Zum Inhalt der Seite

Nimm mich ...

wie ich bin!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich habe für dieses Scheißkapitel tatsächlich ganze vier Monate gebraucht, weil ich keinen Sport gucke. Es interessiert mich NULL. NADA. Ich habe keine Ahnung von Football, keine Ahnung von Regeln, keine Ahnung von Sportbars, keine Ahnung von Football-Fans, keine Ahnung von Nerd-Gelaber. Ich danke für eure Geduld. Vor allem Danke ich Cherriden dafür, dass sie mir ganz lieb die Footballregeln erklärt hat (Ja, es wird ein Hail Mary am Ende!), m0nstellar und meine Sparkle-Sonnenscherbe für das tolle Betalesen. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 10 ― Sugardaddy

Tamia hielt für einige Sekunden die Luft an, damit ihr Puls nicht so raste, doch er hämmerte rücksichtslos an ihrem Hals. Der Mann an ihrer Seite war Ruben Sanchez, ihr Kommandeur, Lieutenant Stock-im-Arsch, der seit dem ersten Tag nur vernichtende Blicke für sie übrighatte. Und ausgerechnet mit diesem Mann ging sie aus, ausgerechnet dieser Mann nahm mittlerweile so viel Platz in ihrem Herzen ein, dass sie glaubte, es zerspränge. Tamia klammerte sich fest an seinen Unterarm und schmiegte beim Laufen ihr Gesicht an seine Schulter. Ihre Wangen glühten und schmerzten vom Dauergrinsen, das sie vor Euphorie nicht abstellen konnte. Gleichzeitig verspürte sie auch Angst. Sie hatte Angst davor, einem Mann so sehr verfallen zu sein, dass es sie umbringen würde, wenn er sie abwies.

Gewaltsam riss der Lärm sie aus der Traumwelt heraus, als Ruben ihr die Tür zu einer Bar öffnete. Die Leute tummelten sich an der Theke, belagerten die Tische oder drängten sich vor der Ecke auf der anderen Seite des Raumes, in der zwei Kommentatoren als lebensgroße Hologramme miteinander diskutierten. Ruben bahnte sich zielstrebig den Weg durch die Menge, während ihm Tamia im Schutz seines breiten Rückens folgte. Aus der vordersten Tischreihe winkte ein Mann, der mit seiner Größe gar nicht hätte den Arm heben brauchen. Zwischen den herumwuselnden Menschen thronte er auf dem Stuhl wie ein Fels in der Brandung – wobei jede Brandung neben diesem Koloss wie das Badewasser im Jacuzzi wirkte.

»Hey, Sancho! Du bist spät dran.« Der Typ setzte seinen Bierkrug ab. »So unzuverlässig kenne ich dich gar nicht.«

Der andere Mann am Tisch, ein Afroamerikaner mit Basecap und Trainingsjacke, zeigte auf den freien Sitz. »Den konnte ich nur verteidigen, weil ich behauptet habe, dass Brons für seinen fetten Arsch zwei Stühle braucht.«

»Halt die Klappe, Schneewittchen.« Der Fels neigte sich zur Seite und blickte hinter Ruben. »Gehört sie zu dir?«

»Das ist Tamia«, stellte Ruben sie vor. »Tamia, das sind Benjamin Bronson und Joshua Moore.«

Tamia machte einen Knicks, denn dies gehörte sich so. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«

»Nenn mich doch Ben.« Sein Blick klebte an ihrem Bandeau-Top, an der Stelle, wo die Schnalle den Blick auf das Tal zwischen ihren Brüsten freigab. Ruben schlug ihm hart gegen die Schulter, doch der Fels in der Brandung wackelte kein bisschen – und die Klappe hielt er auch nicht. Ben grinste Tamia unverschämt an. »Was kostest du?«

Aus Rubens Kehle löste sich ein leises Knurren und in den Augen funkelte die Bereitschaft, sein Gegenüber zu zerfleischen. Tamia aber war von ihren Kameraden derbere Sprüche gewohnt, deshalb hielt sie den Mann zurück, der besitzergreifend vor ihr stand, und antwortete mit höflichem Lächeln: »Fünfhundert Dollar für den Abend. Zahlen Sie zweihundert drauf, ziehe ich mich aus. Noch mal zweihundert Dollar und Sie dürfen sogar anfassen.«

»Sancho, äh… Ruben hat sicherlich schon die fünfhundert für den Abend bezahlt, oder?« Grinsend zückte Ben seinen Organizer, um eine Überweisung zu tätigen. »Ich geb dir die zweihundert. Jetzt mach dich frei.«

»Rühr sie nicht an.« Ruben hielt sie am Handgelenk fest, zog den Stuhl hervor, der am weitesten von Ben entfernt stand, und brannte mit seinem Blick ein Loch zwischen Tamias Augenbrauen. »Was willst du trinken?«

In so einer Situation war es klüger ihm wortlos zu gehorchen. Tamia setzte sich zwischen Ruben und Joshua Moore. »Ein Bier.«

»Scherz beiseite. Woher kommst du?« Ben stützte sich auf dem Tisch ab, der besorgniserregend knirschte. »Du hast einen lustigen Akzent.«

»Ich stamme aus einem kleinen Dörfchen und bin in die USA gekommen, um Karriere zu machen. Hier hab ich Ruben kennengelernt. Seitdem arbeite ich für ihn«, erzählte sie in einer naiven Kleinmädchenstimme, während sie angestrengt jeden einzelnen Gesichtsmuskel kontrollierte, um nicht vor Lachen loszuprusten.

»Er hat dir versprochen, dich groß rauszubringen.« Der Fels lachte schallend und Joshua legte die Hand schützend über sein Glas, damit sein Freund nicht hineinsabberte.

Tamia nickte. Je nachdem, wie man die Umstände bewertete, konnte man ihre Bestätigung als Halbwahrheit verbuchen.

Eine Nachricht von Ruben erschien auf ihrem Display. Soso. Ich bin also dein Zuhälter.

Wenn du es so haben willst, antwortete sie. 

»Ja. Es war Liebe auf den ersten Blick.« Als Tamia den Satz aussprach, kribbelte es in ihrem Magen, und sie hielt die Luft an, um die Schmetterlinge in ihrem Bauch zu töten. »Auch wenn er die Mädels regelrecht abfistet, … ich mag’s.« Es war der normale Umgangston, dass die Soldaten sich gegenseitig als »Mädels« bezeichneten, und »abfisten« bedeutete bloß, dass sie bis an ihre Grenzen gedrillt wurden. Kein ungewöhnlicher Jargon.

Ben verschluckte sich am Bier. Hustend klopfte er sich mit der Faust auf die Brust. Als er wieder zu Atem kam, wandte er sich an Ruben. »Du hattest schon immer ein Faible für … extravagante Frauen, oder?«

»Normal ist langweilig.«

»Mal ehrlich. Was arbeitest du?«, hakte Ben nach.

Sie wagte einen Seitenblick zu Ruben, der die Augen verdrehte und sich zurücklehnte. Wie alle Soldaten vermied sie, ihren Beruf zu nennen, doch es hatte noch nie so viel Spaß gemacht. »Ist nicht kompliziert: Mit gespreizten Beinen daliegen und mit großen langen Dingern spielen.« Tamia lächelte zuckersüß. »Mir wurde gesagt, dass ich sehr gut darin bin. Nicht wahr, Ruben?«

»Mhm. Ja.«

»Du bist MG-Schütze«, folgerte Joshua, ohne sich vom Hologramm abzuwenden.

»Ooohhh! Jetzt verstehe ich! Wir schauen uns ein Spiel an!« Auf Projektion lief eine Kapelle über den Platz, dahinter formierte sich eine Gruppe von ähnlich aussehenden Frauen, die wie die Kellnerinnen in dieser Bar dunkelrote Hotpants, tiefausgeschnittene Tops und weiße kniehohe Stiefel trugen. Ob Ruben solche Kleidung an ihr gefallen würde? »Ich will auch so ein Fan-Outfit.«

»Das ist eine Cheerleader-Uniform.«

»Was gucken wir heute eigentlich?«, flüsterte sie ihm mit vorgehaltener Hand zu.

Allerdings bewies Joshua ein gutes Gehör. »NFC Title Game.«

»Was ist NFC? Nentucky fried chicken?« Tamia griff in die Schale mit Erdnüssen und füllte eine Faust. Entsetzt öffnete Joshua den Mund. Daher balancierte sie eine Erdnuss auf den Daumen, um sie in seinen Mund zu schnippen. Ein mahnender Blick von Ruben hielt sie zurück.

»Das ist das Halbfinale«, griff Ben ein. »Der Gewinner geht zum Super Bowl.«

Mit diesem Begriff konnte Tamia etwas anfangen, davon hatte sie schon mal gehört. Zufrieden warf sie die Erdnuss in die Luft und fing sie mit dem Mund auf. »Erklärt mir jemand die Regeln?«

Ben hob die Mundwinkel zu einem zweideutigen Grinsen und raunte: »Du nimmst das Ei in deine Hände …«

»Achte nicht auf den Idioten.« Joshua machte eine abwinkende Handbewegung, als würde er eine lästige Fliege verscheuchen. »Es geht in erster Linie um Raumgewinn …« Er stockte, als ihm bewusst wurde, dass er einer Frau – dazu auch noch blond – die Regeln erklärte.

»Weiter?«, hakte Tamia nach. Ihre Neugierde verbat es nachzugeben.

Joshua sah sie skeptisch an, dennoch fuhr er fort: »Die Mannschaft, die im Ballbesitz ist, hat vier Versuche, um den Ball in die gegnerische Endzone zu bringen …«

Mit wissbegierig funkelnden Augen rückte sie näher. Die Ellenbogen auf den Tisch aufgestellt und die Finger ineinander verflochten, lauschte sie konzentriert den Erklärungen. Sie hatte sich schon immer für Angriffstaktiken interessiert. »Football scheint ein echt strategisches Spiel zu sein.«

»Das ist es!« Joshua nickte anerkennend.

Eine Kellnerin brachte die Getränke. Den Rücken durchgedrückt und den Po herausgestreckt, damit der dunkelrote Stoff der Hotpants schön an den Backen spannte, beugte sie sich über den Tisch, um die leeren Biergläser einzusammeln. Dann streifte die Rothaarige mit ihren Doppel-Ds Rubens Arm und streichelte als Entschuldigung seine Schulter. Noch im Gespräch mit Joshua vertieft, legte Tamia besitzergreifend die Hand auf seinen Oberschenkel. Die Kellnerin musterte Tamias Brüste und rümpfte die Nase.

In diesem Moment ging ein Jubeln durch die Bar. Die Spieler liefen als lebensgroße Hologramme über den Platz. Tamia interessierte sich nicht weiter für die andere Frau, sondern folgte Joshuas Fingerzeig, als er die einzelnen Spieler mit Namen und Position vorstellte. Eine Sängerin setzte sich an den E-Flügel, der zwischen den beiden Mannschaften stand, und schmetterte eine Soul-Version der Nationalhymne. Joshua stand auf, legte seine Faust auf die Brust und stimmte mit ein. Er war nicht der einzige Fanatiker, die Mehrheit der Gäste hatte sich erhoben und eine ehrfürchtige Miene aufgesetzt. Tamia ließ sich von der feierlichen Stimmung in der Bar mitreißen, sie stellte sich neben Joshua und trällerte »The Star-Spangled Banner«, obwohl sie den Text nur lückenhaft kannte.

Tamia war voll auf das Halbfinale konzentriert und freute sich jedes Mal, wenn Joshua sich vom Hologramm losreißen konnte, um ihr einen Spielzug zu erklären. Unterm Tisch jedoch lag ihre Hand auf Rubens Schenkel, ihre Finger mit seinen verschränkt. Wenn sie unbeobachtet waren, warf Tamia ihm einen kurzen Blick zu und lächelte – und Ruben ließ das Grübchen über seine Wange huschen.

Auch in der Halbzeit stellte Joshua sein Gelaber nicht ab, entweder regte er sich über den Scheißschiedsrichter auf oder freute sich über die coolen Moves der Spieler. Tamia war hin- und hergerissen zwischen der Art, wie Joshua die Angriffstaktiken der letzten Spielzüge erklärte, und der Diskussion der anderen beiden Männer, die um die Notwendigkeit der realistischen Darstellung von Hologrammen hinsichtlich der unter den Röcken hervorblitzenden Höschen der Cheerleader ging. Ben, der bereits drei bierglashohe Burger verdrückt hatte, bestellte das Abendessen für den gesamten Tisch, und bald darauf erschien wieder die rotgelockte Kellnerin.

Sie quetschte sich an Ruben vorbei, obwohl auf der anderen Seite des Tisches genug Platz war, und hielt ihren Ausschnitt unter seine Nase. Ohne Tamia, die sich eine Erdnuss in den Mund schnippte, beziehungsweise die Brüste aus den Augen zu lassen, stellte die Kellnerin das Essen und die Getränke auf den Tisch. »Davon werden sie auch nicht größer«, zischte sie und sammelte die leeren Gläser ein.

Was fällt der dummen Schnepfe ein? Tamia schnappte die Schale mit den Erdnüssen und leerte den Inhalt, als würde sie Alkohol auf Ex trinken. Ihre Zähne mahlten geräuschvoll die Nüsse, während sie in das Schälchen zeigte. »Ist leer. Holen’se Nachschub …« Krümel rieselten aus dem Mund, was sie nicht vom Reden abhielt. »Ham’se Wurzeln geschlagen? Hopp, hopp!«

Die Kellnerin warf mit dem Handrücken die rote Lockenmähne über die Schulter, murmelte etwas von »Alexis«, bevor sie in ihren weißen Stiefeln davonstöckelte.

Lachend nahm Joshua sein Basecap mit dem zornigen roten Vogel ab und setzte es Tamia auf. »Du wolltest doch ein Team-Outfit. Hast du dir verdient.«

»Wieso?«

»Du bist sie losgeworden«, erklärte Ben. Ihn kümmerte es nicht, dass er die privaten Geschichten seiner Kameraden auspackte. »Sie lässt Moore nicht in Ruhe, obwohl es mit Alexis bereits eine Auseinandersetzung gab.«

»Wer ist Alexis?« 

»Schneewittchens Frau.«

Tamia zog die Stirn kraus. Weniger aus dem Grund, dass der Mann, der das Gegenteil von schneeweiß war, Schneewittchen genannt wurde, sondern weil sie begriff, weshalb die Kellnerin so arschig war: Tamia hatte sich prächtig mit Joshua amüsiert. Doch im Gegensatz zu der Rothaarigen wusste sie, wo die Grenzen waren. Selbst wenn sie etwas von Joshua wollte – attraktiv war er alle Fälle! – würde sie ihn nicht anrühren. Tamia führte zwar ein lockeres Liebesleben, vergebene Männer waren tabu! »Sie hat echt keine Skrupel …« 

»Moira kann bloß nicht noch eine Abfuhr auf sich sitzen lassen … Wenn Sancho sie schon nicht mehr an sich ranlässt.«

Nicht mehr? Tamia zuckte zusammen. War die Kellnerin etwa Rubens Freundin gewesen? Hatte er nicht vorhin erst gesagt, dass er diese Bezeichnung scheiße fand und sich davon distanzieren wollte? Tamia konnte sich damit abfinden, nur ein Anhängsel, eine Unterhaltung oder ein Häschen zu sein, solange sie in Rubens Nähe sein durfte, aber sie akzeptierte nicht, dass diese Kellnerin Privilegien genoss, die Tamia nicht gestattet waren. Warum durfte diese blöde Kuh seine Freundin sein und Tamia nicht? Ob es an den fetten Titten und gebärfreudigen Hüften lag? Eifersucht bohrte sich wie Schrapnellkugeln durch Tamias bescheidenen Busen. Sie hasste es, so unweiblich zu sein!

»Entschuldigt mich.« Ruben stand auf, strich sich das Jackett glatt und verschwand in Richtung der Toiletten.

Bedrückt sah Tamia in das Bierglas. Der Schaum war übergeschwappt und bildete einen feuchten Kreis auf dem Tisch. Ihr wurde bewusst, dass sie den Mann, der sich Ruben Sanchez nannte, gar nicht kannte. Zwar hatte er ein paar wenige Details zu seiner Lebenseinstellung anklingen lassen und Tamia damit überrascht, doch gerade dies verdeutlichte, dass sie über ihn – und vor allem seine Vergangenheit – gar nichts wusste. 

»Ich muss mal für kleine Orchideen«, entschuldigte sich Tamia mit zuckersüßem Lächeln und verschwand auf der Damentoilette. 

Nachdem sie sich um mehrere Biere erleichtert hatte, stellte sie sich an das Waschbecken und wusch ihre verschwitzten Hände. Sie ließ sich das kalte Wasser über die Handgelenke laufen, in der Hoffnung, sich damit beruhigen zu können. Der gut beleuchtete Spiegel zeigte aber deutlich rote Flecke, die sie bei Nervosität am Hals bekam. Tamia kramte in der Handtasche nach dem Puder und fand zuerst violetten Lidschatten. 

Du solltest das ganze Zeug weglassen. Du siehst in Natura viel hübscher aus.

Sie warf den Farbstift wieder in die Tiefen ihrer Tasche. Schnell puderte sie sich die glänzenden Wangen und trat aus der Tür, wo sie eine aufgesetzt weiche Stimme hörte, die an die einer Erotikhotline erinnerte. »Was machst du nach dem Spiel?«

»Nach Hause gehen«, antwortete eine tiefe Stimme.

Vorsichtig lugte Tamia um die Ecke. Ihre Vermutung bestätigte sich: Da standen Ruben – zum Glück mit dem Rücken zu Tamia – und die Kellnerin von vorhin. 

»Nimmst du mich mit?«, säuselte die rothaarige Zicke.

»Nein.«

»Ach komm schon … meine Zunge will mit deinem schönen Schwanz spielen.«

»Nein.«

»Was bist du denn in letzter Zeit so abweisend?« Moira verzog die Lippen zu einem hässlichen Schmollmund, wie bestimmte Mädchen es auf Selfies machten. »Ich hasse es, wenn du nicht mal einen vollständigen Satz …« Sie schaute auf und sah Tamia. »Hier gibt’s nicht zu sehen. Hau ab!«

Verwundert drehte sich Ruben um. Als er Tamia sah, lächelte er erleichtert und nahm sie in den Arm.

»Ist das nicht Joshs Seitensprung?« Die Kellnerin verschränkte die Arme und warf ihrer Konkurrentin einen giftigen Blick zu.

»Nein. Sie gehört zu mir.« Mit diesen Worten beendete Ruben das Gespräch. Er führte Tamia an der Hand zurück an den Tisch. Auf dem Weg fragte er: »Du brauchst keine Erklärung, oder?«

Auch wenn Tamia darauf brannte zu erfahren, ob Moira seine Freundin oder nur eine Affäre gewesen war, verbot ihr seine autoritäre Stimme, eine andere Antwort zu geben als Nein.

Ruben hielt inne, drehte sich zu ihr um und nahm ihr Gesicht in die Hände. »Versteh mich nicht falsch. Es ist nicht der Ort für lange Unterhaltungen. Es ist das Nentucky Fried Chicken Game.« Er beugte sich herunter und küsste ihr sanft die Lippen. »Wir haben noch alle Zeit der Welt.«

Die Nadelstiche in ihrem Herzen schmeckten bittersüß. Ihre Finger verfingen sich in seinem Hemd. Tamia zog sich näher an ihn heran. »Es gibt ein nächstes Mal?«

Ruben lachte leise und es vibrierte in seiner Brust. »Warum nicht?«

»Du wolltest doch keine Freundin.«

 Ein Blick von ihm genügte, um sie zu verunsichern; ein Wort genügte, um ihre Welt zum Einsturz zu bringen. Aber er sagte nichts. Er legte sanft die Hand auf ihre Schulter und schob sie zum Tisch. 

»Da seid ihr ja endlich!« Ben zupfte Käse vom leeren Teller. Ihm hatte die Zeit, in der Tamia auf Klo war, gereicht, um die ganzen Nachos zu verputzen. »Was habt ihr so lange gemacht? Das Essen ist kalt.«

»Kalt? Du meinst wohl alle.« Ruben setzte sich, und als Tamia es ihm gleichtun wollte, zog er sie auf seinen Schoß. Er ließ ihr keine Gelegenheit, sich zu wehren, und gab ihr einen Kuss. Direkt vor seinen Freunden.

»Die Kleine hat was Besseres verdient als dich«, meinte Joshua. »Verkack es bloß nicht.«

»Kümmere dich um deinen eigenen Kram, Schneewittchen.«

Tamia ließ Ben die Pommes von ihrem Teller stibitzen, dafür wollte sie die Antwort zu dem Mysterium. »Warum nennt ihr ihn immer Schneewittchen?«

»Na ja, Haut so schwarz wie Ebenholz, Zähne so weiß wie Schnee …« Eine zweite Pommes folgte in seinen Mund. »Und Augen nach durchzechten Nächten so rot wie Blut unterlaufen.«

»Passt außerdem gut zu Brons. Schneewittchen und die sieben Berge«, fügte Ruben nüchtern hinzu.

Tamia lachte laut auf. Ein Berg war Ben alle Male. »Und wer bist du?« Sie strich über die Hand an ihrem Bauch.

Mit geheimnisvoller Miene zuckte er die Schultern. Vielleicht hätte er sein Geheimnis wahren können, wenn sie zu zweit gewesen wären. So verrieten ihn aber die anderen beiden. »Die böse Stiefmutter natürlich.«

»Das Spiel beginnt!«, rief Ruben.

Joshua grinste breit. »Ihr beide seid euch zu ähnlich. Ihr weicht aus, wenn es kritisch wird.«

Umso näher sich das Spiel dem Ende zuneigte, desto angespannter wurde Joshuas Ausdruck. Erst bildete sich eine konzentrierte Falte zwischen den Brauen, dann traten seine Kiefermuskeln hervor, schließlich verkrampften sich seine Hände zu Fäusten, sodass er nicht einmal mehr sein Bierglas anrührte. Tamia brauchte nicht auf den Spielstand zu sehen, um zu wissen, dass es schlecht um die Arizona Cardinals stand. Obwohl das Team nur wenige Punkte im Rückstand war, reichten die letzten Sekunden nicht aus, um den Ausgleich zu schaffen. Joshua vergrub sein Gesicht in den Händen und Ben war trotz Alkohol blass um die Nase. Acht Sekunden.

»Warum steht der Quarterback so weit hinten?«, wollte Tamia wissen, als die Cardinals das letzte Mal angreifen durften, doch keiner antwortete ihr. 

Die Spieler, die sich Receiver nannten, stürmten in das gegnerische Feld. Nun ahnte Tamia, dass das Team in der letzten Sekunde einen verzweifelten Spielzug versuchte, obwohl es sinnvoller war, sein Geld beim Lotto zu verschwenden, als den Ball auf gut Glück über das gesamte Feld zu werfen. Doch genau dies geschah.

Fünf, vier, … Der Quarterback holte zu einem langen Vorwärtpass aus. Der Moderator kommentierte aufgeregt, wie der Ball der im hohen Bogen über das Feld flog. Zwei, eins. Einer der Receiver sprang zwischen den Gegnern hoch, schnappte sich das Ei und hämmerte es hinter die Ziellinie.

»Touchdown! Das gibt’s ja nicht! Touchdown!« 

Das Stadion brüllte, die Bar brüllte, Tamia und Joshua sprangen brüllend auf und schlugen ein. Hinter ihr jubelte Ruben – laut genug, dass sie es trotz des Lärms hörte. Überrascht, jedoch mit fröhlichem Lachen drehte sich Tamia zu ihm um. Der Mann besaß außer Wut ja noch andere Gefühlsregungen! 

Bevor Ruben sie umarmen konnte, überrollte ihn der Fels. Zusätzlich kam Josh angesprungen, sodass Ruben in dem undefinierbaren Männerknäuel verschwand. Langsam lösten sie sich voneinander. Ben bestellte Bier für die Runde – und ihm etwas zu essen. Sie feierten den Sieg der Arizona Cardinals, bis nur noch die Ausdauernden in der Bar hockten. 

Tamia leerte ihr letztes Getränk, nahm ihre Handtasche und knickste zum Abschied. »Auf Wiedersehen, Mr. Moore. Auf Wiedersehen, Mr. Bronson.«

»Du fährst sie doch nach Hause, oder?« Joshua boxte Ruben gegen die Schulter.

Heimlich stahl sie Ruben einen Kuss, dann hopste sie kichernd zur Tür. Sie musste schnell hier raus! Noch ein paar Minuten länger neben diesem Mann und sie würde sich nicht mehr zurückhalten können. Sie würde sich bei ihm anschmiegen und seinen Duft inhalieren, bis ihr schwindlig vor Glück wurde. »Es geht schon. Ich wollte schon immer mal U-Bahn fahren!« 

Ben winkte sie zurück. »Diese Gegend ist nichts für kleine Mädchen.«

»Danke, dass ihr euch Sorgen macht.« Tamia straffte die Schultern und legte das kindliche Lächeln ab. Sie zwinkerte Joshua zu, der von Anfang an geahnt hatte, dass sie als Soldatin arbeitete. »Ich kann auf mich aufpassen.«

Schließlich drehte sie sich um und lief los. Noch fühlte sie sich berauscht vom heutigen Abend. Dieses Gefühl wollte sie genießen, bevor sie die pessimistischen Gedanken einholten. Sie wollte noch ein bisschen fliegen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Cheezu
2015-09-02T19:53:34+00:00 02.09.2015 21:53
Ohhh, ich liebe Ruben einfach... Q__Q
Ich kann von dem Chara nicht loslassen... :P
Die beiden Kapitel haben mir den Tag nun gerade noch mehr versüßt.
Okay, ich muss zugeben, beim "Sugardaddy" habe ich die Passagen über den Sport übersprungen, das ging mir nun gar nicht rein... Und diesen Ben finde ich auch irgendwie schmierig...
Aber der Rest war - wie immer- TOPP! :D

Ich bitte schnell um Nachschub, Frau Vickie!!
Antwort von:  Cheezu
02.09.2015 21:54
Und Tam hat mal wieder ein Mundwerk!!
.... Die Mädels abfisten... also bitte! Ruben sollte ihr das austreiben!
Antwort von:  Vickie
03.09.2015 08:21
Freut mich sehr, dass du Spaß an den Kapiteln hattest. :D
Und ja, Ruben wird es ihr austreiben.
(Sport ist ja üüüberhaupt nicht mein Ding. Aber der Atmosphäre wegen, find ich, mussten diese paar Zeilen sein, die mich monatelange Recherche gekostet haben XDDD)

Nachschub?
Jawohl, Ma'am! Vielleicht schaffe ich das bis Ende der Woche.
Von:  DieJESSYcA
2015-08-13T20:47:57+00:00 13.08.2015 22:47
Schon wieder 10 Uhr o.o
Naja, wie passend, dass jetzt Kapitel 10 komme :D (ohh... der war schlecht)

der seit dem ersten Tag nur vernichtende Blicke für sie übrighatte. Da fehlt ein Leerzeichen

Hey, Sancho! xDD Sancho xDD

deshalb sie hielt den Mann zurück Überarbeiten den Satz du musst

»Fünfhundert Dollar für den Abend. Zahlen Sie zweihundert drauf, ziehe ich mich aus. xD ich brech gleich ab xDD

Ohhh! Da fällt mir was ein zum Thema Sportbar! Ich war ja in Vegas und DAMN, ich sag dir! Ich war noch nie in so einer verrückten Bar gewesen! o.o
Da hingen ungelogen ÜBERALL Monitore an den Wänden, da war keine freie Stelle mehr (außer es war mal ne Tür irgendwo)! Und es war laut, die Kellnerin (die wirklich ne Hübsche war), musste eigentlich permanent schreien, damit man sie verstehen konnte und umgekehrt mussten wir sie auch anschreien xD Scheiße, das war echt zu viel für mich o.o
Kurioserweise sind auf den Bildschirmen verschiedene Sachen gelaufen o.o Keine Ahnung xD Also ein Drittel hat irgendein Sportevent gezeigt, ein anderes Drittel hat ein anderes Event gezeigt und auf dem Rest lief Werbung^^' Ich war froh, als wir wieder draußen waren aus dem "Blondies". Die Bedienungen waren übrigens alle brünett xD
Also ... ich denke mal, dass nicht jede Sportbar so ist ... ich hoffs, weil sonst wird man da ja echt nur blöde xD

entweder regte sich über den Scheißschiedsrichter auf da fehlt ein "er"

Die arme Tamia o.o
Ist schon irgendwie scheiße, wenn man plötzlich ne Ehemalige seines Geliebten trifft und einem klar wird, dass der Kerl auch mal Augen für ne andere hatte.

»Ich muss mal für kleine Orchideen« Haha, ist das ne Anspielung auf den weiblichen Intimbereich? xD

»Nein. Sie gehört zu mir.« Haaahhh... das geht runter wie Öl

Ein Blick von ihm genügte, um sie zu verunsichern; ein Wort genügte, um ihre Welt zum Einsturz zu bringen. Gott, ist das schön ... *__* Tamia ist im ja völlig verfallen ♥

»Na ja, Haut so schwarz wie Ebenholz, Zähne so weiß wie Schnee …« OMG xDD Und die roten Augen! XD Sau lustig!

Ahhh, das Kapitel war ungemein unterhaltsam! :D
Ich fand es echt schön, dass man auch mal einen Blick in Rubens Privatleben werfen konnte und seine Kumpels find ich ja zum Schießen! xD
Und dass er so zu Tamia steht, freut mich auch total *__*
So und jetzt bin ich auf Kapitel 11 gespannt *__* Jemand hat mir gezwitschert, dass es abgehen wird u.u


Liebe Grüße ♥

♪♫

Antwort von:  Vickie
13.08.2015 23:01
Es freut mich, dass ich dich amüsieren konnte. "Sancho" habe ich übrigens (ungefragt) von m0nstellar geklaut.
Und jetzt ein bisschen klugscheißen: http://www.duden.de/suchen/dudenonline/%C3%BCbrighaben

Verrätst du mir, wer dir verraten hat, dass es im nächsten Kapitel wieder etwas wärmer wird? XD
Von:  Cherriden
2015-08-06T19:22:15+00:00 06.08.2015 21:22
Wohoo!! Du hast es geschafft :D
Congratulations!! ;)

Es ist richtig spitze geworden. Besonders der Anfang hat mir unglaublich gut gefallen.

»Ist nicht kompliziert: Mit gespreizten Beinen daliegen und mit großen langen Dingern spielen.«
Ich hab mich regelrecht weggeschmissen, als ich das gelesen habe ^^

Wie gesagt, ganz große Klasse.

Viele liebe Grüße
Antwort von:  Vickie
06.08.2015 22:14
Dank dir! Ey. Wirklich.

Ich freu mich mega, dass du das Kapitel magst. *zitterschweiß wegwisch*
Von:  Sakura_Jen
2015-08-06T19:04:47+00:00 06.08.2015 21:04
Also ich hab die ff diverse male gesehen, als ich was neues zum lesen gesucht habe, dachte mir aber immer: "Das interessiert dich eh nicht!" Jetzt hab ich mich doch durchgedrungen die Story zu lesen und bin froh darüber!
Schöne interessante Geschichte!
Bitte schreib schnell weiter :D
Antwort von:  Vickie
06.08.2015 22:13
Schön, dass es dir gefällt. :D
Das nächste Kapitel kommt bald. Sehr bald.
Von:  Satomi
2015-08-05T22:23:59+00:00 06.08.2015 00:23
Ich traue mich mal einen Kommentar abzugeben ... ich verstehe selbst wenig von dem American Football, aber bei den Beschreibungen deiner Handlung hat man richtig mitfiebern können, da macht es nicht, dass du Monate für dieses Kapitel gebraucht hast.
Ist nen super Kapitel geworden. Ich hoffe, dass das nächste Kapitel nicht gleich einen Gefühlszusammenbruch von Tamia herbei führt.
Irgendwie ist es auch niedlich, wie besitzergreifend Ruben bei ihr ist ... er würde für sie töten oder?
Wer ist eigentlich wem mehr verfallen ... sie ihm oder er ihr? xD
Nächtliche Grüße
Sato~
♪♫~
Antwort von:  Vickie
06.08.2015 10:26
Aw~ Danke für dein Kommi ♥
Ich wusste gar nicht, dass du die Story liest ^3^

Wann es zum Tief kommt, verrate ich nicht. Aber man merkt am Text, dass es noch zum großen Gefühlszusammenbruch , nicht wahr? XD

Klar würde er für sie töten. Das tut er in der Originalstory auch. In der Animexx-Story kommt es aber nicht vor, weil sie nur ein Ausschnitt vom Gesamten ist.

Wer wem mehr verfallen ist? Hm...
Im aktuellen Kapitel ist Tam sich zumindest bewusst, wie sehr sie ihm verfallen ist. Ruben hingegen wehrt sich noch ein bisschen. Er muss es sich selbst noch eingestehen, dass Tamia mehr ist als ... als ... öh... Unterhaltungshäschen.


Zurück