Aller Anfang ist schwer
Es war ein Nachmittag wie jeder andere auch in Momokuri. Die Schule und die rhythmische Gymnastik waren zu Ende und Marron, Chiaki, Miyako und Yamato gingen nach Hause. Aber nicht alle gemeinsam bei einer netten Unterhaltung, sondern Marron ging, oder vielmehr lief in großen schnellen Schritten ganz vorne auf und davon, gefolgt von Chiaki, der Mühe hatte Schritt zu halten und einige Meter dahinter, ganz gemütlich und unbeachtet, Miyako zusammen mit Yamato.
"Worüber streiten sie sich diesmal?" fragte Yamato.
"Das Übliche!" seufzte Miyako als Antwort. "Marron ist mal wieder sauer auf Chiaki. Warum weiß sie wahrscheinlich selbst auch nicht."
"Ach so! Also Ehekrach! Dann brauch ich mir ja gar keine Gedanken zu machen."
"Du sagst es!"
"Marron! Jetzt renn doch nicht weg! Bleib endlich mal stehen und rede mit mir!" rief ein leicht aus der Puste geratener und verschwitzter Chiaki durch die halbe Straße. Marron, die inzwischen am Orleans angekommen war, blieb abrupt vor der Eingangstür stehen, drehte sich um und stach mit dem Zeigefinger in Chiakis Brust, als dieser keuchend vor ihr zum Stehen kam. Dabei stellte sie sich leicht auf die Zehenspitzen, damit sie ihm besser in die Augen schauen konnte.
//Diese Augen!// "Ich wüsste nicht, was ich mit einem Spanner, Vollidioten und Megamacho wie dir zu bereden haben sollte!" Dann drehte sie sich wieder um und wartete ungeduldig auf den Fahrstuhl.
Chiaki stand währenddessen immer noch auf der Straße mit einem amüsierten Grinsen im Gesicht und seufzte leise. "Ja ja! Meine Marron! Süß und sauer wie eh und je! Dabei hab ich doch gar nichts gemacht!"
Sehr zu Marrons Missfallen schaffte er es auch noch den Aufzug zu erwischen.
"Was hab ich dir eigentlich getan, dass du mich so hasst?"
"Das habe ich doch nie behauptet!..." antwortete Marron leicht irritiert.
"Nein? Du vermittelst mir aber ständig diesen Eindruck!"
"Also, um es klar zu stellen: ich hasse dich nicht, aber du gehst mir fürchterlich auf den Keks! Such dir ein anderes Opfer und lass mich in Frieden! Kapisch?"
Da der Aufzug gerade oben angekommen war, rauschte Marron direkt auf den Gang, heilfroh Chiaki endlich los zu werden. //Warum muss ich eigentlich immer so stur sein? So grob und unantastbar? Wieso schaffe ich es nicht, ihm endlich die Wahrheit zu sagen? Drei kleine feine Worte und ich bin all meine Sorgen los! Aber ich muss ja so feige sein und trau mich nicht! Argh!//
Sie hatte schon fast die Wohnungstür hinter sich geschlossen, als Chiaki ihr noch hinterher rief: "Ich will aber nur dich! Dich allein und niemanden sonst!"
Marron verdrehte die Augen, knallte die Tür hinter sich zu und rief durch die Wand zurück: "Träum weiter!" //Ich dreh ihm irgendwann noch mal den Hals um.//
Doch ihr wütendes Gesicht löste sich schnell in ein Lächeln auf. Sie konnte ihm einfach nicht böse sein oder wütend auf ihn. //Verdammt! Warum muss ich mich auch ausgerechnet in diesen Playboy verlieben? Bei dem weiß ich nie, wo ich dran bin. Aber er ist so süß! Argh!// ärgerte sie sich und schlug in Gedanken mit dem Kopf gegen die Wand.
Ihre Sachen schmiss sie in eine Ecke und tauschte erst mal ihre Schuluniform gegen was weniger warmes um, da es draußen fürchterlich heiß war. Dann ging sie auf den Balkon und schaute verliebt und verträumt auf die Stadt und das Meer hinaus.
Miyako und Yamato schlenderten derzeit immer noch gemütlich nach Hause.
"Sag Miyako, wie wär's mit einem Eis?"
"Gerne!" lächelte Miyako. "Aber erst muss ich mich umziehen. Ich geh kaputt! Kannst ja eben mit hoch kommen. Da ist es auf jeden Fall kühler."
"Mach ich doch gerne!"
So fuhren also auch die beiden hoch in den siebten Stock, sahen jedoch nichts von den beiden Streithähnen und hörten auch nichts. "Mama! Ich bin da! Ich hab Yamato mitgebracht! Wir sind aber auch schon so gut wie wieder weg!"
Fr. Toudaiji kam aus dem Wohnzimmer und lächelte den beiden zu. Für sie war es keines Falls ungewöhnlich Yamato zu sehen.
"Hallo Yamato! Schön dich zu sehen! Darf ich fragen, was ihr jetzt schon wieder vorhabt?"
"Hallo Fr. Toudaiji! Wir wollen irgendwo Eis essen gehen oder sonst was kaltes."
"Das hält man ja anders auch nicht aus!" schrie Miyako aus ihrem Zimmer.
"Dann ist es also gut, dass ich nichts zu essen gekocht habe! Bei dem Wetter hat sowieso niemand Hunger. Gehen Marron und Chiaki auch mit? Ich mein, ich hätte sie vor ein paar Minuten gehört."
"Nein! Unser Traumpaar ist viel zu sehr damit beschäftigt sich zu streiten. Die kriegen außer sich selbst nichts mehr mit. Bis dann! Komm Yamato!"
Miyako hatte sich schnell ein luftiges, hellbuntes Kleid angezogen und hakte sich jetzt bei Yamato ein. Ihre Mutter rief ihnen noch "Viel Spaß" hinterher und Yamato verabschiedete sich und dann waren die beiden auch schon weg. Sie gingen in ihr neues Lieblingscafe, das direkt am Meer lag und sehr romantisch eingerichtet war. Sie erwischten einen der letzten schattigen Plätze und bestaunten das Meer.
"Wunderschön, nicht wahr?"
"Ja. Besonders mit dir." meinte Miyako lächelnd. "Sag mal, was meinst du, wann die Beiden endlich wahrnehmen werden, was mit uns zweien ist?"
"Also wenn sie sich weiter so verhalten, kann das noch etwas dauern. Die kriegen echt nichts mehr von ihrer Umgebung mit."
"Hihi. Marron wird mir den Kopf abreißen, wenn sie erfährt, dass wir zusammen sind!"
"Ja! Und Chiaki werden vermutlich auch die Augen aus dem Kopf fallen."
"Selbst schuld! Aber findest du nicht auch, wir sollten so langsam mal mit dem Kuppeln anfangen? Die gehen mir so langsam echt auf den Wecker! Und wenn selbst wir beide vor ihnen zueinander gefunden haben..." schlug Miyako vor.
Yamato stimmte ihr zu und sie dachten sich schon mal einige Pläne aus. Danach brachte Yamato sie auch schon nach Hause, da er noch zu seinem Großvater musste, und verabschiedete sich mit einem langen zärtlichen Kuss von ihr.
Nachdem Chiaki in seine Wohnung gekommen war, hatte er erst mal den Kopf unter eiskaltes Wasser gehalten und seinen halben Wasservorrat im Kühlschrank geplündert.
"Ist das eine Hitze! Dabei ist es schon der 20.Oktober! Das ist doch echt nicht mehr normal! ...Warum könnte mein Engel denn heute mal auf mich sauer sein?" sprach er zu sich selbst. Er überlegte fieberhaft, jedoch fiel ihm kein plausibler Grund ein. //Ich frag sie einfach!// Und so machte er sich auf den Weg zu ihr ins Nachbarapartment und benutzte diesmal auch ordnungsgemäß ihre, wie immer nicht verschlossene Tür. Er trat ein, sah Marron selbst aber nicht und setzte sich deshalb aufs Sofa und wartete.
Marron hing auf dem Balkon immer noch ihren Gedanken nach und ließ sich alles was sie über Chiaki wusste noch mal durch den Kopf gehen. Sie sah ihn frech, nervig und als Spanner aber auch fürsorglich, besorgt, traurig und lieb vor sich. Als sie wieder rein ging war sie immer noch in Gedanken versunken und murmelte ein "Ja ja! So ist er halt!" vor sich hin. Chiaki, der sie interessiert und belustigt beobachtete, bemerkte sie gar nicht.
"Wer ist wie?" fragte er neugierig nach.
"AH! CHIAKI!!" schreckte sie hoch und drehte sich zu ihm um. "Was machst du denn hier? Erschreck mich nicht so, du Spanner!"
"Hey! Warum gleich so giftig? Ich hab dir doch gar nichts getan!" Er saß immer noch, genau so lässig wie sonst auch, auf Marrons Couch, und schaute sie durch dringlich an.
Marrons Reaktion hatte vollkommen seine Erwartungen erfüllt und so war er zufrieden. Doch ihr Lächeln und dieses "er" gefielen ihm gar nicht. Er musste dieser Sache unbedingt nachgehen und Marron auf den Zahn fühlen.
Marron hatte sich mit verschränkten Armen vor ihn gestellt und schaute nur fragend in sein hämisch grinsendes Gesicht. //Dieser Ausdruck gefällt mir gar nicht! Er hat doch was vor. Na warte!// "Also, was willst du hier?"
"Ist es verboten dich zu besuchen? Verstehst du denn nicht, dass ich einfach nur bei dir sein möchte, mein Engel?"
"Alles klar! Glaub ich dir sofort! Und merk dir ein für alle mal: ICH bin NICHT dein Engel! Und du nervst mich!" fuhr sie ihn an. "Aber jetzt wo du schon mal da bist, kannst du auch bleiben! Schlimmer geht's eh nicht setzte sie etwas sanfter fort.
"Danke für die Blumen!" erwiderte Chiaki und setzte wieder sein süßestes und bezauberndstes Lächeln auf.
Marron spürte wie bei diesem Anblick ihr Herz einen Sprung machte und schneller schlug. Ihr Blut fing an zu kochen und damit Chiaki nicht mitbekam wie sie rot wurde und damit sich ihr Puls wieder normalisieren konnte, drehte sie sich um und ging in Richtung Küche.
Ohne sich rumzudrehen fragte sie noch: "Möchtest du was trinken?"
"Ja, bitte!"
"Und was?"
"Ist mir egal! Hauptsache kalt!" //Sieh mal an! Da ist aber wohl jemand leicht rot geworden! Hihi. Gefällt mir!//