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Meine bizarre Welt

oder wie ich den Tod kennenlernte
von

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Mein Tod

Der Tod hat viele Gesichter

~GG Fickling
 

Ich schreie.

Schreie und schreie.

Die Augen fest zusammengepresst.

Was macht es für einen Unterschied!?

Ich bin sowie so blind… und da kann nur schwärze sein.

Nach dem Tot kommt nichts.

Nur schwärze.

Und ich kann schreien. Das ist alles was zählt, im Augenblick.

In meinem letzten Augenblick.

„Hör auf so zu schreien.“

Höre ich eine Stimme hinter mir.

Ich öffnete die Augen.

Der Schrei blieb mir im Hals stecken.

Da war ein Schachbrett.

Auf eine runden Decke gepflastert.

Aus der Ranken herauswuchsen.

Ich keuchte.

Laut war das Echo zu hören.

Ich hörte mich.

Ich konnte mich wirklich hören!

Und ich konnte fühlen.

Das harte, kalte Holz unter meinem Rücken…

Ich krallte mich fest. Sah immer noch das Mädchen vor meinen Augen.

Dabei hätte ich es gar nicht sehen können! Ich war doch blind, als sie sich über mich beugte, das Messer in der Hand.

Als sie zustach.

Ich zitterte.

Plötzlich fühlte ich eine Hand auf meinem Arm.

Als ich den Kopf wandte sah ich das Gesicht des Affen vor mir.

Das Gesicht, das ich nie wieder hatte sehen wollen…

Aber ich sah es. Ich konnte es wirklich, richtig echt sehen.

Das war im Augenblick alles was zählte…

Durch die Wärme in der Pfote brach etwas in mir und ich begann hemmungslos zu Schluchzen.

Der Affe tat etwas, was ich nie von ihm erwartet hätte.

Etwas, was mich fast noch mehr außer Fassung brachte, als die Tatsache dass ich noch lebte.

Nicht tot war. Dass ich mich schreien hören konnte und schluchzen. Sehen und fühlen.

Der Affe nahm meinen Kopf in beide Hände und strich mir sanft über die Stirn.

Nach einiger Zeit stoppte er.

„Meinst du nicht, dass es reicht? Mit dem weinen?“

Er ließ meinen Kopf los und setzte sich neben mich.

„Ich hatte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass wir uns wieder sehen…“ Er legte verwundert den Kopf schief.

„Aber offensichtlich sollte es so sein. Nun denn… es ist nicht oft so, dass mir so etwas passiert. Mich wundert auch dass du deine Stimme zurück gewonnen hast. Das du zumindest schreien kannst.

Selbst das ist den wenigsten gelungen, die Je hier waren… Aber die meisten sind ja auch nicht wieder gekommen, nach der letzten Tür. Nun würde mich schon interessieren, was geschehen ist…“ Seine Augen wanderten zu dem Tisch in der Mitte.

Ich richtete mich auf. Mühsam und schwach schleppte ich mich zu dem Tischchen.

Das Schachbrett war zerfallen.

Der Fuchs und die Bärin standen verlassen auf einzelnen, weißen Inseln, nicht mehr mit dem Rest des Brettes verbunden. Die Bärin brüllte. Wie von in Wahnsinnigen Schmerzen gebeutelt.

Die Schwarze, undeutliche Figur war bis nach vorne zu dem Mädchen gerückt, hinter ihr die Tiere in einer geschlossenen Reihe.

Unverändert aggressiv.

Ich wollte das Elfenbeinmädchen nicht ansehen.

Wollte nicht sehen was mit ihr geschah.

Aber ich konnte nicht anders.

Mein Blick wurde von dem fein modulierten Körper regelrecht magnetisch angezogen.

Da saß es.

Zusammen gekauert.

Den Kopf nach vorne gestreckt.

Wie zu seiner Hinrichtung. Ohne sich zu wehren.

Jetzt konnte ich auch die andere Figur erkennen.

Ganz genau.

Viel zu genau….

Es war das Mädchen.

Meine Mörderin.

Ich schlug mir die Hände vor den Mund, wollte wegsehen.

Die Augen schließen.

Aber ich konnte meinen Blick nicht von der schwarzen Gestalt abwenden, die vor dem Mädchen stand.

Ihre Haare waren widerlich verfilzt, das Gesicht zerfurcht und faltig.

Breitbeinig stand sie da. Das Kleid wehte wie flatternd in von ihrem Körper.

Zerfetzt und rissig.

Ein großes Messer hoch erhoben, bereit zum zustoßen.

Die Augen vergnügt blitzend, den Mund zu einem bestialischen Grinsen verzogen.

Und dann sah ich ihn. Den Wolf.

Sein Körper war aus dem reinsten Elfenbein, das ich je gesehen hatte.

Im Sprung war sein Körper modelliert worden.

Schwebte regelrecht über den Sockel.

Er setzte zum Sprung über die Figur des weißen Mädchens hinweg an, stürzte sich mit gebleckten Zähnen auf die widerliche Figur des schwarzen Mädchens.

Fast glaubte ich sein lautes, wütendes Knurren im Angriff zu hören.

„So etwas habe ich noch nie gesehen…“ Murmelte der Totenkopfaffe fasziniert.

Mit seinem langen Finger berührte er den Wolf. Und strich vorsichtig über die hübsche Figur.

„Den hab nicht mal ich gekannt…“ Murmelte er leise. „Du erstaunst mich doch immer wieder.“ Meinte er und sah mich mit seinen seltsamen, Augen an. Sein Maul verzog sich zu einem Lächeln.

„Sowas ist mir noch nicht oft passiert, und ich habe schon viele Spiele gesehen…“

„Was sollen das denn bitte für Spiele sein?!“

Meine Stimme stand lange alleine im Raum.

Alleine und fast schon panisch.

Der Affe strich sich mit einer Hand durch das Kopf Fell, nachdem er seinen Hut abgenommen hatte, und sah mich erstaunt an.

„Ich habe nicht geglaubt, das du je wieder sprechen würdest…

Das Spiel… was genau passiert weiß ich da auch nicht. Ich bin praktisch bloß der Moderator. Ansonsten habe ich nicht viel damit zu tun. Ich bring dich durch die Tür und das war’s auch schon. Das Spiel selbst ist etwas, das schon geschehen. Du warst schon mal der Teil eines Spiels… nur warst du dir darüber nicht im Klaren…“

Murmelte der Affe geheimnisvoll.

Ich wich zurück.

Vom Tisch, dem Schachbrett und dem Affen.

Vor meinen Augen erschien das Bild des Mädchens hinter dem Glas. Das Mädchen, das mir so vertraut vorgekommen war…

Ich prallte hart mit meinem Rücken gegen die Wand.

Auf einmal hatte ich Angst.

„Wo bin ich….? Wer oder was bist du?!“

Der Affe seufzte und zwirbelte seinen langen, pelzigen Schwanz in den Fingern.

„Du bist in der Vorhalle zu einem Spiel. Praktisch in der Rezeption. Das du noch hier bist, beweist das du es nicht geschafft hast das Spiel zu beenden. Oder das du es eben doch geschafft hast. Das musst du selbst mit dir ausmachen. Wenn es dir gefällt, dann kannst du gerne hier bleiben…“

Er legte den Kopf schief und seine Augen bohrten sich in mein Fleisch.

Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte nicht hier bleiben!

„Wenn du das allerdings nicht willst, so bleibt dir nichts anderes übrig als in das Spiel zurück zu kehren… aber es wird ein anderes Spiel sein. Ohne Vorhalle und ohne Pause. Vielleicht auch nicht ganz so angsteinflößend und schnell…“

Ich zögerte.

Vom Regen in die Traufe, nicht wahr? Aber ich wollte nicht auf ewig hier bleiben!

Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern.

Der Affe grinste gehässig.

„Ich hab nicht ewig Zeit. Nur ein neben Bemerk… Wenn du durch die nächste Tür gehen wirst, wirst du schlafen können, ohne zu träumen. Wirst schöne Träume haben…“

Er öffnete die letzte Tür, die noch im Raum war, leicht und verführerisch.„Das ist alles deine Entscheidung.

War es auch. Und ich entschied mich für die letzte Tür.

Trotz meinem erneuten grauen vor dem Affen nickte ich ihm freundlich zu.

Ein ‚Danke‘ brachte ich dann doch nicht über meine Lippen.

Der Affe grinste zurück.

„So wünsch ich dir eine gute Reise und das das Spiel dir etwas beigebracht hat…“ Meinte das Äffchen grinsend.

„Zu deiner Frage, wer ich bin…“ Wisperte er, als ich schon fast durch die Tür getreten war.

„Ich bin der Tod… Fahre Wohl…“

Ich drehe mich in der Tür herum.

Sehe ihn an.

Meinen Tod.

Den kleinen Affen in den Stiefeln und der Dandy Weste mit der Taschenuhr. Mit der gesamten Aufmachung, die so nach Zirkusdirektor aussah. Mit dem Spazierstock, auf dessen Knauf ein Menschenherz abgebildet war.

Den Dreispitz hatte er abgenommen und vor die Brust gehalten. Im immer heftig aufkommenden Nebel verschwamm seine Gestalt als er eine Verbeugung andeutete. Hinter ihm standen, in riesigen Schemen, der Wolf und die Bärin, die mir beide ihre Tatzen entgegenstreckten.

Immer weiter verschwamm der Affe, bis nur noch sein Gesicht als Totenkopf sichtbar war.

Ein Keckerndes Lachen erklang.

Und dann wurde es wieder Schwarz um mich.

Tief schwarz.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Platan
2015-09-06T11:48:21+00:00 06.09.2015 13:48
Treffender Kapiteltitel, wenn man bedenkt, wie das letzte geendet hatte. D;
Bevor ich anfange, doch noch ein anderer Gedanke zum Mädchen: Sie könnte auch das unschuldige Leben verkörpern, dass durch die Einsamkeit nach und nach "hässlich" wurde und sich in den Tod wandelte.
Aber wie gesagt, ich lese mal weiter. ^^

> Da war ein Schachbrett.
Oha, jetzt taucht das Schachbrett also schon hier im Traum auf.

> Ich hörte mich.
Ich konnte mich wirklich hören!

*gasp*
Endlich! Sie kann zum ersten Mal Töne von sich geben! °____°

> Der Affe nahm meinen Kopf in beide Hände und strich mir sanft über die Stirn.
Awww, wie liebevoll der Affe jetzt gerade ist. Q___Q (Man wird wirklich nicht schlau aus ihm.)

Ah, träumt sie dann also gar nicht, sondern ist gleich wieder in dem Raum gelandet? Klar, sie ist ja auch erstochen worden und Tote träumen wohl eher nicht mehr.

> Er setzte zum Sprung über die Figur des weißen Mädchens hinweg an, stürzte sich mit gebleckten Zähnen auf die widerliche Figur des schwarzen Mädchens.
Der Wolf hat sie also beschützt? Q____Q

> Du warst schon mal der Teil eines Spiels… nur warst du dir darüber nicht im Klaren…“
Hier könnte wieder das Leben an sich gemeint sein. Hm ...

> „Du bist in der Vorhalle zu einem Spiel. Praktisch in der Rezeption.
Wo nach dem Tod also entscheiden wird, was mit der Seele passiert?

> „Ich bin der Tod… Fahre Wohl…“
Ja, das hab ich mir schon von Anfang an gedacht (Totenkopfäffchen halt, aber nicht nur deswegen). Es ist meistens der Tod, der so interessant als Charakter rüberkommt.

Hmmmmmm ... ich les mal eben rasch jetzt das letzte Kapitel, bevor ich hier wieder zu viel sage und mit Theorien um mich werfe.


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