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Diesem Einen will ich #Follow

Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?
von

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88. Die wahre Freunde in der Not

"Hier seid ihr! Mahal sei Dank, dass ich euch endlich gefunden habe", drang die erleichterte, wenn auch leicht abgehetzt wirkende Stimme von Nori an meine Ohren.

Dieser kam wenig später vor unserer kleinen Gruppe zum Stehen. Gerade als Fili und Kili erschrocken aufgesprungen waren, als ich zu Bofurs Seite weg kippte. Es ging mir unglaublich beschissen. In meinem geschundenen Kopf drehte sich alles. Mein armer Kreislauf ging erneut innerhalb weniger Stunden den Bach runter. Zumindest reagierten die Beiden recht schnell auf meinen plötzlichen Zusammenbruch.

Kili schnappte sich unter heftigem Fluchen meine Beine, nachdem meine Hand von seinem Kopf gerutscht war. Und sein Bruder machte auf der Bank Platz, damit sie mich hinlegen konnten. Nun lag ich da und hielt meine Augen vorläufig geschlossen, damit das Schwindelgefühl wieder nach ließ. Doch es wollte und wollte einfach nicht vergehen. Ein schmerzhaftes Stöhnen entkam meiner Kehle und mir war, als müsste ich mich jeden Augenblick übergeben. Zum Glück hatte ich meinen Körper aber noch so weit unter Kontrolle, dass ich dies gerade so zu verhindern wusste. Sonst hätte Bofur gewiss ein kleines Problem in seinem Schoß bekommen. Dieser legte derweilen besorgt seine Hand auf meinen rechten Oberarm und rüttelte mich leicht verzweifelt, während er versuchte halbwegs ruhig auf mich ein zu reden. "Cuna. Halt durch in Durins Namen. Bleib wach, hörst du", sagte er, wobei ich spürte, dass seine von Arbeit geprägten, rauen Finger ein wenig zitterten, als er meinen Oberarm entlang rubbelte.

Ori wand sich unterdessen seinem zweitältesten Bruder zu, nachdem er dessen Ruf vernommen hatte. "Nori! Gut das du kommst. Du musst schnell zurück zu Oin laufen und ihn her holen. Cuna geht es immer schlechter. Sie braucht dringend Hilfe", erklärte er aufgebracht, doch sein Bruder machte keine Anstalten auf dem Absatz umzukehren. Stattdessen trat er nur noch etwas näher an mich heran und komplementierte Kili kurzerhand von meinem Kopfende weg mit den Worten: "Lass mich mal da hin, Junge." Ich spürte wie er ein Stückchen zur Seite wich und Nori bereitwillig Platz machte. Dieser hockte sich umgehend zu mir und nahm für einen Augenblick mein Kinn in seine Hand. "Cuna? Hörst du mich? Bist du wach?", fragte er ruhig. "Ja... So halbwegs. Was machst du hier? Ist das nicht eigentlich Oins Aufgabe?", krächzte ich mit leicht belegter Stimme.

"Deswegen bin ich hier. Er schickt mich zu dir. Ich soll mich um dich kümmern", erklärte er knapp und nahm die Hand wieder von meinem Kinn.

"Du?", fragten alle gleichzeitig mit einiger Verwirrung in den Stimmen. "Ja, ich. Er hat oben alle Hände voll zu tun. Darum hat er mir aufgetragen, dass ich Cunas Wunde versorge. Zum Glück habe ich euch singen gehört. Sonst wäre ich wohl noch eine ganze Zeit lang hier umher gelaufen. Diese riesigen menschlichen Paläste sind ein wahrer Irrgarten", antwortete der Zwerg mit der stachligen Frisur, dessen Stimme nun etwas lauter zu mir durch drang. Ich schlug kurz die Augen wieder auf und sah ihm mitten ins Gesicht. Er schnaufte noch ein bisschen vom Rennen, aber sein Blick war klar und genau auf das gerichtet, was er nun eingehend begutachtete. Nämlich meine rechte Gesichtshälfte. Fili hatte das Tuch von meiner Wunde nehmen müssen, als ich umgekippt war. Ein laues morgendliches Sommerlüftchen strich darüber und hinterließ dabei ein leicht unangenehmes kribbelndes Gefühl. Aber nicht nur dieses, sondern auch die Finger des Zwerges fuhren kurz an deren Rändern entlang und tasteten diese behutsam ab.

Dadurch brannte und zwickte die Stelle leicht, sodass ich mir auf die Unterlippe beißen musste und die Augen mit einem scharfen Atemzug wieder zu kniff. "Gut. Sie blutet nicht mehr so stark", meinte er nach einigen Sekunden immer noch recht ruhig. Daraufhin nahm er seine Hände wieder von meiner Schläfe, Stirn und Wange, und begann irgendetwas an seinem Gürtel herum zu hantieren, was ich von meiner Position nicht ausmachen konnte.

"Was ist denn da oben noch vorgefallen, nachdem wir hier hinunter gegangen sind?", erkundigte sich Fili bei ihm, doch dieser gab zunächst keine Antwort. "Das erzähle ich euch zu gegebener Zeit, wenn Cuna versorgt ist. Reich mir doch mal das Tuch Fili", sagte er schlicht.

Ich öffnete die Augen wieder einen Spalt breit und beobachtete, was Nori vor mir tat. Er hielt nun eine Phiole mit einer klaren Flüssigkeit in der einen und nahm das befleckte Tuch, was Fili ihm reichte, in der anderen Hand. Mit den Zähnen entkorkte er das Fläschchen kurz, spuckte diesen aus und träufelte vorsichtig etwas auf den Stoff. "Was... Was machst du da?", hakte ich mit matter, leicht träger Stimme nach, sodass er einen Moment lang von seiner Arbeit zu mir aufblickte. "Ich trage ein leichtes Wundgift auf. Das wird die Blutung endgültig stillen und die Stelle nach einer gewissen Zeit betäuben, damit ich sie nähen kann. Allerdings wird es zuvor sehr stark brennen", erklärte er mir knapp.

"Ähm. Okay? Bist du dir wirklich sicher, was du da tust?", fragte ich nun deutlich beunruhigt und warf nicht nur ihm, sondern auch den anderen Vieren soweit ich konnte ganz flüchtige Blicke zu. Immerhin waren mir die Heilkünste der Zwerge inzwischen mehr als einschlägig vertraut. Und die Tatsache, dass er mir sagte, dieses mir unbekannte Wundgift würde sehr stark brennen, machte mich zunehmend nervös. Nicht dass ich dem Zwerg und dieser ganzen Sache nicht trauen wollte, aber nachdem der alte Oin meine Nase mit einer Zange gerichtet hatte, waren derartige Behandlungen doch ein rotes Tuch für mich.

Um nicht zu sagen genauso rot wie das, was er mit dem Zeug benetzte. Und er schüttete nicht gerade wenig darauf. Eigentlich leerte er sogar das ganze Fläschchen. Das würde bestimmt kein Zuckerschlecken für mich werden. Soviel war mir schon klar. Doch sagte ich mir, dass es bestimmt irgendwie gut gehen musste. Wenn Oin ihm eine solche Behandlung überließ, hatte der alte Zwerg bestimmt seine Gründe. Und das mussten verdammt gute Gründe sein, denn sonst wäre er mit Sicherheit persönlich her gekommen. Irgendetwas Schwerwiegendes musste in der Zeit vorgefallen sein. Etwas das mein Herz und meinen Magen heftig verkrampfen ließ.

Hoffentlich hatten sie die Gottesanbeter nicht doch ohne mein Wissen um die Ecke gebracht, schoss es mir beklommen durch meine Gedanken. Wobei ich bei meinem eher unfreiwilligen Abgang nicht davon ausgehen wollte. Schließlich hatten sie ja von ihnen abgelassen. Aber konnte ich mir da so sicher sein? Gut, vielleicht hatten sie sie nicht vom Außenbalkon geschmissen. Das hätten wir mit Sicherheit bis zum Spielplatz gehört. Es war jedoch durchaus möglich, dass sie ihnen für ihre Frechheiten eine ordentliche Lektion erteilt hatten. Sie waren immerhin Zwerge und sehr stolz darauf einem solchen Volk anzugehören.

Mich schüttelte es plötzlich am ganzen Körper bei jedem einzelnen Gedanken an das, was ich mit diesen kleinen Männern auf die hiesige Menschheit los gelassen hatte. Sicher, mir gegenüber waren sie bisher nie derartig forsch aufgetreten. Mal von Gloin abgesehen, mit dem ich nach dieser Prozedur noch ein ordentliches Wörtchen zu reden hatte. Aber das Verhältnis was ich mit ihnen hatte war etwas ganz anderes. Ich war eine Freundin. Eine vertraute, wohlwollende Person. Und durch meine Beziehung zu ihrem König inzwischen fast schon eine von ihnen, wenn mich mein menschliches Dasein nicht so deutlich von ihnen abgehoben hätte. Auch wenn dieser Zwischenfall nun einen tiefen, dunklen Schatten auf unsere Verbindung warf. Zumindest konnte ich mich glücklich schätzen, dass dieser kleine, aber feine Teil der Männer, die in diesem schweren Moment um mich herum versammelt waren, mir weiterhin beistand. Besonders Thorins Neffen, von denen der jüngere mir immer wieder beruhigende Worte schenkt, während er ruhig meine linke Hand in seiner hielt.

Was die Abwesenden betraf, wusste ich nicht ganz, wie es um ihre Zuneigung mir gegenüber stand. Balin und Oin hatten es bisher als einzige vermieden mich zu duzen. Wohl um eine gewisse höfliche Neutralität zu bewahren. Aber das nahm ich ihnen nicht weiter übel. Bombur, Bofurs Bruder, war schon allein damit zufrieden, wenn man ihm ein vernünftiges Essen vor die Nase setzte. Mit ihrem Vetter Bifur war es da schon verzwickter. Der Zwerg mit der Axt im Schädel hielt sich meist bedeckt und beobachtete lieber alles aus sicherer Entfernung. Mit ihm hatte ich, bis auf den einen Ausflug zum Friedhof, wenig bis gar nichts zu schaffen gehabt.

Dori, als ältester Bruder von Nori und Ori, war mir gegenüber nach dem Vorfall vom Zeltplatz, in dem sich sein Jüngster mit verstrickt hatte, auch sehr wohlwollend aufgetreten. Und verhielt sich zeitweilig genauso fürsorglich mir, wie auch seinen Brüdern gegenüber. Doch hatte er schnell bemerkt, dass ich nicht gerne bemuttert werden wollte. Deshalb pflegten wir einen eher höflichen, freundschaftlichen Umgang miteinander.

Zu Dwalin hingegen gab es nur drei Worte, die ich zu seinem Persönlichkeitsbild zuordnen konnte. 'Mutter der Kompanie'. Wobei ich nicht noch einmal von ihm so zur Brust genommen werden wollte, wie während meiner Gerwulf-Kostümierung. Er war Bodyguard, Krieger und einer der loyalsten Männer, die mir jemals begegnet waren. Doch auch er schien hinter seiner muskelbepackten Brust ein weiches Herz zu haben. Immerhin hatte er mir ja ohne zu zögern meine von ihm zertrümmerten Bilderrahmen per Handarbeit ersetzt. Mitgefühl schien daher auch nicht zu seinen Fremdwörtern zu gehören. Doch wusste ich, dass sein Augenmerk einzig und allein auf dem Schutz seines Königs beruhte. Was er genau von mir hielt, wusste ich deswegen leider nicht. Ich war eben da und das akzeptierte er inzwischen.

An Gloin wollte ich keine Gedanken verschwenden. Nachdem was mir Kili vor einigen Minuten erzählt hatte, war mir der Zwerg mit dem dunkelroten Bart nur noch ein Dorn im Auge. Obwohl ich nicht wirklich davon ausging, dass er seinen Ratschlag an Thorin böse gemeint hatte. Aufgrund der doch reichlich rückständigen Lebensumstände in Mittelerde, schien die Behandlung von Frauen auf diese brachiale Art wohl Gang und Gebe zu sein. Wobei ich mir aber nicht vorstellen konnte, dass er dasselbe jemals mit seiner Frau veranstaltet hätte. Zwergenfrauen waren bestimmt anders. Die ließen sich gewiss nicht von ihren Männern derartig auf der Nase herum tanzen. Aber sie wussten sicherlich auch viel besser als ich, was man bei einem männlichen Zwerg tun und lassen sollte, wenn dieser mürrisch und aufgebracht war.

Von daher hatte ich wohl doch einiges an Nachholbedarf, was meinen Umgang mit dem Zwergenkönig betraf. Das hieß jedoch, falls ich noch weiterhin mit ihm irgendeinen Umgang pflegen konnte oder wollte. Thorin hatte so viele Facetten, Gesichter und Eigenarten an sich, die ich mit meiner gewöhnlichen weiblichen Einstellung gar nicht alle erfassen konnte. Und einige der weniger schönen, hatte ich in den letzten Stunden bitterlich zu spüren bekommen. Sicher, jedes Lebewesen, das fühlen und denken konnte, hatte seine Schattenseiten. Nur bei manchen waren sie deutlicher ausgeprägt als bei anderen. Und nun musste ich ihm auch noch insgeheim recht geben, als er einst in einer gewittrigen Nacht zu mir sagte, dass ich nicht wüsste worauf ich mich bei ihm eingelassen hatte. Wieder schoss mir die Frage durch den Kopf, wie es denn mit ihm und mir weiter gehen sollte. Denn auf diese Weise, wie er mich behandelt hatte, konnte es nicht weiter gehen.

Niemals. Er hatte sich nicht mehr unter Kontrolle gehabt. Und ich wusste nicht einmal wirklich warum. Nur wegen den ganzen Vorfällen in Valinor konnte es nicht sein. Was war, wenn er so weiter machen würde? War eine Kopfwunde erst der Anfang? Konnten mich seine Neffen denn überhaupt vor ihm beschützen, wenn er einen erneuten Ausraster diesen Ausmaßes bekam? Und was war mit Fili? Er hatte sich auch ein Menschenmädchen gesucht. Noch dazu eines, das weitaus zart besaiteter war als ich. Würde er sich vielleicht genau auf dieselbe Art verändern wie sein Onkel? Schließlich war er ihm in bestimmten Punkten ziemlich ähnlich.

Die arme Jana, dachte ich verbittert und biss mir kurz auf die Unterlippe. Es wäre allein meine Schuld wenn ihr das Selbe wiederfahren würde. Und nur weil ich sie mit dem blonden Burschen indirekt verkuppelt hatte. Denn wie er bereits selbst zu mir sagte, ein Zwerg liebt nur die eine und einzige Frau und das bis zu seinem Lebensende. Aber Liebe unter derartigen Voraussetzungen? Konnte das wirklich gut gehen? Was würden Chu und Richi dazu sagen?

Oh weh. An diese Beiden hatte ich gar nicht mehr gedacht. Meine beste Freundin würde ausrasten, sobald sie von dieser Geschichte erfuhr. Mit Sicherheit würde sie Thorin den Kopf abreißen. Voraus gesetzt, er wäre zu diesem Zeitpunkt noch da. Denn wenn ich ehrlich zu mir war, wollte ich ihn zunächst nicht mehr bei mir haben. Auch wenn mir der Gedanke einen schmerzhaften Stich tief im Herzen versetzte. So ging es einfach nicht. Ich wollte nicht wie all jene Frauen enden, die die Prügel ihres Mannes für selbstverständlich hielten und sich damit an einer verzweifelten Liebe festhielten, die nur von einer Seite aus ging.

Nein. Das war ich nicht. So wollte ich auf keinen Fall werden. Deshalb würde ich wohl nicht umhin kommen noch ein aller letztes Mal mit Thorin das Gespräch zu suchen, wenn Nori mit meiner Behandlung fertig war. Ich musste ihm deutlich klar machen, dass er ganz allein für sein Verhalten die Verantwortung trug. Da gab es keinerlei Entschuldigung, die mich beschwichtigen konnte. Ich würde es ihm nicht eher verzeihen, bis er mir zu einem späteren Zeitpunkt den erforderlichen Beweis dar brachte, dass er seine Tat aufrichtig bereute. Gut, es war bestimmt sehr naiv von mir einen derartigen Plan ins Auge zu fassen. Aber ich hatte in meiner Situation keine andere Wahl. Es musste etwas passieren. Nur war ich mir unschlüssig, ob er sich die Sache auch zu Herzen nehmen und an sich selbst arbeiten würde.

Die Zweifel an meinem Vorhaben nagten unaufhörlich an meinem Gewissen, während Nori sich an die vier anderen Zwerge wand und ihnen im Groben erklärte, was sie genau mit mir tun sollten.

"Ihr müsst sie gleich gut festhalten. Ori, du kannst deinen Gürtel abnehmen und ihr diesen zwischen die Zähne klemmen, damit sie sich nicht selbst oder einen von euch beißen kann. Das wird nicht gerade schön", meinte er schlicht. Die Drei nickten daraufhin zustimmend. Fili und Ori verteilten sich um die Bank herum und ergriffen jeweils eines meiner Körperteile. Fili drückte meine Beine auf die Holzplanken, Kili ergriff meine Arme und Hände etwas fester, Bofur versuchte mich an der Schulter zu fixierten und Ori über nahm die Position an meinem Kopf. Letzterer nahm zuvor noch seinen Ledergürtel von der Hüfte, faltete diesen gut zusammen und schob ihn mir im Anschluss einfach zwischen die Zähne. Danach faste er mich am Kinn und am Hinterkopf, damit mir zum einen die Haare nicht im Weg waren und ich zum anderen nicht mehr herum zappeln konnte. Ich ließ es schweigend über mich ergehen. Je schneller das Ganze vorbei war, umso besser für mich.

Allerdings breitete sich doch ein eiskaltes Unbehagen in meiner Brust aus, sodass es mir fast wieder den Magen auf Links drehte. Na großartig. Wenn sie mich für so etwas festhalten mussten, dann würde es wohl schlimmer werden, als ich zunächst angenommen hatte. Womit hatte ich das nur wieder verdient? Jedes Mal wenn ich auf die Zwerge traf, geschah irgendetwas Unerwartetes und ich musste darunter leiden. Aber gut, ich hatte ja schon immer das vermeintliche Glück für mich gepachtet, mich in derartige Situationen hinein zu manövrieren. Ob nun mit oder ohne Zwerge. Doch bekam ich unterbewusst immer mehr den Eindruck, dass sich meine Pechsträhne seit dem verstärkt hatte.

Aber zumindest bemühten sich die kleinen, bärtigen Männer darum, dass es mir nicht absichtlich noch schlechter ging. Das dachte ich allerdings noch, bevor Nori den anderen Vieren die Anweisung gab mich ordentlich fest zu halten, ehe er sich an mich wand und mir eindringlich und entschlossen in die halb geöffneten Augen sah. "Ich muss jetzt das Tuch für einige Zeit auf die Wunde legen. Bist du bereit, Cuna?", fragte er und hob bereits den mit Wundgift getränkte Lappen gefährlich nah an meine Schläfe.

Was für eine Frage? Natürlich war ich nicht bereit! Wer wäre das schon in Anbetracht der Aussicht auf noch mehr Schmerzen?! Am liebsten hätte ich heftig mit dem Kopf geschüttelt. Aber stattdessen presste ich aufgrund meiner fixierten Lage nur meine Zähne fest auf den Ledergürtel und gab ein relativ gedämpftes, aber quietschendes "Neeeeee" von mir.

Doch da war es auch schon zu spät. Nori nickte nur den anderen kurz zu, deren Griffe sich deutlich verstärkten und schon legte sich der Stoff über meine rechte Gesichtshälfte.

Für einen Wimpernschlag spürte ich jedoch zunächst nichts. Mit Ausnahme der Feuchtigkeit in dem Tuch. Dann begann die Stelle, die es berührte, leicht zu kribbeln. Und einen Moment später hatte ich das Gefühl, als hätte mir plötzlich jemand Säure auf die Haut geschüttet. Mein ganzer Körper verkrampfte sich, als das Brennen einsetzte. Ich atmete stoßweise und in meiner Kehle sammelte sich ein heftiger Aufschrei, der allein von Oris Ledergürtel zwischen meinen Zähnen gedämpft wurde. Mir kamen die Tränen und ich kämpfte unerbittlich gegen die Fixierung der Zwerge an, welche große Mühe hatte mich ruhig zu halten. Ich drückte Kilis Hand, welche versuchte die meinen fest zuhalten, sodass der dunkelhaarige Bursche ein ebenso schmerzhaftes Zischen von sich gab, da ich ihm diese wohl fast brach.

Doch obwohl sie sich enorm anstrengten redeten sie trotzdem beschwichtigend auf mich ein.

"Ganz ruhig, Cuna. Es ist gleich vorbei. Halt durch", ermahnte mich Fili, der sich nun mit seinem vollen Gewicht auf meine sich windenden Beine presste. "Du musst ruhiger atmen. Denk an was Schönes", meinte Bofur mit angestrengter Stimme. "WIE DENN PFERDAMMT!", schrie ich ihm durch den Gürtel im Mund entgegen.

Der Zwerg mit der Mütze hatte wirklich leicht reden. An etwas Schönes denken! Sonst ging es ihm aber gut?! Ihm musste die Morgensonne wohl schon einen gewaltigen Stich unter seinem, Hut versetzt haben! Was wäre denn in diesem Moment für mich schön?! Brennende Kaninchen, oder was?! Gut mit Sicherheit war alles Mögliche schöner als DAS! Nur fiel mir verständlicher Weise das Denken an so etwas ziemlich schwer.

Inzwischen tat mir nämlich nicht nur meine Wunde, sondern auch der Rest meines Körpers durch die Anspannung unheimlich weh. Wobei ich dies nur am Rande war nahm. Ich flehte und bettelte innerlich, dass es bald vorbei sein möge. Vermutlich war auch nur Kinderkriegen schlimmer. Doch zumindest stellte sich nach den ersten qualvollen Sekunden ein leichtes Taubheitsgefühl ein, dass sich nach und nach immer weiter ausbreitete. Bis nach einer geschlagenen Ewigkeit, welche wohl nur Sekunden angedauert hatte, das Brennen verklang und ich aufhörte mich weiterhin zu verkrampfen.

Als Nori das Bemerkte, nahm er sofort das Tuch von meinem Gesicht und zog mir den Gürtel flux aus dem Mund. "Wie fühlst du dich?", fragte Ori, der sich seinen zerkauten Gürtel umlegte, nachdem ich noch eine Weile erschöpft vor mich hin keuchte. Ich schielte ihn nur benommen und leicht beleidigt an, als er meinen Kopf los ließ und mich von oben herab besorgt musterte. "Ihr Zwerge bringt mich noch mal ins Grab", krächzte ich mit einem leisen Seufzten.

"Und du zerquetscht mir immer noch die Finger, Cuna", erwiderte Kili mit zusammen gepressten Zähnen. "Oh. Entschuldige", nuschelte ich an ihn gewandt und ließ hastig los. "Danke. Bei Durins Bart. Die Frau hat vielleicht eine Kraft. Damit könnte sie Trolle erwürgen", gab er grummelnd, aber erleichtert aufatmend von sich. Aus seinen Kommentar hin, muss ich doch wieder ein wenig belustigt schnauben. Als ich zu ihm hin schielte sah ich, wie er seine Hand einmal kurz ausschüttelte.

Ja, zupacken konnte ich wenn es sein musste. Und in so einem Moment war es nun mal unvermeidbar. Aber das wusste er wohl selbst auch, denn er schenke mir kurz drauf doch wieder ein zaghaftes Lächeln, als er meinen Blick bemerkte. Sein Bruder hatte sich unterdessen auch wieder von meinen Beinen gelöst und wischte sich mit einem erleichterten Seufzen und dem Ärmel seines Leinenhemds den Schweiß von der Stirn. Der Einzige der mich allerdings noch halbwegs fest hielt war Bofur. Wohl aber nur, damit ich nicht irgendwie von der Bank runter fiel, als Nori sich daran machte mein Gesicht vorsichtig abzutasten.

"Ich denke das war ausreichend. Spürst du das hier?", fragte er und tippte mir einmal gegen die Schläfe. Doch das Einzige was ich noch halbwegs spüren konnte, war ein leichtes ziehen in der Haut. Sonst war da nichts weiter. "Nein. Ich merke gar nichts mehr", meinte ich dann aufrichtig und der Zwerg mit der hellbrauen Stachelmähne nickte.

"Gut. Dann halt jetzt aber noch mal deinen Kopf schön still, damit ich nähen kann", sagte er und werkelte erneut an seinem Gürtel herum. Kurz drauf zog er ein weiteres Fläschchen mit klarer Flüssigkeit und eine Art Nadelkissen hervor. In dem Fläschchen schwamm gut sichtbar ein ziemlich langer Faden herum. Von dem Kissen löste er zwei recht krumme Nadeln ab, die er sich vorläufig behutsam zwischen die Lippen stecke. Danach machte er sich leicht umständlich daran, den Faden aus der Flüssigkeit zu holen, ehe er diesen in die Nadeln einfädeln konnte.

Es dauerte eine ganze Weile, bis er mit seinem Herumgepfriemel fertig war und damit an meinem Gesicht zu schaffen machte. Die anderen Zwerge sahen ihm neugierig dabei zu, wie er hochkonzentriert seine Näharbeiten begann. Ich spürte unterdessen zu meiner eigenen Erleichterung gar nichts davon. Das Wundgift hatte seine Wirkung also nicht verfehlt. Auch wenn mir während der Prozedur eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt lieber gewesen wäre.

Als er nach einigen Minuten fertig war, verknotete er das Ende und biss den übrigen Faden mit den Zähnen durch. "So, das wars schon. Bleib noch ein bisschen liegen und erhol dich", meinte er schlicht und packte endgültig die Sachen weg.

"Danke Nori. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Wo hast du gelernt Wunden so gut zu behandeln?", fragte ich und lächelte ihn matt aber freundlich an.

Er schnaubte einmal kurz und warf mir ein verschmitztes Lächeln zu. "Von meinem alten Lehrmeister", sagte er und pflanzte sich vor mir auf die Pflastersteine. "Oin?", hakte ich nach, doch daraufhin lachte er kurz und schüttelte den Kopf. "Oh nein. Nicht von ihm. Obwohl er ein sehr guter Heiler ist. Wohl einer der Besten, der je aus unserem Volk hervor gegangen ist. Aber nein. Er war nicht mein Lehrmeister", sagte er und zog seine Pfeife samt Tabaksbeutel vom Gürtel. Diese kratzte er kurz aus, füllte sie mit Kraut und entzündete dann alles. Binnen weniger Augenblicke blies er weiße Rauchringe in den klaren Morgenhimmel und gab ein entspanntes Aufstöhnen von sich. Ich war unterdessen doch reichlich neugierig darauf, bei wem er denn diese Fingerfertigkeiten einst gelernt hatte, weshalb ich ihn noch einmal direkter fragte: "Dein Meister muss sehr gut gewesen sein. Magst du mir vielleicht davon erzählen?"

Daraufhin brummte er jedoch ein wenig und legte unschlüssig den Kopf von der einen auf die andere Seite. "Hm. Ich weiß nicht, ob ich das tun sollte. Es liegt weit in meiner Vergangenheit zurück, als ich noch einer sehr unehrenhaften Tätigkeit nachgegangen bin", meinte er schlicht und zog erneut an seiner Pfeife.

"Ach, komm schon, Nori. Erzähl es ihr ruhig. Ich bin sicher Cuna wird dich deswegen nicht verurteilen", warf sein Bruder ein und hockte sich neben ihn. "Du musst natürlich nicht, wenn es dir unangenehm ist", meinte ich und sah ihn beschwichtigend an. Erneut zog der Zwerg an seiner Pfeife und schloss einen Moment die Augen um kurz darüber nachzudenken.

Als er sie dann wieder öffnete und einen weiteren Schwung Rauchringe in die Luft blies, seufzte er kurz drauf und nickte ruhig. "Na gut. Ich werde es dir erklären, Cuna. Aber ich warne dich. Es ist keine besonders schöne Geschichte", sagte er und rutschte etwas näher an mich heran. Ich zuckte nur kurz mit der rechten Schulter.

"Viel schlimmer als deine Wundenversorgung kann es für mich heute nicht mehr werden", meinte ich schlicht. Daraufhin lachte er kurz, ehe er in ruhigem, gediegenen Ton begann seine Geschichte zu erzählen.

"Also. Damals, war das so. Ich wuchs zusammen mit meinen beiden Brüdern in den Ered Luin auf. Doch sehnte ich mich bereits als Zwergling danach, ein freies ungebundenes Leben fernab meiner Familie zu führen. Ich wollte nicht an ein und demselben Platz verweilen, um irgendwann eine Familie zu gründen. Nein. Ich wollte frei sein und tun und lassen was ich wollte. Genauso wie die Gaukler und Barden, die von Zeit zu Zeit durch die blauen Berge zogen. Unser Vater hatte allerdings etwas anderes für mich erdacht. Ich sollte wie er und mein Bruder Dori das Kesselflicker Handwerk erlernen. Allerding war ich viel zu ungeschickt dafür. Vermutlich weil ich einfach zu gern von viel mehr träumte. Ich wollte es zu mehr bringen. Aber Vater sagte immer, 'Lass die dummen Träumereien und konzentriere dich auf den Weg, der dir vorbestimmt ist'. Nur um ehrlich zu sein, sah ich das alles ganz anders. Als ich alt genug war, um auf Reisen zu gehen, zog wieder eine Gruppe von Barden durch unsere Lande. Ich sagte zu mir, packe die Gelegenheit beim Barte. Und das tat ich auch. Bei Nacht und Nebel nahm ich das wenige an Habe mit, was ich tragen konnte und verließ mein Elternhaus, um mich den fahrenden Leuten anzuschließen", sagte er und machte eine kurze Pause, um an seiner Pfeife zu ziehen.

"Ich weiß noch wie Mutter am nächsten Morgen geweint und Vater geschimpft hat, als sie deine Nachricht fanden. Damals habe ich nicht verstehen können, warum du einfach fortgelaufen warst", meinte Ori und seufzte betreten. "Du warst auch noch ein Zwergling, Bruder. Der Einzige, der mein Handeln verstehen konnte war Dori. Er hat mich in jener Nacht noch verabschiedet und mir viel Glück auf meiner Reise gewünscht. Wie dem auch sei. Jedenfalls zog ich nun mit den Barden durch die Ländereien Mittelerdes. Unser Ältester und Anführer, Garal war sein Name, nahm mich wie einen Sohn bei sich auf. Er unterwies mich in sämtlichen Künsten, die einen guten Barden ausmachten. Nicht nur die Heilenden und Musikalischen, sondern auch die Anderen", erklärte er und senkte dabei verschwörerisch die Stimme. "Was meinst du denn mit, 'Die Anderen'?", fragte ich und rutschte ein wenig ungeduldig mit dem Kopf auf Bofurs Schoß herum.

"Taschendiebstahl, Cuna", kam es recht schlicht und fast belanglos von Fili, der nun auch neben seinem eigenen Bruder saß und der Erzählung lauschte. Ich hob leicht argwöhnisch die Augenbrauen, als ich das hörte und warf sowohl ihm als auch Nori einen leicht verdrießlichen Blick zu. "Du hast also gelernt wie man klaut?", hakte ich nach, woraufhin der Zwerg mit der Stachelmähne ein knappes Nicken von sich gab. "Natürlich. Oder denkst du, die üblen Gerüchte über das fahrende Volk seien nur Ammenmärchen?", entgegnete er schulterzuckend, als sollte dies für mich eigentlich selbstverständlich sein.

"Naja. Überall gibts schwarze Schafe", meinte ich schlicht.

"Ja. Und unter diesen Völkchen mehr als man glaubt. Doch stahlen wir nur von jenen, die sich weigerten für unsere Dienste zu bezahlen. Meist waren das die wohlhabenden, hohen Herrschaften. Bürgermeister, Stadthalter, Adelsleute. Wir nahmen nie etwas von den armen Bauern. Diese waren Dankbar, wenn wir ihnen an Markttagen für einen Laib Brot und vielleicht mal eine Flasche Wein, bei ihren Leiden behilflich waren. Das war oft mehr als sie selbst besaßen. Daher wäre es falsch gewesen sich an ihnen bereichern zu wollen. Wie auch, wo sie nichts von großem Wert besaßen. Nein. Bei den hohen Herrschaften war weit mehr zu holen. Oft stiegen wir des Nachts in deren Häuser ein und nahmen uns das, was uns auch zustand. Wobei ich mir allerdings irgendwann angewöhnte, für mich selbst einige dieser Habseligkeiten einzuheimsen, um mir ein wenig Wohlstand zu gönnen. Garal fand dies zwar nicht so gut und er prophezeite mir, dass ich mir mit meinem Eigennutz und meiner Gier nach Profit noch einmal viel Ärger einhandeln würde. Aber ich war nun einmal jung und genoss einfach die Freiheit tun und lassen zu dürfen, was ich für richtig hielt. Solange es mein Meister tolerierte. Es waren viele schöne Jahre. Doch auch diese gingen irgendwann einmal vorbei", erzählte er und seufzte mit einem mal sehr bitter.

"Wann genau war das? Also ich meine, wann war diese Zeit zu Ende?", fragte ich, doch ich ahnte schon unterbewusst, welche Antwort sich bereits hinter seinem Tonfall am Ende verbarg.

"Das war, als Garal, mein Lehrmeister starb. Etwa zwanzig Jahre, nachdem ich von Zuhause aufgebrochen war. Auf seinem Totenbett nahm ich ihm das Versprechen ab, dass ich mein Leben noch ändern könne, um es in rechte Bahnen zu lenken. Er vermachte mir auch seine Violine, die ich heute noch besitze. Er dachte wohl ich könne mir damit auch etwas Lohn und Brot sicher. Aber wie ich schon sagte. Ich war jung und dazu noch sehr naiv. Natürlich gab ich ihm das Versprechen, bevor er dahin schied. Doch ich brach es noch am darauffolgenden Abend nach seiner Beisetzung. Ich verließ die Barden und machte allein mein Glück. Ein Dieb unter dem Deckmantel eines gewöhnlichen Spielmannes. Ich bemühte mich sehr darum an den Höfen der wohlhabenden Leute meine Melodien und Lieder zum Besten zu geben. Und das nur, um an ihre Reichtümer zu kommen. Und was ich nicht von denen bekam, verdiente ich mir, indem ich in den Schenken beim Kartenspielen betrog. Irgendwann hatte ich so viel gehortet, dass ich regelrecht in Saus und Braus leben konnte. Ich residierte in den nobelsten Gasthöfen, aß die feinsten Speisen und keine noch so unnahbare Zwergin war vor meinem Minnegesang sicher. Doch aufgrund meines zwergischen Blutes, war ich natürlich auch unersättlich geworden. Was mir irgendwann die falschen Freunde bescherte, wie du dir sicher denken kannst. Ich erinnere mich noch genau an den einen Abend, als ich in Bree im Gasthaus 'Zum tänzelnden Pony' nach einer ordentlichen Menge Starkbier mit meinem letzten Diebeszug prahlte. Ich hatte nämlich unterwegs einen reichen Mann um ein ordentliches Sümmchen erleichter. Was ich allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen konnte war, dass es sich dabei um den Vetter des örtlichen Bürgermeisters handelte", erklärte er und verfiel in andächtiges Schweigen.

Ich gab ein kurzes verstehendes Brummen von mir.

"Lass mich raten. Deine falschen Freunde sind daraufhin zur Stadtwache gelaufen und haben dich verpetzt", sagte ich und er nickte bedächtig. "Genau das. Sie haben mich an diesem Abend gut abgefüllt, sodass ich mich beinah nicht mehr an meinen eigenen Namen erinnern konnte. Bei dieser Gelegenheit musste ich ihnen wohl auch von meinem gehorteten Vermögen erzählt haben und wo ich es versteckt hatte. Jedenfalls kamen die Wachen mitten in der Nacht in meiner Zimmer gestürmt, rissen mich aus dem Bett und schleiften mich schlagend und tretend zum Kerker. Dort legten sie mich in Ketten und folterten mich bei Zeiten, damit ich ihnen alles verriet, was sie wissen wollten. Ich habe ihnen natürlich nichts gesagt. Hab alle Vorwürfe abgestritten. Selbst als sie eine besonders wertvolle Kette in meinem Besitz fanden. Ich habe ihnen versucht zu sagen, dass ich diese beim Kartenspiel gewonnen hatte. Aber, wie du dir denken kannst, haben sie mir nicht ein Wort geglaubt. Irgendwann kam dann der Hauptmann zu mir und meinte, dass ich für meine Taten innerhalb der nächsten Tage am Galgen baumeln würde", meinte er und seufzte.

"Aber du musstest ja nicht. Du bist dem ja entkommen. Wie hast du das gemacht?", fragte ich.

"Was das angeht. Damit hatte ich nichts zu tun. Nein. Das war Thorin", erwiderte er und zog genüsslich an seiner Pfeife. "Thorin hat dich da wieder raus geboxt? Wie und warum denn das?", hakte ich nach und begann mich nun langsam aufzurichten. Die Geschichte war so spannend, dass ich völlig meinen Schwindel und die Übelkeit vergas. Dabei hielt mich nicht mal Bofur auf, der versuchte mich auf seinen Schoß zurück zu komplementieren mit den Worten: "Nicht so hastig, Cuna. Du überanstrengst dich noch."

Das ignorierte ich jedoch konsequent, nahm meine Beine von der Bank und setzte mich halbwegs aufrecht hin. Ich war sehr interessiert daran, wie es der Zwergenkönig wohl fertig gebracht hatte, Nori vor dem Tod am Galgen zu bewahren. Der Zwerg mit den hellbrauen Haaren atmete einmal ganz tief durch, blies noch ein paar Rauchschwaden in die Luft und fuhr kurz drauf fort. "Nun ja. Er kam eines Tages geschäftlich nach Bree. Dabei erfuhr er, dass ich dort wegen einem schweren Diebstahl im Kerker saß und auf mein Ende wartete. Er muss daraufhin zum Bürgermeister geeilt sein, um meine Freilassung zu erbitten. Er hat sein Wort darauf gegeben, dass ich nichts mit dem Überfall auf seinen Vetter zu tun hatte. Ich meine auch, dass dabei wohl ein ordentliches Sümmchen in die Stadtkasse gewandert sein muss. Sonst wäre ich da sicherlich niemals heraus gekommen", meinte er schlicht und machte einen wegwerfende Handbewegung, als wollte er eine Fliege verscheuchen.

"Das war aber recht selbstlos von Thorin, dass er dein Leben gerettet hat", sagte Kili und sein Bruder nickte zustimmend. Allerdings sah Nori diese Bemerkung ein wenig anders, weshalb er nicht nur ein verächtliches, sondern auch belustigtes Schnauben von sich gab. "Thorin und Selbstlos? Wo denkt ihr Jungspunde denn hin. Selbstverständlich nicht. Ich sagte doch gerade, dass er geschäftlich nach Bree gereist war. Er suchte nach einem Meisterdieb für seine Unternehmung zum Erebor. Und da kam ich ihm gerade recht. Ich sollte ihm als Mittel zum Zweck dienen, den Arkenstein von Smaug zu stibitzen. Dafür versprach er mir wie jedem anderen auch eine beträchtliche Summe des Drachengoldes. Nein. Wenn es darum gegangen wäre, dann hätte er mich in meinem Loch verrecken lassen. Dagegen waren die wenigen Münzen, die er an den Bürgermeister für meine Freilassung abgetreten hatte doch nichts", sagte er ohne eine Spur von Belustigung auf seinem feixenden Gesicht zu verbergen.

Nun musste ich allerdings schwer schlucken. Das hätte ich mir aber auch denken können. Natürlich. Der Drachenschatz. Etwas anderes hatte der Zwergenkönig zu dieser Zeit ja nicht im Kopf. Nun verstand ich auch, warum er vorhin so wegen meiner Aussage wie ein Irrer gelacht hatte. Nori hatte recht. Thorin Eichenschild und Selbstlos. Das war mit der Aussicht auf ein solches Vermögen wirklich nicht vereinbar. Das war als würde man Pommes mit Schokolade vergleichen. Obwohl beides einen natürlichen Ursprung hatte, waren es doch völlig verschiedene Sachen.

Die Erkenntnis darüber traf mich so hart, das ich mein halbbetäubtes Gesicht in die Hände legte und betreten den Kopf schüttelte. Ich konnte es nicht einmal verhindern, dass mir davon umgehend die Tränen in die Augen stiegen, sodass ich kurz drauf ein Schluchzen von mir gab. Das rüttelte wiederum die kleinen, bärtigen Männer um mich herum auf, weshalb ich plötzlich Bofurs Hand auf meinem Rücken spürte, die darüber strich. "Oh, Cuna. Was hast du denn auf einmal?", fragte der Zwerg mit der Mütze besorgt. "Ich. Ich. Ach, scheiße, verdammt noch mal", fluchte ich und schüttelte den Kopf.

"Na großartig, Nori. Du hast sie zum Weinen gebracht", fauchte dessen Bruder und legte mir dabei eine Hand auf das linke Knie. Der Angesprochene schluckte kurz und legte seine eigene Hand auf das andere. "Oh Mahal. Das stand nicht in meiner Absicht. Ich. Ich wollte wirklich nicht dass du weinst", sagte er mit betretener Stimme.

"Ach. Ach weißt du, Nori. Das. Das ist nicht so schlimm. Zu-zumindest. Kenne ich jetzt die Wahrheit über ihn. Er. Er hat sich ja auch um keinen Deut geändert. Mit mir hat er das Selbe gemacht. Er. Er wollte mich dafür nutzen, um in meiner Welt Verwandte zu finden. Aber das hat er nicht geschafft. Also. Also ist es gut, dass ich das von dir erfahren habe. Gott, verdammt, was war ich für eine dumme, blinde Kuh!", krächzte ich mit tränenerstickender Stimme, wobei es mich am ganzen Leib schüttelte. Nun gesellten sich allerdings auch Kili und Fili wieder etwas näher zu mir, wobei der Ältere sich erneut neben mich setzte und mich einfach trösten in seine Arme zog. "Scht. Cuna. Beruhige dich. Das ist doch nicht wahr", murmelte er mir versöhnlich zu, doch ich schüttelte nur erneut den Kopf.

"Natürlich ist es wahr. Du hast es doch gehört. Dein werter Onkel hatte immer nur seine eigenen Vorteile im Sinn. Und dafür geht er über Leichen. Alle sind ihm scheiß egal, solange er, der große übermächtige Zwergenkönig, nur das bekommt, was er will!", fuhr ich ihn aufgebracht an. "Hör auf so etwas zu sagen. So darfst du nicht von ihm denken. Er hat sich geändert. Er ist nicht mehr der, der er vor seinem Tode war. Ich weiß, es sieht ihm Augenblick ganz danach aus. Aber du irrst dich", kam es nun von Kili, der versuchte mich an den Schultern zu rütteln. "Dann erklär es mir Kili. Erklär mir, warum er mich so entstellt hat. Warum er mir DAS HIER angetan hat, wenn es ihm nicht darum ging etwas für sich zu beanspruchen!", brüllte ich verzweifelt und deutete auf meine frisch genähte Gesichtshälfte. Nun stand der junge Zwerg nur noch schweigend vor mir. Er öffnete zwar einige Male den Mund um etwas zu sagen, doch schien er nicht zu wissen, was er erwidern sollte. Wieder schüttelte ich nur den Kopf und gab mich einfach meinem kleinen Heulanfall hin.

Ich war fassungslos. Nicht nur das, was Thorin anbelangte, sondern auch über mich selbst. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Es war mir doch von Vorne herein klar gewesen, dass eine solche Beziehung nicht gut gehen konnte. Trotzdem hatte ich mich einfach so darauf eingelassen. Gegen jedwede Vernunft und auch Warnung, die Thorin selbst mir gegenüber geäußert hatte. Ja, ich hatte es gewollt. Und nun bezahlte ich einen schweren Preis dafür.

Doch während ich gerade einmal wieder in meinem Selbstmitleid versank, hob Nori die Stimme und brachte mich dazu ihn für einen Moment Gehör zu schenken.

"Kili hat recht. Thorin hat sich verändert. Er ist nicht mehr der selbstsüchtige Zwerg von einst. Ich kann es dir beweisen", sagte er mit eindringlicher, ernster Stimme und stand dabei demonstrativ auf. Ich schluckte einen Moment meinen Tränenfluss runter und musterte ihn verwirrt. "Wie? Wie willst du mir das beweisen? Du hast doch selbst gesagt, dass...", setzte ich an doch schon unterbrach er mich mitten im Satz.

"Ich kann es, vertrau mir. Steh auf und komm mit mir und den Anderen zurück in deine Gemächer. Dann siehst du, was ich meine", entgegnete er und hielt mir fordernd seine Hand vor die Nase. Ich schluckte erneut und betrachtete diese verunsichert. Doch als ich den Blick etwas weiter hob und in sein ernstes Gesicht sah, da wusste ich irgendwo im hinteren Teil meines Herzens, dass er mich gewiss nicht hinter Licht führen würde, wie er es früher mit anderen getan hatte.
 

Denn nur wahre Freunde, würden mir in einer solchen Not helfen.
 

-88. Die wahre Freunde in der Not / ENDE-


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine lieben Leserinnen und Leser.

Heieieie. Noris Geschichte wirft doch wieder einiges an Fragen auf. Hat der Zwergenkönig sich tatsächlich geändert? Gibt es doch noch eine Zukunft für die Liebe oder triumphiert die unstillbare Gier der Zwerge dieses mal? O.o
Na ihr werdet die Auflösung innerhalb der nächsten drei Wochen bekommen. Denn ich habe endlich Urlaub und werde versuchen so oft ich es entbehren kann weiter zu schreiben.
Bis dahin hoffe ich natürlich, dass euch das Kapitel über den kleinen Dieb gefallen hat. Auch wenn die Story tatsächlich frei von mir erfunden ist. Denn über Nori gibt es nicht sooo viel Hintergrundwissen, was ich hätte nutzen können. Daher verzeiht es mir bitte, wenn ich so viel dazu gedichtet habe. Aber ich dachte mir, selbst der braucht eine Lebensgeschichte. Und Tada. Da ist sie.^^
Auf jeden Fall bleibt es weiter spannend. Ich wünsche euch bis zum nächsten Mal alles liebe und gute. Und noch einen schönen Sonntag.

Liebe Grüße Eure Virdra-sama Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2016-08-11T14:21:41+00:00 11.08.2016 16:21
Hey,
oh oh, zwergische Heilkunst, aber sie scheint auch zu helfen. Nach Noris Geschichte wird mir auch klar, warum er im ersten Hobbit teil, die Sachen von den Elben mitgehen lassen hat.
Er scheint auch großes Vertrauen zu Cuna zu haben, da er ihr seine Geschichte erzählt hat. Klar dass sie im ersten Moment denkt das Thorin sich nicht gewandelt hat und immer noch auf sein Vorteil beacht ist.
Aber hat er sich wirklich gewandelt? Und wie will Nori ihr es beweißen? Was ist denn passiert nachdem die fünf die Wohnung verlassen haben?

LG Pellenor
Antwort von:  Virdra-sama
11.08.2016 19:37
Hallöchen,

Ja althergebrachtes ist nicht immer schlecht. Schröpfen zum Beispiel. Hilft gut gegen Zysten und so... Man hat zwar danach ne Weile nen dicken blauen fleck und einige Blutränder von dem Gläschen. Aber es ist eine narbenfreiere Sache als schneiden.^^
Ja Nori vertraut Cuna. Sie hat immerhin seinen kleinen Bruder gerettet und das bedeutet unter Zwergen viel. :D
Alle die mit einander in einer Zwergenfamilie zu tun haben, haben jetzt bei ihr eine Lebensschuld. Daher sind Zwerge ja auch so treue Freunde.
Nunja. Er selbst wird es nicht beweisen. Aber Thorin, sobald sie oben angekommen sind. Denn wäre er noch der gleiche wie früher, dann würde er diese Situation als nichtig ansehen und so tun als wenn nichts gewesen wäre.
Aber später dazu mehr.^^

LG Virdra-sama
Von:  ai-lila
2016-05-24T17:48:52+00:00 24.05.2016 19:48
Hi~~

So wie es aussieht haben einige Zwerge es Faustdick hinter den Ohren. ^^
Und das eben diese doch sehr persönlichen Geschichten aus Noris Vergangenheit erzählt wurden, zeigt doch
auch das Vertrauen zu Cuna.
Und die Behandlung der Wunden würde ich schon als Roßkur bezeichnen. v.v

Das war wieder ein sehr schönes Kapi.
LG Ai
Antwort von:  Virdra-sama
24.05.2016 19:53
Hallöchen,

Ja jeder hat so seine Vergangenheit und sein Päckchen zu tragen. Auch ein Zwerg wie Nori. Und der großteil der Gruppe hat respekt vor ihr. Daher reden Nori auch frei von der Leber weg. Immerhin hat sie auch quasi seinen Bruder gerettet, als diese Checker typen aufgetaucht sind. ^^
Gut die Behandlung war nicht gerade die Beste. Aber eben Mittelalterlich. Was anderes können die Herren einfach nicht. :D

LG Virdra-sama
Von:  bra08
2015-07-20T06:55:51+00:00 20.07.2015 08:55
Tja , der gute Nori .Er ist auch für mich einer der geheimnisvollsten Geschöpfe aus Tolkiens Welt. Aber ich finde es klasse das du ihm ein eigenes Kapitel gewidmet hast. Beim Lesen dachte ich mir so: "Ja so könnte es gewesen sein"
Was Cuna und Thorin betrifft : hmmm ich weiß nicht , irgendwie bin ich hin und her gerissen . Cuna macht sich ja selbst schon ihre Gedanken . Ich hoffe doch das am Ende noch alles gut wird und die beiden wieder zueinander finden. Vielleicht hat Nori ja noch etwas in der Hinterhand was Cunaś Zweifel in Rauch aufgehen lässt.
Ich wünsche dir einen schönen und vorallem erholsamen Urlaub und freue mich schon auf das nächste Kapitel
LG bra08
Antwort von:  Virdra-sama
20.07.2015 10:38
Hallöchen,

danke für die Urlaubswünsche. Ich hoffe echt dasss ich das haben werde. Gibt einiges was ich in den 3 Wochen eingeplant habe. Unter anderem ein Zoobesuch. Und das vielleicht nicht nur im Reallife *zwinker*
Nunja bisher stehen in der Geschichte alle Zeichen ziemlich auf Sturm. Aber du kannst mir vertrauen. Am Ende raufen die sich doch wieder irgendwie zusammen. Sonst könnte ich den Quatsch in meinem Hirn gar nicht mehr durchsetzen.

LG Virdra-sama
Antwort von:  bra08
20.07.2015 12:23
Ich hab grade übelstes Kopfkino. Unsere Zwerge im Zoo. Na, nicht das die Herrn auf einmal Hunger auf Zebrasteak bekommen Oo Ich seh schon Kili mit Pfeil und Bogen eine Herde Gnu 's Durchs Gehege jagen *lach
Antwort von:  Virdra-sama
20.07.2015 12:42
Naja, so schlimm wirds dann doch nicht. Immerhin wird Cuna dafür sorgen, dass sie keine Waffen mit da hin nehmen. Wäre ja noch schöner. Wobei es denke ich schon das ein oder andere Durcheinander geben wird. Aber dazu eben später mehr. Zunächst stehen wichtigere Sachen an. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Wobei ich selbst mit dem Vergnügen hier ja so meine Arbeit habe XD
Von:  Sanguisdeci
2015-07-19T07:23:56+00:00 19.07.2015 09:23
Ein sehr interessantes Kapitel. Bin gespannt, wie es weiter geht =)
Antwort von:  Virdra-sama
19.07.2015 13:14
Hallöchen,

Nun ja. Bin ich selbst auch. Manche Dinge die ich aufschreibe fallen mir ja spontan ein. Aber beim nächsten habe ich mir vorher schon einige Gedanken zu gemacht. Muss sie nur noch in die richtige Reihenfolge einsortieren.

LG Virdra-sama


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