels Willen!
Non – französisch: nein
Monsieur – französisch: Herr Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Leucan
2015-10-09T21:37:54+00:00 09.10.2015 23:37
Ach, wie goldig XDD War aber schon etwas entsetzt, wieso kann Raph das nur tun......0o bereut es wenigstens anständig. Muahaha XDDD

LG KC


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