Zum Inhalt der Seite

Nimm mich ...

wie ich bin!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Sorry, dass ich das Kapitel zweimal hochgeladen hab. Da war ein Fehler drin.
Falls jemand die andere Version schon gelesen hat: Diese hier ist um 1000 Wörter länger. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 12 ― Hab mich lieb

Die Sonne schien grell durch das Panoramafenster. An einem Werktag hätte Tamia um diese Uhrzeit schon längst durch den Staub kriechen müssen. Heute war aber kein Werktag, heute war ein hammergeiler Megatag, und so kuschelte sie sich tief in die Decke. Da sie keinen Widerstand fühlte, der existieren müsste, wenn sie das Bett mit jemandem teilte, robbte sie in die Richtung, wo sie Ruben vermutete. Denn der alleinstehende Mann besaß neben der Luxusdusche natürlich auch ein Luxusbett, das doppelt so breit war wie das quietschige Ding in ihrem engen Quartier.

Tamia fand nichts außer ein zerwühltes Laken und fuhr erschrocken hoch. »Ruben?«

Da niemand antwortete, beschleunigte sich ihr Puls. Hektisch sah sich Tamia um. Auf seinem Kopfkissen entdeckte sie ein Notepad, auf dem in sauberer Handschrift peinlich genau stand, wann er gegangen war, wie lange er voraussichtlich brauchte und wann er spätestens zurückkehren würde. Ruben hatte tatsächlich daran gedacht, dass sie es nicht mochte, allein zu sein, und hatte ihr eine Nachricht hinterlassen, damit sie sich keine Sorgen machte. Lächelnd legte sie das Notepad auf den Nachttisch. Zwei Minuten hatte er noch.

In diesem Moment öffnete sich die Wohnungstür und aus dem Flur erklang seine Stimme – leise, damit er sie nicht weckte, falls sie noch schlief. »Ich bin zurück.«

Tamia sprang aus dem Bett und lief ihm entgegen. »Hey«, grüßte sie zärtlich.

»Guten Morgen, Sonnenschein.« Ruben ließ die Tüten aus der Hand fallen, um sie in den Arm zu nehmen, als sie ihm entgegenflog. Eine Weile lang ertrug er ihre stürmischen Küsse, danach schob er sie eine Armlänge von sich, um sie betrachten zu können. Lachend piekte er ihr in die Wange. »Du hast einen Kissenabdruck im Gesicht.«

Sie schnappte spielerisch nach seinem Finger. »Warum hast du mich nicht geweckt? Wir hätten doch gemeinsam einkaufen gehen können?«

»Ich wollte dir Frühstück ans Bett bringen.«

»Warum denn?«, fragte sie erstaunt. Mit Bettwäsche anstatt Stühlen war das bestimmt eine krümelige Angelegenheit. »Ist das nicht furchtbar unpraktisch?«

»Das ist eine romanti… eine Alternative zu der Zigarette danach.«

Er wollte gerade romantisch sagen! Tamia grinste, aber zog ihn damit aber nicht auf. Es genügte ihr, Ruben verlegen zu sehen, ihn so natürlich zu sehen. Ein wohliges Kribbeln lief ihr über den Rücken. Um noch mehr von diesem wunderbaren Gefühl einzufangen, drückte sie die Nase in sein Hemd, atmete seinen Duft tief ein und seufzte vom Glück berauscht.

»Ich hab dir was mitgebracht.« Ruben bückte sich, um ein Päckchen aus der Tüte zu nehmen. Vor ihr kniend, beeilte er sich nicht, sich zu erheben. Sein schelmisches Grinsen machte ihr bewusst, dass er es auskostete, sie unbekleidet vor sich stehen zu haben.

»Das gehört sich nicht!«, rief Tamia empört und hielt sich die Hände schützend vor ihre Scham.

»Du befindest sich in meinem privaten Bereich. Vergessen?« Schließlich stand er auf und küsste sie auf die Stirn. »Und du bist nackt.«

»Ich wollte duschen.«

»Nimmst du es nun an?« Ruben hielt ihr die Verpackung vor die Nase. Funktionsunterwäsche in schlichtem Weiß. Da sie fragend die Augenbrauen hochzog, erklärte er: »Weil ich schon wieder dein Höschen kaputt gemacht habe.«

»Und ich deine Vase.«

»War eh hässlich.« Ruben schob sie ins Bad und entnahm aus einem Schrank ein Handtuch.

»Aber teuer?«, fragte Tamia. Auf der Ablage über dem Waschbecken strahlte ihr eine quietschgelbe Zahnbürste entgegen. Es war die Zahnbürste, die er ihr das letzte Mal gegeben hatte. Tamia hatte sie auf der Ablage liegen lassen und nun stand die Zahnbürste mit der von Ruben gemeinsam im Putzbecher.

»Keine Ahnung, war’n Geschenk.«

»Scheiße! Das tut mir leid.«

»Muss es nicht.« Ruben erschien mit dem Handtuch in der Tür. »Kam mir ganz gelegen. Das Ding stand nur im Flur, weil man keine Geschenke wegwirft.«

Während sie ein Zahnpastawürmchen auf die Bürste drückte, sah sie Ruben durch den Spiegel interessiert an. Zu gern wollte sie wissen, wer die Person war, deren hässliches Geschenk er aufbewahrte.

»Du hast doch immer gefragt, ob ich eine Freundin hatte …«, begann er und hob sein Shirt. »Das da«, Ruben zeigte auf die runde Narbe, »ist passiert, als die mit der Vase mir nicht vertraut hat.«

»Hat schie geglaubt, dasch du fremdgscht?« Der Schaum im Mund machte das Sprechen nicht besonders einfach.

»Ich hab gesagt, sie soll bleiben, wo sie ist. Aber sie ist mir hinterhergerannt, weil sie sich Sorgen um mich gemacht hat … direkt in die Schussbahn.« Lachend fuhr sich Ruben mit den Händen über die Haare, bevor er sich auf die Waschmaschine setzte und seine ausgestreckten Beine kreuzte. »Wollte mir helfen.«

»Nicht wirklich, oder?« Für Tamia war es unverständlich, wie man sich dem Befehl des Kommandeurs widersetzen konnte. Wenn Ruben ihr befahl, die Stellung zu halten, gehorchte sie. Er war ein fähiger Offizier. Nie würde sie auf die dumme Idee kommen, ihm aus Angst hinterherzudackeln. Dies würde bedeuten, dass sie seine Kompetenz hinterfragte. Vertrauen war die Grundlage einer Partnerschaft. Was Rubens damalige Freundin gemacht hatte, wog für Tamia – und wahrscheinlich auch für Ruben – schwerer als ein Seitensprung.

Tamia spülte sich den Mund aus, indem sie ihn direkt an den Wasserhahn hielt, und wusch oberflächlich ihr Gesicht. »Ich hoffe, du hast deshalb Schluss gemacht.«

»Du bist die erste Frau, die mich versteht.«

Weil ich als allererstes Soldatin bin, nicht Frau. Sie steckte mitten in der Pubertät, als sie auf die Militärschule gekommen war. Natürlich versuchte sie ihre Weiblichkeit auszuleben, aber da fehlte was, da würde immer was fehlen. Es war Zeit, sich mit diesem Thema zu konfrontieren, vor dem sie weglaufen wollte. Nun war sie jedoch über Nacht geblieben und weder Ruben noch sie konnten leugnen, dass zwischen ihnen so etwas wie eine Beziehung war. Und die Basis einer Beziehung war Vertrauen und Ehrlichkeit. Langsam bewegte sich Tamia auf ihn zu. Sie stellte sich zwischen seine Beine, legte die Hände auf seine Oberschenkel und blickte ihm in die Augen.

»Hey, Kleine. Was ist denn los?« Ruben strich ihr die Haarsträhnen aus der Stirn und umfasste ihr Gesicht. Die Wahrheit, die sie ihm anvertrauen wollte, versteckte sich vor seinem intensiven Blick.

»Gar nichts! Ich hab nur überlegt, wie es sich auf einer Waschmaschine anfühlt. Der Schleudergang soll sehr … interessant sein.« Mit einem lasziven Lächeln auf den Lippen ließ sie ihre Hände unter sein Shirt gleiten und kratzte über seine Brustmuskeln.

»Du hast echt nie genug, oder?«

»So ist das, wenn man sich ein junges Ding geholt hat. Flur, Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer … jetzt ist das Bad dran.« Ihr Lachen hallte an den Fliesen wider und vertrieb die ernsten Gedanken. »Oder kannst du nicht mehr, alter Mann?«

»Geh duschen!« Beleidigt schubste er sie von sich.

»Kannst also wirklich nicht mehr«, gab Tamia zurück und stieg in die Dusche.

»Nummer eins ist mein Lieblingsprogramm für den Morgen.«

Noch während ihr Finger die leuchtende Eins auf dem Bedienpanel berührte, wurde ihr bewusst, dass es nur eine miese Falle sein konnte. Zu spät. Aus der Decke prasselte eisiges Wasser herab. Tamia kreischte auf, wollte hinausrennen, aber Ruben war schneller. Er stemmte die Arme links und rechts von ihrem Kopf gegen die Wand und drängte sie an die Steinfliesen.

»Ich erfriere!«, keuchte Tamia.

Hinter einem Regenschleier fixierte Ruben sie mit seinen Augen, dessen unbändiges Feuer ihr Blut in Wallung brachte. Niemals, so glaubte Tamia, würde sie sich an seinen Blick gewöhnen. Ihr Herzschlag pochte in den Ohren, als er sich über sie beugte und sie gegen den Schauer abschirmte, sodass es nicht mehr so arg auf sie niederhagelte. Wasser rann über sein Gesicht, seine wunderschönen Lippen, und binnen weniger Sekunden klebte das durchnässte Hemd an seinem Körper und unterstrich jeden seiner harten Muskeln.

Voller Sehnsucht befreite sie ihn von der Kleidung. Ihre Hände glitten über seinen Oberkörper und hielten auf seinem Brustkorb inne, der sich unter seinem schweren Atem hob und senkte. Nackt und stolz stand er vor ihr, wie ein Kriegsgott. Ruben drückte seinen Mund auf ihren und küsste sie leidenschaftlich, brachte ihr Feuer zum Brennen, bis sie von innen erhitzte. Betrunken von seinen Küssen spürte sie die Kälte nicht, nur die Flamme in ihrem Herzen. Und er erinnerte sie daran, wie es war, Liebe zu machen.
 

»Ich muss dich jetzt leider rausschmeißen«, entschuldigte sich Ruben, als er sich mit einem Handtuch die Haare trocken rieb und zum Kleiderschrank in seinem Schlafzimmer lief. »Eigentlich wollte ich noch gemütlich mit dir frühstücken, aber es hat alles etwas länger gedauert. Kann ich dir wenigstens einen Kaffee anbieten?«

»Ist doch kein Problem.« Tamia schlang die Arme um seine Hüfte und küsste ihn auf die Wirbelsäule. Sie wollte es ausnutzen, solange er noch nackt war. »Ich hole mir unterwegs was.«

Vorsichtig befreite er sich aus ihrer Umarmung, damit er sich anziehen konnte. Dabei fiel Tamia nicht die enge Unterhose um seinen Knackarsch ins Auge, sondern die helle Anzughose aus feinem Wollstoff.

»Mit wem triffst du dich?« Als sie ihre Frage aussprach, bemerkte sie, wie eifersüchtig sie klang. Ruben und sie waren aber kein Paar. Das würden sie auch nicht, wenn sie nicht endlich die Karten offen auf den Tisch legte.

»Ich habe gleich eine Verabredung mit Charlotte.«

»Trefft ihr euch öfters?« Da Tamia nicht wusste, was sie in ihrer Verlegenheit tun sollte, nahm sie seine Uniformhose vom Herrendiener und schlüpfte hinein. Vielleicht wollte sie etwas von ihm an sich spüren, bevor es ihr nicht mehr erlaubt würde.

»Jeden freien Samstag zum Mittagessen.«

Es gab also eine Charlotte, mit der er regelmäßig seine Zeit verbrachte. Die Eifersucht kratzte mit spitzen Krallen an ihrer Haut, und um sie unter Kontrolle zu halten, schnallte Tamia den Gürtel auf das engste Loch, legte sich sein Jackett über und setzte sich das Barett auf. Tamia wollte sich der Wahrheit verschließen, und dennoch wollte sie gleichzeitig mehr über ihre Konkurrentin wissen. »Als sie mal abgesagt hat, durfte ich als Unterhaltung dienen.«

»Ja.«

Der Boden unter ihr drehte sich plötzlich und sie taumelte. Ihr eigenes Kichern hallte unnatürlich in ihren Ohren. Wieso stellte sie so dumme Fragen? Wieso antwortete er ihr überhaupt? Das tat er doch sonst nicht. Und wieso war er so gnadenlos ehrlich?

Ruben zog eine Krawatte aus dem Schrank hervor und band sie Tamia locker um den Hals. »Sie sehen fantastisch aus, Lieutenant.«

»Schau mich nicht so an!« Tamia entzog sich ihm. »Du siehst ja aus, als würdest du einen Putsch planen, eine Usurpation, oder wie man das nennt. Und dann werde ich gehängt.«

Grinsend schaute er an die Decke. »Hängen klingt nach einer verlockenden Idee.«

»Sind das deine perversen Vorlieben?« Sind es Vorlieben, die du mit Charlotte teilst?

»Das ist nicht pervers. Das ist ästhetisch«, widersprach er. »Außerdem sehr praktisch. Dann kannst du zumindest nicht mehr zappeln.«

»Du stehst auf submissive Frauen!«

»Nein.« Ruben streckte seinen Körper auf die volle Länge und zeigte, wer der Überlegene war. »Unterwürfige Frauen finde ich langweilig, sie sollen schon ordentlich zappeln und um sich schlagen. Ansonsten macht es keinen Spaß, sie zu bezwingen.«

Tamia legte den Kopf in den Nacken legen, um ihn anzusehen. Seine Stimme war so ernst und drohend, dass sich die feinen Härchen auf ihrem Körper sich aufstellten.

»Rate mal«, er beugte sich über sie, »wieso ich dich nicht längst gefeuert oder versetzt habe.« Sein heißer Atem strich über ihren Nacken, bevor er mit seinen Zähnen über ihre Haut grub. »Damit würde ich zugeben, dass ich nicht mit dir klar käme … und ich hab dich im Griff.« Um seine Aussage zu verstärken, schloss er die Finger um ihren Hals.

Tamia spürte Erregung, doch noch mehr spürte sie Angst und Ungewissheit. Waren die letzten Wochen nur ein Spiel? Rächte er sich für das, was sie mit ihm getan hatte? Nutzte er ihre Gefühle aus, weil sie ihm, obwohl sie ihn anfangs tatsächlich nur ärgern wollte, mehr als alles auf der Welt verfallen war?

»Ruben …?«, brachte sie mit zitternder Stimme hervor.

Sofort ließ er von ihr los. Blaugrüne Augen sahen sie zärtlich an, eine Hand strich ihr eine feuchte Strähne hinter das Ohr. »Ja?«

Hab mich lieb.

Als würde er ihre Gedanken lesen können, drückte er sie an sich und stillte ihre Sehnsucht nach Geborgenheit. Er hauchte besänftigende Küsse auf ihr Gesicht und machte ihr ohne Worte deutlich, dass sie keine Bedenken haben brauchte. Zumindest bildete sie es sich ein.

Als er sie aus seiner Umarmung entließ, damit sie sich anziehen konnte, bereute Tamia, dass sie nicht in der Nacht verschwunden war. Man sollte aufhören, wenn es am schönsten war, und diesen Punkt hatte sie bereits verpasst.

Ruben begleitete sie zum Aufzug – ihrem persönlichen Feind. Jedes Mal, wenn sie sich in diesen Metallkäfig begab, zählte die Digitalanzeige den Countdown bis zum Erdgeschoss und in dieser Zeit musste sie sich entscheiden: Ob sie sich zurückhalten oder sich ihm hingeben sollte. Ob sie es ihm anvertrauen oder verschweigen sollte. Ob er derjenige sein sollte, mit dem sie die Zukunft plante.

Während sie auf den Fahrstuhl warteten, beugte er sich zu ihr herunter, um ihr mit der Nase über die Schläfe zu streicheln und einen Kuss auf ihr Haar zu geben. »Definitiv besser.«

»Was meinst du?«

»Mein Shampoo.«

»So sexy deine Zwei-Wort-Aussagen auch sind, ich verstehe nicht, was du meinst.«

»Ich mag kein Erdbeerzeug.«

Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie begriff, dass er anstatt des Erdbeershampoos sein eigenes an ihr bevorzugte. Tamia lachte. »Tu nicht so hartgesotten. Deine Lieblingsfarbe ist Knallgelb.«

»Aber nicht rosa«, konterte Ruben. »Ich mag nicht, wenn du nach künstlichem Rosa riechst.«

»Hast du gerade indirekt zugegeben, dass du eine Lieblingsfarbe hast?«

Gleichgültig zuckte er mit den Schultern. »Ich hab auch kein Problem zuzugeben, dass ich gern koche und kleine Kinder niedlich finde.«

Tamia zuckte zusammen und wiederholte leise das Wort, das sie eigentlich vermeiden wollte. »Kinder …«

»Findest du das schlimm?«

Pling. Der Fahrstuhl erreichte die sechste Etage, öffnete die Türen und bot ihr Zuflucht. Tamia setzte den ersten unsicheren Schritt nach vorn, traute sich nicht, sich umzudrehen, während sie die Kabine betrat. Durch das spiegelnde Metall beobachtete sie seinen Gesichtsausdruck, als sie ihm die Antwort gab: »Ein bisschen.«

»Hast du was gegen Kinder?« Erstaunt runzelte er die Stirn, und da sie schwieg, stellte er sich in die Lichtschranke der Tür.

Tamia atmete tief durch und nahm ihren Mut zusammen. Zwar fürchtete sie sich vor seiner Antwort, doch die Ungewissheit plagte sie noch viel mehr. »Wenn du mich nicht als Freundin haben willst, akzeptiere ich das … Aber du kannst nicht verleugnen, dass etwas zwischen uns ist. Ich will wissen, was ich für dich bedeute. Bin ich da, damit du regelmäßig Druck ablassen kannst?«

»Ich hab gesagt, dass ich das Wort Freundin nicht mag, weil es klingt nach Teeniebeziehung klingt, die gerade mal eine Woche hält.« Sein Blick wurde sanft, als er ihr mit der Rückseite der Finger über die Wange strich. »Willst du nicht lieber meine Partnerin sein?«

Ihr Herz zersprang. Sie umarmte den Mann, den sie schmerzhaft liebte, hielt ihn fest und atmete tief seinen Duft ein, für den Fall, dass es das letzte Mal war. Sie flog bereits hoch genug, um sich alles zu brechen, wenn sie fiel. Noch höher würde ihren Tod bedeuten. »… Es klingt etwas seltsam, aber ich finde es ehrlicher, wenn ich dir es sage, …«

Die Türen glitten zu und der Fahrstuhl setzte sich in Gang. Vor Nervosität kratzte sich Tamia am Hals, während die Digitalanzeige sie daran erinnerte, dass ihr nicht viel Zeit blieb, um es Ruben zu erklären. »Ich weiß noch nicht, wohin mich das Leben führt. Ich weiß nur, dass ich in diesem Augenblick mit dir zusammen sein möchte. Ich habe zwar keine Ahnung, wie eine Partnerschaft funktioniert, aber ich will mein Bestes geben. Ich will dir geben, was du dir wünscht, aber …« Tamia holte tief Luft.

»Aber?« Ruben entzog sich ihr und verschränkte die Arme. Panisch sah sie auf die Anzeige. Sechs Stockwerke waren viel zu wenig, um ihm alles von Anfang an zu erzählen.

»Ich bin unfruchtbar«, platzte sie heraus, und sie lachte, weil es sich seltsam anfühlte, diese Tatsache auszusprechen. Sie war noch viel zu jung, um über Kinder nachzudenken. Sie wusste ja nicht einmal, ob sie Kinder haben wollte. Sie wusste nur, dass sie unvollständig, keine richtige Frau war.

Wie ihre Kameradinnen auf Tasmanien hatte sich Tamia an den Vorteilen festgekrallt, sich nicht mit monatlichen Blutungen und Schmerzen auseinandersetzen und sich keine Gedanken um eine ungewollte Schwangerschaft machen zu müssen. Die meisten von den Soldatinnen schienen glücklich zu sein, sie waren selbstbewusste Frauen, die ein erfülltes Sexleben führten. Allerdings machte jede von ihnen mindestens einmal im Leben die Erfahrung, von einem Mann fallen gelassen zu werden, weil sie nicht zur Lebensplanung passten. »Falls es für dich ein Ausschlusskriterium ist, solltest du es dir gut überlegen … Ich kann keine Kinder kriegen. Niemals.«

Ruben starrte sie sprachlos an.

»Ich plane nicht weiter als ein paar Wochen, aber ich bin nicht du. Vielleicht weißt du schon, wo du in zwei, in fünf oder in zehn Jahren sein willst. Vielleicht hast du dir schon überlegt, ob ich bis dahin noch eine Rolle spielen soll.« Ihr wurde schwindlig und sie hielt sich den Bauch – dort, wo ihr das genommen wurde, das sie zu einer Frau machte. »Wenn du mich nicht willst, dann sag es jetzt. Lass mich nicht erst fallen, wenn es mich vollkommen zerbricht.«

Über dem Türkis seiner Augen lag ein trüber Schleier. Ruben stieß den Atem aus, richtete den Blick auf die Decke und fuhr mit den Händen über seine kurzen Haare. Erdgeschoss. Die Tür ging auf. Ruben sah hinaus. »Oh. Guten Tag, Charlotte.«



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Hisako213
2016-02-02T14:07:44+00:00 02.02.2016 15:07
Hallo :)
Bin zufälligerweise über deine Geschichte gestolpert und bin mega begeistert!
Ich hoffe es geht schnell weiter*hoff*, denn das Ende ist ja mal ultra gemein! Wer ist Charlotte, was macht sie, was will sie, was sagt Ruben zu Tamias Geständniss?
Freue mich mehr zu lesen!
Liebe Grüsse :)
Antwort von:  Vickie
03.02.2016 08:59
Freut mich sehr, dass dir die Story gefällt!
Ich hoffe, dass ich bald wieder zum Schreiben komme und euch was Neues geben kann. :D
Von:  m0nstellar
2016-01-18T18:49:16+00:00 18.01.2016 19:49
Also ich bin überrascht, dass sie tatsächlich den Mund aufgekriegt hat.
Aber es ist schön zu sehen, dass in dem Stein Ruben ein Funken Emotion steckt. :)
Ich finde die zwei wirklich fantastisch. Die Emotionen der beiden springen auf mich über.
Ich liebe es. :) <3
Von:  Haru-no-ko
2016-01-17T19:59:39+00:00 17.01.2016 20:59
AH nein! ENDE?! WARUM?! NEIN :D
Man ist das spannend, und nun noch Charlotte! OH Man!
Ist das alles Aufregend!
Von:  joshi_chan
2016-01-17T12:29:37+00:00 17.01.2016 13:29
Charlott...
Ein perfektes Ende!

I liiiebe deine Geschichte. Freue mich schon auf das nächste Kapitel ! :)


Zurück