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Last Desire 4.5

Another Desire
von

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Ein spontaner Besuch

Selbst nachdem sich Andrew vollständig wieder erholt hatte und auch sein Fieber wieder abgeklungen war, durfte er erst mal keine anstrengenden Aufgaben übernehmen und nachdem auch die wöchentliche Wartung am Gedankenschaltkreis erledigt war, ging Oliver meist wieder halbtags zur Arbeit, da sich offenbar ein sehr wichtiges Projekt in der Endphase befand und er noch einiges programmieren musste, damit auch alles lief. Aber irgendwie waren sie sich seitdem nicht ein einziges Mal näher gekommen und auch Andrew war sich nicht so wirklich sicher, woran das lag. Es verunsicherte ihn auch so ein bisschen, denn irgendwie hatte er ja schon erwartet, dass sich irgendetwas ändern würde, nachdem Oliver ihn schon dazu motiviert hatte, es einfach mit einer neuen Beziehung zu versuchen. Und normalerweise hieß es doch, dass man als Verliebter Schmetterlinge im Bauch hatte und an nichts anderes mehr denken konnte, als an seinen Liebsten. Natürlich wusste er, dass es nicht bei jedem gleich war und außerdem hatte er tief in seinem Herzen immer noch Gefühle für Beyond, aber es war auch Tatsache, dass er oft an Oliver dachte. Trotzdem wusste er manchmal nicht mit absolut fester Überzeugung, dass es auch wirklich Liebe war. Seinen eigenen Gefühlen vertraute er für gewöhnlich nicht, denn die hatten ihn schon oft genug in die Irre geführt. Und er wollte auch Oliver keine falschen Hoffnungen machen oder ihn irgendwie verletzen. Ach Mensch, was sollte er denn bloß tun? Bei wem konnte er Rat suchen? Ridley schied aus, der war Olivers bester Freund und der hatte wegen diesem Projekt bei Vention ohnehin viel zu tun. Frederica war genauso wie Dr. Brown spurlos verschwunden (ihn hätte er sowieso als allerletzten Menschen auf der Welt gefragt) und Beyond wäre der Letzte, den er fragen wollte. Also wer blieb denn da bitteschön? Er kannte doch sonst niemanden. Doch da fiel ihm jemand ein, den er vielleicht fragen konnte. Beyonds Adoptivschwester Rumiko hatte ihm ihre Telefonnummer gegeben, falls er einen Rat brauchte und sich nicht an Beyond oder L wenden wollte. Ob das auch wirklich in Ordnung war, sie mit seinen Problemen zu belasten? Nun ja, Beyond hatte jedenfalls gesagt, dass sie die absolute Experten für solche Beziehungen war, weil alle ihre männlichen Freunde schwul waren und sie war immerhin die berühmte Mama Ruby, die ja jeder in der Schwulenszene von Boston kannte. Und wer sie noch nie persönlich getroffen hatte, der hatte doch zumindest von ihr gehört. Also wählte er ihre Nummer und es dauerte nicht lange, da meldete sie sich auch schon. Dabei hörte sie sich aber an, als hätte sie gerade geheult. „Ähm, guten Tag Rumiko. Ich bin’s, Andrew. Entschuldigung, aber rufe ich gerade ungelegen an?“

„Nein, überhaupt nicht. Alles in Ordnung, es sind nur die verdammten Schwangerschaftshormone, die lösen ständig bei mir Gefühlsschwankungen aus. Aber sag schon, wie geht es dir denn? Beyond hat auch schon überlegt, bei dir mal nachzufragen, aber er wollte dich nicht bedrängen und er weiß ja, dass du erst mal Abstand brauchst.“

„Mir geht es soweit gut hier. Oliver kümmert sich gut um mich und ich hab mich gerade von einer Bronchitis erholt. Aber… irgendwie hab ich gerade ein kleines Problem und ich weiß nicht wirklich weiter. Und da du dich mit solchen Sachen am besten auskennst, dachte ich, ich kann dich fragen.“ Er brauchte nicht näher darauf einzugehen, Mama Ruby ahnte schon, was da los war und man konnte deutlich heraushören, dass sie grinste. „Na wer glaubt’s denn? Du und Oliver habt was miteinander? Nun ja, ich finde ihn ein kleines bisschen unverschämt, aber…“

„Er ist ein bisschen frech und unkonventionell, das stimmt. Aber er hat ein wirklich großes Herz. Egal was ist, er baut mich immer wieder auf und weiß Rat.“

„Und seid ihr euch auch schon irgendwie näher gekommen?“

„Letzte Woche. Wir kamen von einer Feier und ich war ein wenig angetrunken und ich glaub, ich war auch ein kleines bisschen high. Aber da ist es eben passiert und danach ist es ein wenig drunter und drüber gelaufen.“ Andrew erzählte ihr, was nach der Feier passiert war und wie er von Olivers Beziehung mit Elijah vor zehn Jahren herausgefunden hatte und welche Geschichte sich dahinter verbarg. Rumiko hörte ihm aufmerksam zu und war selber sehr bewegt von der Geschichte, aber dann kam Andrew auf sein Dilemma zu sprechen. „Während ich krank war, ist Oliver kaum von meiner Seite gewichen. Aber seitdem es mir besser geht, da läuft es eigentlich wieder genauso wie vorher auch schon. Ich weiß echt nicht, ob es an mir liegt und ich irgendwie zu viel erwarte… Wie siehst du das?“ Eine Weile musste die schwangere Musiklehrerin überlegen. Über Telefon war das ja nicht so einfach zu klären, aber sie wohnte direkt nebenan von L und Beyond und den beiden wollte er erst einmal aus dem Weg gehen. Schließlich aber schien sie eine passende Antwort gefunden zu haben. „Weißt du Andrew, vielleicht machst du dir einfach zu viel Sorgen und machst aus einer Mücke gleich einen Elefanten. Dass Oliver dir nicht näher gekommen ist, kann doch verschiedene Gründe haben. Vielleicht will er dich nicht bedrängen und dir den ersten Schritt überlassen, weil er weiß, wie unsicher du in vielen Sachen bist. Oder womöglich will er sich zurückhalten, weil er denkt, dass du gerade erst wieder gesund bist und vielleicht noch etwas Schonung brauchst. Vielleicht beschäftigt ihn ja auch gerade etwas und er ist deshalb etwas abgelenkt. Nur weil zwischen euch wieder eine gewisse Normalität eingekehrt ist, heißt das noch lange nicht, dass es auch so zwischen euch weitergeht. Jede Beziehung ist anders. Manche turteln den ganzen Tag miteinander herum wie frisch verliebte Teenager, manche brauchen erst mal eine Weile, bis sie sich an diese neue Situation gewöhnt haben. Meistens sind das Freunde, die sich plötzlich ineinander verliebt haben und erst mal versuchen müssen, von dieser Freundschaftsschiene herunterzukommen. Bei dir ist es so, dass du einfach zu viel von dir selbst verlangst. Du erwartest gleich die großen Gefühle und dass sofort alles perfekt läuft. Aber das muss es nicht immer. Ich weiß ja, dass das alles noch so neu für dich ist und dass du nicht viel positive Erfahrung hast, was Beziehungen betrifft. Eben deshalb erwartest du einfach zu viel und hast zu große Erwartungen an dich selbst. Wenn du einen Tipp willst: schalt einen Gang zurück und sprich offen und ehrlich mit Oliver. Wenn er dich so sehr liebt, wie du mir erzählt hast, dann wird er Verständnis haben und dann klärt sich auch alles. Und keine Sorge, dieses Gespräch bleibt unter uns beiden, versprochen! Ich sag Beyond nur Bescheid, dass es dir ganz gut bei Oliver geht, okay? Sonst kommt der gar nicht mehr zur Ruhe. Über deine Beziehung sage ich aber erst mal nichts, das überlasse ich dir!“ Er bedankte sich bei Rumiko und fühlte sich sogleich viel besser. Vielleicht hatte sie ja Recht und er erwartete einfach viel zu viel auf einmal und war deshalb wieder so verunsichert. Ich sollte wirklich mal einen Gang zurückfahren und aufhören, alles immer so überstürzen zu wollen, nur um dann wieder so dermaßen verunsichert zu werden, weil es dann nicht so läuft. Oliver geht es doch auch immer so ruhig an, ich sollte mir das auch mal angewöhnen. Und womöglich stimmt das ja auch und er wartet irgendwie darauf, dass ich den ersten Schritt mache, weil er mich nicht bedrängen will und Rücksicht auf mich nimmt. Vielleicht sollte ich ihm einfach mal zeigen, dass ich es ernst meine. Aber wie denn? Andrew kam schließlich eine Idee: er konnte Oliver doch besuchen gehen. Ja, das sollte er machen. Damit würde Oliver nicht rechnen und wer weiß, vielleicht freute der sich ja. Also setzte sich Andrew an den Computer, suchte die Adresse heraus und suchte gleich nach einer Möglichkeit, wie er am besten dorthin kam. Zu Fuß brauchte er mindestens zwei Stunden und bis dahin war Oliver längst wieder zurück. Also suchte er sich öffentliche Verkehrsverbindungen raus und wurde auch fündig. Super, dann war das ja schon mal geklärt. Andrew schrieb sich alles auf, dann schnappte er sich seine Jacke und seinen Schal und machte sich auf den Weg. Auch wenn er schon seit zehn Jahren in Boston lebte, kannte er sich dort überhaupt nicht aus. Nun gut, es lag ja auch daran, weil er das Institut entweder nicht verlassen konnte oder durfte. Und erst seit ein paar Wochen hatte er etwas anderes zu Gesicht bekommen, als das Innere des Gebäudes. Deshalb dauerte es auch eine ganze Weile, bis er sich hier noch zurechtfinden würde. Glücklicherweise wusste er sich zu helfen und er hatte sich alles aufgeschrieben. Nach knapp einer halben Stunde Fahrt stieg er aus und fuhr noch mal zehn Minuten mit einer anderen Linie, bis er endlich den Firmensitz von Vention erreichte. Es war ein gigantischer Bau und man sah auch deutlich, dass dieser noch nicht lange hier stand. Tatsächlich hatte Vention vorher seinen Hauptsitz in New York gehabt, war dann aber Boston verlegt worden. Vention besaß auch im Ausland diverse Zweigstellen, auch in England, wo Ridley mit seiner Familie zuvor gelebt und dort auch Oliver und Elijah kennen gelernt hatte. Dann war die Konzernleitung vor zehn Jahren an Ridleys Vater übergegangen, nachdem der Großvater in den Ruhestand gegangen war und da Oliver mit den Tanners gut befreundet war, hatten diese ihm direkt eine Stelle angeboten und daraufhin war er ihnen nach Amerika gefolgt. So zumindest war die Geschichte, die Oliver ihm erklärt hatte.

Gleich am Eingang wurde Andrew abgefangen und ins Kreuzverhör genommen. Zwar versuchte er zu erklären, dass er Oliver besuchen wollte, aber so ganz schien man ihm nicht glauben zu wollen und erst Ridley konnte Licht in die Angelegenheit bringen und alles klären. Sofort brachte dieser ihn ins Innere des Gebäudes und erklärte den ganzen Trubel. „Sorry Andrew, aber bei Vention gelten sehr strenge Sicherheitsvorkehrungen, weil wir immerhin an neuartiger Technologie forschen. Und da ist das Risiko der Spionage sehr hoch und wir wollen natürlich auch verhindern, dass unsere Sachen geklaut und verhökert werden. Ich lass dir einen Besucherausweis ausstellen, dann kommst du problemlos durch. Und wenn dich jemand aufhalten sollte, dann sag denen einfach, sie sollen mich fragen.“

„Danke, Ridley. Nun ja, das Ganze war auch recht spontan…“

„Du wolltest Olli besuchen, oder? Nun, der wird sich wahrscheinlich noch mit Dr. Cynthia Rickfield besprechen. Hoffentlich geht das gut mit denen…“

„Wieso? Verstehen sich die beiden etwa nicht?“

„Wie man’s nimmt. Das mit den beiden ist echt kompliziert. Oliver geht ja recht locker mit den Kollegen um und nimmt Sticheleien oder harmlose Flirts gelassen hin. Aber Dr. Rickfield kann ein wenig schwierig sein.“ Sie gingen durch ein ganzes Labyrinth von Treppen und Gängen und wollten gerade durch eine Tür gehen, da kam ein Anzugträger mit Brille herbeigeeilt und rief „Mr. Tanner, Sie werden dringend im Konferenzraum C erwartet. Es geht um die Vertragsabwicklung mit Russland.“ Ridley seufzte und schüttelte den Kopf. „Dieser verdammte Petrow hat doch schon sämtliche Papiere vorliegen und wir haben bereits alles mehrmals duchgekaut. Was will er jetzt wieder?“

„Es geht um ein paar „Ungereimtheiten“. Aber er wollte die Details mit Ihnen persönlich klären.“

„Okay, ich komm sofort.“ Und damit wandte er sich Andrew zu. „Entschuldige, aber ich muss eben abzischen. Du gehst einfach den Gang durch zu Labor 4.10. Dort wirst du Oliver schon finden.“ Damit verabschiedete sich Ridley von ihm und ging mit dem Anzugträger davon. Andrew folgte seiner Wegbeschreibung und hatte dann tatsächlich das genannte Labor erreicht. Er hörte auch bereits Stimmen hinter der Tür und eine davon gehörte eindeutig Oliver. Ohne großartig zu überlegen öffnete er deshalb die Tür und was er da sah, ließ ihn gleich die Sprache verschlagen. Fassungslos sah er, wie Oliver auf einem Tisch lag und eine Frau sich über ihn gebeugt hatte, die ihre Bluse ausgezogen hatte und nur noch einen schwarzen Spitzen-BH trug. „Jetzt hab dich doch nicht so, Oliver. Wir beide sind füreinander bestimmt und das Kind ist von dir.“

„Jetzt geh endlich von mir runter, Cynthia und hör auf mit dem Quatsch.“ Mit Mühe gelang es ihm, die Frau von sich zu stoßen und sich wieder aufzurappeln. Erst jetzt sah er Andrew in der Tür stehen und die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Andy, was machst du hier?“ Doch dieser antwortete nicht, denn er war noch völlig geschockt von der Situation und sah, wie die Frau hastig wieder ihre Bluse anzog. „Oliver“, rief sie und sah Andrew mit einem eiskalten und herabwürdigenden Blick an. „Wer ist dieser Mann und was hat er hier zu suchen?“

„Das ist mein Freund Andy.“ Damit ging Oliver zu ihm hin und legte einen Arm um seine Schultern. Dieser sagte immer noch nichts und verstand nicht, was hier vor sich ging und was Oliver überhaupt mit dieser Frau zu schaffen hatte. Aber man sah ihm deutlich an, dass er genervt war. Sein Haar war offen und ein wenig zerzaust. Die Frau sah die beiden an und fragte dann „Was meinst du damit?“ „Dass wir beide ein Paar sind. Also hör endlich mit deinen bescheuerten Aktionen auf und lass mich in Ruhe. Das mit dir war bloß ein One-Night-Stand und bevor du mir noch ein Kind andrehen willst, will ich erst einen Vaterschaftstest machen lassen, okay?“ Doch sie hörte nicht richtig hin, denn so ganz hatte sie wohl noch nicht realisiert, was Oliver ihr da gerade gesagt hatte. Dann aber entgleisten ihr die Gesichtszüge und sie schrie förmlich „Du bist mit einem Mann zusammen? Willst du mich auf den Arm nehmen?“

„Du wusstest doch, dass ich bi bin, also tu hier nicht so überrascht, Cynthia. Und ich sag es noch mal klar und in aller Deutlichkeit: ich will nichts von dir und das mit uns war eine einmalige Sache, das habe ich dir schon oft genug gesagt und so langsam habe ich die Faxen dicke. Ich hab Walden und Ridley nichts gesagt, weil ich dachte, du würdest irgendwann aufhören und Berufliches und Privates voneinander trennen können, aber wenn du weiter so machst, dann knallt es noch richtig zwischen uns und dann bin ich mal gespannt, was die wohl machen werden. Auf deine Belästigungen habe ich keine Lust und ich lass mir hier von dir auch kein Kind unterschieben. Nicht, bevor ein Vaterschaftstest gemacht wurde und ich den Beweis klar und deutlich vor mir liegen habe. Ich liebe Andy und daran wird sich auch nichts ändern. Krieg das endlich in deinen Kopf rein.“ Und damit verließ Oliver das Labor und nahm Andrew gleich mit. Er war auf 180 und bis dahin hatte der 25-jährige ihn noch nie so erlebt. Normalerweise blieb Oliver ruhig und gefasst und sah alles ganz locker, aber offenbar musste schon einiges mit dieser Frau vorgefallen sein, dass er so stinksauer war. Sie gingen runter ins Erdgeschoss und dann zum Außengelände, dann setzten sie sich erst mal auf eine Bank. „Sorry Andy, das war gerade ein echt ungünstiger Zeitpunkt gewesen, um reinzuschneien.“

„Hat man gesehen“, murmelte er und sah zu Boden. Oliver fischte sich eine Packung Zigaretten aus seiner Jackentasche, holte einen Glimmstängel heraus und zündete ihn an, bevor er einen tiefen Zug nahm. „Sie scheint wohl ziemlich auf dich zu stehen, oder? Du hattest was mit ihr?“ „Es war ein One-Night-Stand. Wir waren vor knapp zwei Monaten auf einer Feier, hatten ziemlich was getrunken und dann ist es eben passiert. Für mich war es eine einmalige Sache, weil sie für mich nur eine Kollegin ist. Aber sie ist leider eine von der Sorte, die nicht locker lässt. Und sie lässt wirklich nichts unversucht und das nervt eben. Aber ich wollte sie auch nicht direkt anschwärzen, weil sie im schlimmsten Fall ihren Job verlieren würde. Ich dachte, wir könnten Berufliches und Privates trennen, aber anscheinend hat das nicht funktioniert und jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als den Vorfall zu melden. Denn sonst gibt sie nie Ruhe. Und dann kommt sie auch noch damit an, sie wäre schwanger von mir. Nun gut, wir beide waren angetrunken, aber ich hab immer aufgepasst, eben weil ich genau so etwas vermeiden will. Wahrscheinlich aber täuscht sie das nur vor, damit sie mich überreden kann, oder aber sie hat es von einem anderen Kerl und will es mir unterschieben. Und wenn es wirklich von mir sein sollte, dann muss was schief gelaufen sein.“ Andrew schwieg und musste daran denken, dass diese Frau tatsächlich ein Kind von Oliver haben könnte. Was würde dann passieren und wie würde es mit ihnen weitergehen? Irgendwie hatte er sich diesen Besuch etwas anders vorgestellt und schließlich fragte er „Was wirst du tun, wenn das Kind tatsächlich von dir ist?“

„Dann werde ich die Verantwortung übernehmen und auch den Kindesunterhalt zahlen. Ich werde natürlich auch für das Kind da sein und ihm ein Vater sein. Aber das würde nichts daran ändern, dass ich nichts von ihr will und auch niemals mit ihr anfangen möchte. Aber noch steht nicht fest, ob sie tatsächlich schwanger ist und ob das Kind von mir ist. Tut mir echt leid, dass du das miterleben musstest. Aber sag schon, wieso hast du nicht angerufen, dass du herkommen wolltest?“

„Ich wollte dich überraschen.“

„Echt süß von dir, wenn es nicht so dermaßen in die Hose gegangen wäre, aber damit hätte ja keiner von uns gerechnet. Aber bedrückt dich irgendetwas, oder ist es wegen Cynthia, dass du so ein Gesicht ziehst?“ Andrew sah immer noch zu Boden und dachte nach. Es war irgendwie komisch, es selbst mitzuerleben, dass Oliver auch was mit Frauen hatte, wo doch sie beide jetzt ein Paar waren. Er wusste selbst, dass er kein Interesse an Frauen hatte und bis jetzt hatte es immer nur entweder das eine oder das andere gegeben, so zumindest war seine Sicht der Dinge. Entweder hetero, oder gleichgeschlechtlich. Aber dass Oliver zwischen den Stühlen stand, war irgendwie… komisch. „Eines musst du mir erklären“, sagte er nach einigem Zögern und sah in Olivers dunkle Augen. „Wie kommt man dazu, Männer und Frauen zu lieben?“

„Nun, genauso gut könnte ich dich fragen, wieso du Männer und nicht Frauen liebst. Man entscheidet das nicht so einfach, es ist eben so. Ich suche es mir ja nicht gerade aus so nach dem Motto: heute nehme ich mal Frauen ran und morgen Männer. Und ich hatte auch nie ein Problem mit meiner Bisexualität und sowohl Ridley, als auch meine Kollegen und meine Freunde gehen ganz locker damit um. Ist das ein Problem für dich?“ Unsicher zuckte Andrew mit den Schultern und war sich nicht sicher, wie er es am besten erklären konnte. „Es war nur so komisch, dass ich von dieser Frau erfahre, wenn wir beide doch jetzt zusammen sind. Naja… und… ich hatte außerdem irgendwie das Gefühl, als wären wir beide wieder genau da, wo wir anfangs waren, seit ich wieder gesund bin. Ich gebe zu, dass ich überhaupt keine Erfahrungen mit richtigen Beziehungen habe und ich auch von mir zu viel erwarte, aber…“ Bevor er weitersprechen konnte, legte Oliver ihm einen Finger auf die Lippen, um ihn zu unterbrechen, dann küsste er ihn. Es geschah wieder so überraschend und plötzlich, dass Andrew überhaupt nicht damit rechnen konnte und so brauchte er einen Moment, um zu reagieren und diesen Kuss zu erwidern. Dann aber realisierte er, dass sie sich immer noch auf dem Gelände befanden und sie gesehen werden konnten. „Was wenn uns jemand sieht?“ „Na und? Dann sehen sie eben zwei Verliebte, die sich küssen. Ist doch nichts dabei. Es ist genauso, als würde irgendein Verheirateter hier seine Frau in Empfang nehmen und sie küssen. Und wen der Anblick stört, der hat eben Pech gehabt. Aber was mein eher zurückhaltendes Verhalten angeht, dafür gibt es eine einfache Erklärung: erstens bist du gerade erst wieder gesund und wenn du dich überanstrengst, kippst du mir noch um oder wirst wieder krank. Und außerdem wusste ich nicht so wirklich, wie ich mich dir gegenüber verhalten sollte und ob du vielleicht überfordert sein könntest, wenn ich zu direkt rangehe. Ich will dich ja nicht zu irgendetwas drängen, was du nicht willst, also wollte ich es langsam angehen, damit es dir vielleicht einfacher fällt. Und außerdem hab ich noch einige andere Dinge, die mich beschäftigen. Erst einmal muss das Projekt unbedingt fertig gestellt werden und irgendwie geht es hier gerade ein wenig chaotisch zu. Dann ist da noch die Sache mit Cynthia, die ich noch melden muss und ich hab die Nachricht bekommen, dass sich Harveys Zustand drastisch verschlechtert hat. Harvey ist der Junge im Rollstuhl, den du auf der Party kennen gelernt hast. Er lebt im Hospiz und hat nur noch knapp einen Monat zu leben, wie die Ärzte gesagt haben. Die anderen besuchen ihn so oft sie können und ich wollte auch noch mal bei ihm vorbeischauen. Aber wenn sein Zustand sich noch weiter verschlechtert, wird er die nächsten zwei Wochen nicht mehr schaffen. Und das geht eben auch ein wenig an die Nieren.“ Nun sah Andrew ihn aus einem völlig neuen Blickwinkel. Er hatte bis vor kurzem noch gedacht, dass Oliver alles egal wäre und er alles locker wegsteckte, egal was es sei, aber auch er konnte mal an Grenzen stoßen, wodurch er nicht mehr so unerschütterlich und perfekt wirkte wie sonst. Schließlich aber erhob sich Andrew und nahm Olivers Arm. „Ich glaube, du brauchst jetzt ganz dringend eine Wassermelone.“ Und als er das hörte, konnte der gebürtige Ire nicht anders, als darüber zu schmunzeln. „Da hast du wohl Recht. Okay, dann lass uns nachher gemeinsam eine vom Dach werfen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-09-29T16:52:25+00:00 29.09.2014 18:52
Ein schönes Kapitel^^ ^-^


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