Zum Inhalt der Seite

Last Desire 4.5

Another Desire
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein neues Zuhause

Die Fahrt in die Chester Avenue hatte irgendwie länger gedauert als zuerst angenommen und als sie endlich ankamen, donnerte es bereits und es sah verdächtig nach einem Gewitter aus. „Mann, Mann, Mann…“, murmelte der 26-jährige Fahrer und parkte den Wagen in der Einfahrt. „Irgendwie scheint das Wetter in Boston immer beschissen zu sein.“ Andrew Asylum sagte nichts, sondern starrte teilnahmslos aus dem Fenster und wirkte etwas trübsinnig. Ganz im Gegensatz zu O alias Oliver O’Brien, der wie immer bester Laune war und sich nicht einmal vom schlechten Wetter die Stimmung verhageln lassen wollte. „Ich hoffe, dir gefällt dein neues Zuhause.“ Das Haus, in welchem Oliver lebte, war ein ziemlich großes und sehr modern und besaß zudem ein großes Gelände. Es schien erst vor kurzem gebaut worden zu sein und wirkte sehr einladend. Allerdings gab es auch eine Sicherheitsanlage, die sofort ins Auge fiel. Grund dafür war, weil es in der Gegend hin und wieder mal zu Einbrüchen kam, wie Oliver erzählte. Das wird also mein neues Zuhause sein, dachte Andrew als er das sah. Irgendwie erschien ihm dieser Gedanke noch merkwürdig und fremd, denn es würde eine große Veränderung in seinem Leben bedeuten, nachdem er zehn Jahre lang im Institut verbracht hatte. Auch wenn er es nicht offen zugeben wollte, er hatte irgendwie Angst davor und so wirklich hundertprozentig freuen konnte er sich auch nicht darauf. Natürlich wusste er, dass es Gründe hatte, wieso er hier einziehen würde. Da er den elektrischen Gedankenschaltkreis hatte und sein Leben darauf angewiesen war, musste dieser gewartet und auch wenn nötig repariert werden, sonst würde es lebensgefährlich für ihn werden. Und nach Dr. Brown war Oliver der Einzige, der dazu fähig war, weil dieser das nötige technische Verständnis besaß und auch geschickt genug war. Da fiel die Entscheidung nun mal ganz eindeutig aus. Oliver war auch bekannt als „The Operator“, der wohl gefährlichste Cyberterrorist der Welt und er arbeitete beim weltweit größten Technologiekonzern „Vention“ als Entwickler. Er war unschlagbar in Sachen Computer und Technik, aber er galt auch als arbeitsfaul, sehr impulsiv, unberechenbar, eigenwillig und er machte nur das, wozu er gerade Lust hatte. Deshalb war er auch nicht gerade zuverlässig und hatte den Ruf weg, dass er rein gar nichts wirklich ernst nahm. Weder seine Arbeit, noch das Leben überhaupt. Andrew war nicht gerade begeistert gewesen, als er hörte, wie Oliver so drauf war, aber L hatte ihm versichert, dass er in besten Händen war, auch wenn Oliver etwas schwierig war. Nun ja, schwierig? Oliver hatte in Wammys House immer die schlechtesten Noten gehabt. Oft war es sogar vorgekommen, dass er gar nicht erst die Tests bearbeitet hatte, sondern einfach etwas anderes machte. Er machte nur dann wirklich mit, wenn ihn das Thema interessierte und wenn er für ein bestimmtes Thema Feuer gefangen hatte, dann war er unschlagbar und dann hängte er sich so sehr hinein, dass es schon fast an Besessenheit grenzte. Dann konnte er kaum noch an etwas anderes denken. Deshalb stand das O nicht nur für „Operator“, sondern auch für „Obsession“. Für Andrew stand fest, dass er sicherlich noch so seine Schwierigkeiten mit Oliver haben würde, wenn sie wirklich den ganzen Tag aufeinander hocken würden. Immerhin waren sie recht verschiedene Menschen und hatten auch unterschiedliche Ansichten. Oliver war stets gut gelaunt und schon fast sorglos, was schnell den Eindruck vermittelte, dass er sich überhaupt keine Gedanken um die Sorgen der Welt machte. Und Andrew war vollkommen anders. Er nahm Probleme immer viel zu ernst und nahm sie sich auch oft viel zu sehr zu Herzen. Oft hatte er das Gefühl, als wäre er immer schuld an allem und genau das zerfraß ihn schon seit Jahren. Dieses Denken hatte ihn damals in den Selbstmord getrieben und ihn in schwere Depressionen gestürzt. Selbst jetzt, nach über zehn Jahren hatte sich an diesem Denken nichts geändert und das belastete ihn sehr. Und oft wurde er auch von Zweifeln und Ängsten geplagt. Von Selbstzweifeln und der Angst davor, andere zu enttäuschen. Oliver hingegen kümmerte sich überhaupt nicht um die Meinung anderer und machte nur sein eigenes Ding, ohne Rücksicht auf Verluste. Und selbst wenn er dann den Karren in den Dreck gefahren hatte, zuckte er einfach lässig mit den Schultern und sagte bloß „C’est la vie!“ Diese Haltung konnte jemand wie Andrew, der die Probleme der ganzen Welt als seine eigene Schuld ansah, einfach nicht verstehen und er fragte sich schon, was diesem so sorglosen Menschen wirklich durch den Kopf ging und ob er tatsächlich so war, oder ob das nicht vielleicht nur eine Fassade war. So wie sein Lächeln, das er immer aufsetzte, wenn er von seiner Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit übermannt wurde. Nachdem Oliver den Motor abgestellt hatte, stieg er aus und holte Andrews Taschen aus dem Kofferraum. „Ich warne dich aber schon mal vor, Andy. Da drin ist es ein klein wenig chaotisch.“ „Schon gut.“ Oliver reichte knapp an die 1,82m und war damit knapp drei bis vier Zentimeter größer als Andrew. Sein schwarzes Haar war fast schulterlang und er hatte es sich der Einfachheit halber zu einem Zopf gebunden, weil er nach eigener Aussage keine Lust hatte, sich ständig zu frisieren. Auch was seine Klamotten betraf, so war er nicht wählerisch. Meist trug er einen einfachen Pullover, khakifarbene Jeans und Stiefel. Er war weder sonderlich muskulös, noch wirklich schmächtig. Sein ganzes Wesen strahlte etwas Sorgloses und Gelassenes aus, als könne ihn wirklich rein gar nichts erschüttern und tatsächlich hatte noch niemals jemand ihn wirklich wütend oder traurig erlebt. Nun gut, im Waisenhaus war er sehr schwer depressiv gewesen, da er wegen einem angeborenen Herzfehler nie mit den anderen Kindern draußen spielen durfte, weil er sonst Gefahr gelaufen wäre, einen Herzanfall zu erleiden oder schlimmstenfalls sogar zu sterben. Denn zwei Herzinfarkte hatte er schon gehabt. Aber als er dann 15 Jahre alt war und sich ein Herzspender für ihn fand, hatte er sich komplett geändert und von Depression war nicht mehr die geringste Spur zu sehen. Es schien so, als hätte man mit einem neuen Herzen auch sein Hirn ausgetauscht… Diese ganze Charakterveränderung hatte Andrew damals nur am Rande mitbekommen, da er den Kontakt zu den anderen Kindern eher gemieden hatte. Aber dennoch war es ihm so, als wäre das gar nicht Oliver, sondern eine Art Zwilling. Dabei war er damals immer so unmotiviert im Unterricht gewesen und hatte fast ständig geschwänzt, weshalb er der schlechteste Schüler von allen war. Und wirklich Interesse, eines Tages L’s Nachfolge anzutreten, hatte er auch nie gehabt. Wahrscheinlich war auch das der Grund gewesen, wieso er das ganze Lehrprogramm boykottiert und stattdessen seinen eigenen Dickkopf durchgesetzt hatte. Fragte sich, wie denn das Zusammenleben mit ihm sein würde, denn Andrew erinnerte sich nicht gut genug daran, ob Oliver ein geselliger oder ein einzelgängerischer Mensch war. Aber da er sich schon so angeboten hatte, ihn aufzunehmen, war ja eigentlich anzunehmen, dass er schon recht aufgeschlossen und offen sein musste.

Nachdenklich und immer noch verunsichert folgte Andrew ihm und gleich schon, als sie das Haus betraten, stellte sich heraus, dass Oliver gewaltig untertrieben hatte. Es war nicht bloß ein „bisschen chaotisch“, es sah aus, als befände er sich im Anfangsstadium des Messie-Syndroms. Überall lagen alte Zeitschriften und irgendwelcher Krimskrams herum. In den Ecken stapelten sich diverse Kartons und in der Küche sah es noch schlimmer aus. Auf der Spüle stapelte sich das schmutzige Geschirr und überall lag irgendetwas herum. Das Wohnzimmer, wo ein Computer und mehrere Laptops an diversen Kabeln angeschlossen waren, die über den ganzen Boden gingen und damit ziemliche Stolperfallen waren, sah auch aus, als wäre dort kürzlich eine Party gefeiert worden. Überall lagen leere Flaschen und Pizzakartons herum und auch einige leere Kartons vom Chinaimbiss. Andrew verschlug es die Sprache, als er das Chaos sah und war erst mal entsetzt. Wie um alles in der Welt konnte man nur so ein Durcheinander anrichten? Oliver sah den entsetzten Gesichtsausdruck, schien das Ganze aber selbst viel lockerer zu sehen. „Ich sagte doch, es ist ein wenig unordentlich.“

„Wie um alles in der Welt hast du das geschafft? Räumst du nie auf?“

„Ich konnte noch nie wirklich Ordnung halten. Ist leider mein großer Schwachpunkt, neben meiner kleinen Aufmerksamkeitsschwäche für uninteressante Dinge. Ähm, du wohnst übrigens oben, da hab ich noch ein paar Zimmer frei. Ich hab auch schon alles einrichten lassen. Regeln gibt es eigentlich kaum welche im Haus. Ich werde nachher noch den GSK an meinem Laptop einrichten und neu kalibrieren. Somit kann ich in Zukunft die Wartungen von meinem PC aus durchführen und bekomme dann über mein Handy jederzeit Meldungen, wenn irgendetwas mit dem Chip sein sollte. Wenn wir diese Prozedur hinter uns haben, kannst du jederzeit problemlos rausgehen und wir haben dann diesen Teil wenigstens schon gleich abgehakt. Tut dir sicher auch mal ganz gut nach der ganzen Sache, wenn du auch mal Ablenkung hast. Ach ja und noch etwas: Finger weg von meinen Computern und an mein Baby darf auch kein Kratzer ran.“

„Dein… Baby?“ fragte Andrew und runzelte verwirrt die Stirn. Oliver lachte und erklärte „Ich hab da ein Fahrzeug, an dem ich zurzeit im Hinterhof herumschraube. Ist gerade mein absolutes Hobby, neben meinen ganzen Animes und Mangas. Ach ja, bevor ich es vergesse: wehe, von meinen Figuren fehlt auch eine. Ich hab alle im Kopf. Angefangen von Arcueid Brunestud bis hin zu Zero. Wenn eine fehlt, werde ich es merken!“ Als ob ich mit irgendwelchen Animefiguren etwas anfangen könnte. Wichtig ist erst mal, dass jemand mal diesen Saustall aufräumt. L hat nicht übertrieben, als er sagte, dass Oliver eine Klasse für sich ist. Der Kerl ist der reinste Chaot. Das kann ja noch heiter werden. Sie gingen die Treppen hoch ins obere Stockwerk, wo es auf dem Flur ähnlich chaotisch war, da überall irgendwelche Kisten herumstanden. Oliver führte ihn in ein Zimmer, welches schon fast riesig war. Es war das einzige, welches komplett aufgeräumt war und es hatte wirklich alles, was man brauchte. Kleiderschränke, einen Schreibtisch mit Computer, einen 40-Zoll Fernseher und ein Doppelbett. Es gab sogar ein Klavier, da Oliver wohl noch in Erinnerung hatte, dass Andrew früher gerne gespielt hatte. Die Fenster waren riesig und neugierig betrachtete Andrew die Aussicht. Der Blick fiel auf den Garten und dieser war paradoxerweise ordentlich gepflegt und es waren sogar Figuren in die Sträucher geschnitten worden. Irgendwie wirkte das Haus von außen viel ordentlicher, als es drin eigentlich war. „Fühl dich ganz wie zuhause. Wenn du Fragen hast, kannst du mich jederzeit gerne stören. Entweder bin ich im Wohnzimmer oder draußen am arbeiten, oder du findest mich irgendwo in meinen Hobbyräumen. Du kannst ja schon mal deine Sachen auspacken und dich noch ein wenig hinlegen. Ich geh die Küche aufräumen und dann koch ich erst mal was.“ Kochen? Ausgerechnet so ein Chaot wie Oliver, der sich nach dem Müll im Wohnzimmer zu urteilen in der letzten Zeit nur von Fast Food ernährt hatte, wollte kochen? Oh Gott, das konnte ja noch heiter werden… „Du kochst?“ „Klar. Normalerweise hab ich eigentlich keine große Lust dazu, wenn ich alleine bin. Deshalb bestell ich mir dann lieber etwas beim Lieferservice, aber jetzt, wo du von nun an hier wohnst, kann ich ja mal wieder den Hobbykoch rauslassen.“

„Und wie lange ernährst du dich nur von Fast Food?“

„Das wechselt immer. Eine Zeit lang hab ich immer Fertiggerichte oder Pasta gehabt, aber in den letzten drei Jahren hab ich mir immer Pizza und gebratene Nudeln bestellt. Ich hatte eben keine Lust zum Kochen und da ich sowieso viel zu tun hatte, kam mir der Lieferservice auch immer recht.“

„Aha… Ähm, kann ich dir irgendwie helfen?“

„Nee, du hast für heute noch Schonfrist. Ich ruf dich einfach, wenn ich fertig bin. Es kann aber noch etwas dauern. Ein klein wenig bin ich schon aus der Übung und ich will dich schon ganz gerne überraschen.“ Warum nur habe ich so ein verdammt ungutes Gefühl dabei, wenn er mir so breit grinsend sagt, dass er mich überraschen will und ich dabei gleichzeitig weiß, dass er ein Chaot ist? Hoffentlich ende ich nicht noch mit einer Lebensmittelvergiftung im Krankenhaus. Gut gelaunt wie sonst auch immer verabschiedete sich Oliver vorerst von seinem neuen Mitbewohner, um sich an die Arbeit zu machen. Andrew musste zugeben, dass er wirklich ziemlich müde war, immerhin hatte er die letzten Nächte kein Auge zugekriegt und hatte immer noch mit dem Stress und der Aufregung der letzten Tage zu kämpfen. Kein Wunder, dass sein Körper jetzt so reagierte. Und wenn es wirklich nichts zu tun gab, dann konnte er sich ja noch ein wenig hinlegen und sich ausruhen. Nachdem er seine Jacke und seinen Schal abgelegt hatte, warf er sich aufs Bett und hatte das Gefühl, als wäre das alles hier ein ziemlich seltsamer Traum und als würde das hier gar nicht passieren. Das Bett war so viel bequemer als im Institut und zumindest hatte sein Zimmer Fenster und war hell und gemütlich eingerichtet. Zugegeben, gegen das Chaos im Haus musste dringend etwas unternommen werden, aber dieses Zimmer hier war wirklich toll. Aber war es wirklich richtig, hier zu wohnen und sich von Oliver aushalten zu lassen? Irgendwie kam er sich wie ein absoluter Schmarotzer vor, dass er einfach so hier wohnen durfte und dabei sogar noch die Untersuchungen mit drin waren. Eigentlich hätte er ja von einem Team von Wissenschaftlern betreut werden und wahrscheinlich in einer ähnlichen Einrichtung wie Dr. Browns Institut leben müssen, wenn Oliver nicht etwas gedreht hätte. Da er Anteile an Vention hatte und sich prima mit dem Konzerninhaber verstand, hatte er es organisieren können, dass er sich alleine um die Wartung des elektrischen Gedankenschaltkreises kümmerte und die Ergebnisse der Untersuchungen regelmäßig an Vention schickte, damit diese dort ausgewertet werden konnten. Das Letzte, was Andrew wollte war, schon wieder irgendwo als Versuchskaninchen missbraucht und auch noch eingesperrt zu werden. Und Oliver hatte kurzerhand in seinem Sinne gehandelt und alles arrangiert, dass er der Einzige war, der sich um die Wartung und Auswertung kümmerte. Irgendwie sollte er sich ja freuen, dass er endlich eine neue Bleibe hatte und dass er wesentlich besser leben konnte als vorher. Aber so ganz konnte er das nicht, denn es fiel ihm schwer, sich an diese neue Situation zu gewöhnen. Irgendwie war ihm nicht ganz wohl dabei, nie wieder ins Institut zurückzukehren, was aber auch daran lag, dass er jahrelang von Dr. Brown manipuliert worden war. Rumiko hatte bei ihm Symptome des Stockholm-Syndroms festgestellt, deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass es ihm so widerstrebte, nie wieder zu Dr. Brown zurückzukehren, obwohl dieser ihn regelmäßig verprügelt, erniedrigt und vergewaltigt hatte. Keiner hatte ihn verrückt oder dumm deswegen genannt, nein sie hatten alle Verständnis und konnten verstehen, wieso es ihm so unglaublich schwer fiel, sich von all dem zu lösen. Andrew sah auf sein Handy und bemerkte erst jetzt, dass Beyond ihm eine SMS geschickt hatte. „Wünsch dir alles Gute. Melde dich demnächst mal, okay?“ Andrew schickte ihm eine Antwort, dass er irgendwann mal anrufen würde, er allerdings noch etwas Zeit brauchte. Nachdem er erfahren hatte, was Beyond in den letzten zehn Jahren durchgemacht hatte und nun mit L glücklich zusammen war, hatte Andrew diesen Schlag erst mal verkraften müssen. Immerhin war er damals in L verliebt gewesen und er brauchte erst einmal Abstand zu allem, um sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Ihm war klar, dass er nie in der Lage sein würde, ein normales freundschaftliches Verhältnis zu Beyond aufzubauen, wenn er nicht erst einmal Abstand gewann und versuchte, seine Gefühle in Ordnung zu bringen. Sonst würde es doch sowieso nur wieder darauf hinauslaufen, dass sie beide mit einem gebrochenen Herzen endeten. Damit war keiner von ihnen beiden glücklich und so hatte Beyond akzeptiert, dass Andrew vorerst den Kontakt zu ihm abbrechen wollte, bis er in der Lage war, ihm auf rein freundschaftlicher Ebene zu begegnen. Auch deshalb wohnte er jetzt bei Oliver.

Andrew streckte sich müde und ehe er sich versah, fielen ihm die Augen zu. Nach dem Stress der letzten Tage und den schlaflosen Nächten spürte er erst jetzt, dass er völlig am Ende seiner Kräfte war. Doch bevor er einschlief, musste er wieder an Frederica denken. Seine beste Freundin, die er zurückgelassen hatte. Ob es ihr wohl gut ging? Dumme Frage, man experimentierte tagtäglich mit ihr und sie war an lebenserhaltenden Maschinen angeschlossen, weil sie sonst sterben würde. Wie sollte es ihr denn da bitteschön gut gehen? Aber sie hatte doch selbst so gewollt, dass er ohne sie ging, weil sie noch etwas Wichtiges zu tun hatte, was immer es auch sei… Und seit er fort war, hatte er auch nicht mehr ihre Stimme gehört und sie war ebenso wie Dr. Brown spurlos verschwunden. Deshalb konnte er nicht einmal genau sagen, wo sie war und wie es ihr ging und ob sie ihr Ziel schon erreicht hatte. Doch lange konnte er diesem Gedanken nicht nachgehen, da er in einen tiefen und traumlosen Schlaf fiel.
 

Das Erste, was er wieder wahrnahm, war eine sanfte Berührung an seiner Schulter und wie jemand seinen Namen sagte. Langsam wachte er auf und rieb sich müde die Augen. Es war Oliver. „Ich hab dich gerufen, aber als du nicht gekommen bist, dachte ich mir schon, dass du eingeschlafen bist.“ „Wie lange hab ich denn…“

„Eine ganze Weile. Ich musste ja erst einmal das Chaos in der Küche beseitigen. Na komm, sonst wird alles noch kalt.“ Oliver ging mit einem zufriedenen Lächeln voran und der immer noch verschlafene Andrew folgte ihm. Als sie in die Küche kamen, bemerkte Andrew irgendwie nichts von einer Aufräumaktion. Es sah eigentlich genauso chaotisch aus wie vorher schon und sowohl im Waschbecken, als auch in der Spüle stapelten sich Pfannen und Töpfe und sonstiges. Offenbar war das doch nicht gelogen und Oliver war tatsächlich ein totaler Chaot. Zögernd setzte sich Andrew an den Tisch, während sein Gastgeber fröhlich summend die Teller vorbereitete. Und was er da servierte, ließ den schüchternen und depressiven 25-jährigen komplett die Sprache verschlagen und er konnte nicht glauben, was er da sah. Das war nicht bloß einfache Hausküche, die Oliver da zubereitet hatte, sondern mindestens 3-Sterne Küche. Und allein wie es angerichtet war, sah es aus, als wäre es einem Bild entsprungen. „Das… das hast wirklich du gekocht?“ „Klaro. Ich hab mal für ein Jahr in einem Edelrestaurant gejobbt, als ich meine Leidenschaft für die gehobene Küche entdeckt habe. Dabei habe ich auch eine Zeit lang unter Gordon Ramsay gearbeitet.“

„Gordon Ramsay? Etwa DER Gordon Ramsay?“ Oliver nickte und setzte sich schließlich selbst. Dabei erzählte er ganz locker und nebenbei her, wie er eine Kochschule besucht hatte und dann irgendwann bei Ramsay gelandet war. Andrew hielt es zunächst für einen echt guten Scherz, denn er hätte ja mit einigem gerechnet, aber nicht damit, dass ausgerechnet Oliver bei ihm gearbeitet hatte. Aber der Gute hatte sogar ein Foto als Andenken, was seine Geschichte eindeutig bewies. „Die Zeit war ziemlich anstrengend, aber ich hatte echt Spaß dabei. Der gute Gordon ist auch eigentlich ein absolut toller Kerl, nett und er hört einem zu, wenn man Sorgen oder Probleme hat. Aber wenn er erst mal hinterm Herd steht, wird er zur rasenden Wildsau und ich hab noch nie einen Koch ein so dermaßen buntes Vokabular benutzen hören. Als er gesehen hat, wie chaotisch ich bin, ist er vollkommen ausgerastet und hat wortwörtlich gesagt „Was für eine verfickte Scheiße soll das hier sein? Willst du aus meiner Küche einen verdammten Saustall machen, du verdammter Scheißer? Verfickt noch eins, räum endlich auf oder ich reiß dir eigenhändig den Arsch auf!“ Nun, er war in solchen Situationen ein absoluter Psychopath, aber wie gesagt: im Alltag ist er ein echt toller Kerl und ich bewundere ihn auch sehr.“

„Aber wenn du ein Jahr lang bei ihm gearbeitet hast und so gut kochen kannst, wieso machst du da nichts draus? Warum vergeudest du dein Talent, wenn du dich nur von Junk Food ernährst?“ Irgendwie konnte Andrew nicht so wirklich verstehen, was da überhaupt in Olivers Kopf vor sich ging. Warum lernte er überhaupt so etwas, wenn er es sowieso nicht im Alltag anwendete? „Ich selber bin vollkommen anspruchslos in der Hinsicht. Und außerdem ist es langweilig, nur für mich selbst zu kochen und der Grund, wieso ich nicht mehr daraus mache ist einfach der, weil das Kochen bloß ein Hobby ist. Ich habe sehr viele Hobbys gehabt, aber meine wahre Leidenschaft ist meine Arbeit bei Vention und meine Tätigkeit als „The Operator“. Wenn ich Lust auf etwas habe, dann mache ich es auch und wenn ich gerade keine Lust habe, dann lasse ich es. Just Do It ist mein Motto. Dasselbe geht auch für dich: wenn du etwas möchtest, dann tu es einfach.“ Oliver stellt sich immer alles so einfach vor. Er wirkt wie jemand, dem einfach alles zufliegt und der sich niemals anstrengen muss im Leben. Der wurde sicher niemals verletzt oder enttäuscht und sieht immer alles so locker und unkompliziert. Gott, ist der naiv. Dabei ist das Leben hart genug und ich kann es einfach nicht ab, wenn er so denkt… ich hasse das… Doch Andrew schwieg und musste zugeben, dass Oliver ein verdammt guter Koch war und sein Handwerk wirklich verstand. Was er da zubereitet hatte, könnte wirklich aus einer Sterneküche stammen. Nachdem sie fertig waren, streckte sich der Hacker und ließ dabei seine Fingerknöchel leise knacken. „So, da wir gestärkt sind, können wir gleich mit der Untersuchung beginnen.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2014-09-21T10:42:50+00:00 21.09.2014 12:42
Ein klasse Anfang^^ ^-*


Zurück